Blu-ray Review
OT: The Cloverfield Paradox
Versuch #47
Cloverfield – Der Beginn.
Inhalt
Das Jahr 2028: Nur wenige Jahre noch und die Energiereserven der Erde werden erschöpft sein. Rettung verspricht man sich von Experimenten auf der Raumstation „Cloverstation“. Dort experimentiert man mit dem Shepard-Teilchenbeschleuniger, der (falls es klappt) eine unerschöpfliche Energiequelle liefern könnte. Doch der ist bereits zum 46. Mal vergeblich angeschmissen worden. Es bleiben noch drei Versuche, während sich die Nationen auf der Erde schon langsam auf den Krieg vorbereiten. Und weil sich die Menschen auf dem Blauen Planeten in die Haare kriegen, tut es auch die internationale Besatzung auf der Station. Als der 47. Versuch initiiert wird, scheint zunächst alles zu klappen. Die Energiezellen füllen sich und scheinen stabil zu bleiben. Doch dann kollabiert das System mit einem großen Knall. Die Crew sammelt gerade ihre geprellten Knöchel, als sie merkt, dass die Erde weg ist. Offenbar hat die Energiewelle die Station weit weg vom Heimatplaneten katapultiert. Und das ist noch nicht alles. Ein Crewmitglied hat es in eine Wand teleportiert und ein weiterer Kosmonaut entwickelt plötzlich fremdgesteuerte Eigenschaften. Von nun an geht es ums Überleben – für die Raumfahrer und für die Menschheit auf der Erde …
2008 kam der durch LOST, Alias und die Regie zu M:I 3 bekannt gewordene Regisseur/Produzent auf eine für die damalige Zeit äußerst clevere Idee, virales Marketing für seine nächste Filmproduktion zu nutzen. Geschickt lancierte er Gerüchte und Found-Footage-Informationen über diverse Kanäle und schürte die Lust auf Cloverfield. Matt Reeves (Planet der Affen: Survival) übernahm die Regie und eine Reihe angesagter Jungstars rannte sich die Füße wund, um einem außerirdischen Monster zu entfliehen, das die im Found-Footage-Stil geführte Kamera immer nur mal schemenhaft zeigte.
Acht Jahre nach dem erfolgreichen Cloverfield beschloss Abrams, mit einem zweiten Teil das sogenannte „Cloververse“ zu initiieren. In diesem sollten Filme spielen, die allesamt das Thema außerirdischer Kreaturen zum Thema haben sollten, welche durch ein Experiment auf der „Cloverstation“ den Weg in unsere Dimension gefunden haben. Der zweite Teil, 10 Cloverfield Lane war von seiner Stimmung her wesentlich intimer und ein Kammerspiel für drei Figuren. Ein Trio, das in einem Bunker ausharrt, weil draußen scheinbar und angeblich feindliche außerirdische Aktivitäten die Welt unbewohnbar gemacht hätten.
The Cloverfield Paradox ist nun der dritte Teil des Franchise. Zunächst rund um 2012 von Filmverleih Paramount unter dem Titel God Particle entwickelt, sah man keine Verbindung zu Abrams‘ Cloverfield-Universum. Doch als J.J. das Skript in die Finger bekam, beschloss er (wie zuvor schon bei 10 Cloverfield Lane) die Story so anzupassen, dass sie in „sein“ Franchise passte.
Die Verbindung, die er dabei sah, war der Teilchenbeschleuniger. Das Unglück mit diesem auf der Cloverstation sollte Ereignisse auf der Erde in Gang setzen, die dann zu Cloverfield und 10 Cloverfield Lane führten.
Eigentlich sollte Cloverfield Paradox dann im Februar 2017 in den Kinos starten, doch nach Verschiebungen auf Oktober und dann Februar 2018, kaufte Netflix die Rechte von Paramount und schob den Film überraschend am fünften Februar 2018 auf die eigene Plattform.
Nun, ein gutes Jahr später, gibt’s (natürlich über Paramount) immerhin einen Release auf physischer Disk.Ursprünglich sollte er am 24. Februar 2017 in den Kinos starten, dann aber wurde der Startkurzfristig auf den 27. Oktober 2017 verschoben, danach auf den 2. Februar 2018 und schließlich auf den 20. April 2018. Doch dazu kam es nicht: Vielmehr erwarb Netflix von Paramount Pictures die Rechte und veröffentlichte den Film überraschend am 5. Februar 2018 – in Full HD mit Dolby Vision und englischem Dolby-Atmos-Ton.
Auf der Streaming-Plattform entwickelt sich der Film dann zu einem kleinen Hit – vielleicht auch ein Grund dafür, dass man sich nun für eine nachträgliche Veröffentlichung auf Blu-ray entschied. Denn abseits von relativ bescheidenen Kritiken haben es schon andere Filme zu veritablen Heimvideo-Hits gebracht. Cloverfield Paradox hat zumindest eine interessante Ausgangsidee. Denn verbunden mit den beiden anderen Filmen ergibt sich ein Kosmos, der die Story mit dem Multiversum greifbar werden lässt.
Zeitgleich versucht sich der Film darin, eine bedrohliche Misstrauens-Atmosphäre im Stile von Das Ding aus einer anderen Welt aufzubauen. Denn während auf der Station das Chaos ausbricht und sich jeder der Kollegen seltsam zu verhalten beginnt, traut keiner mehr dem anderen über den Weg. Schade, dass die Dialoge mit zunehmender Laufzeit unnötig kryptisch und verquast werden. Außerdem wirkt die zusammen gewürfelte Kosmonauten-Truppe bis auf wenige Ausnahmen vollkommen kompetenzfrei. Wie es ein Witzbold wie Mundy auf die Station geschafft hat, muss einem auch mal erklärt werden. Selbst wenn dessen „Armproblem“ für ein paar Lacher gut ist (gleichzeitig aber haarscharf am Horror-Trash entlang wandert). Daniel Brühl als „Schmidt“ legt noch die leidenschaftlichste Performance an den Tag, wenngleich ein deutscher Schauspieler in US-Produktionen immer irgendwie wie ein Fremdkörper wirkt. Seine Figur hat allerdings wenigstens ein bisschen Tiefe abbekommen (wenn auch klischeehaft), während die zu Beginn eingeführte Hauptfigur Hamilton im weiteren Verlauf des Films erstaunlich in den Hintergrund geschrieben wurde, bevor sie dann zum Ende hin wieder im Fokus steht.
Abseits von Darstellern und Story gibt’s aber noch einen dritten Aspekt: Atmosphäre. Und die gelingt erstaunlich gut. Das Innere der Cloverstation, die (späteren) Außenaufnahmen – das alles sieht wertig und gut getrickst aus. Die Actionszenen machen Spaß und sorgen mit dem entsprechenden Sound-Design für Kurzweil im Heimkino. Dennoch wird man das Gefühl nicht ganz los, dass hier erzählerisch und inszenatorisch noch etwas mehr drin gewesen wäre.
Bild- und Tonqualität
Cloverfield Paradox erschien auf Netflix als 1080p-Fassung in Dolby Vision. Da DV für Blu-ray nicht spezifiziert ist, fehlt das dynamische Kontrastverfahren hier natürlich – was allerdings eher ein Gewinn ist.
Denn der ohnehin sehr dunkle Film (oft verwendete man in der Station nur das verfügbare Licht, keine großen externen Quellen) litt mit DV unter absaufenden Details im Schwarz und harschen Farbkontrasten. Während die Blu-ray Letzteres auch nicht ganz verschweigen kann, ist die Durchzeichnung deutlich besser als im Stream. Und das, obwohl Schwarz immer noch satt rüberkommt, wie in der Anfangsszene gut erkennbar ist.
Ein durchweg vorhandenes, leichtes Korn ist vor allem auf den sehr farbigen Gesichtern erkennbar, was den Film allerdings echter und griffiger werden lässt. Das Setting auf der Station ist ohnehin rau und schmutzig, da darf das Bild durchaus auch etwas grieseln. Eine ähnliche Stimmung geht von den leicht überstrahlenden Farben und den Lens-Flares aus, die teils eingesetzt wurden. Im Falle eines SciFi-Films darf man solche Spielereien durchaus mal gut finden – selbst wenn es rein objektiv nicht unbedingt hübsch ist.
Wirklich hübsch ist dagegen die Schärfe in den Close-ups – gerade jenen von Michaels Gesicht zu Beginn und zum Finale hin. Hier lässt sich praktisch jede Hautpore erkennen (80’40).
Beim Ton muss man leider erneut damit leben, dass Anbieter Paramount der deutschen Spur keinen verlustfreien Codec spendiert. Die Synchro kommt deshalb in Dolby Digital daher, während sie über Netflix „immerhin“ noch mit Dolby Digital Plus zur Verfügung stand. Gleichzeitig spendierte man dem englischen Original eine Dolby-Atmos-Version mit True-HD-Kern, was gegenüber der Streaming-Variante ein Upgrade ist, lief sie dort doch „nur“ mit einem DD+-Kern.
Bevor wir aber zur englischen 3D-Sound-Abmischung kommen, gibt’s erst einmal Lob für die Räumlichkeit und Ortbarkeit der Funk-Durchsagen innerhalb der Station und mit dem Kontrollzentrum zu Beginn. Klasse, wie man die Stimmen von jedem Lautsprecher genau greifen kann – auch über die hiesige DD-Version.
Klasse auch das Geräusch, das die Kosmonauten im Inneren der Station hören, wenn außen an ihr in regelmäßigen Abständen die Sonnenkollektoren vorbei rauschen (9’30). Allerdings komprimiert der DD-Ton dann doch deutlich, wenn’s lauter wird. Sobald der Teilchenbeschleuniger angeschmissen wird, werden die Stimmen dünn und eine Detailzeichnung von differenzierten Sounds gibt’s auch kaum noch. Dynamische Ausbrüche wie berstendes Glas und eine anschließende Subwoofer-Attacke bleiben kraftlos, während die englische Fassung hier um Längen wuchtiger zulangt (ab 18’30 oder auch der Basseinsatz vorher bei 4’07). So laut und vehement wie die Originalspur hier zupackt, kann man den Receiver auf der Synchronspur gar nicht machen. Selbst bei einer Anhebung von weit über 10dB kommt nicht die gleiche Dynamik zustande. Und der über die Atmos-Spur fast brutal druckvolle Energiesound des Teilchenbeschleunigers kommt aus der DD-Version nicht ansatzweise so heftig heraus.
Aber auch kleine und feine Geräusche kommen über den Originalton besser zur Geltung. Die zirpenden Zikaden, die außerhalb des Autos Geräusche von sich geben, wenn Hamilton und ihr Mann im Fahrzeug ihr Gespräch abhalten, hört man in der dt. Fassung nahezu überhaupt nicht. Im O-Ton dagegen sehr gut. Man kann es kaum beschönigen: Die englische Fassung spielt in diesem, die deutsche Version in einem fernen Paralleluniversum.
Beziehen wir dann noch die Höhen-Ebene mit ein, darf man sich hier zudem noch auf höchst innovative und tolle Sounds freuen. Schon die Anfangs-Sequenz im Shuttle wird fulminant mit Geräuschen unterstützt, wenn es dort aufgrund der Turbulenzen überall zu wackeln beginnt. Außerdem kommen auch die Funksprüche dediziert aus den Heights und wenn elektrisches Zirpen sich schwerelos über die Heights bewegt, ist das einer der genialsten 3D-Sounds überhaupt, bisher (4’20/17’52). Selbst wenn es im weiteren Verlauf aufgrund der Erzählung selbst wieder relativ ruhig wird, so setzt die obere Ebene dennoch immer wieder nette Akzente (ab 59’50, ab 95’00)
Vielleicht hätten während der Außenmission noch ein paar nette Wusch-Geräusche der Trümmer auf die Heights gekonnt. Da diese durchaus auch oberhalb der Kamera spielen, bleibt das Potenzial hier etwas ungenutzt.
Bonusmaterial
Im Bonusbereich der Blu-ray von Cloverfield Paradox warten zwei Featurettes. In „Things are not as they appear“ bekommen wir es mit einem Making-of zu tun, das Regisseur und Autor zu Wort kommen lässt. Zu Bildern aus der Behind-the-Camera-Perspektive erzählen sie, wie sie die Idee entwickelten, wie er sich ins Cloverfield-Universum einpasst und wie sie ihn visuell umgesetzt haben. In „Shepard Team“ geht es indes um die Besetzung des Films. Etwa 15 Minuten nimmt man sich Zeit, um die jeweiligen Darsteller zu charakterisieren und zu betonen, wie wichtig es war, echte Schauspieler – also solche mit Bühnenerfahrung zu engagieren.
Fazit
Cloverfield Paradox wirkt im Gegensatz zu den ersten beiden Teilen des Cloververse ein bisschen wie ein Fremdkörper innerhalb der drei Teile. Zwar hat man die Verknüpfung irgendwie hinbekommen, aber restlos überzeugend ist das nicht. Und es wirkt auch ein bisschen aufgesetzt. Als SciFi-Film reiht sich der von Julius Onah inszenierte Film auf dem Niveau einiger 90er-Jahre-Genre-Vehikel ein. Das ist zwar unterhaltsam und zum Ende hin auch trick- und effektreich, aber an die Klassiker des SciFi reicht der Film nicht heran.
Allerdings gibt’s für die Freunde dynamischer Tonspuren ein kleines Fest – jedenfalls für jene, die im Original hören. Denn die englische Atmos-Version liefert eine beeindruckende Bühne, teils vehemente Tiefton-Unterstützung und einige großartige 3D-Sounds, die fast schwerelos an die reguläre Ebene angebunden sind. Die Synchro ist dagegen ein laues Lüftchen in einer Sommernacht.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 90%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 60%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 50%
Film: 60%
Anbieter: Paramount Pictures
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Julius Onah
Darsteller: Gugu Mbatha-Raw, David Oyelowo, Daniel Brühl, John Ortiz, Chris O’Dowd, Ziyi Zhang
Tonformate: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 102
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Paramount Pictures)