Blu-ray Review

OT: La niña de la comunión

Die Seltsamen sind wir
Das spanische Gruselkino ist nach wie vor quicklebendig.
Inhalt

Spanien, Ende der 80er Jahre: Sara ist gerade mit ihren Eltern und der kleinen Schwester Judith in ein kleines Kaff irgendwo in Katalonien gezogen. Dort fallen sie allerdings etwas aus der Reihe, weil sie mit Geld nicht gerade gesegnet sind. Judith muss bei der Kommunion sogar auf die traditionelle Puppe verzichten und das Kleid, das sie trägt, hatte auch Sara Jahre zuvor bereits für das Ereignis angehabt. Die bissigen Kommentare der anderen Dorfbewohner treffen Sara und sie wehrt sich mit ein paar zickigen Aktionen. Der einzige Lichtblick für die heranwachsende Frau ist ihre neue Freundin Rebe. Die ist im gleichen Alter und hat mit der Integration in die konservative Dorfgemeinschaft ebenfalls so ihre Probleme. Immerhin hat Sara nun jemanden, mit der sie reden kann. Außerdem ist sie, das eher ruhige Mädchen, von der Schlagfertigkeit Rebes beeindruckt. Noch auf der Kommunionsfeier Judiths taucht plötzlich eine verzweifelte Mutter auf, die nach ihrer Tochter Marisol sucht. Marisol ist allerdings nicht jüngst verschwunden, sondern bereits vor vielen Jahren. Sara verdrängt’s für den Moment und genießt lieber die kommende Nach in der Disko. Als sie von dort nach Hause fahren, sieht sie jedoch ein kleines Kind auf der Straße, was fast zu einem Unfall führt. Als sie sich auf die Suche nach der Kleinen machen, finden sie zwar kein Mädchen, dafür aber einen strangulierten Hund und eine Kommunionspuppe. Letztere nimmt Sara mit nach Hause. Und von dem Moment an ändert sich alles. Sara leidet unter beängstigend realistischen Halluzinationen und hat ebenso wie Rebe einen seltsamen Ausschlag auf der Haut. Als die Halluzinationen immer bedrohlicher werden, treten die zwei Mädchen die Flucht nach vorne an …

Der spanische Grusel- und Horrorfilm hatte spätestens mit den Produktionen von Guillermo del Toro eine viel beachtete und erfolgreiche Renaissance erlebt. Der von ihm produzierte Film Das Waisenhaus hatte ein kleine Welle von spanisch produzierten Filmen ausgelöst, die sich mit mysteriösen Häusern und dämonischen Entitäten beschäftigten. Andere, wie der grandiose Sleep Tight gingen eher in den Psychothriller-Bereich und wiederum andere sorgten mit Terror-Schockern wie [REC] für eine Wiederbelebung des Zombie-Subgenres mit Fokus auf infizierte Rasende. Paco Plaza, der Ko-Regisseur von [Rec] übernahm nicht nur die Inszenierung zweier Fortsetzungen, sondern zeigte mit Verónica – Spiel mit dem Teufel (einem Film, dessen schlimmster-Horrorfilm-aller-Zeiten-Marketing für unglaubliche Klickzahlen bei Netflix sorgte), dass er sich auch im paranormalen Bereich wohlfühlt. Zuletzt überzeugte er mit dem Grusler La Abuela, der eine kluge Parabel auf die Angst vor dem Älterwerden bot. Das spanische Genrekino lebt also. Und das registrierte zunehmend auch Victor Garcia. Der in Barcelona geborene Filmemacher war zunächst als Spezialeffekte-Kreativer (unter anderem für del Toros Pan’s Labyrinthund Hellboy) unterwegs. 2003 wechselte er selbst hinter die Kamera und inszenierte mit El Ciclo einen Bodyhorror-Kurzfilm über den Kreislauf von Gewalt, der vielfach ausgezeichnet wurde. Dessen visuelle Kraft und die herausragende Atmosphäre verschaffte ihm Gehör in den USA. Gleich zweimal sollte er dort seinen ersten Langfilm inszenieren, was jedoch nie klappte. 2007 und 2009 vertraute man ihm dann allerdings die Sequels zum Remake von House on Haunted Hill und Mirrors an, die als Direct-to-Video-Produktionen abgedreht wurden. Ein Jahr später durfte er seinen Namen dann in die Liste derer eintragen, die mal einen Hellraiser-Film machten – Hellraiser Revelations, der neunte Film des Franchise, geht auf sein Konto.

Ein wenig heimische Luft schnupperte er erstmals wieder 2019, als er mit An Affair to Die for eine spanisch-italienische, aber englischsprachige Produktion überwachte. Drei Jahre später ist er vollends zurück im spanischen Genrefilm, mit The Communion Girl. Darin behandelt er eine Geschichte, mit der sich vermutlich zahlreiche Menschen identifizieren können, denn seine beiden Hauptfiguren sind Außenseiterinnen. Die eine ist neu in dem kleinen Dorf und wird als Zugezogene kritisch beäugt. Die andere missfällt der Gemeinschaft durch ihre rebellische Art und den alkoholkranken Vater. Wie es oft so ist, schließen sich die Außenseiterinnen zusammen und werden zu einer verschworenen Gemeinschaft. Kein Wunder, wenn Sara sich auf ihre zwar liebenden, aber ständig arbeitenden Eltern nicht verlassen kann, während Rebe unter dem Alkoholkonsum des Vaters leidet. Die Tatsache, dass der sie auch noch für die Flucht der Mutter verantwortlich macht, ist zu viel für ein junges Mädchen. Die Flucht, die Rebe aus diesem psychischen und physischen Gefängnis antritt, fällt umso exzessiver aus. Halt findet sie erstmals in der Begegnung mit Sara. Und in Drogen. Der Drogenkonsum, die hedonistische Flucht aus dem Alltag, nimmt zu Beginn einen relativ großen Raum ein und lässt auch immer mal die Frage auftauchen, was wirklich hinter den Geschehnissen steckt: Übernatürliches oder doch eher Einbildungen? Das Ganze verknüpft Garcia mit dem Motiv der Erstkommunion, das der Film vor allem deshalb in den 80ern verortet, da zu dieser Zeit Kommunionen im katholischen Spanien noch sehr beliebt waren. Etwas Folklore mischt sich also dazu. Darüber hinaus nicht zu vergessen: Die Puppe. Nicht nur war die Puppe ein beliebtes Geschenk für Kommunionsmädchen, erlebte sie in den letzten zehn Jahren durch all die Annabelles im Horrorfilm einen regelrechten Hype. Ein weiterer Grund für das Jahrzehnt de 80er: Der Wechsel von Francos Diktatur hin zur Demokratie. Die beiden Mädchen rebellieren nicht nur aus den genannten Gründen gegen Elternhaus und Erwachsene, sondern weil sie das neue Spanien repräsentieren und dafür stehen, dass man sich nicht mehr unterdrücken lassen möchte. Natürlich ist das eher unterschwellig präsent, aber es ist löblich, dass Garcia versucht hat, den beiden Protagonistinnen etwas mehr Figurentiefe mitzugeben. Auch zwei der eher fieseren Figuren bekommen etwas Hintergrund, was hilft, sie ebenfalls als Menschen mit Geschichten zu verstehen und nicht einfach als motivationslos bösartige Typen. Schauspielerisch überzeugen die beiden Hauptdarstellerinnen. Vor allem Carla Campra als Sara agiert glaubwürdig. Die zwischenzeitlich als Kreatur vorgestellte Figur überzeugt zudem optisch und auch in ihren gruseligen Bewegungen. Und so kann man The Communion Girl so viel eigentlich gar nicht vorwerfen. Außer, dass er letztlich kaum Überraschungen parat hält und nur Versatzstücke des Genres zusammenpuzzelt, um eine generische Geschichte zu erzählen. Ein bisschen mehr Mut zur Andersartigkeit (eben wie bei seinen beiden Hauptfiguren) hätte Garcias Film durchaus gut gestanden.









Bild- und Tonqualität

The Communion Girl wurde digital gefilmt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kamen ARRI-Kameras zum Einsatz. Allerdings wäre es unrealistisch zu erwarten, dass die digitale Herkunft den Film glatt und steril wirken lassen würde. Um das Bild möglichst filmisch erscheinen zu lassen, wurde ihm in der Postproduktion eine gewisse Körnung hinzugefügt, die das Geschehen organischer wirken lässt. Das nimmt allerdings nie unangenehme Formen an. Vielmehr passt es ganz hervorragend zum Film selbst. Nicht zuletzt, weil Communion Girl in den 80er spielt, vor allem aber auch, weil der etwas gröbere Look gut zum Grusel-/Horrorgenre passt. Wie’s dem spanischen Film oft eigen ist, sind Farben grundsätzlich eher warm. Die Palette hangelt sich an erdigen Naturtönen entlang, was besonders in Innenräumen deutlich wird und dort auch schon mal ins Gelbliche driftet . Einzig im Finale wird’s kühl und graubläulich, fast monochrom. Aber auch das passt gut zum Geschehen. In Außenszenen hinterlässt das Bild einen nicht selten sehr hellen Eindruck, der die sonnige Stimmung gut einfängt, aber hier und da ein wenig zu hell gerät. Die dunkleren Sequenzen könnte im Schwarz etwas knackiger sein, obwohl Kontrastflanken hier und da sogar ein wenig steil geraten. Wirklich gut sind bisweilen Close-ups, die Gesichter sehr scharf und detailliert darstellen. Gut, dass Artefakte komplett ausbleiben. Sowohl die Szenen unter Wasser als auch jene, die später im Schein der Taschenlampe stattfinden, sind frei von Banding. Auch das Encoding ist recht sauber und kommt ohne größere Verklumpungen der Körnung aus.

Die beiden Tonspuren von The Communion Girl warten mit DTS-HD-Master-Kodierung auf. Und die unterstützen den Film durchaus adäquat. Die deutsche Synchro könnte zwar noch eine Spur kräftiger sein, doch davon ab geht das schon in Ordnung. Vor allem die Räumlichkeit bietet immer mal wieder Anlass für gruselige Sounds. So wie im Wald nach etwas über 23 Minuten. Die Stimmen, die man dort wahrnimmt, flüstern effektvoll über alle Speaker und sorgen für die erste Gänsehaut. Wird dann mal ein hinter der Kamera befindlicher Duschvorhang zur Seite gezogen, quietscht und klappert es genau von dort. Auch in puncto Dynamik geht’s ordentlich zu. Vor allem die Jumpscares werden von dynamischen Sounds begleitet und auch die Einblendung des Titel-Schriftzugs weiß mit akustischer Kraft zu gefallen. Ebenso die Beats in der Disko nach knapp 13 Minuten, die ein angemessen druckvolles Szenario liefern. Während der Szenen mit der Kreatur wird auch der Score zupackender und intensiver. Insgesamt ist die Tonspur zwar etwas leiser als für gewöhnlich bei Referenzlevel eingenordet, doch das lässt sich mit einem leichten Dreh am Volumenregler anpassen. Selbst wenn hier nicht die großen Referenzattacken gefahren werden und man noch ein paar mehr Gruselsounds hätte integrieren können, macht das in Summe schon Spaß.









Bonusmaterial
Das Bonusmaterial auf der Blu-ray von The Communion Girl beschränkt sich auf den Trailer zum Film sowie drei kurze Making-of-Clips mit einer Laufzeit von 90 bis 180 Sekunden. Viel Einblicke bekommt man hier nicht, wenngleich man kurz (und hektisch geschnitten) mal ins Make-up der Kreatur schauen darf. Insgesamt spannender ist das 24-seitige Booklet, das auch ein Interview mit dem Regisseur enthält. Obendrauf gibt’s noch ein Filmposter – gefaltet im Mediabook liegend.
Fazit
The Communion Girl erfindet das Grusel-Rad nicht neu und ragt aus dem spanischen Horrorkino auch nicht zwingend heraus. Sehr wohl liefert er aber gut gespielte und atmosphärische Kost für Genrefans, die gerne mal abseits des US-Mainstreams schauen wollen. Das Design der Mädchen-Kreatur ist außerdem sehr gelungen und ein bisschen Figurentiefe gibt’s auch. Die Blu-ray präsentiert das mit einem atmosphärisch-passenden, leicht stilisierten Bild und einem hinreichend effektvollen Ton.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 30%
Film: 60%
Anbieter: Pierrot Le Fou / AL!VE AG
Land/Jahr: Spanien 2022
Regie: Víctor Garcia
Darsteller: Carla Campra, Aina Quiñones, Anna Alarcón, Carlos Oviedo, Daniel Rived, Jacob Torres, Manel Barceló, Marc Soler
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Pierrot Le Fou)
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Trailer zu Communion Girl
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild”verbesserern” zu verfälschen.
Tolle Rezension, da steckt viel Arbeit dahinter.