The Danish Girl

Blu-ray Review

Danish Girl Blu-ray Review Cover
Universal Pictures, seit 19.05.2016

OT: The Danish Girl

 


Nicht nur eine Rolle

Wenn Man(n) im falschen Körper gefangen ist …

Inhalt

Kopenhagen 1926: Einar und Gerda Wegener lieben sich trotz der Tatsache, dass Gerda ein wenig im Schatten ihres berühmten Landschaftsmaler-Gatten steht. Als Einar eines Tages als „Modelersatz“ für Gerda Strumpfhosen und ein Kleid anprobiert, scheint sich im Inneren des Künstlers plötzlich etwas zu entwickeln, das schon lange angelegt war. Fortan machen er und Gerda sich ein Spiel daraus, ihn als „Lili Elbe“ zu inszenieren und auftreten zu lassen. Doch aus Spiel wird nicht selten ernst. Und als Einar im Inneren immer mehr zu Lili wird, sind Konflikte zwischen dem Paar unvermeidlich. Je mehr sich Einar jedoch im eigenen Körper fremd fühlt, umso stärker wird er von Gerda unterstützt – und das selbst dann, als er beschließt, ärztlichen Rat zu suchen. Das hat nicht nur zur Folge, dass man ihn für geisteskrank hält, sondern führt zu einer regelrechten Tortur, als er beschließt, auch körperlich zur Frau zu werden …

Tom Hooper bewies schon mit King’s Speech, dass er der richtige Regisseur ist, wenn es um sensibel inszenierte Dramen geht. Für The Danish Girl nahm er sich nun des gleichnamigen biografischen Romans von David Ebershoff an. Der hatte in seinem Werk das Leben des Malers Einar Wegener beschrieben, der sich als einer der ersten intersexuellen Menschen mehrerer geschlechtsangleichender Operationen unterzog. Der Film verschiebt die Zeit zwar etwas und beginnt 1926 in Kopenhagen, obwohl Wegener tatsächlich schon viel früher von seinen Empfindungen wusste. Schon 14 Jahre zuvor waren die Zwei extra nach Paris gezogen, um dieses Leben (und Gerdas Bisexualität) freier ausleben zu können. Einar trat dort auch öffentlich als Frau auf und gab sich als seine eigene Schwester Lili aus. Im Film geschieht dies erst viel später. Gerdas Zuneigung zu Frauen thematisiert der Film erst gar nicht, deutet sie lediglich in ihrer Freundschaft zu Model Oola an. Korrekt ist allerdings, wenn Danish Girl beschreibt, dass Einar eher zufällig (in Vertretung Oolas) das weibliche Model für Gerda gab. Abseits der historischen Fakten verdichtet Hoopers Film die Geschichte zu einem ebenso zärtlichen wie zunächst leichtfüßigen Ganzen, dessen dramatische Aspekte dann zunehmen, wenn der Spießroutenlauf in Sachen ärztliche Diagnostik beginnt. Spielerisch scheint Einar die Gestiken und Bewegungen einer Frau zu lernen und wie kleine alberne Kinder streifen er und seine Frau Gerda durch Schuh- und Kleidungs-Requisiten. Jetzt könnte dieses Geschehen furchtbar tuntig rüberkommen, wenn da nicht Eddie Redmayne wäre.

Der im letzten Jahr für seine Rolle als Stephen Hawking mit dem Oscar ausgezeichnete Brite mag schon alleine aufgrund seiner zarten Statur und seines androgynen Gesichts erste Wahl für die Rolle gewesen sein, doch das alleine ist es nicht. Fernab von klischeehaftem Benehmen vermittelt er höchst glaubwürdig die anfängliche Neugier auf seine „Rolle“, das Genießen des Bades in der Menge oder das Flirten mit jungen Männern. Ebenso authentisch agiert er in den dramatischeren Szenen, wenn es darum geht, seinem Traum, eine Frau zu werden, näher zu kommen. Zwar hat es dieses Mal „nur“ für eine Nominierung bei den Academy Awards gereicht, doch dafür wurde diese Ehre seinem Co-Star Alicia Vikander (Im Rausch der Sterne) völlig verdientermaßen zuteil. Vikander, die in der Rolle der Gerda nicht nur höchst offenherzig agiert, macht die Leistung Redmaynes erst vollkommen. Die meisten Darstellerinnen wären an der Seite des Briten vermutlich untergegangen oder verblasst – nicht so Alicia Vikander. Die 28-jährige Schwedin, die zuvor schon in Ex Machina als Android Ava überzeugte, wirkt unglaublich authentisch sowohl in ihrem Schmerz als auch in der Unterstützung für den Traum ihres Gatten. Dabei ist sie zeitgleich eine selbstbestimmte und starke Frau, die ihre Künstlerin steht – eine herausragende Leistung. Das Alles wird eingefangen in einer Atmosphäre, die absolut glaubwürdig die 20er Jahre nachzeichnet. Ob das die Kleidung oder die Inneneinrichtungen sind oder die gepflasterten Straßen Kopenhagens, welche die Stadt noch heute aussehen lassen wie vor 90 Jahren. The Danish Girl arbeitet dabei oft mit schemenhaften Bildern, Reflexionen und unscharfen Elmenten, um das (noch) unfertige Bild in Einars Geist zu veranschaulichen. Für Sechsjährige sicherlich nicht immer geeignet, weil das Ausmaß der Persönlichkeitsfindung sowie der Umgang der Gesellschaft damit nur schwer in seiner Komplexität erfassbar ist, nutzt Hooper auch die Chance, eben diese Schwierigkeiten zu thematisieren. Gerade die unfassbar ignorante Schulmedizin bekommt ihr Fett weg, wenn das Gros der Ärzte Einar für schizophren und geistesgestört hält. In diesem Momenten wird klar, welche Pionierarbeit das (leider viel zu kurze) Leben Lilis für Leben und Verhalten von Transgender-Menschen in der heutigen Zeit geleistet hat.

Bild- und Tonqualität

Um das Flair und die Atmosphäre von The Danish Girl zu vermitteln, bleibt der Film vom Bild her sehr hell und ein wenig schwächer im Kontrast. Das ist bewusst so gewählt und passt sehr gut zur Zeit. Farben sind nicht ultrakräftig, sondern bleiben ein wenig dezenter, pastellartiger – was wiederum sehr gut die Kunst der beiden Maler widerspiegelt. Die Schärfe ist gut, die Bildruhe ebenfalls. Während der dunkleren Szenen in Innenräumen versaufen Details im Schwarz hin und wieder etwas.
Akustisch gibt’s zwar auch hier wieder einen Film eines großen Anbieters, der mit einem englischen dts-HD-Master aufläuft, während der deutsche Ton lediglich in regulärem dts vorliegt, doch das ist im Falle von Danish Girl absolut irrelevant. Mit Ausnahme der sanften Filmmusik, die von Klavier- und Streicherklängen dominiert wird, bleiben räumliche Effekte fast vollständig aus und Dynamik gibt’s ebensowenig. Die Stimmen klingen auf beiden Tonspuren sehr gut und das leichte Lautstärkeplus der englischen Spur ist vernachlässigbar.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von The Danish Girl, das knapp 12 Minuten läuft, kommen der Autor der Buchvorlage ebenso zu Wort wie die Drehbuchautorin und der Regisseur. Natürlich wird auch über die Besetzung gesprochen und dabei betont, wie schwierig es war, einen Konterpunkt zum starken Eddie Redmayne zu finden. Alicia Vikander wird von ihren Kollegen allerdings (berechtigterweise) in den höchsten Tönen gelobt. Ebenso wird über die Drehorte gesprochen und darüber, dass man unbedingt authentisch bleiben wollte und deshalb auch in Kopenhagen drehte.

Fazit

The Danish Girl ist behutsam inszeniertes Kino, das zur richtigen Zeit das Licht der Welt erblickt. Neben der authentischen Schilderung eines Falles, der jedem den höchsten Respekt abringen sollte, trägt der Film vor allem dazu bei, Vorurteile abzubauen – und das ist, um es mit den geflügelten Worten eines Berliner Politikers zu sagen, auch gut so.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 50%
Film: 80%

Anbieter: Universal Pictures
Land/Jahr: GB 2015
Regie: Tom Hooper
Darsteller: Eddie Redmayne, Alicia Vikander, Matthias Schoenaerts, Ben Whishaw, Amber Heard, Sebastian Koch
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 119
Codec: AVC
FSK: 6

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