The Drop – Bargeld

Blu-ray Review

The Drop Bargeld Blu-ray review cover
20th Century Fox, ab 16.04.2015

OT: The Drop

 


„Ich steh‘ nur hinter der Bar“

The Drop – Bargeld ist ganz großes Genrekino.

Inhalt

Bob ist ein guter Kerl – eigentlich zu gut für den Schmelztiegel Brooklyn. Er verdient sich sein Geld in einer Bar, die sein Cousin Marv betreibt und gibt in dessen Augen immer eine Runde zu viel aufs Haus aus. Er hält sich auch aus den Machenschaften und Geldwäschegeschäften heraus, die praktisch vor seinen Augen stattfinden. Als er eines Abends auf dem Nachhauseweg ein Winseln vernimmt, zieht er aus der Mülltonne der Kellnerin Nadia einen verletzten, jungen und herrenlosen Pitbull heraus. Nadia päppelt ihn ein paar Tage auf und dann übernimmt Bob die Verantwortung für den Vierbeiner. Allerdings ist der Hund nicht das einzige, um das er sich Gedanken machen muss. Da Marv’s Bar zuletzt ausgeraubt wurde und 5000 Dollar in der Kasse fehlen, stehen beide mit dem Rücken an der Wand, denn die Lokalität gehört einem Tschetschenen, der sie als Geldumschlagsplatz nutzt. Der will die Kohle natürlich wieder haben. Was Bob nicht weiß: Marv hat seine Hände selbst im Spiel. Das alleine reicht allerdings noch nicht aus, denn plötzlich taucht Eric Deeds auf. Immerhin DER Typ, der mal mit Nadia zusammen war und der den Hund in der Abfalltonne entsorgte. Deeds ist nicht nur irre, er findet auch überhaupt nicht gut, dass Bob sich nun um Vierbeiner und Ex-Freundin kümmert …

Wenn die üblichen Klischees endlich mal außen vor gelassen werden und ein New Yorker Gangsterkrimi mal ohne das Mitwirken von Ray Liotta auskommt, dann gilt es, ganz genau hinzuschauen. The Drop ist nicht nur das letzte Kinowerk mit US-TV-Legende James Gandolfini, sondern ein ganz herausragender Genrefilm. Herausragend deshalb, weil Tom Hardy, der zuletzt noch in No Turning Back brillierte, zum einen erneut zeigt, dass er eine vorzügliches Händchen bei seiner Rollenauswahl beweist und zum anderen auch hier wieder eine absolut denkwürdige Leistung aufs Parkett legt. Großartig, wie er trotz seines bulligen Äußeren einen sensiblen Typen darstellt, der inmitten des Verbrechens um ihn herum wie eine bedachte und in sich ruhende Insel wirkt. Eine Insel, die sich dann auch noch rührend um ein kleines Hundebaby kümmert und sich dabei charmant ungeschickt anstellt. Es ist der Spagat aus leicht tumb wirkender Tollpatschigkeit und hintergründig-augenzwinkernder Intelligenz, die sich beispielsweise offenbart, wenn Bob Marv sagt, dass Leute aus Tschetschenien nicht Tschetschenier heißen, sondern Tschetschenen – immerhin würden Leute aus Irland ja auch nicht Irländer heißen. Dazu entwickelt sich seine Figur aufgrund der Geschehnisse im Verlauf und zeigt Eigenschaften, die man so überhaupt nicht erwartet hat. Während Gandolfini selbst ein wenig in der konventionellen Barbetreiber-dreht-krummes-Ding-Rolle gefangen ist, ist alleine seine Präsenz beeindruckend. Die Szenen zwischen ihm und Tom Hardy sind zweifelsohne von schauspielerischer Extraklasse.

Aber nicht nur bei den Szenen zwischen diesen beiden scheint die Leinwand elektrisiert. Auch der sich ankündigende Konflikt zwischen Ex- und Neu-Hund-Besitzer, also zwischen Hardy und einem unterschwellig irre agierenden Schoenaerts in der Rolle des Eric Deeds, wird zu einem absolut fesselnden Zweikampf. Ein Kampf, der in einem Finale gipfelt, das ebenso überraschend wie „mitten in die Fresse“ ist. Bobs Monolog während dieser Szene gehört zum Besten, was ein Autor in den letzten Jahren für die große Leinwand geschrieben hat. Verantwortlich dafür ist im Übrigen Dennis Lehane, der auch schon die Vorlagen zu Gone, Baby Gone, Mystic River oder Shutter Island verfasste. Dass Lehane, der das Drehbuch auf Basis seiner eigenen Geschichte selbst schrieb, zunächst nur lose Informationen liefert und erst nach und nach die Fäden verknüpft, gehört zur Stärke von The Drop. So bekommt man nach und nach einen Bezug zu den Figuren, nur um dann plötzlich ganz andere Seiten an ihnen kennen zu lernen. Noomi Rapace in der weiblichen Hauptrolle darf ihre verletzliche Seite zeigen und kommt mit ihrem sarkastischen Witz spröde-schützenswert rüber, was erklärt, dass Bob sich für sie stark macht. Wenn die beiden sich kennenlernen, werden diese Momente ebenso sensibel wie authentisch und warmherzig von der Kamera eingefangen.Natürlich dient neben den herausragenden Darstellern auch in The Drop der New Yorker Stadtteil Brooklyn als weiterer Akteur. Kalt ist es hier und regnen tut’s auch oft. Die Schatten sind lang und Kameramann Nicolas Karakatsanis spielt häufig mit knapper Schärfentiefe. Einsamkeit ist ein großes Thema in Roskams (Bullhead) Film, denn eigentlich sind alle Hauptfiguren irgendwie alleine. Alleine in einer Gegend, die all jenen, die irgendwie hineingeboren wurden, nur wenig Chancen bietet und in der die alten kriminellen Organisationen schon lange durch neue und Unberechenbare ersetzt wurden. In all dieser kühl-depressiven Stimmung ist es letztlich der kleine Pitbull, der zum unschuldigen Symbol der Hoffnung wird. Einer Hoffnung, die selten zu einem besseren Schlussmoment führte als im letzten Bild von The Drop. Machmal, das ist nach dem Genuss des Films klar, haben alle Beteiligten einfach alles richtig gemacht.

Bild- und Tonqualität

Das klar konturierte und kontraststarke Bild von The Drop kann mit natürlichen Farben punkten, die eine dezente Brauntönung aufweisen. Zum Genre passt das bisweilen sichtbare Korn, das sich vornehmlich auf uniformen Hintergründen offbenbar. Die Schärfe geht in Ordnung, ohne mustergültig zu sein. In dezenten, geringfügigen Bewegungen sind bisweilen Unschärfen auszumachen.
Akustisch bleibt The Drop bis auf wenige Ausnahmen zurückhaltend. Der Unterschied zwischen englischer dts-HD-Master-Spur und deutscher dts-5.1-Version ist marginal und lediglich durch etwas voluminösere Stimmen wahrnehmbar. Räumlich wird’s vor allem zum Ende hin, wenn Marv’s Bar Schauplatz des „Drops“ ist und die Umschläge mit direktionalen Sounds unterlegt in den Safe fallen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von The Drop verstecken sich neben dem Audiokommentar des Regisseurs und des Produzenten, dem Trailer, einer Bildergalerie und vier entfernten Szenen noch einige Featurettes. In „Von der Kurzgeschichte zum Kinofilm“ . Daran schließt sich das „Making-of“ an, das allerdings mit 3:45 Minuten arg kurz ausfällt und eher einem Blick hinter die Kamera gleicht. Im „Making Brooklyn Your Own“ geht es um den Schauplatz selbst. Brooklyn bietet einfach immer wieder einen tollen Hintergrund für Gangstergeschichten. „Rocco the Dog“ erzählt, welche Bedeutung der Hund für die Geschichte hat. „James Gandolfini spielt „Marv““ ist ein liebenswerter Nachruf auf den verstorbenen Schauspieler.

Fazit

The Drop ist nicht weniger als ein großer kleiner Independent-Gangster-Krimi, der atmosphärisch von höchster Dichte ist und seinen Darstellern eine Bühne für großartige Leistungen bietet. Wenn Tom Hardy so weiter macht, wird er eines Tages Schauspiellegenden beerben – jetzt schon ist er ein ebenbürtiger Partner für Gandolfini gewesen, dessen letzte Rolle dem sympathischen italienischstämmigen Darsteller einen würdigen Filmabgang bietet.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 50%
Film: 90%

Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Michaël R. Roskam
Darsteller: Tom Hardy, Noomi Rapace, James Gandolfini, Matthias Schoenaerts, John Ortiz, Ann Dowd
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 12

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Holger

Kann ich so unterschreiben. Freut mich, dass er dir gefallen hat 🙂
LG: Holger