The Forgiven – Ohne Vergebung gibt es keine Zukunft

Blu-ray Review

EuroVideo, 25.03.2021

OT: The Forgiven

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Wahrheit und Versöhnung

Apartheids-Drama mit realen Bezügen.

Inhalt

Tutu ist ein Mann des Glaubens

Südafrika im Jahr 1996: Erzbischof Desmond Tutu ist Vorsitzender der von Nelson Mandela eingesetzten Wahrheits- und Versöhnungskommissionen. Er trifft sich mit einer Frau, deren Tochter seit drei Jahren verschwunden ist. Auch deren Freund ist seit diesem Tag weg und ward nicht mehr gesehen. Tutu verspricht, die Umstände des Verschwindens der beiden aufzuklären. Gleichzeitig erreicht den Erzbischof ein Brief eines gewissen Piet Blomfeld. Blomfeld ist ein verurteilter Mörder, ein Attentäter, ein Psychopath. Nicht wenige in Tutus Kommission würden den Brief von Blomfeld am liebsten direkt schreddern. Doch Tutu sieht in jedem Menschen das Potenzial für Vergebung. Für Tutu sind die Worte, die der Inhaftierte in seinem Brief schreibt, erstaunlich tiefgründig und so beschließt er dessen Wunsch nach einem Besuch nachzukommen. Doch schon das erste Aufeinandertreffen offenbart genau das, was Tutus Mitarbeiter befürchtet haben. Blomfeld ist ein unverbesserlicher Rassist und Menschenfeind. Einer, dem ein Bürgerkrieg und damit das darwin’sche Prinzip des Recht des Stärkeren vorschwebt und keine Versöhnung …

Gerne sähe Tutu in seiner Mission der Versöhnung nur noch solche leeren Stühle in Gefängnissen

Desmond Tutu ist so etwas wie das moralische Gewissen Südafrikas. Der von 1986 bis 1996 als Erzbischof von Kapstadt bekannte Geistliche war schon frühzeitig aktives Mitglied in der Anti-Apartheid-Bewegung und gilt zudem als Vorkämpfer gegen Homophobie innerhalb der Kirche. 1984 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet war er ab 1995 Vorsitzender der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission. Diese war als Einrichtung dafür ins Leben gerufen worden, politisch motivierte Verbrechen während der Zeit der Apartheid zu untersuchen. 1996 von Nelson Mandela offiziell eingesetzt, war es Tutus Aufgabe, die Verbrechen von Angehörigen aller Volksgruppen unabhängig von der Hautfarbe aufzuklären. Diese Unabhängigkeit von der Hautfarbe war es, die Tutu auch nach dem Ende der Apartheid vorantrieb. Mehr und mehr kritisierte der Geistliche, dass die nun schwarze Regierung ihrerseits keine Gleichberechtigung zwischen Schwarz und Weiß innerhalb des Landes anstrebt und gleichsam korrupt wurde.
Roland Joffés Film ist zwar fiktiv, spielt aber vor diesem Hintergrund. Wir sehen Tutu, wie er von einem weißen Mörder ins Gefängnis geholt wird und folgen seinem persönlichen Bestreben, diesen wahrhaft diabolisch wirkenden Menschen auf den rechten Pfad zu bewegen. Der Film beginnt im Jahr 1955 und zeigt uns ein kurzes, offenbar traumatisches Erlebnis für einen weißen Jungen. Wir können nur ahnen, dass es sich dabei um die Figur des Blomfeld handelt.
Gleich danach schwenken die Ereignisse ins Jahr 1993: Wir sehen eine schwarze Frau durch die Straßen gehen, Unruhen branden auf, die weißen Polizisten erscheinen und prügeln die Menge zusammen. Die Frau scheint nach ihrer Tochter zu suchen, die sie seit dem Vortag nicht mehr gesehen hat. Ein Polizist weist sie unsanft zurück. Erneut gibt es einen Sprung von drei Jahren. Wir befinden uns nun im Jahr 1996, nach dem Ende der Apartheid. Desmond Tutu wird eingeführt als Vorsitzender der Wahrheits- und Versöhnungskommission.

Einer, der will und einer, der nicht will

Er trifft die Frau, deren Tochter nun mittlerweile seit drei Jahren verschwunden ist.
Kurz darauf thematisiert der Film aber bereits, wie schwierig die Situation für beide Seiten im Land ist. Weiße, die in offiziellen Berufen angestellt sind, werden von anderen Weißen als Verräter behandelt und die überwiegend schwarzen Mitglieder der Kommission sitzen ebenso zwischen allen Stühlen: Denn begnadigt man einen Schwarzen, heißt es, man wäre parteiisch und begnadigt man einen Weißen, wird man als Burenknecht beschimpft. Innerhalb dieses Spannungsfeldes tritt dann erstmalig Eric Bana auf, der den Attentäter Piet Blomfeld spielt. Seine ersten Szenen sind durchsetzt von einem widerwärtigen Rassismus, den er in jeder möglichen Situation zum „Besten“ gibt. Der Zuschauer kennt früh einige Schimpfwörter, mit denen die weißen Südafrikaner die Schwarzen im Land bedachten. Überraschend, wie fies Bana, der ansonsten häufig in wesentlich freundlicheren Rollen zu sehen ist, hier rüberkommt. Der Hass gegenüber allem, was nicht seine Hautfarbe entspricht, ja eigentlich sogar gegenüber allem, was nicht dem entspricht was er selbst ist, dringt ihm aus allen Poren. Die Begegnungen zwischen ihm und Forest Whitaker als Tutu bringen die Leinwand bisweilen zum Knistern. Dabei geht der Film glücklicherweise nicht den erwartbaren Weg, Tutu als bloßen Vertreter der Opfer porträtieren, denn dessen Entgegnungen auf Blomfelds permanente rassistische Provokationen zeugen von einer selbstbewussten und überraschend sarkastischen Art und Weise. Banas Figur ist es, die das neue System und das Konzept der Versöhnung in Frage stellt. Sein Blomfeld reizt Tutu immer wieder bis aufs Blut.

Wärter Francois spielt seine eigenen Spielchen im Knast

Allerdings, und hier muss man die Kritik ansetzen, übertreibt es das Drehbuch mit den permanenten Beleidigungen und Gemeinheiten. Wenn man das x-te Mal aus Blomfelds Mund das Wort Kaffer oder Boy hört, nutzt sich das schnell ab. Zumal man nie wirklich erfährt, warum Blomfeld ist wie er ist. Man versteht auch nicht, weshalb er Tutu überhaupt zu sich gerufen hat. Einzig, um sich zu duellieren? Ja, es gibt so etwas wie ein Gewissen in dem weißen Rassisten. Und es gibt einen Inhalt hinter der eiskalten Fassade aus (Selbst)Hass. Denn bekommt man dann im letzten Viertel urplötzlich zu sehen, was rückbeziehend auf die vorherigen Treffen zwischen Tutu und Blomfeld aber maximal unlogisch wirkt. Sicher, eine Wandlung mag sich abzeichnen, aber dann kommt sie derart unvermittelt, dass die Glaubwürdigkeit leidet. Auch Bana trägt leider nicht dazu bei, das zu minimieren. Sein Spiel wirkt bisweilen einfach nicht authentisch. Immerhin erzählt The Forgiven nicht nur die Geschichte zwischen Tutu und Blomfeld, sondern beleuchtet auch noch die schwierigen Prozesse, die im Land selbst vollzogen wurden. Rassismus lässt sich nicht von heute auf morgen abschaffen. Das Verhältnis zwischen Weißen und Schwarzen nicht innerhalb von ein paar Wochen normalisieren. Tutu entgegnet einem aufgebrachten weißen Polizisten in einem bestimmten Moment: „Es gibt keine Seiten“. Das schildert ebenso eindrücklich die ausgewogene Einstellung des Erzbischofs, zeigt aber gleichzeitig, dass das Denken von „Seiten“; von Schwarz und Weiß in allen außer in seinem Kopf weiterhin vorherrscht. Zu Recht vor Gericht sitzende Weiße der Sicherheitspolizei reden ihre begangene Schuld von Folter und Misshandlung klein, indem sie sich in die Opferrolle begeben und Tutu vorwerfen, dass er mit ihrer Verurteilung sicherlich nicht zur Gleichheit der Menschen beitrüge. Eine allzu einfache Variante, nicht zu dem zu stehen, was man begangen hat. Das Bild zu skizzieren, dass der Rassismus sich umkehren würde, macht den begangenen Rassismus und macht die begangenen Taten nicht besser oder entschuldigt sie. Das sind Motive, die man durchaus vermittelt bekommt. Und es sind wichtige Motive. Sie passen aber innerhalb des Drehbuchs nicht zusammen. Zu sehr hält sich The Forgiven mit kleineren und absolut unbedeutenden Subplots auf. Die Nebenhandlung mit den 28ern, einer Vereinigung schwarzer Knastbrüder, ist für den Film vollkommen unerheblich und will ebenfalls nicht zum Gesamtgeschehen passen. Letztlich knüpft der Film einfach zu viele Fäden, deren lose Enden nie zusammengeführt werden, während gleichzeitig die Gewaltdarstellung für 12-jährige zu heftig ist und viele Figuren zu klischeehaft gezeichnet bleiben.

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Format: Blu-ray
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Erscheinungstermin: Thu, 25 Mar 2021
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Bild- und Tonqualität

Ein Aufstand mit Ansage

The Forgiven zeigt sich während der Außenaufnahmen äußerst laufruhig und rauscharm. Der sichtbar digital gedrehte Film zeigt sich extrem stabil und ohne jede Körnung. Farben geraten sehr kräftig ans Auge – seien es die orangefarbenen Overalls der Insassen im Gefängnishof oder das lilafarbene Hemd von Tutu. Viel zu mäkeln gibt’s nicht, lediglich die hin und wieder sehr dunkel gefilmten Szenen im Gefängnis lassen schon mal etwas Durchzeichnung vermissen. Die selbst in diesen Sequenzen extrem hohe Laufruhe wurde aber mit einer gewissen Rauschminderung eingekauft. Banas Stirn wirkt hier und da etwas wachsig. Dennoch ist die Auflösung an sich gut. An Tutus Halskette erkennt man jedes Glied. Lediglich in ganz kurzen Bewegungen lässt dann erkennen, dass eine Filterung eingesetzt wurde, wenn dann plötzlich ganz leichtes digitales Rauschen zu sehen ist.
Akustisch kann man über The Forgiven nicht meckern. Für einen dialogkonzentrierten Film holen die DTS HD-Masterspuren erstaunlich viel Räumlichkeit aus dem Geschehen. Die Atmosphäre im Knast wirkt lebendig, die Ketten an Blomfelds Füßen rasseln räumlich. Hervorragend verständlich sind die Dialoge, die glasklar und zentral vom Center kommen. Hin und wieder ist ein sonores Brummen zu hören, das die Spannung der Begegnungen zwischen den beiden Gesprächspartnern ankündigt. Wenn später im Film Prügel durch Schlagstöcke verteilt werden, wird das dumpf und drückend transportiert. Dynamikattacken gibt’s freilich nicht.

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Bonusmaterial

Hier gibt’s lediglich die Trailer zum Film.

Fazit

Gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemach – The Forgiven ist immer dann stark, wenn er die gesellschaftlichen Spannungen zwischen den Parteien der Nach-Apartheids-Situation in Südafrika zeigt. Auch im Dialog zwischen Tutu und Blomfeld ist bisweilen Spannung. Leider werden die guten Ansätze und die wichtigen Botschaften von nichtigen Handlungssträngen und wenig nachvollziehbaren Charakterentwicklungen torpediert.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 10%
Film: 60%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Roland Joffé
Darsteller: Forest Whitaker, Eric Bana, Jeff Gum, Morné Visser
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 120
Codec: AVC
FSK: 12

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter EuroVideo)
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Trailer zu The Forgiven

THE FORGIVEN I Offizieller Trailer


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