Blu-ray Review
OT: The Gambler
7 Tage …
… Zeit hat der Spieler Jim Bennett, um eine Viertelmillion Dollar Schulden zurück zu zahlen.
Inhalt
Jim Bennett hasst sein Leben. Den Anschein jedenfalls könnte man haben, wenn man betrachtet, wie fahrlässig der Literaturdozent mit den Zehntausend-Dollar-Jetons beim Black Jack um sich schmeißt. „Man kommt nicht her, um vor sich geschützt zu werden“ ist seine Prämisse und unter dieser verzockt er an einem Abend schon mal 160.000 Dollar. Bisher kam er mit dieser Masche immer irgendwie durch. Der Sohn aus wohlhabender Familie pumpte einfach seine Mutter an oder setzte sein gesamtes Vermögen aufs Spiel. Nun steht er aber mit einer Viertelmillion in der Kreide und seine Gläubiger sind nicht die nettesten Gangster der Gegend. Ein einziges, letztes Mal noch hebt seine Mutter das Geld vom Familienkonto ab und händigt es Jim aus. Doch anstelle seine Schulden zu begleichen, verzockt er die Kohle erneut. Selbst seine neue Freundin, die junge Studentin Amy kann ihn nicht motivieren, mit dem Spielen aufzuhören. Findet Jim einen Ausweg aus der Situation und damit auch aus seinem bisherigen Leben?
Man muss nicht zwingend Freund des Glücksspiels sein, um die Szenen im Casino als spannend inszeniert zu empfinden. Die Atmosphäre, die Blicke der Mitarbeiter und der Kredithaie, das überhebliche Verhalten Bennetts – all das übt selbst auf Black-Jack-Muffel, zu denen sich der Rezensent zählt, eine gewisse Faszination aus. Unsterstützt wird das noch durch jene Szenen, in denen die Geschehnisse in der Spielhölle im Zeitraffer ablaufen und auf diese Art die Vergänglichkeit der Kohle in Bennett Händen noch intensiver vermittelt wird. Das Remake des 74er Spieler ohne Skrupel mit James Caan und Lauren Hutton bezieht seinen Reiz aber vor allem aus der Schilderung des steten Abstiegs seiner Hauptfigur, die in ihrer grenzenlosen Überheblichkeit und Arroganz nicht einen Hauch von Sympathie erntet. Das macht es zwar schwer, sich mit Jim Bennett zu identifizieren, liefert allerdings die Grundlage für eine durchaus beeindruckende Schauspielleistung Mark Wahlbergs. Die Scheißegal-Attitüde des von ihm verkörperten Protagonisten könnte kaum ein anderer mit solcher Bravour verkörpern wie das Ex-Calvin-Klein-Model. Apropos Modeln: Für The Gambler hungerte sich Wahlberg „mal eben“ locker 20kg Gewicht und Muskelmasser runter, um seine Figur, die tagsüber an der Uni lehrt und sich Nachts im Casino rumtreibt, authentisch verkörpern zu können. Neben ihm ist Brie Larson (Spectacular Now) als Amy im Grunde die einzige Person, gegenüber der man Sympathien entwickelt. Allerdings fällt’s schwer nachzuvollziehen, warum sie Bennetts Spiel so lange mitansieht und insgesamt ist ihre Rolle auch etwas dünn ausgefallen. Absolutes Highlight aber ist John Goodman. Zwar hat der Gute nur wenige Szenen, beeindruckt in diesen jedoch mit der physischen Präsenz eines Sumo-Ringers und der Dominanz eines Diktators.
Inszenatorisch hält sich The Gambler weitgehend am Original der 70er, präsentiert sich aber düsterer und legt noch stärker den Fokus auf den Selbstzerstörungsmodus seiner Hauptfigur. Für Bennett geht es nämlich nicht nur in seinen Shakespeare-Vorlesungen um Sein oder Nichtsein, um Alles oder Nichts. Allerdings trifft er diese Entscheidungen nicht selbst. Bennett fordert geradezu heraus, dass seine Kontrahenten ihn bestrafen, ihn verletzen und möglicherweise umbringen – Andere sollen für ihn entscheiden und das bis zum bitteren Ende. Getragen wird die Geschichte dabei von langen und ausgiebigen Dialogen, die immer wieder eine ähnliche philosophische Diskussion entfachen. Eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Lebens sowie über falsche Entscheidungen. In einer der besten Szenen hält der sensationelle John Goodman einen Monolog, der unter der Überschrift „Fuck You“ firmiert und in diesem Moment gegenüber Bennetts Figur kaum mehr Wahrheit aussprechen könnte. Dass der Film dann mit einem solchen Fuck-You-Moment endet, ist stimmig und mit dem großartigen Sound von M83 kongenial unterlegt – gut gespielt, Herr Wahlberg!
Bild- und Tonqualität
The Gambler nutzt ausgiebig unterschiedliche Farbfilterungen, um die differierenden Schauplätze und Wirkbereiche der Kredithaie und Casinobetreiber darzustellen. Mal ist das Bild extrem kühl, beinahe lila, mal färbt es sich leicht grün oder rot. Grundsätzlich gut ist die Bildruhe, die kaum Unruhen erkennen lässt und vor allem der Schwarzwert kann sich sehen lassen. Weniger schön ist die Schärfe, die in Randbereichen nachlässt und auch im Fokus eher mittelprächtig ist.
Der Sound in The Gambler ist (trotz erneut lediglich vorhandener Dolby-Digital-Fassung für den deutschen Ton) immerhin so gut, dass man direkt erkennt, um welches Geräusch es sich handelt, was man noch während der Einblendung des Paramount Logos über sämtliche Lautsprecher effektvoll zu hören bekommt. Im Gegensatz zur Originalfassung ist allerdings erneut extrem hörbar, wie gut eine HD-Fassung klingen kann. Ob das der engelsgleiche Gesang während der Beerdigungszeremonie in der Kirche ist, die Snare-Drum des sich daran anschließenden Songs oder die luftige und bewusst leicht verhallte Atmosphäre im Casino – die Originalfassung klingt jederzeit offener und hat mehr Punch. Lauter ist sie ohnehin. Da man nehmen muss, was man kriegen kann, sei gesagt, dass die Stimmen sehr gut verständlich sind, die Effekte während eines nächtlichen Sturzregens beeindrucken und auch der Subwoofer immer mal wieder aktiv ins Geschehen eingreift.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von The Gambler findet sich ein gut viertelstündiges Hinter den Kulissen-Feature, das sich vor allem auf die Entstehungsgeschichte des Films konzentriert. sowie vier weitere Featurettes: „Der Abstieg des Gamblers“ läuft ebenfalls eine Viertelstunde und zeichnet die einzelnen Charaktere sowie die subtile Farbgestaltung dieser Figuren nach. In „Adaptionen“ geht’s knapp neun Minuten noch einmal um die Gegenüberstellung von Original und Remake. „Drehorte“, der Name sagt es, kümmert sich um die Schauplätze des Films und „Kostümdesign“ erkärt sich ebenfalls selbst. Sechs entfallene und erweiterte Szenen runden das Angebot ab.
Fazit
The Gambler dürfte ausgewiesene Spielmuffel nicht dazu animieren, ins Casino zu gehen – will er aber auch gar nicht. Vielmehr ist der Film ein hervorragend gespieltes Drama mit existenzialistischen Dialogen, stilsicherem Look und toller Filmmusik. Wem das zu langatmig ist, der hat sich vielleicht einen Thriller versprochen, nur weil Mark Wahlberg drauf steht. Ein Thriller war aber schon das Original von 1974 nicht.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 50%
Film: 75%
Anbieter: Paramount Home
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Rupert Wyatt
Darsteller: Mark Wahlberg, Brie Larson, John Goodman, Jessica Lange, Michael K. Williams, Alvin Ing, George Kennedy
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en // DD 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 111
Codec: AVC
FSK: 12
Für mich bis jetzt eine der besten Blu-Ray des Jahres.