The Mermaid

Blu-ray Review

The Mermaid Blu-ray Review Cover
Capelight Pictures, 17.11.2017

OT: Mei ren yu

 


Meerjungfrauen küssen besser

Was ist dran an dem Film, der in China sämtliche Rekorde brach?

Inhalt

Das Immobilien-Imperium von Liu Xuan hat soeben für eine Unsumme eine Bucht gekauft, die leider auch ein geschütztes Rückzugsgebiet für Delfine und schützenswerte Meerestiere ist. Egal, wird das Ding halt plattgemacht. Um das zu erreichen, nutzt er ein zerstörerisches Sonar, das alles Leben in der Bucht vernichtet. Alles? Nein, ein paar Meeresbewohner überleben. Unter ihnen auch Meerjungfrau Shan. Die wird von den anderen Meeresmenschen entsendet, um Xuan zu töten. Dumm, dass sie eigentlich keiner Fliege etwas zu leide tun kann. Und noch dümmer, dass sich Meerjungfrau-Assassine und Immobilien-Tycoon ineinander verlieben. Jetzt muss sich Shan entscheiden, ob sie ihre Mission noch zu Ende bringt oder ihre Artgenossen enttäuschen wird …

Ein reicher Geschäftsmann verliebt sich in eine Meerjungfrau, die eigentlich den Auftrag hatte, ihn zu eliminieren – es gibt Filmstoffe, die so absurd sind, dass sie nur aus China kommen können. Dort funktioniert ein The Mermaid dann allerdings ganz prächtig. Mit immerhin 65 Mio. Dollar Budget konnte Regisseur Stephen Chow (Kung-Fu Hustle) handeln, bekam aber ein Vielfaches zurück. Sein Film hat 2016 so ziemlich jeden möglichen Rekord in China gebrochen, den ein einheimischer Film aufstellen kann. Selbst gegen internationale Hits wie Fast & Furious 7 oder Star Wars: Das Erwachen der Macht konnte er sich behaupten und landete insgesamt bei einem Einspiel von 525 Mio. Dollar, womit er der erfolgreichste Film in China und erst der siebte Film weltweit war, dem dieses Einspiel in nur einem Land gelang. Und obwohl er als solcher ein Jahr später von Wolf Warrior 2 abgelöst wurde, muss irgendetwas hinter diesem Mix aus Love-Story und Fantasy-Märchen stecken, das nicht nur das fernöstliche Volk begeistern konnte. Denn auch internationale Kritiker sprachen The Mermaid aus, sehenswert zu sein – immer vorausgesetzt, man kann sich auf die sonderbaren Figuren und den typisch chinesischen Humor einlassen. Den braucht man im Übrigen schon, wenn man nach gut einer Minute die Animation des Schiffs im Vordergrund anschaut. Für 65 Mio. Dollar Budget hätte man der Crew ja wenigstens mal Gesichter auf die rosa Haut animieren können (1’02). Auch andere Tricks geraten eher naiv-rudimentär, was aber gerade im Falle des Rucksack-Raketenantriebs auch gewollt scheint.

Die Meerjungfrauen- und -männergliedmaßen allerdings wirken zumindest im Wasser recht glaubwürdig. Der slapstickartige Humor und das alberne Gekicher der Darsteller und -innen ist bisweilen derart überzogen, dass man es als Satire sehen muss, um es mit westlichem Humorverständnis goutieren zu können. Gerade die kieksige Stimme, mit der man Shan-Darstellerin Yun Lin hierzulande synchronisiert hat, geht durchaus an die Nerven. Allerdings klingt das im Original auch nicht deutlich anders. Beides verhindert ein wenig, dass man nachvollziehen kann, warum sich die beiden nun ineinander verlieben. Für die besten Gags sorgt sicherlich „Onkel“ Octopus, der sich im Verlaufe des Films einfach mal selbst kochen muss. Dass es am Ende natürlich zu einem Umdenken Xuans kommt, täuscht nicht darüber hinweg, dass das Finale angemessen dramatisch gerät. Für chinesische Verhältnisse geradezu revolutionär (erstaunlich, dass der Film nicht verboten wurde) sind im Übrigen schon die Eingangsszenen, in denen real existierende Umweltverschmutzung, Waldrodung und illegales Fischen/Töten von Meeressäugern angeprangert wird – und das in absolut unzweideutigen Bildern. Die 16er Freigabe liegt übrigens nicht in The Mermaid begründet, sondern im Trailer zu Sex and Zen: Extreme Ecstasy. Während Mermaid eine 12er-Einstufung hat, weist Sex and Zen als Langfilm sogar eine FSK-18-Freigabe auf und sorgt hier für den Ausschluss der Zielgruppe zwischen 12 und 15.

Bild- und Tonqualität

Das 1,85:1-Bild von The Mermaid setzt auf extrem bunte Farben, die schon auf den Gesichtern für sehr kräftigen Teint sorgen. Der Kontrastumfang ist ebenfalls sehr hoch, die Bilddynamik erreicht ein sehr gutes Niveau. Ab und an sind Hauttöne etwas zu gelb und überstrahlen ein kleines bisschen. Dafür knallt Schwarz richtig und verliert dennoch nicht an Zeichnung. Die Bildruhe ist ebenfalls gut, Körnung kein Thema. Lediglich in kurzen, schnellen Schwenks wird’s schon mal etwas unruhig.
Soundeffekte gibt’s eine Menge in The Mermaid. Schon die allgemeine Atmosphäre und die Musik kommt recht räumlich daher. Wenn Shan dann in ihr Schiffswrack zurückkehrt, werden die Surrounds richtig gefordert. Ebenso wie bei den Erzählungen der alten Geschichten-Erzählerin, deren visuelle Effekte von vielen „Wusch“-Sounds begleitet werden. Die gackernden Dialoge kommen gut verständlich ans Ohr – außerdem sind diese für einen fernöstlichen Film relativ gut synchronisiert worden.

Bonusmaterial

Neben vier Kinotrailern und weiteren Programmtipps hält das Bonusmaterial von The Mermaid noch das Musikvideo „You’re the Best in the World“ von Adam Cheng und Karen Mok bereit.

Fazit

Man MUSS ein Faible für fernöstlichen Slapstick und die Popsongs des Landes haben, um The Mermaid etwas abgewinnen zu können. Doch dann bekommt man ein kunterbuntes Märchen, das in seiner albernen Story Gesellschaftskritik übt und Umweltverschmutzung anprangert – ungewöhnliche Love-Story obendrauf.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 20%
Film: 55%

Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: China 2016
Regie: Stephen Chow
Darsteller: Lin Yun, Deng Chao, Lo Show, Zhang Yuqi, Kris Wu, Zhang Wen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, ch
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu The Mermaid

Trailer THE MERMAID (Deutsch)

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