The Monster Project – Do You Believe in Monsters?

Blu-ray Review

OT: The Monster Project

The Monster Project Mediabook
Pierrot Le Fou, 27.04.2018

 


Die Wahrheit ist kompliziert

Neues Fressen für Found-Footage-Fans.

Inhalt

Die Kumpels Devon und Jamal haben einen Youtube-Kanal, auf dem sie selbstgemachte Horrorvideos posten und so Views generieren. Ihre hektischen Handkamera-Aufnahmen treffen den Nerv, denn die Klicks steigen. Um das Ganze noch zu intensivieren und noch mehr Geld raus zu schlagen, kommen sie auf eine geniale Idee. Über den Kanal geben sie eine Anzeige auf, nach der sich die „echten“ Monster da draußen melden sollen. Und sie melden sich: Ein Gestaltenwandler, eine Vampirin und ein asiatischer Geist – jedenfalls behaupten die betreffenden Personen, sie seien solche oder von solchen besessen. Während Devon und Jamal aus dem Häuschen sind, hält Kumpel Bryan die Suche nach Dämonen für Teufelswerk und rät davon ab. Doch das hält seine Kumpels nicht ab. Und weil die so überzeugt sind, bekommen sie sogar Devons Ex Muriel dazu, bei den bevorstehenden „Dreharbeiten“ Regie zu führen. Um der Geschichte das notwendige Ambiente zu verpassen, macht man sich auf und arrangiert ein Treffen mit den drei mysteriösen Wesen in einem alten Geisterhaus. Was dort allerdings passiert, ist außerhalb jeder Vorahnung …

Grüne Nachtsicht-Aufnahmen, wackelige Handkamera – es braucht nicht viele Stichwörter, um zu vermitteln, in welchem Subgenre des Horrorfilms man sich bewegt. Found-Footage, eben jener Filmtrend, der 1999 mit The Blair Witch Project begann und durch die Paranormal-Activity-Reihe noch mal den Nachbrenner zündete, hat zuletzt nicht mehr so häufig Anwendung in Genrefilmen gefunden. The Monster Project schickt sich nun an, das wieder zu ändern. Dabei beschreitet er zwar nur in geringem Maße neue Wege und verfolgt ansonsten ausgetretene Pfade, fügt aber mit der Verknüpfung von Youtube-Kanälen eine frische Variante hinzu. Gleichzeitig wird moderate Kritik an der Sensationslüsternheit sozialer Netzwerke geübt und auf die Manipulationslust der Menschen verwiesen. Denn wenn zwei findige Hobbyfilmer behaupten, dass es egal sei, ob etwas „echt“ ist, solange man es den Zuschauern als echt verkauft, dann sind das eindeutige Statements in Zeiten eines twitternden US-Präsidenten. Was The Monster Project nahezu meilenweit aus dem Einerlei an belanglosen Genre-Kollegen herausragen lässt, ist die Spielfreude seiner Darsteller und der eingestreute Humor. So gibt’s schon direkt zu Beginn humorvolle Querverweise auf bekannte Genrevertreter, wenn Jamal dem gemeinsamen Projekt einen Namen gibt und süffisant kommentiert, dass es „Blair Witch“ ja schon gäbe. Im weiteren Verlauf dient der Witz natürlich zunehmend dazu, die „heile“ Welt der Fake-Filmer auf das echte Unbekannte treffen zu lassen und so umso mehr dafür zu sorgen, dass Jamal und Devon die Hosen gestrichen voll haben.

Wo wir gerade bei den beiden sind: Ist die Figur des Jamal, der hauptsächlich hinter der Kamera agiert und afroamerikanischer Herkunft ist, arg klischeehaft charakterisiert und aufgrund seiner manchmal hysterischen Kommentare auch etwas nervstrapazierend, gefällt schon Justin Bruening als Devon ziemlich gut. Man merkt ihm an, dass er in zahlreichen TV-Serien professionelle Erfahrung gesammelt hat, was ihn aus dem Einerlei an Amateur-Darstellern herausragen lässt, die sonst in Found-Footage-Filmen unterwegs sind. Wirklich hervorragend ist aber Toby Hemingway (In Time – Deine Zeit läuft ab), der als geläuterter Ex-Junkie mit melancholischem Blick den Gläubigen an spirituelle Erscheinungen und Dämonen gibt. Und das macht er wirklich glaubwürdig und intensiv. Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen dieser Art kann man den Schauspielern hier wirklich keinerlei Vorwürfe machen. Sie stellen ihre Amateur-Charaktere professionell und damit glaubwürdig dar.
So viel zu den Darstellern. Wie steht es aber um den Schauer, den Grusel, den Horror?
Zunächst mal macht The Monster Project im Rahmen seines Subgenres alles richtig. Die Aufnahmen wirken schön amateurhaft, die Kamera wackelt standesgemäß und die grünen Nachtsichtaufnahmen steigern die Atmosphäre. So macht schon die erste, noch inszenierte Szene, einen gruseligen Eindruck. Wechselt das Geschehen dann ins Haus, wird es nach gut 40 Minuten tatsächlich creepy.

Die Kameraführung spielt geschickt mir den Mitteln des Found Footage. Die Dunkelheit wird vortrefflich eingesetzt, um schon mit einem bleich geschminkten Gesicht für eine gewisse Furcht zu sorgen. Und obwohl es die „üblichen“ Jumpscares sind, die der Film nutzt, sitzen sie doch effektiv. Da bewegt sich Shayla ruckartig und ist plötzlich an ganz andere Stelle und der asiatische Dämon steht natürlich vornehmlich mit dem Rücken zum Zuschauer (der wiederum sehr gut weiß, was passiert, wenn sich das schwarzhaarige Mädchen dann umdreht). Während der Interviews mit den drei „Monstern“ baut sich die Stimmung tatsächlich auf, obwohl eigentlich nichts passiert. Aber die durch einen Verzerre gejagte Stimme des Gestaltwandlers und die arrogante Erotik Shaylas funktionieren – im Übrigen auch, weil die Dialoge über dem üblichen Niveau sind. Die werden dann aber ohnehin zur Nebensache, wenn während der Mondfinsternis die Dämonen in den drei „Gästen“ ausbrechen. Und das ist überraschend gut getrickst und erstaunlich timingsicher. Die Nachtsicht tut auch hier ihre Wirkung und wenngleich die Panik der vier Filmemacher ein wenig übertrieben scheint, so sind die genutzten Geräuscheffekte ziemlich treffsicher und intensivieren das Geschehen. Wirklich Mühe gab man sich mit den Kamerafahrten und Actionszenen im Haus. Da bricht man schon mal zu zweit durch eine Decke, was die am Kopf angebrachte GoPro Bryans live einfängt. Auch die rasanten Bewegungen der Monster wurden glaubwürdig umgesetzt – ebenso wie die heftigen Auswirkungen der Schläge.
Inhaltlich zerfasert The Monster Project aber leider nach 70 Minuten etwas und fügt noch Exorzismus-Elemente sowie Dämonen-Wechselspielchen hinzu. Das strapaziert dann am Ende die Laufzeit und bläht sie künstlich auf. Wäre nach 75 Minuten Schluss gewesen, hätte sich das gruselig atmosphärische Moment des Films besser gehalten und man hätte auch auf ein arg stereotypes, gewollt überraschendes Ende hinwegsehen können, das mit dem Beginn kaum noch etwas gemein hat.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Monster Project entzieht sich gewissermaßen einer Bewertung. Durch die extrem starke und bewusste Stilisierung, die soweit geht, dass die Selbstaufnahmen Bryans für seine Eltern völlig verartefaktet sind. Die Aufnahmen der Nachtsichtkamera sind ebenfalls bewusst unscharf gehalten. Das ändert sich auch in den dunklen Szenen im Haus später nicht. Die qualitativ einzig guten Aufnahmen sind jene bei Tageslicht. Zum Beispiel, wenn Devon und Jamal in der Wüste den Gestaltwandler treffen wollen. Zwar überziehen die hellen Bereiche hier etwas, doch das ist letztlich auch der extremen Helligkeit der Szenerie geschuldet. Ansonsten ist der Kontrastumfang hier sehr hoch und die Schärfe gut. Auch die Bildruhe kann in diesen Momenten überzeugen. Je dunkler es später wird, desto mehr spielt man mit Bildverfremdungen, Unschärfen und Korn. Das sieht zwar meist nicht hübsch aus, passt aber natürlich perfekt zum Szenario.
Beim Sound spielt sich das Geschehen von Monster Project zumeist auf der Front ab. Die Hauptlautsprecher werden zwar immer mal wieder etwas räumlich, wenn unsere Protagonisten im Auto unterwegs sind, doch bis zu den Geschehnissen im Haus setzt der Film kaum akustische Akzente.
Wenn es dann gruselig und spannend wird, gibt’s schon mal ein paar Jumpscares, die von den Rearspeakern begleitet werden. Auch die Schritte des Gestaltwandlers haben dann Pfund und werden vom Sub gut unterstützt. Außerdem funktioniert das röchelnde Atmen des Wolfmenschen ziemlich gut.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Monster Project findet sich neben neun deleted Scenes noch ein 45-minütiges Making-of, das sehr nahe bei den jungen Filmemachern ist und fast sämtliche Aspekte der Entwicklung des Projekts beleuchtet. Von der Findung der Drehbuch-Autoren bis zur Besetzung des Casts hin zu Probeaufnahmen und ausgiebiger Schilderung der Make-up-Effekte – hier bleibt fast nichts unbeleuchtet. Klasse vor allem die Bewegungsproben des Gestaltwandlers. Und wer dann noch nicht genug hat, der hört sich den Audiokommentar von Regisseur, Kameramann und Make-up-Spezialist an, den die Drei etwa zwei Jahre nach den Dreharbeiten einsprachen.
Obendrauf gibt’s natürlich noch das schicke Mediabook mit einem 24-seitigen, sehr informativen Booklet, einem Poster und der DVD des Films als Bonus.

Fazit

The Monster Project gehört zu den besseren Found-Footage-Filmen und punktet mit überzeugenden Darstellern sowie einer wirklich spannenden Atmosphäre in den ersten 70 Minuten. Leider verflacht die Geschichte dann zunehmend und endet auch nicht gerade logisch. Dennoch: Für Fans des Horror-Subgenres definitiv eine Empfehlung – zumal aus dem Paranormal-Activity-Franchise die Luft wirklich raus ist. Das Mediabook lohnt sich schon alleine für die tolle Aufmachung und das liebevolle Booklet.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 80%
Film: 65%

Anbieter: Pierrot Le Fou
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Victor Mathieu
Darsteller: Toby Hemingway, Justin Bruening, Murielle Zuker, Jamal Quezaire, Yvonne Zima, Steven Flores
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu The Monster Project

The Monster Project (2017) OFFICIAL TEASER TRAILER