The Nice Guys – Nett war gestern

Blu-ray Review

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Concorde Home, seit 13.10.2016

OT: The Nice Guys

 


Dicke Luft

In The Nice Guys müssen Russell Crowe und Ryan Gosling als ungleiches Ermittlerduo gemeinsame Sache machen.

Inhalt

Holland March ist Privatdetektiv. Allerdings ist er weder erfolgreich, noch sonderlich geschickt oder gar smart. Seine Ermittlungen finden entweder im Schmuddel-Milieu statt oder im Auftrag von senilen Damen aus dem lokalen Seniorenheim. Als er eine gewisse Amelia für deren Tante ausfindig machen soll, lernt er eines Tages unvermittelt Jackson Healy kennen – bzw. dessen Faust. Healy tut für Geld so ziemlich alles – selbst wenn die Auftraggeber minderjährige Mädels sind. In diesem Fall ist es Amelia. Eben jene, die Holland ausfindig machen sollte und die sich von ihm verfolgt fühlte. Also tut Healy, wofür er bezahlt wurde, vermöbelt March und … taucht kurze Zeit später wieder bei ihm auf. Denn nun haben sich böse Burschen in das Spiel um die plötzlich verschwundene Amelia eingeschaltet und Healy braucht die Hilfe des Privatdetektivs. Und weil sich auch noch deren Mutter, ihres Zeichens die Justizministerin, einschaltet, wird das Spiel immer brisanter – zumal die Ermittlungen mitten in die Mafia aus Wirtschaft und Funktionären führen …

Shane Black ist kein Geringerer als derjenige, dessen Drehbuch zu Lethal Weapon den Buddy-Film im Actiongenre zur Kunstform erhob. Mit Kiss Kiss Bang Bang blieb er sich 2005 in seinem Regiedebüt treu und inszenierte eine Hommage an die Detektivgeschichten der 40er und 50er Jahre. Nachdem er dazwischen „nur“ Iron Man 3 inszenierte, kehrt er mit The Nice Guys – Nett war gestern zu genau dem Genre zurück, mit dem er begonnen hatte und das er beherrscht, wie kaum ein anderer. Der Mix aus Buddy-Movie und Detektivgeschichte stammt ebenfalls aus seiner Feder und nachdem man es bereits 2009 einmal verfilmen wollte, sollte es noch sechs weitere Jahre dauern, bis vor allem die jetzige Besetzung feststand. Russell Crowe beispielsweise wurde schon früher einmal mit dem Drehbuch beliefert, sagte aber angeblich erst zu, nachdem man ihm mitteilte, dass Ryan Gosling an seiner Seite spielen würde. Gemeinsam liefern die zwei aber in der Tat das schlagfertigste Ermittlerduo seit Riggs und Murtaugh ab – und zwar sowohl physisch als auch in Sachen Humor. Und das auch, wenn der Witz selbst physisch ausfällt. Denn gerade Ryan Gosling hat ein paar sensationell-witzige Slapstick-Momente. Schon alleine die Toilettenszene nach knapp 22 Minuten sorgt für akute Lachbauchkrämpfe.. Nicht jeder Gag mag zu 100% sitzen, aber die erste Stunde vergeht dennoch wie im Flug und The Nice Guys unterhält prächtig. Dass Shane Black durchaus nicht nur Schenkelklopfer aneinanderreihen möchte, sondern eine ernsthafte (und durchaus hart zu Werke gehende) Detektivgeschichte erzählt, stimmt auch Krimi-/Thrillerfans zufrieden. Manchmal ist Balance nicht perfekt ausgeglichen, aber meist funktioniert der Mix wirklich gut. Das liegt vor allem an der Chemie zwischen Gosling und Crowe, die als Team March/Healy durchaus in Serie gehen könnten (etwas, das man mit dem Skript zunächst ohnehin vor hatte). Die größte Überraschung aber ist Angourie Rice als Hollands Tochter Holly. Die junge Aktrice (demnächst als Betty Brandt in Spider-Man: Homecoming) agiert ebenso mutig wie authentisch und natürlich – nicht eben einfach, wenn man ihr abnehmen muss, dass sie sich als Minderjährige mal eben unters Porno-Darsteller/Produzenten-Volk mischt, um eigene Nachforschungen anzustellen.

Neben den tollen Darstellern und dem witzigen Drehbuch ernten Ausstattung, Musik und Atmosphäre ganz viele Extralorbeeren. Schon die ersten beiden Töne einer Bassgitarre stimmen perfekt auf das Flair der 70er Jahre ein. Der knochentrockene Sound, dem die typisch gequetschten E-Gitarren folgen, ist unverkennbar und liegt unter einem Vorspann, dessen Schriftdesign praktisch direkt aus Shaft oder Kojak – Einsatz in Manhattan stammen könnte. Autos, Klamotten, Hifi-Equipment und vor allem: DIESE TAPETEN – sensationell! In einer Zeit, in der Amerikas Lieblingsfamilie noch nicht gelb war, sondern auf den Namen „Waltons“ hörte, konnte man sich solche Geschmacksverwirrungen noch leisten und wenn Filme das so charmant nutzen, wie es The Nice Guys tut, kann man das nur honorieren. Da verschmerzt man auch, dass die zweiten 60 Minuten das Tempo etwas verschleppen und erst zum Finale wieder Fahrt aufgenommen wird. Das allerdings hat es dann in sich, wenn auf dem Automobilsalon von Detroit wild um sich geschossen, aus oberen Stockwerken gefallen und mit Granaten um sich geworfen wird. Gosling hat hier erneut eine grandiose Slapstick-Sequenz, die fast so etwas wie den Geist der guten alten Buster-Keaton-Filme atmet. Einen durchaus zynischen Kommentar liefert Kim Basinger, wenn sie am Ende meint, dass „nichts Detroit niederringen könnte“ – Mitte der 70er konnte ja auch noch niemand ahnen, dass 40 Jahre später die ganze Stadt Insolvenz anmelden muss.

Bild- und Tonqualität

Zu Beginn, während der ersten Einstellung ist The Nice Guys noch stark gekörnt, was vermuten lassen könnte, der Film übertreibt’s mit dem 70er-Jahre-Look. Allerdings ist das von der zweiten Sequenz an Geschichte und kommt auch in dunklen Szenen nicht wieder zurück. Von nun an ist das Bild sogar ziemlich ruhig und homogen. Schwarzwerte kommen kräftig rüber und abgesehen von einem leichten Grünstich sind Farben für einen Film, der im Zeitalter von Earth, Wind & Fire spielt, erstaunlich kräftig. Ein ganz dezenter Weichzeichner lässt Umrisse schon mal etwas weich erscheinen und ab und an ist die Schärfe nicht auf der Höhe (61’10).
In Sachen Raumakustik bleibt The Nice Guys zwei Minuten lang still, bis der Firebird durchs Haus bricht und es aber mal so richtig gewaltig rummst (2’30). Dialoge kommen im Anschluss äußerst prägnant und gut verständlich aus dem Center und werden immer dann rustikal unterbrochen, wenn Healy zulangt oder vereinzelte Schüsse fallen. Hervorragend dynamisch kommt die Pumpgun ins Heimkino und wenn Amelia einen einzelnen Schuss durch die Windschutzscheibe feuert, sitzt man aufrecht im Sessel (72’30). Das komplette Finale auf der Detroiter Motorshow ist dann ein wahres Feuerwerk an direktionalen Effekten und Explosionen. Letztere hätten zwar ein wenig mehr Nachdruck haben können, dennoch kracht es ordentlich.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von The Nice Guys finden sich insgesamt fünf Interviews mit den Darstellern des Films, die summa summarum 12 Minuten laufen. Dazu gesellen sich zwei Featurettes. In „Auf Black ist Verlass“ läuft fünf Minuten und konzentriert sich auf den wilden Stilmix des Films und wie Regisseur Shane Black die richtige Mischung hinbekommt. Man sieht außerdem, wie viel gute Laune der Regisseur am Set verbreitet. „Die schlechtesten Detektive aller Zeiten“ ist das eigentliche Making-of, läuft mit sechs Minuten aber auch nicht höllisch lange. Dennoch bekommt man etwas Einblick in die Entstehungsgeschichte des Films und sieht auch hier erstaunlich gut gelaunte und entspannte Filmemacher und Schauspieler.

Fazit

Auch wenn die zweite Stunde der ersten etwas hinterherhinkt – The Nice Guys ist eine absolut gelungene Auffrischung des Buddy Movies und erinnert in seinen besten Momente tatsächlich an Lethal Weapon. Crowe und Gosling jedenfalls sind eine Traumbesetzung für den Film und der Trick mit der Schlechte-Atem-Krawatte wird demnächst vermutlich jeden zweiten Junggesellenabschied aufwerten. Wenn auch Angourie Rice wieder mit von der Partie ist, darf Shane Black hier gerne eine Fortsetzung ins Visier nehmen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%

Anbieter: Concorde Home
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Shane Black
Darsteller: Ryan Gosling, Russell Crowe, Angourie Rice, Matt Bomer, Margaret Qualley, Yaya DaCosta, Kim Basinger
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 116
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Nice Guys

THE NICE GUYS - Trailer (deutsch/german)

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