Blu-ray Review
OT: The Nun
Die Ursprünge
Teil fünf im Conjuring-Universum.
Inhalt
1952: Dem italienischen Priester Burke wird vom Vatikan ein Auftrag erteilt. Er soll gemeinsam mit der Novizin Irene die Umstände ergründen, die zum Tode zweier Nonnen in Rumänien führten. Diese waren auf der Suche nach einem heiligen Artefakt offenbar von etwas heimgesucht worden, woraufhin sich Schwester Victoria, die Überlebende der eigentlichen Attacke erhängte. Vor Ort werden sie von Frenchie, einem lokalen Arbeiter, der die Nonnen mit Lebensmitteln versorgt, zur Fundstelle der Toten geführt. In Victorias Körper finden sie daraufhin einen rätselhaften Schlüssel. Burke und Irene kommen im dortigen Kloster unter und untersuchen die Vorfälle. Doch schon bald geschehen bedrohliche Dinge: Burke wird angegriffen und Irene leidet immer wieder unter Visionen einer Nonne, die sie schon als Kind hatte. Ihre Nachforschungen bringen dann Einzelheiten über ein Wesen zum Vorschein, das angeblich dämonischen Ursprungs ist und seit einigen Jahren wieder aus seinem Bann entweichen konnte …
James Wan ist so ein bisschen das Wunderkind Hollywoods der letzten 15 Jahre. Der jung gebliebene, immer etwas punkig wirkende Australier mit chinesisch-malaysischen Wurzeln, erfand mit SAW eine Filmreihe, deren Erfolg durch alles Sequels bis heute nahezu alle Horror-Franchises in den Schatten stellt und brachte in der Folge gleich noch zwei weitere Universen mit auf den Weg. Neben der Insidous-Reihe ist das vor allem das Conjuring-Universum. Obwohl er mit Fast & Furious 7 sowie zuletzt Aquaman bewies, dass er auch Big-Budget-Action kann, führt es ihn immer wieder zum Horrorfilm. Und innerhalb des Genres vor allem zu den traditionellen Wurzeln des Schauerkinos der 60er und 70er. Motive aus Der Exorzist, Amityville Horror oder auch des italienischen Genrekinos finden sich in seinen Filmen, die er oft gemeinsam mit Kumpel Leigh Wannell selbst schreibt. Dass es nun mit The Nun bereits den fünften Film aus dem Conjuring-Franchise gibt, damit hätte er vielleicht selbst nicht gerechnet. Doch der Erfolg, der auch den beiden Annabelle-Filmen beschieden war, fördert natürlich auch die Fantasie. Als die Reaktionen auf die schreckliche Nonne in Conjuring 2 so positiv waren, beschloss man dann, dass man nach Annabelle ein weiteres Spin-off produzierten würde, in dem dämonische Ordensträgerin im Zentrum steht. Mit einem weiteren Kurzauftritt in Annabelle 2 – Creation verkürzte man den Fans die Wartezeit.
Von der Reihenfolge her verlegte man die Geschichte ganz an den Anfang – noch vor die Zeit, in der Annabelle – Creation spielt. Auch den Schauplatz änderte man, indem man sich dem klassischen europäischen Grusel-/Horrorkino zuwendete und Rumänien auswählte. Nirgends anders als im Land von Fürst Vlad III. herrscht eine derartige Atmosphäre, aus der heraus alleine schon Schauer entsteht.
Rumänien, Transsilvanien und der Katholizismus als Horror-Motiv – man merkt, dass es Autor, Regisseur und Produzent James Wan ernst ist mit seinem erneuten Abtauchen in die klassischen Genre-Stereotypen. Im Gegensatz zu den beiden Conjurings oder auch dem zweiten Teil von Annabelle bedient man in The Nun die Klischees allerdings eher als man sie bricht oder mit einem „Dreh“ in eine ungewöhnliche Richtung zu lenken:
Neblige Waldwege, düster-graue Burgen, Figuren oder Extremitäten, die plötzlich aus dem Schatten herausschießen – das ist durchweg nicht sonderlich originell und auch nicht sehr innovativ umgesetzt. Allerdings sorgt es beim schreckhaften Publikum eben doch für diese wohldosierten Schocks, mit denen der Film reichhaltig umgeht. Außerdem hat er auch noch ein anderes Pfund, das er in die Waagschale werfen kann: Atmosphäre. Und die kommt alleine schon durch die grandiosen Schauplätze. Von der kleineren Burg Bethlen über die gigantische gotische Anlage von Schloss Hunedoara (auch Burg Corvin genannt) bis hin zu den grasgrünen Hügeln Rumäniens und den nebelverhangenen Wäldern – das hat schon typische Grusel-Atmosphäre.
Außerdem haben Wan und seine Casting-Agenten es natürlich geschickt gemacht. Denn mit der Wahl von Taissa Farmiga stellt man auch optisch eine Verknüpfung zu den Conjuring-Filmen her. Immerhin spielt dort Vera Farmiga die weibliche Hauptrolle und die Ähnlichkeit zwischen ihr und Taissa ist frappierend. Wer jetzt denkt, es handle sich um Mutter und Tochter, der irrt. Denn Taissa ist die um 21 Jahre jüngere Schwester von Vera. The Nun tut das nicht nur aufgrund der Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen und der damit stärkeren Verknüpfung innerhalb des Franchises gut. Vielmehr ist Taissa mit ihren riesigen Augen und dem ätherischen Äußeren eine Idealbesetzung für die Novizin. Sie spielt Schwester Irene mit einer Mischung aus Selbstbewusstsein und zurückhaltender Ungewissheit ob der Dinge, die geschehen werden. Mit Respekt begegnet sie den anderen Ordensschwestern, während männliche Rollen eher untergeordnet sind. Frenchie bspw. dient nur als Stichwortgeber und ist für ein paar Gags gut. Demián Bichir (Alien: Covenant), der Vater Burke spielt, macht seine Sache ebenfalls gut und ist relativ weit entfernt von den oftmals hysterischen Interpretationen entsprechender Exorzismus-Priester in anderen Filmen.
Die Schauspieler passen als, die Atmosphäre stimmt – und am Ende gruselt man sich in den (durchaus vorhandenen) Spannungs-Momenten mehr als man sich vorher vielleicht eingestehen wollte. Und das trotz der Tatsache, dass sich die Jumpscares irgendwann wiederholen und nicht mehr wirklich überraschen. Dennoch gelingt es mit dem gelungenen Spiel von Licht und Schatten, der nach wie vor gruseligen Titelfigur (klasse verkörpert von Bonnie Aarons) sowie einem äußerst effektiven Tonsektor, 95 kurzweilige Minuten mit The Nun zu verbringen.
Bild- und Tonqualität BD
Die Blu-ray von The Nun punktet von Beginn an mit einem sehr sauberen, rauscharmen Bild. Die Szenen in der Klosterschule zu Beginn werden mit einer braunen Farbpalette eingefangen, was eine angenehm warme Stimmung verursacht. Wechselt das Szenario nach Rumänien, wird die Stimmung kühler. Es beginnt mit angenehm grünen Tönen im Wald und auf den Wiesen. Nebel gesellt sich dazu, ohne jedoch für einen diesigen Kontrast zu sorgen. Zwar wird das Letzte an Schwarzwert und Bilddynamik nicht herausgeholt, weil die Bildstimmung in den Tageslichtszenen verhältnismäßig hell ist und in den nächtlichen Szenen in der Kirche nur nebliges Restlicht herrscht, aber dennoch sieht das sehr natürlich und angenehm aus. Die Fokussierung ist bis in die Randbereiche gut und Naheinstellungen wirken gut aufgelöst. In den dunklen Szenen innerhalb der Burgen Rumäniens gibt’s hin und wieder etwas Körnung auf Hintergründen, doch solche Unruhen sind eher selten und fallen auch nicht sehr störend auf. Ansonsten gibt es nicht viel zu Bemängeln an diesem recht plastischen Bild.
Beim Ton gibt es leider für den deutschen Zuschauer lediglich eine Dolby-Digital-Spur, während die Originalfassung über die Blu-ray wahlweise mit dts-HD-MA oder sogar Dolby Atmos ausgerüstet ist. Das ist vor allem deshalb schade, weil Anbieter Warner zuletzt sehr häufig auch für die hiesige Fassung Dolby Atmos implementierte. Offenbar spricht man The Nun oder auch MEG (der ebenfalls nur eine dt. DD-Tonspur anbot) nur bescheidene Umsätze zu, ansonsten hätte man das Geld in 3D-Sound durchaus investieren können.
Davon ab gehört der DD-Sound der Synchro aber zu den wirklich guten Dolby-Digital-Spuren. Kein Vergleich bspw. mit der arg schwachen Tonfassung von Cloverfield Paradox. Ganz im Gegenteil: Von feinen Geräuschen einer flackernden Kerze über die hallende Atmosphäre in den altehrwürdigen Mauern bis hin zu den (oft) basslastigen Dynamikattacken schlägt sich die deutsche Fassung respektabel. Sie ist zwar insgesamt deutlich leiser, aber durch den Dreh am Volumen-Regler lässt sich hier kompensieren, was bei schlechten DD-Spuren nur zu noch mehr undifferenziertem Krach führt. Die BD von The Nun indes hat eine sehr gute Feinzeichnung, hervorragend aufgelöste Surroundeffekte und durchaus Spreizung in der Dynamik. Hier klingt nicht alles flach und undifferenziert, sondern erstaunlich vielschichtig. Beispielsweise auch das Blut, das nach knapp elf Minuten die Treppen runterrinnt. Außerdem ist der Hall beim ersten Gespräch mit der Äbtissin auch über die Synchro-Fassung wunderbar räumlich. Und wer mal horchen möchte, wie gut aufgelöst so eine antiquierte Dolby-Digital-Spur klingen kann, der wartet auf die nächtliche Friedhosszene mit den klingelnden Glöckchen (40’30). Selbst wenn die englische Atmos-Version dies noch besser drauf hat. Gerade die Stimmen gelingen noch akzentuierter und die feinen, kleinen Geräusche (57’52) wirken noch besser aufgelöst. Auch schlägt der Sub noch druckvoller zu, wenn die dynamischen Momente das Geschehen bestimmen. Wirklich klasse ist auch die absolut feine Räumlichkeit, die hier schon von Beginn an Maßstäbe setzt. Der grummelnde Sub könnte ab und an etwas akzentuierter klingen, da er schon mal etwas arg brummelig wirkt – Tiefbassfreunde wird’s aber freuen.
Und dann ist da ja noch die Anbindung an die Höhen-Ebene. Erstmalig werden die Heights aktiv, wenn die Krähen von der gehängten Victoria aufschrecken und Richtung Himmel fliegen (6’58). Während der nächtlichen Szenen im Wald gibt es außerdem noch ein bisschen Naturgeräusche wie vorbeistreifende Zweige aus der Höhe. Und nach 28 Minuten setzt es dann den ersten echten Schockeffekt von den Heights, wenn (vollkommen korrekt) die vorderen beiden Deckenlautsprecher angesprochen werden und wiedergeben dürfen, was Frenchie in Angst und Schrecken versetzt. Der Rückblick auf Burkes Exorzismus an dem Jungen liefert dann ebenfalls wieder immersive Sounds aus allen Speakern (ab 32’00) und der Gewitter-Donner kommt richtig gut ortbar aus der Höhe (ab 35’28). Sensationell sind dann die Geräusche, die Burke über sich hört, während er im Sarg liegt. Präzise ortbar kommt hier die Schaufel von oben und das Kratzen von allen Seiten (ab 42’00). Auch die von oben baumelnden Leichen knarzen schaurig aus den Heights (50’45). Und wenn ab der 80. Minute das Finale eingeläutet wird, leistet der Atmos-Sound immer wieder schaurig-schönes Gruselfeeling auf allen zehn Kanälen.
Bild- und Tonqualität UHD
The Nun wurde vollständig digital gefilmt. Zum Einsatz kam hier der Klassiker, eine Arri Alexa. An deren Ausgang liegen in der Regel 2.8 oder 3.4K an, was in diesem Fall ebenso wenig herauszufinden war, wie die Antwort auf die Frage, ob das Ganze dann zu einem 4K- oder nur zu einem 2K-DI führte. Anzunehmen ist allerdings, dass es sich nur um ein 2K DI hanelt.
Natürlich integrierte man den im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum sowie die höhere Bilddynamik in statischem HDR10.
Im laufenden Bild fallen die Unterschiede zwischen BD und UHD allerdings oft sehr gering aus. Bei den gut ausgeleuchteten Tageslichtszenen wirkt die Kontrastierung der UHD etwas harmonischer, aber nicht höher – eher reduzierte man die Kontrastflanken etwas und ließ das Bild dadurch etwas weicher, bzw. weniger hart erscheinen. Grüne Wiesen profitieren etwas vom erweiterten Farbraum und sind nun weniger gelblich, haben zudem mehr Farbdifferenzierung. Die gut aufgelösten Close-ups sind nach wie vor sehr scharf, ohne jedoch selbst bei sehr genauem Hinsehen einen massiven Gewinn an Details zu vermitteln. Die teils vorhandene Körnung der Blu-ray wirkt über die UHD etwas geringer auffällig, da das Bild an vielen Stellen etwas abgedunkelter erscheint. Allerdings gibt es Ausnahmen: Die zahlreichen Szenen in dämmriger Nacht und innerhalb der Klostermauern wirken über die UHD eher schwächer im Kontrast, diesiger und etwas unklarer. Hier ist tatsächlich die Blu-ray im Vorteil. Das Nachsehen hat sie nur in den Tageslichtszenen, in denen Farben, wie angesprochen, etwas plastischer, natürlicher und differenzierter sind.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von The Nun warten neben sieben entfernten Szenen noch drei Featurettes. In „Eine neue Horror-Ikone“ geht’s kurz um die Figur der Nonne und darum, wie James Wan diese Figur sieht. Auch Regisseur Hardy kommt zu Wort und bekundet seine Verehrung für Produzent Wan und dessen Sinn für den klassischen Horror. „Grauenvoller Planet“ bezieht sich ein bisschen auf die Drehorte in Rumänien und beschwört die unheilige Atmosphäre des Mittelalters herauf. In „Conjuring-Chronologie“ geht es dann noch mal knapp vier Minuten darum, wie Annabelle, The Nun, und The Conjuring inhaltlich und zeitlich zusammenhängen.
Fazit
Die Qualität der beiden Conjuring-Filme erreicht The Nun zwar schon alleine aufgrund der dünnen und altbekannten Geschichte nicht, doch der fünfte Film des Franchise ist durchweg besser als die zahlreichen runtergekurbelten Dämonen-/Exorzismus-Filme der letzten fünf Jahre. Für gruselige Spannung ist hier vor allem deshalb gesorgt, weil die Atmosphäre aufgrund der Schauplätze passt, die Nonne schon eine ziemlich gruselige Erscheinung ist und (sogar der dt. DD-) Sound das Ganze perfekt unterstützt.
Die englische Atmos-Fassung überzeugt dazu mit ein paar der schaurigsten immersiven Toneffekte seit es Atmos gibt. Selbst wenn die reine Häufigkeit von 3D-Geräuschen nicht der eines Actioners oder SciFi-Hits entspricht, so ist die Qualität und Innovation sowie die Ortbarkeit der Grusel-Geräusche nahezu perfekt geraten.
Das Bild der UHD ist zwar für sich genommen gut, stellt gegenüber der sehr guten Blu-ray aber kaum einen Mehrwert dar. HDR und erweiterter Farbraum kommen in den vielen sehr dunklen Szenen kaum zur Geltung und die Auflösung ist subjektiv gesehen fast unverändert.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 85%
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 85% (im Rahmen einer Dolby-Digital-Wertung)
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 95%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 70%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%
Anbieter: Warner Home Video
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Corin Hardy
Darsteller: Taissa Farmiga, Demián Bichir, Bonnie Aarons, Charlotte Hope, Lili Bordán
Tonformate BD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // dts HD-Master 5.1: en // Dolby Digital 5.1: de
Tonformate UHD: Dolby Atmos (True-HD-Kern): en // Dolby Digital 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 96
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66
Real 4K: Ja/Nein (unbekanntes DI, vermutlich aber 2K)
High Dynamic Range: HDR10
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Warner Home Video)
Gestern Abend nach längerer Zeit mal wieder geguckt.
Deine Reviews lese ich entweder vor oder nach dem Schauen eines Films.
Und es ist wirklich klasse, wie sich die Sicht auf einen Film bzw. BD/UHD verändert und wie informativ du darüber berichtest!
Zudem hilft es bei der Kaufentscheidung zwischen einer BD oder wenn vorhanden UHD.
Erst gestern hab ich dein Review über „Gaia“ gelesen und war davon so überzeugt, dass ich den entsprechenden Link zu Amazon gedrückt habe.
Mach bitte weiter so!
Sie wollten wohl schreiben „…und die Auflösung ist subjektiv gesehen fast unverändert“ statt objektiv, oder?
Da haben sie aber sowas von Recht!
Besten Dank für den Hinweis. Es scheint, als wäre – objektiv betrachtet – die Subjektivität mit mir durchgegangen. 😉