The Other Lamb

Blu-ray Review

The other lamb blu-ray review cover
Koch Films, 23.06.2022

OT: The Other Lamb

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Das schwarze Schaf

Ganz besonderer Film aus Polen.

Inhalt

Selah ist an der Schwelle vom Mädchen zur jungen Frau

Selah ist ein junge Mädchen. Gemeinsam mit ihren Schwestern lebt sie tief im Wald. Auch die Mütter ihrer Schwestern leben dort. Der einzige Mann dieser Gemeinschaft ist der „Shepherd“, der mit allen Frauen eine polygame Gemeinschaft lebt. Fernab der Zivilisation arbeiten die Frauen (die älteren unter ihnen in roten Kleidern, die noch nicht Erwachsenen in blauen Gewändern) hart, um ein Auskommen für sich und vor allem den Schafhirten zu ermöglichen. Er bestimmt, was getan und (vor allem) was nicht getan wird; er füttert seine folgsamen Frauen mit der Angst, dass die „zivilisierte“ Welt da draußen, verdorben ist und er empfindet den gemeinsamen Rückzugsort an einem See im Wald als Paradies. Er ist Gott, Ehemann und Vater in einer Person. Dass Selah sich langsam zu einer Frau entwickelt, entgeht dem Schafhirten nicht. Mehr und mehr beginnt er sich für sie zu interessieren, während sie sich immer öfter fragt, wie ihre bei ihrer Geburt verstorbene Mutter wirklich umgekommen ist.  Als der Shepherd Besuch von der Polizei bekommt, beschließt er, mit seinen Frauen noch tiefer in den Wald zu ziehen und sich an einem neuen Ort niederzulassen. Während des Marsches freundet sich Selah mit Sarah an. Und die vertraut der jungen Frau ein Geheimnis an, das Selahs Glauben an die Gemeinschaft erschüttern wird …

Der Hirte spricht zu seinen Unschuldslämmern

Es ist keine acht Wochen her, da veröffentlichte derselbe Anbieter – namentlich Koch Films – ein Psychodrama mit Noomie Rapace, das den Titel Lamb trug. Nun gibt’s ein weiteres Lamm. Oder ein anderes, bzw. DAS andere Lamm, wenn man den englischen Titel wortwörtlich übersetzt. Doch während im isländischen Mix aus Drama, Thriller und Horror tatsächlich ein vierbeiniges Lamm auftauchte, haben die Schäfchen hier zwei Beine und der Filmtitel meint’s metaphorisch (okay, ein paar Schafe zeigen sich auch hier, sind aber lediglich atmosphärische Beigabe oder dienen der Ernährung). Denn in The Other Lamb geht’s um eine sektenartige Gemeinde, die unter ihrem Schafhirten namens „Schafhirte“ lebt. Die junge Selah wächst unter diesen Umständen auf und kennt nichts anderes als dieses Dasein als „Schäfchen“ innerhalb seiner Herde“. Regie bei diesem Mix aus Horror-, Sekten- und Coming-of-Age-Film führte die in Krakau/Polen geborene Malgorzata Szumowska (Die Maske), die in ihrem Heimatland zu den bekanntesten Filmemacherinnen gehört und hier erstmals in Englisch drehte. Die Basis bildet ein Drehbuch von C.S. McMullen, das 2017 auf die Schwarze Liste der besten unverfilmten Ideen Hollywoods gelangte, wo es in bester Gesellschaft von zahlreichen Skripten ist, die mittlerweile zu großartigen Filmen umgesetzt wurden.

Der Hirte hat ein ganz besonderes Interesse an Selah

The Other Lamb könnte beim groben Überfliegen der Inhaltsangabe als Parabel über religiösen Wahn verstanden werden, wenn der biblische Psalm 23 vom guten Hirten, der seine Schafe auf einer grünen Aue weidet und zum frischen Wasser führt, ins Gegenteil verkehrt wird. Doch abseits der kultischen Verehrung, die der Schafhirte von seinen Frauen erfährt, spielt Religion hier eine eher untergeordnete Rolle. Viel eher interessiert sich der Film dafür, welche Anziehungskraft ein Kult auf seine Anhänger haben kann, wie schwer man sich aus diesen Fängen lösen kann und darf gleichzeitig auch als klarer Abgesang auf das Patriarchat verstanden werden. In The Other Lamb lässt sich der Hirte von vorne bis hinten bedienen. Die Frauen reparieren Hütten, schlachten das Vieh, hacken und sägen Holz und stehen auch ansonsten zur Verfügung, wenn der Hahn im Korb seine „Gnade“ ausspricht.
Szumowska lässt sich beim Erzählen ihrer Geschichte ansonsten Zeit und beobachtet. Es wird nicht viel gesprochen. Emotionale Momente werden vor allem visuell und zudem akustisch eindringlich festgehalten – und zwar völlig unerwartet. Wenn Selah erstmalig ihre Menstruation bemerkt (wissend, was das zur Folge hat) fängt die Kamera das in wirkungsvollen Bildern ein. Der Schrei, den das Mädchen loslässt, bleibt jedoch stumm – schon in dieser eine Szene steckt eine Menge Symbolik. Die Wahl der Farben und die durchkomponierten Bilder vermitteln eine Ordnung und eine Struktur, die der Hirte gerne hätte, die unter der Oberfläche brodelnd aber nicht existiert.

Selah fragt sich, was mit ihrer Mutter geschah

Wo wir bei den Bildern sind: Von oft betörender, ja manchmal poetischer Schönheit sind nicht nur die Aufnahmen der irischen Landschaft an der Ostküste des Landes, wo die Dreharbeiten stattfanden, sondern auch die Momente, in denen die Frauen Selah für den Übergang vorbereiten. Kameramann Michal Englert gebührt explizites Lob für seine einerseits wundervollen, andererseits innovativen Aufnahmen. So könnte ein ganz spezieller Shot einer Drohnenkamera, bei dem der Vordergrund fast dreidimensional und beweglich vor dem starren Hintergrund im Raum steht, dereinst für andere Filmemacher Modell stehen (26’50). Die Weichzeichner-Optik, die teils überstrahlenden hellen Bereiche intensivieren noch das Messias-Bild, dass der Hirte von sich selbst gerne hätte. Dass er ein falscher Hirte ist; dass The Other Lamb eben auch ein Film über weibliche Rache ist, das baut Szumowska sukzessive auf, ohne große Überraschungen oder gar Action einzuflechten. Der Mainstream-Fan wird sich hier (mehr noch als in Lamb) kaum wiederfinden und auch der typische Horror-Gore-Gourmet bekommt nicht das, was er vielleicht aufgrund einiger blutiger Momente erhoffen würde. Man muss sich einlassen, auf das sehr langsame Erzähltempo, die Symbolik, die über die Bilder vermittelt wird und das kammerspielartige Geschehen, das von einer tollen Raffey Cassidy in der Rolle der Selah getragen wird. Der Name Selah kommt im Übrigen von Sela und bezeichnet unter anderem im Alten Testament eine Art Schlusszeichen einer Strophe. Ein Schlusspunkt, ein Amen. Und damit endet The Other Lamb, mit einem großen Amen.

Preis: 8,97 €
(Stand von: 2024/03/28 12:18 pm - Details
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Studio:
Format: Blu-ray
Spieldauer:
Erscheinungstermin: Thu, 23 Jun 2022
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Bild- und Tonqualität

Trotz einiger blutiger Szenen ist „The Other Lamb“ kein Gorefest

Die Blu-ray zeigt sich von Beginn an nicht digital glatt. Ob die Regisseurin und ihr Kameramann hier aber tatsächlich analog drehten oder aber ein digitales Bild im Nachgang mit einer künstlichen Körnung belegten, war nicht herauszufinden. Wie dem auch sein, The Other Lamb zeigt sich mit einem konstanten Rauschen belegt, das als Stilmittel auf jeden Fall bewusst gewählt wurde und der Atmosphäre zuträglich ist. Kameramann Michal Englert verwendete Linsen, die allermeist einen soften Fokus lieferten und nicht selten mit einem leichten Weichzeichnereffekt arbeiten. Im Zusammenspiel der eher soften Fokussierung und der Körnung flirrt das Rauschen schon mal etwas unschön (Selahs Gesicht 7’10), auch wenn es durchaus mal knackig detaillierte Close-ups gibt (10’20). Nächtliche Sequenzen haben einen sepiabraunen Einschlag, während Schwarz nie wirklich knackig wird. Was wiederum seine Entsprechung in den sehr hellen, bei Tageslicht gedrehten Szenen findet, in denen die hellhäutigen Frauen in ihren weißen Kleidern eine unschuldige Aura umgibt, die auch und vor allem durch die Art des Filmens und Gradings auf den Zuschauer wirkt. Dass helle Hintergründe hier überstrahlen, ist ebenfalls bewusst eingesetztes Stilmittel. Farben wirken dadurch ebenfalls etwas blass und entsättigt. Und dennoch wirken sie. Denn die wenigen Farben (blaue Bekleidung oder rotes Tierblut) wirken in diesem hellen Bild umso prägnanter und auffälliger. Die DTS-HD-Master-Tonspur, die für beide Sprachen zur Auswahl steht, beginnt mit einer räumlichen Darbietung der flirrenden Filmmusik zu Beginn und lässt auch den Wasserfall kräftig rauschend im Heimkino nieder. Klasse auch die Räumlichkeit der durcheinander sprechenden Frauen bei 10’50, die den Zuschauer (wie den Hirten) in den Mittelpunkt des Geschehens stellen. Die Gesänge der Frauen, die zu unterschiedlichen Anlässen dargeboten werden, legen sich warm und angenehm auf die Speaker, während die meist sehr leise gesprochenen Dialoge etwas unterzugehen drohen.

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Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von The Other Lamb hält leider nur den Originaltrailer in Deutsch und Englisch sowie einige Programmtipps parat. Mehr ist nicht zu holen.

Fazit

The Other Lamb ist langsam, vordergründig ereignisarm und setzt sich bewusst zwischen Genrestühle. Das wird zweifelsohne nur sehr aufgeschlossenen Filmfans gefallen, die mit Filmen wie Lamb, Hereditary oder Midsommar etwas anfangen konnten. Doch auch diejenigen, die sich voll und ganz auf das Tempo und die Erzählweise einlassen können, werden sich hier und da an unbeantworteten Fragen stoßen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 70%

Anbieter: Koch Films
Land/Jahr: USA/Irland/Belgien 2019
Regie: Malgorzata Szumowska
Darsteller: Raffey Cassidy, Michiel Huisman, Denise Gough,
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: 97
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Koch Films)
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Trailer zu The Other Lamb

The Other Lamb (Deutscher Trailer) - Raffey Cassidy, Michiel Huisman, Denise Gough


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