The Peanut Butter Falcon

Blu-ray Review

Tobis Home Entertainment, 24.04.2020

OT: Peanut Butter Falcon

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Zwei Banditen auf der Flucht

Wunderbares Independent-Kino für Filmfans.

Inhalt

legt sich gerne mit jedem an: Tyler

Zak ist 22 und lebt in einem Altenheim. Nicht als Pfleger, nein als Bewohner. Kein Wunder, dass es ihm mit der Situation nicht gut geht. Selbst wenn er die alten Damen und Herren mag: Die Tatsache, dass man ihn dorthin verbracht hat, weil man mit ihm aufgrund seines Down-Snydroms nicht wusste, wohin, kümmert ihn nicht. Denn Zak möchte gerne einmal Wrestler werden. Am liebsten so wie sein Vorbild Salt Water Redneck. Und in dessen Wrestling-Schule will er gerne gehen, um dort aufgenommen zu werden. Eines Nachts dann gelingt es ihm tatsächlich. Nur mit einer Unterhose bekleidet türmt er aus dem Heim und macht sich auf nach Florida. Auf seinem Weg trifft Zak auf Tyler. Tyler ist Fischer. Also eigentlich. Ab und an macht er aber krumme Dinger. Und deshalb ist er gerade selbst irgendwie auf der Flucht. Gemeinsam bilden sie nun eine reichlich ungleiche Gemeinschaft, die jedoch bald zu einer echten Freundschaft heranwächst …

Wäre gerne ein Wrestler: Zak

Okay, gehen wir das Review mal bewusst provokant an. In Peanut Butter Falcon spielt mit Zack Gottsagen ein Schauspieler die Hauptrolle, der mit dem Down-Syndrom zur Welt kam. Die Kritiker- und Zuschauermeinungen zu diesem Film waren überwältigend – dennoch oder deshalb?
Bei der Oscar-Verleihung 2020 präsentierte Gottsagen gemeinsam mit Co-Star Shia La Boeuf den Preisträger des besten Kurzfilms und bekam dafür Standing-Ovations – aus Respekt vor seinem Auftritt oder „weil man es halt so macht“? Der garstige und zynische Betrachter jedenfalls wähnt sich bereits im Mitleidsbonus – und könnte kaum falscher liegen. Denn das Regisseur-/Drehbuchautoren-Team aus Tyler Nilson und Michael Schwartz, die bisher ausschließlich durch Kurzfilme und Dokus aufgefallen waren, machen nicht im Ansatz auf Mitleid. Sie drücken zu keiner Zeit auf die gut gemeinte Tränendrüse, auf dass man sich mit dem Holzhammer eingebläut zur Solidarität verpflichtet fühlt. Denn wenn eins von vornherein klar ist, dann, dass „gut gemeint“ das Gegenteil von gut ist. Nein, einerseits nimmt Peanut Butter Falcon seine Hauptfigur und dessen Wünsche ernst und andererseits wickelt er ihn auch nicht in die sprichwörtliche Watte. Mit einer großen Portion befreiendem Humor begegnet der Film seinen Charakteren und begeht auch hier nie den Fehler, sich über Zak lustig zu machen oder ihn in Fremdschäm-Momente zu drängen. Dass das selbst dann funktioniert, wenn Zak gut 15 Minuten lang nur in Feinripp-Unterhose unterwegs ist, ist ebenso erstaunlich wie es der traumwandlerisch sicheren Inszenierung zu verdanken ist.

Ungleiche Gemeinschaft, die zu Freunden wird

Die Komik ist sogar befreiend erfrischend und macht selbst vor physischem Einsatz nicht halt. Das beginnt schon mit der Szene, in der Zak das erste mal zu türmen versucht und dann von bulligen Pflegern per Bodycheck gestoppt wird. Was sich böse liest, wirkt im Film nicht so, es wirkt „normal“. Und zwar „normal“ im Sinne von: Hier werden einfach alle gleich behandelt – okay, eine(n) der älteren Insassen hätte man vermutlich nicht so zu Fall gebracht. Gerne darf’s auch mal politisch inkorrekt sein, wenn Tyler einem ungezogenen Bengel ein Veilchen verpasst. Und weil Tyler nun mal ein Arsch ist, ist ihm auch scheißegal, dass Zak ein Down-Syndrom hat. Tyler behandelt einfach alle gleich mies. Und eben diese unkomplizierte Art bewegt, nimmt und reißt mit. Shia LaBoeuf gibt den von Selbsthass zermürbten Tyler, der noch immer unter dem Verlust des Bruders leidet und scheinbar allen die Schuld dafür gibt. LaBoeuf, der zwischenzeitlich ziemlich fragwürdige Auftritte hinlegte, nutzt seine Chance, in Peanut Butter Falcon eine bravouröse Vorstellung aufs Parkett zu legen. Zu keiner Zeit hat man das Gefühl, dass es hier Berührungsängste zwischen ihm und Zak Gottsagen, dem Darsteller des Zak gegeben hat. Ganz im Gegenteil. Das Zusammenspiel ist wunderbar unverkrampft und lebt noch mal richtig auf, wenn Zak mal den Ton angibt, während Tyler verdutzt hinterher schaut. Richtig stark wird der Film dann, wenn es mal ruhiger wird. Wenn das Duo sich über die Wünsche von Zak unterhält und wenn Tyler ihm mit unnachahmlicher Ehrlichkeit sagt, dass er zwar ein Scheiß Schwimmer wäre, aber mit seiner Kraft anderen die Schulter ausreißen würde.

Wo ein Floß ist, ist Mark Twain nicht weit

Ergänzt um eine Dakota Johnson, die als Betreuerin Eleanor weit mehr Talent zeigt denn als devote Gespielin eines gewissen Christian Grey, bekommt der Film sogar noch mal mehr Schwung. Denn wenn das Duo zum Trio anwächst, werden der überprotektiven Betreuerin die Augen geöffnet. Sie lernt, was es heißt los zu lassen und zu leben. Und sie tut es mit hintergründigem Charme. Wie sie den ersten Flirtversuchen Tylers (im Drug Store) widersteht, dabei aber gleichzeitig ein kleines bisschen „anbeißt“ – das hat schon Klasse.
Und der Zuschauer lernt gleichzeitig mit ihr das Loslassen. Peanut Butter Falcon entführt uns in diesen Momenten in eine Welt, in der Freundschaft wichtiger ist als soziale Netzwerke, Handy & Co. Vielleicht ist er dabei manchmal etwas naiv, aber vielleicht ist es auch manchmal so einfach, wenn man es zulassen würde.
Noch einmal zurück zu den Darstellern. Denn auch in Nebenrollen überzeugen bekannte Gesichter.
So zum Beispiel der wunderbare Bruce Dern, der Zaks Zimmerkollegen und Fluchthelfer Carl spielt. Carl begegnet seinem jungen Mitbewohner mit einem gesunden Mix aus Freundschaft und Sarkasmus. Wenn er sich zum tausendsten Mal das Wrestling-Video von Zaks Vorbild anschauen muss und bemerkt, dass er reich wäre, wenn er für jedes Mal fünf Cent bekommen hätte, dann ist das augenzwinkernder Humor, der aber respektvoll von Dern vorgetragen wird.

Eleanor widersteht Tylers Flirtversuchen

Ein weiterer Hauptdarsteller aber ist zweifelsohne der Schauplatz. Die schwüle und hitzige Atmosphäre der sumpfigen Südstaaten-Gebiete bilden den Hintergrund für die Buddy-Geschichte und man hätte ihn nicht besser verorten können. Wirkt Peanut Butter Falcon schon inhaltlich wie eine Geschichte aus dem Kanon von Mark Twain, wird es durch das Setting noch verstärkt. Man wähnt immer wieder Tom Sawyer und Huckleberry Finn um die Ecke lugen. Ergänzt um den Country-Soundtrack wird der Film auch in diesem Punkt zum Erlebnis. Noch was vergessen? Ach ja: Zack Gottsagen. Tja, was soll man sagen. Selbst unter der (sicher nicht einfachen deutschen Synchro) kann und muss man diesen Darsteller nur mögen. Er schafft es ohne Umstände, auf gleichberechtigtem Level mit LaBoeuf zu agieren – immerhin beschäftigt er sich (auch ohne bisheriges Engagement) seit seiner Kindheit mit dem Schauspielern. Das Schöne aber ist, dass Zack seinem Zak eine Natürlichkeit und Echtheit mit auf den Weg gibt, die ansteckend wirkt. Nichts erscheint gekünstelt. Keinen Moment zweifelt man daran, dass Zak schon immer einen echten Freund und eine Familie gesucht hat. Und Gottsagen gibt mit seinem Gespür für den richtigen Ton auch dem Zuschauer etwas mit auf den Weg: Reflexion darüber, wie locker und natürlich man mit Menschen umgehen kann, die das Down-Syndrom haben.

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Studio:
Format: Blu-ray
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Erscheinungstermin: Fri, 24 Apr 2020
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Bild- und Tonqualität

Es wird ernst für Zak

Peanut Butter Falcon passt sich optisch an seine Geschichte an. Mit leicht gelblicher Farbstimmung wird der bewölkt-schwüle Himmel wiedergegeben. Oftmals sind Einstellung etwas kontrastarm und hell, außerdem ist eine Körnung trotz digitaler Herkunft nicht zu verleugnen. In dunklen Szenen körnt es dann noch deutlicher, während im Schwarz auch Zeichnung verloren geht (39’35). Da die Optik aber offenbar ganz bewusst so gestaltet wurde, kann man es den Machern nicht übel nehmen. Oftmals passt es atmosphärisch trotz allem ziemlich gut. Die Schärfe geht weitgehend in Ordnung. Im unteren Randbereich wird’s aber schon mal etwas soft. Beim Sound reißt Peanut Butter Falcon zwar keine Bäume aus, kann aber in ein paar Szenen durchaus Akzente setzen. Wenn das Duo vor dem dicken Fischkutter wegschwimmt, wird sogar der Tiefbass mal etwas bemüht. Gleiches gilt für ein paar abgegebene Schüsse mit der Schrotflinte. Die Dialoge der Synchro sind im Verhältnis allerdings etwas zu leise geraten und wirken zu zaghaft und dünn. Der O-Ton macht es hier besser.
Räumlich lebt das Ganze schon mal auf, wenn Natur- und Umgebungsgeräusche genutzt werden und auch der Country-Soundtrack wird auf alle Speaker verteilt.

Bonusmaterial

Im Bonusbereich von Peanut Butter Falcon gibt’s neben einer Bildergalerie und Trailern lediglich ein Mini-Making-of. Das ist allerdings nicht wirklich ergiebig und aufschlussreich geraten. Obendrauf gibt’s noch die Trailer zum Film.

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Fazit

Peanut Butter Falcon ist schon jetzt eins der absolute Highlights des Heimkinojahres 2020. Seit Station Agent wurde keine Geschichte über Freundschaft zwischen ungleichen Gegenübern so unverkrampft und herzerwärmend erzählt. Ganz großes (Schauspiel)Kino, das am Ende ein bisschen zum Märchen wird.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 20%
Film: 95%

Anbieter: Tobis Home Entertainment
Land/Jahr: USA 2019
Regie: Tyler Nilson, Michael Schwartz
Darsteller: Zack Gottsagen, Shia LaBeouf, Dakota Johnson, Bruce Dern, Thomas Haden Church
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 97
Codec: AVC
FSK: 12

(Copyright der Cover und Szenenbilder: © Tobis Film GmbH)

Trailer zu Peanut Butter Falcon

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