The Promise – Die Erinnerung bleibt

Blu-ray Review

The Promise - Die Erinnerung bleibt Blu-ray Review Cover
Capelight, 18.12.2017

OT: The Promise

 


„Wir sind noch da!“

Aufwühlendes Drama vor dem Hintergrund eines Völkermords.

Inhalt

Michael Boghosian ist Armenier und arbeitet als Apotheker in einem Dorf, das halb armenisch, halb türkisch geprägt ist. Sein größter Wunsch ist es, in Konstantinopel an der Medizinschule zu studieren. Doch wir schreiben das Jahr 1914 und als Michael endlich seinen Traum antreten kann, bricht kurz darauf der Erste Weltkrieg aus. Und das, wo er kurz zuvor die charismatische und wunderhübsche Ana kennengelernt hat. Deren Familie stammt ebenfalls aus Michaels Gegend und sie selbst war als Künstlerin jüngst mit ihrem Geliebten, dem US-Journalisten Chris in die Türkei zurückgekommen. Ana und Michael spüren von Beginn an eine enge Verbindung zueinander und verlieben sich. Doch wie soll diese Liebe bestehen, wenn Konstantinopel mit Rassismus auf die armenische Minderheit reagiert, sobald sie in den Krieg eingetreten sind? Von einer Minute auf die andere schlägt die Stimmung massiv um. Aus Freunden werden Feinde und Michael muss mit Ana um das gemeinsame Leben und die Liebe fürchten …

Ein Film, der bei Recep Tayyip Erdoğan auf wenig Gegenliebe gestoßen sein wird. Denn wenn es etwas gibt, was die Türkei gerne für immer aus ihren Erinnerungen streichen würde, dann ist es der Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs. Bis heute leugnen Regierung und offizielle Geschichtsschreibung, dass es sich um einen Genozid gehandelt habe und tut es als „kriegsbedingte Sicherheitsmaßnahme“ ab. Eine Sicherheitsmaßnahme, die (je nach Quelle) zwischen 300.000 und 1,5 Mio. Opfer gefordert hat (der Film nennt natürlich die maximale Anzahl). Es hat also durchaus etwas Absurdes, wenn der aktuelle türkische Staatspräsident deutschen Politikern Nazipraktiken vorwirft. The Promise, das jüngste Werk von Hotel-Ruanda-Regisseur Terry George, schildert eine Dreiecks-Beziehung vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs und der damit verbundenen beginnenden Verfolgung der Armenier in der Türkei. Jason Isaac (Star Wars: Das Erwachen der Macht) als Michael ist zwar kubanisch-guatemalischer Abstammung, bringt aber auch den Osteuropäer überzeugend rüber. Ohnehin liefert er eine grandiose Vorstellung ab. Wenn er als weltzugewandter, freundlicher und toleranter Mensch immer mehr von einem System überrannt wird, dass er nicht versteht und mit dem er nicht gerechnet hat, kann man Verwunderung, Schmerz und Wut in seinem Gesicht ablesen.

Für einen gewissen sarkastischen Witz und damit für Auflockerungen sorgt Marwan Kenzari, der als Michaels türkischer Studienfreund Emre Ogan (zunächst) gegen alle Konventionen verstößt und sogar seinem einflussreichen Vater die Stirn bietet. Er ist es, der zeigt, dass Menschlichkeit auch über Vorurteile hinweg immer triumphieren wird. Im Verlaufe des Kriegs nimmt dann das persönliche Drama und die Tragik um die Beziehung zwischen Michael und Ana einerseits und Michael und seiner Angetrauten Maral andererseits den meisten Raum ein. Schwer genug ist es, in den Wäldern der türkischen Provinz zu überleben – noch schwerer, Liebe auszuleben, die gegen Regeln verstößt.
Christian Bale, der den amerikanischen Journalisten spielt, tut das routiniert, muss aber etwas gegenüber seiner sehr oberflächlichen Figur zurückstecken. Vielleicht ist es deshalb, weil dessen US-Herkunft für die Geschichte eigentlich irrelevant ist. Vielleicht aber auch, weil er gerade deshalb wie ein Fremdkörper in einer Story wirkt, die sich viel besser ausschließlich auf das einheimische Volk und die Auseinandersetzungen hätte konzentrieren sollen. Was in The Promise am Ende trotz der Figur Emres etwas zu kurz kommt, ist der Versuch, auch auf türkischer Seite für moderate Stimmen zu sorgen. Trotz aller zu Recht geschilderten Gräueltaten bleibt der Film in seiner Darstellung doch sehr einseitig.

Bild- und Tonqualität

The Promise liefert vornehmlich sehr warme und deutlich braun-gelb gefilterte Aufnahmen. Das verfehlt seine Wirkung nicht und sorgt für eine stimmungsvolle Atmosphäre. Allerdings sind dezenter ausgeleuchtete Innenräume dann fast kontrastlos und scheinen nur aus Sepiafarben zu bestehen. Die epischen Landschaftsaufnahmen werden zwar von leichtem Korn begleitet, das vor allem auf Himmelshintergründen zu erkennen ist, doch auch das passt zum Film und der Zeit. Schade, dass die CGIs (bspw. die Schiffe im Hafen von Konstantinopel) deutlich abfallen und arg weich wirken. Gleiches gilt für ein paar Greenscreen-Aufnahmen, die man deutlich als solche entlarven kann. Die Schärfe in Nahaufnahmen ist gut und außerdem gleichmäßig verteilt. Helle Bereiche in Hintergründen überstrahlen schon mal etwas, was aber wirkt wie ein bewusstes Stilmittel. Ansonsten liegt der Kontrastumfang im mittleren Bereich. Schwarz wirkt in Tageslichtszenen knackig, lässt in dunkleren Beleuchtungs-Szenarien aber Zeichnung vermissen und driftet schon mal in leicht bläuliche Farbverfärbungen ab (7’50).
Der Ton von The Promise nutzt immer wieder eine sehr breite Bühne – beispielsweise während der Messe nach etwas über einer halben Stunde. Hier wird das Heimkino zur Kathedrale und liefert die Stimmen mit authentischem Nachhall. Auch die Actionszenen geraten dynamisch und wenn die Straßen durch Unruhen und Gewalt geprägt werden, skandiert es raumfüllend „Türkiye“. Stimmen bleiben derweil stets gut verständlich und gelangen klar und deutlich zum Zuschauer. Richtiggehend brutal geraten die Explosionen bei den Arbeiten im Steinbruch – hier erbebt nicht nur die Erde der Türkei im Film, sondern auch das Heimkino (43’35, 48’36). Und wenn sich Armenier und Türken zum Finale hin offen bekriegen, werden die Schüsse äußerst direktional und mit Wucht platziert (102’10). Auch nach fast zwei Stunden setzt es noch mal extrem satte Kanonenschläge und loses Gebirgsmaterial bröckelt über den Protagonisten zusammen – ein wirklich vorzüglicher Soundtrack.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von The Promise warten neben dem Audiokommentar, den der Regisseur mit seinem Produzenten eingesprochen hat noch drei kurze Featurettes sowie drei entfallene Szenen. Letztere können wahlweise ebenfalls mit Audiokommentar abgespielt werden. Bei den Featurettes beginnt es mit „Der Grund“. hier erzählen die Beteiligten, welche Ausgangssituation man für den Film gestaltete. Das zweite hört auf den Namen „Eine Liebesgeschichte“, bietet aber nicht mehr als einen ausgedehnten Trailer. „Krieg und Kampf“ geht für einen kurzen Moment näher auf die historischen Hintergründe ein. Aber auch hier fehlt es an Informationsgehalt.

Fazit

The Promise ist ein aufrüttelndes, vielleicht etwas zu sehr aus westlicher Sicht geschriebenes Drama, das ein Kapitel aufschlägt, welches noch heute für offene Wunden auf beiden Seiten sorgt. Im Vordergrund spielen Oscar Isaac und Charlotte Le Bon mit beeindruckenden Performances um ihr Leben.
Für Freunde beeindruckender Technik: Der Sound nimmt es locker mit aktuellen Action-Highlights auf.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 30%
Film: 75%

Anbieter: Capelight
Land/Jahr: USA 2016
Regie: Terry George
Darsteller: Oscar Isaac, Charlotte Le Bon, Christian Bale, Daniel Giménez Cacho, Shohreh Aghdashloo, Marwan Kenzari, Angela Sarafyan, Tom Hollander, Numan Acar, James Cromwell, Jean Reno
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 133
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu The Promise

Trailer THE PROMISE – DIE ERINNERUNG BLEIBT (Deutsch)

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