Blu-ray Review
OT: The Protégé
Poe und Schuhe
Elegant inszenierter Rache-Actioner mit Maggie Q.
Inhalt
Moody ist Auftragskiller. Das war er schon in den 90ern, als er einen Auftrag in Vietnam erledigen musste. Bei diesem stieß er auf ein junges Mädchen, das er fortan unter seine Fittiche nahm und Anna nannte. Während der folgenden 30 Jahre bildete er Anna zur besten Profikillerin aus, die ein Mensch oder eine Organisation für Geld anheuern kann. Zuletzt tötete sie im Auftrag den Metzger von Bukarest. Ohne Gnade. Ohne mit der Wimper zu zucken. Ihre nächste Mission kommt von Moody selbst. Er sucht einen gewissen Lucas Hayes. Ein Auftrag, der gefährlicher scheint als alles, was Anna und Moody bisher erledigen mussten. Denn kaum kommt sie von ersten Recherchen nach Hause, ist ihr Mentor tot. Auch ihr Buchladen wird kurz darauf überfallen und Anna überlebt nur mit Glück. Kann es sein, dass dieser Rembrandt etwas damit zu tun hat, der sie vor Kurzem um ein sehr seltenes Buch angefragt hatte?
Martin Campbell begann seine Karriere weitgehend als Regisseur von TV-Serien-Episoden, bis er mit Wehrlos einen kleinen Thriller und mit Flucht aus Absolom einen lupenreinen B-Movie-Actioner inszenierte. Dass man ihm nach diesem in der Rezeption eher unterdurchschnittlich aufgenommenem Film ein Jahr später die Regie zum ersten Bond-Abenteuer mit Pierce Brosnan als 007 anbot, verwunderte damals. Immerhin blieb er den Produzenten des Agentenfilm-Franchise aber offensichtlich so gut in Erinnerung, dass man ihn zehn Jahre später noch einmal ranließ und er auch die Premiere von Daniel Craig als Bond in Szene setzen durfte. Mit Casino Royale, so viel Ehr darf man ihm zuteil werden lassen, gelang ihm sein bis dato (und auch in der Folge) bester Film. Leider verspielte er diese Credits fünf Jahre später auf einen Schlag, als er Ryan Reynolds in dessen Superhelden-Fiasko Green Lantern schickte. Während Reynolds sich mit viel Fleiß, noch mehr Selbstironie und Witz aus dieser Situation befreien konnte, litt Campbells Karriere als Filmemacher länger darunter. Lediglich einen Spielfilm konnte er zwischenzeitlich inszenieren, bis er nun mit The Protégé wieder auf der Bildfläche erscheint. Eine durchaus wechselhafte Karriere also, die der Brite hier hingelegt.
Das Skript für diesen Rache-Action-Thriller wurde schon 2017 als Grundlage für einen Film ins Spiel gebracht, letztlich dauerte es dann aber noch ein paar Jahre, bis sich Darsteller, Crew und Produzenten zusammenfanden. In der kurzen US-Kinoauswertung gnadenlos abgeschmiert, ist The Protégé aber gar nicht mal so übel. Schon die erste Szene, in der Maggie Q zeigen kann, dass sie wohl zu den fittesten 40+-jährigen Schauspielerinnen gehört, lässt auf ein hohes Tempo schließen. Und ihr einen entspannten (und nicht ganz wie in Killer’s Bodyguard verrückten) Samuel L. Jackson an die Seite zu stellen, war ebenfalls kein schlechter Schachzug. Man nimmt Jackson ab, dass er sich stets um diese Anna gekümmert hat und bis in den Tod kümmern wird. Und man nimmt Anna ab, dass sie jeden auf der Stelle um die Ecke bringen wird, der Moody etwas antut. Campbell hält dabei die Waage zwischen ruhigen Szenen, in denen das Verhältnis der beiden zueinander beleuchtet wird und den durchweg rasant inszenierten Actionmomenten, die sich entweder mit anständigen Ballereien beschäftigen oder aber zünftigem Nahkampf widmen. Und bei Letzterem wird immer wieder deutlich, dass Maggie Q endlich mal die große Actionrolle zuteil werden sollte. Mit jeder Faser ihres Körpers und Auftretens strahlt sie Souveränität und Präsenz aus. Diese ganz leichte Überheblichkeit, die ihrem Spiel stets innewohnt, macht dabei noch einen ganz besondere Reiz aus.
Während die Schauspieler – unter anderem auch Michael Keaton als undurchsichtiger Gegenspieler – überzeugend agieren und Campbells Inszenierung elegant ist, steht The Protégé sein überkonstruiertes und unnötig verkompliziertes Drehbuch im Weg. Um die eine oder andere überraschende Wendung zu platzieren, führt der Film immer wieder scheinbar wichtige Figuren ein, um sie kurz darauf wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen. Irgendwann kämpft hier einfach nur noch jeder gegen jeden, was nicht gerade zur Übersichtlichkeit beiträgt. Problematisch ist das deshalb, weil der Film den Zuschauer dadurch irgendwann zu verlieren droht. Auch, weil die Charaktere nur halb so interessant charakterisiert werden wie sie besetzt sind. Und auch, weil die Szene zwischen Anna und Rembrandt nach etwas über 70 Minuten tonal nicht passt. Sie wirkt aufgesetzt und künstlich.
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Bild- und Tonqualität BD
The Protégé hat ein durch die Bank extrem glattes, digitales Bild, das von keinerlei Körnung getrübt wird. Lediglich die Totale von London nach etwas über elf Minuten offenbart ein leichtes Wuseln. Obschon die Close-ups recht scharf und detailliert wirken, lässt der sehr glatte Look schon mal eine leichte Filterung vermuten. In Halbtotalen wirken Oberflächen schon mal eine Spur wachsig. Nicht viel, aber ein bisschen. Hervorragend gelungen sind die kräftigen Farben und dynamischen Kontraste. Schwarz ist super knackig und farbige Kleidung kommt prägnant zum Auge. Die Farbgebung selbst schlägt in den Anfangsszenen eine sehr angenehme und warme Tönung erscheinen, die gut zur Stimmung der ersten halben Stunde passt. Vielleicht ist die Grundabstimmung etwas dunkel geraten, was aber noch in Ordnung geht.
Blu-ray und UHD Blu-ray kommen mit der identischen Tonunterstützung: DTS HD-Master 7.1. Und kaum sind ein paar Sekunden vergangen, dürfen die Spuren zeigen, wie räumlich sie sind. Zuletzt gab’s lange keinen Regen mehr, der so unglaublich vereinnahmend den Zuschauer in die Mitte genommen hat. Auch die Atmosphäre auf dem Markt gesellt sich räumlich hinzu. Während der ersten Aktion von Anna hätten die Sounds allerdings etwas mehr Dynamik vertragen, was im nächsten Moment von den sensationell von hinten anfetzenden Schüsse, die Moody nach neun Minuten abfeuert, aber wieder egalisiert wird. Leider zeigt auch die große Ballerei nach 30 Minuten (trotz ihrer Räumlichkeit), dass sie im Bass und in ihrer Grunddynamik hätte höher ausfallen dürfen. Während vereinzelte Schüsse noch halbwegs dynamisch ausbrechen, wirkt Dauerfeuer hier etwas komprimiert. Zudem sind die Dialoge teilweise zu leise und relativ dünn eingebettet. Dass es besser geht, zeigt die Szene mit den (gefühlt) 100 Choppern, die tatsächlich dynamisch aus allen Speakern knattern. Und spätere Szenen, in denen Anna vereinzelt Feuer gibt, zeigen dann wirklich gute Dynamik.
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Bild- und Tonqualität UHD
he Protégé wurde komplett digital gefilmt – und zwar auf einer ARRI Alexa Mini LF. Diese zeichnet mit 4K auf, wobei leider nicht offiziell herauszufinden war, ob man ein 4K-DI oder ein 2K-DI-Upscale für die UHD BD nutzte. Wer sich die BD gegenüber der 4K-BD aber genau anschaut, merkt sehr schnell, dass es sich um ein 4K-DI handeln muss. Denn die Auflösung bei Totalen mit detaillierten Hintergründen ist deutlich sichtbar besser. So werden bei den Verzierungen am Balkon Einzelheiten plastisch sichtbar, die von der Blu-ray verschwiegen werden. Das ist im direkten Vergleich sogar überdeutlich. Außerdem ist die HDR-Dynamik (HDR10 und ein im Rahmen von Rec.2020 erweiterter Farbraum) in der Lage, die feinen Schattierungen auf Oberflächen sichtbar besser herauszuarbeiten. Das klingt soweit erst einmal gut und sieht auch hübsch aus, sodass man auf dem Weg ist, von einer Highlight-UHD-Blu-ray zu sprechen. Doch leider hat die Scheibe relativ frühzeitig sichtbar ein deutliches Problem mit dunklen Szenen. Zwar crusht der Schwarzwert nicht, aber es ist gegenüber der Blu-ray einfach zu dunkel. In den Szenen bei ca. Minute 14’40 wird das besonders deutlich. Wer hier nicht bei absoluter Vermeidung von Restlicht schaut, der erkennt teilweise nur wenig. So fällt es bspw. schwer, Jacksons rechte Gesichtshälfte zu erkennen oder seinen Hals im Übergang von der Sweatjacken-Kapuze zu differenzieren. Die Blu-ray (auch nicht sehr hell) bekommt das sehr gut hin. Dieses Manko ist nicht nur deshalb schade, weil die Auflösung sichtbar besser ist, sondern die Tageslichtszenen mit famoser Farbkraft und wirklich tollem HDR-Kontrast überzeugen. Hauttöne sind wunderbar satt und sämtliche Farben in den Außenszenen (bspw. Blumen und das Grün an den Bäumen) knallen förmlich aus dem Fernseher. Wäre die Scheibe nicht bisweilen so dunkel, hätte sie das Zeug zum absoluten Highlight.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): In gut ausgeleuchteten Außenaufnahmen sorgt das noch für mehr Kontrast und sattere Farben.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): dass Annas Gesicht insgesamt zwar kräftiger gebräunt, aber auch sehr dunkel erscheint.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … säuft sein Gesicht über die UHD-BD fast ab. BITTE BEACHTEN: Die Belichtung liegt einzig auf dem Gesicht nicht auf dem Hintergrund! Dieser zeigt auch über die UHD-BD noch etwas Zeichnung. Die Gesichtsdarstellung ist allerdings in der Tat in dem Maße unterschiedlich.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier trumpft die HDR-Dynamik der UHD-Blu-ray dann auch mal auf.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier holt die (ziemlich sicher native) 4K-Scheibe deutlich mehr raus.
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Bonusmaterial
Das Bonusmaterial liegt lediglich auf der Blu-ray vor und besteht aus Interviews mit den Darstellern und der Crew. Insgesamt sieben Statements sowie eine B’Roll warten hier neben ein paar Filmtipps des Anbieters und dem Originaltrailer.
Fazit
The Protégé lebt von seiner stilsicheren Inszenierung, den Darstellern und ein paar wirklich zackigen Actionszenen. Leider steht im seine eigene, viel zu kompliziert erzählte und deshalb am Ende uninteressante Geschichte im Weg. Die UHD Blu-ray bietet eine tolle Auflösung und satte Farben. Allerdings ist sie hier und da zu dunkel geraten. Bis auf wenige Ausnahmen schlägt sich der Sound ganz prächtig und unterstützt die Actionszenen mit hoher Räumlichkeit.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 85%
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 85%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 30%
Film: 60%
Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: USA 2021
Regie: Martin Campbell
Darsteller: Maggie Q, Samuel L. Jackson, Michael Keaton, Robert Patrick, David Rintoul
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 109
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: BD-66/BD-100
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10
Maximale Lichtstärke: 1895 Nit
FSK: 16
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Leonine Distribution)
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Trailer zu The Protégé
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Die UHD gibts aber auch mit englischem Dolby Atmos, wurde hier tatsächlich wieder nur die deutsche Disc Version ausgelassen?
Das ist halt ein Anbieter-Problem. In Deutschland ist der Vertrieb ein anderer. Und da werden oft die Lizenzen vom US-Label entweder bewusst nicht angeboten, oder aber vom deutschen Anbieter nicht bezahlt. Bei Leonine-Veröffentlichungen ist das nicht das erste Mal, leider.
Nicht-Bond Daniel Craig bleibt ein unverzeihlicher Fehltritt, aber der gute Herr Campbell hat auch noch die gelungenen Zorro-Remakes mit Banderas / Hopkins inszeniert. Nur so als Ergänzung.
Oder Vertical Limit den ich persönlich sehr gut Finde und auch in meiner Sammlung ist. Meiner Kenntnis nach lief er auch damals ganz gut in den Kinos. Pill Paxton und Robin Tunney sowie Chris O Donnel sind mit von der Partie.
Hi:
Zu was würdest du den eigentlich greifen zur BRD oder zur 4k. Habe einen Tv mit 4000 Nits und den Panasonic 825
Wenn du bei Restlicht schauen willst/muss, dann die Blu-ray. Wenn du Abends oder im abgedunkelten Raum schauen willst, die UHD-BD.