The Raid 2

Blu-ray Review

The Raid 2 Blu-ray Review Cover
Koch Media, seit 27.11.2014

OT: Serbuan maut 2: Berandal

 


Mitten im Krieg

Die Fortsetzung des 2012er-Martial-Arts-Hits begleitet ein Ruf wie Donnerhall – zu Recht?

Inhalt

Die Wunden vom Einsatz im Hochhaus sind kaum verheilt, da tritt sein Chef an Polizist Rama heran und betreut ihn mit einer Undercover-Mission. Er soll im Gefängnis an Uco herantreten, einziger Sohn von Gangsterboss Bangun. Ziel ist es, einerseits die Verbrecher dingfest zu machen und andererseits herauszufinden, welche Stellen bei der Polizei der Korruption anheim gefallen sind und die Syndikate decken. Rama verdient sich im Knast das Vertrauen Ucos und kann nach seiner Freilassung tatsächlich einen Fuß in das Syndikat von dessen Vater bekommen. Stets in Gefahr aufzufliegen, heftet er sich an Ucos Fersen und muss mitansehen, wie dieser immer stärker den eigenen Vater in Frage stellt und eigenen Führungsanspruch erhebt. Das ist vor allem deshalb brenzlig, da die japanische Konkurrenz gerade erstarkt ist und sich ein Zwei-Fronten-Krieg entwickelt …

2011 inszenierte ein Regisseur von den britischen Inseln in Indonesien einen kleinen, ultraharten und rohen Actionthriller, dessen klaustrophobische Atmosphäre innerhalb eines Gebäudekomplexes die Kampfszenen auf eine extreme Unmittelbarkeit destillierte. Dem europäischen Publikum wurde The Raid dann Ende 2012 als Videopremiere vorgestellt und für den damaligen Anbieter Koch Media war’s zweifelsohne einer der größten kommerziellen Erfolge. Zu Recht, denn bis heute setzen die Martial-Arts-Szenen des Films Maßstäbe – bis HEUTE. Denn was Evans dem Zuschauer in The Raid 2 an Action auftischt, spottet jeder bisherigen Beschreibung. Schon die erste Kampfszene nach einer knappen Viertelstunde zeigt, wie man den engsten Raum nutzen kann, um ebenso unterhaltsam wie knochentrocken Handkanten- und Faustkampf zu inszenieren. Aber selbst wenn es mal nicht intim und klaustrophobisch zugeht, choreografiert Evans seine Protagonisten zielsicher und äußerst rasant durch die Szenerie – eben so, wie’s beim großen Schlam(m)assel im Gefängnishof der Fall ist. Und wenn der unfassbar schnelle Iko Uwais (seit seinem zehnten Lebensjahr trainiert in der indonesischen Kampfkunst Pencak Silat) in Echtzeit auf seine Zellenwand eindrischt, traut man seinen Augen kaum, wie flink seine Fäuste fliegen. Ohnehin ist das Echtzeitfilmen eine Stärke von Evans, der seinem Protagonisten in The Raid 2 immer dicht auf den Fersen ist und der immer wieder innovative Kamerafahrten nutzt. Gerade die Einstellungen aus der Vogelperspektive oder nachvollzogene Salti während der Kampfszenen vermitteln eine coole Atmosphäre.

Leider ist der walisische Regisseur bei der Inszenierung seiner Story nicht ganz so sorgfältig: Der episch angelegte Thriller um die organisierte Kriminalität in und um Jakarta verwirrt zunächst mit zahlreichen Zeitsprüngen und Ortswechseln, bevor sich nach zirka 40 Minuten die eigentliche Geschichte entwickelt. Die ist dann für einen zweieinhalbstündigen Film überraschend simpel gestrickt und bauscht im Vorfeld unnötig auf.  Während die Sequenzen innerhalb Banguns Syndikat zwar kaum innovativ sind, aber immerhin kurzweilig daherkommen, gibt’s immer wieder Lückenfüller-Szenen, die sich arg dehnen (Ucos Auseinandersetzung mit den zwei Frauen 54’00). Auch verhalten sich nicht alle Figuren auffallend nachvollziehbar. So scheint es Ramas Frau mit Fassung zu tragen, dass ihr Angetrauter statt ein paar Wochen gleich zwei Jahre von der Bildfläche verschwindet. Dann jedoch, plötzlich und unvermittelt gelingen The Raid 2 Momente und Bilder von ungeheurer visueller und emotionaler Wucht, wie beim letzten Kampf von Prakoso in und hinter der Diskothek. Nicht nur diese Szene mag Anlass dafür gegeben haben, dass man The Raid 2 mitunter Gewaltverherrlichung vorwarf, denn obwohl oft nur angedeutet wird, gibt’s eben auch Momente, in denen Skalpelle frontal gefilmt Halsschlagadern durchtrennen, fünf Wehrlose eiskalt exekutiert werden oder Spitzhammer blutig in Schädel eindringen. Gegenüber anderen Martial-Arts-Filmen, die oftmals ohne Blut auskommen und comichaft mit der Gewalt umgehen, wird hier auffallend verschwenderisch mit Lebenssaft umgegangen und das Ganze visuell so elegant und stylish inszeniert, dass man die Argumente der Kritiker durchaus nachvollziehen kann. Von der anderen, vornehmlich cineastischen Seite betrachtet, kann man das Gezeigte aber gerade aufgrund seiner durchchoreografierten Action als Gesamtkunstwerk betrachten. So scheint es offenbar auch der FSK gegangen zu sein, die The Raid 2 überraschenderweise ungeschnitten mit einer 18er Freigabe passieren ließ. Dass es auch mal weniger vordergründig zugeht und der Stil über die Brutalität siegt, zeigt die Autoverfolgungsjagd inklusive Kampfchoreographie innerhalb eines Fahrzeugs ziemlich eindruckvoll. Überhaupt steigert sich der Film im letzten Drittel auf emotionaler und inszenatorischer Ebene. Der rote Faden, der zuvor immer mal wieder fehlte, wird in der letzten halben Stunde wiedergefunden und führt über den sensationellen, fast siebenminütigen Küchenfight zwischen Rama und dem Killer zum unvermeidbar heftigen Finale.

Bild- und Tonqualität

Schon die Bildqualität von The Raid hatte ihren ganz eigenen Look und so ist’s auch bei The Raid 2. Praktisch ohne Farben oder Kontraste ist das Bild mausgrau, während die Gesichter einen gelbbräunlichen Touch haben. Während Schwarz noch recht ansprechend gelingt und das rote Blut halbwegs heraussticht, ist der Gesamteindruck einfach viel zu flach und fade. Einerseits ist das Bild in The Raid 2 in der Grundabstimmung zu dunkel, andererseits sind manche Einstellungen dazu so kontrastschwach, dass sie extrem milchig wirken. Zwei weitere Kritikpunkte sind ein deutliches Rauschen auf uniformen Farbhintergründen (Teppich 66’00) oder bisweilen erkennbare Solarisationseffekte.
Akustisch gefällt The Raid 2 mit halbwegs effektvoller Atmsophäre (Regen im Gefängnishof 24’20), kann aber bei der deutschen Synchro mitunter leichte Verzerrungen nicht vermeiden. Mitunter werden die Musiksequenzen recht druckvoll wiedergegeben, allerdings muss man den sehr leise abgemischten Film dafür zunächst mal um das Doppelte so laut machen, wie man es gewohnt ist. Dann wiederum dröhnt der (hoffentlich extra so abgemischte) Bass in der Disko derart scheppernd, dass man schon aufgrund akustischer Ästethik wieder leiser macht (76’00).

Bonusmaterial

Während das hauptsächliche Bonusmaterial auf der zweiten Disk der Blu-ray von The Raid 2 stattfindet, lockt auf der Film-Scheibe schon mal ein Audiokommentar von Gareth Evans sowie diverse unterschiedliche (und unterschiedlich harte) Trailer und Teaser zum Film.
Die Bonus-Disk, die leider keine Blu-ray, sondern eine DVD ist, bietet drei Featurettes, eine geschnittene Szene sowie ein paar coole Fanmade Videos. In „Choreografie“offenbart Evans, der seit über zehn Jahren in Indonesien lebt, dass The Raid 2 eigentlich der Ursprungsfilm sein sollte. Allerdings bekam er ihn nicht finanziert, so dass er einen kleineren Film zwischenschieben musste – eben The Raid selbst. Natürlich erfahren wir hier auch viel darüber, wie die Kämpfe zustande kamen und wie viel Planung dafür notwendig war. Hauptdarsteller Iko Uwais ist, gemeinsam mit Yayan Ruhian (dem Darsteller des Prakoso), auch für die Choreografien zuständig und leistete herausragende Arbeit. In „Bereit für einen Kampf“ geht’s vornehmlich um die Kameraarbeit und das Setdesign in The Raid 2, während „Das nächste Kapitel“ die Bindung zum ersten Teil herstellt und die Geschichte der Fortsetzung zusammenfasst. „Im Gespräch mit Gareth Evans Iko Uwais und Joe Trapanese“ zeigt Regisseur, Hauptdarsteller und Komponist bei einer Filmpremiere. Knapp 45 Minuten stehen die Drei hier einem Moderator Rede und Antwort.

Fazit

Als Fan von The Raid muss man sich im Klaren darüber sein, dass The Raid 2 ein vollständig anderer Film ist. Der knapp 50 Minuten kürzere Vorgänger spielt fast vollständig innerhalb des Gebäudekomplexes und wirkt vor allem durch seine Enge. Der Nachfolger ist um Welten breiter angelegt, präsentiert zahlreiche Schauplätze, eine manchmal unübersichtliche Flut an Figuren und vernachlässigt bisweilen seinen Hauptdarsteller Uwais, der sich schon mal für zehn Minuten komplett aus der Geschichte verabschiedet. Der eingangs erwähnte Ruf wie Donnerhall bezieht sich also vor allem auf die Actionszenen, die wahrlich meisterhaft sind und durchaus zum Besten gehören, was man im Genre jemals sehen durfte – die Story und deren Inszenierung ist’s leider nur bedingt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 50%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 60%
Film: 75%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Indonesion 2014
Regie: Gareth Evans
Darsteller: Iko Uwais, Arifin, Putra, Yayan Ruhian, Julie Estelle, Donny Alamsyah
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, ind
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 150
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)

(Copyright der Cover, Szenenbilder: TM & © 2014. Koch Media. All rights reserved)

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