The Red Sea Diving Resort – Netflix

Blu-ray Review

Netflix, 31.07.2019

OT/AT: Operation Brothers

 


Weiße Helden

Die wahre Geschichte der Rettung von äthiopischen Juden gerät im Netflix-Film zu einem kitschigen Heldengemälde.

Inhalt

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Das Ressort hatten sie sich irgendwie anders vorgestellt

Weil er es nicht länger mit ansehen kann, wie äthiopische Flüchtlinge in Lagern im Sudan verhungern, fasst der Mossad-Agent Ari Levinson einen verrückten Entschluss. Mit dem Segen der israelischen Vorgesetzten will er ein verlassenes Urlaubsressort an der sudanischen Rotmeer-Küste reaktivieren. Dort sollen die Flüchtlinge zwischenlanden, um des Nächtens mit Booten aufs Meer zu fahren und dort von einem israelischen Frachter aufgenommen zu werden. Klingt wahnsinnig und ist es auch. Denn bald schon landen die ersten echten Touristen im Ressort und wollen unterhalten werden, während ein sudanischer Soldatenführer langsam aber sicher misstrauisch wird …

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Ethan Levin hält die Aktion für bescheuert, macht aber mit

Zwischen 1979 und 1985 assistierte und koordinierte die israelische Regierung mit Agenten des Mossad in der sogenannten Operation Brothers im Rahmen der Aliyah die Emigration äthiopischer Juden aus deren Geburtsland über den Sudan nach Israel. Die vor dem Bürgerkrieg in Äthiopien sowie der Hungersnot fliehenden Juden wurden in Flüchtlingscamps im Sudan zusammengehalten, kamen von dort aus aber nicht weiter. Innerhalb dieser als dritten Welle beschriebenen Zeit suchte und fand der Mossad eine Gruppe von hübsch gelegenen Strandvillas, die vollständig ausgerüstet waren. Diese waren Anfang der 70er von italienischen Unternehmern errichtet, allerdings aufgrund fehlender Infrastruktur wieder aufgegeben worden. Drei Jahre mietete der israelische Geheimdienst die Gebäude unter dem Deckmantel einer Schweizer Firma an, um sie als Zwischenstation für die äthiopischen Flüchtlinge auf deren Weg nach Israel zu nutzen. Dabei renovierten die Agenten die Anlage dermaßen authentisch, dass der Betrieb der „Arous Holiday Village“ wieder aufgenommen wurde und sogar Gewinne abwarf. Dass im Hintergrund Flüchtlinge von dort per Schiff nach Israel gebracht wurden, ahnte niemand.

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Leichte Probleme bei der Ausreise

Nun nimmt sich der israelische Regisseur Gideon Raff (Mitschöpfer der Serie Homeland) der Buchvorlage Mossad Exodus von Gad Shimron an und konstruiert mit The Red Sea Diving Resort ein Heist-Movie drumherum. Ja, richtig gelesen: Was ein Flüchtlingsdrama mit gefährlichem Hintergrund ist, verhollywoodisiert Raff zu einem überladenen Thriller mit teils unerträglicher Weißer-Retter-Attitüde und vollkommen unpassender 80er-Jahre-Elektropop und Duran-Duran-Einlagen. Man muss sich schon die Augen reiben, wenn Aris Kollegin Rachel als Flugbegleiterin dem Kapitän mal eben das grapschende Handwerk legt, wo es doch eigentlich um Flüchtlinge in Lebensgefahr geht. Wirklich ernst nehmen kann man so eine Szene jedenfalls nicht.
Was aber wirklich nervt, ist die Tatsache, dass der Film voller afrikanischer Darsteller ist, die wahlweise in Panik verfallen oder sterbend/exekutiert auf der Strecke bleiben. Es ist an den weißen Helden, die flüchtenden Schäfchen zusammen zu treiben und beieinander zu behalten – passenderweise ist deren Anführer Chris Evans, Mr. Marvel-Superheld in Person. Leider reicht der Bart kaum aus, um zu vermeiden, dass man ständig an sein Weiß-Blau-Rotes Schild denken muss – zumal er gerne mal oben ohne durchs Bild rennt. Das ist sicherlich nicht Evans selbst anzulasten, der den Mossad-Agenten durchaus ambitioniert verkörpert. Vielmehr scheint das Drehbuch erst gar nicht zu wollen, dass man Abstand von seinem Captain America bekommt.

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Abtransport

Immerhin hat der von Fox Searchlight auf den Weg gebrachte Film (zu dem Netflix im Februar 2019 die Verwertungsrechte erwarb) es geschafft, noch ein paar weitere Hochkaräter an Bord holen können. Von Sir Ben Kingsley als zeigefingerwedelndem Vorgesetzten in Israel über Greg Kinnear als gutem Amerikaner und Haley Bennett (Girl on the Train) als taffe Agenten-Kollegin.
Der einzige dunkelhäutige Darsteller mit relevanter Sprechrolle ist übrigens Michael Kenneth Williams (Triple 9) als Kabede. Doch dessen Talent wird nur dafür genutzt, seinen scheinbar vollkommen unintelligenten Landsgenossen zu sagen, wann sie ruhig und still zu bleiben haben.
Während die Landschaftsszenen (gedreht wurde in Südafrika und Namibia) wirklich toll aussehen und die (überdramatisierten) Spannungs-Szenen durchaus Thrill erzeugen, bleibt am Ende ein furchtbar fader Beigeschmack durch die unglaublich stereotypen Figuren, die einseitig-weiße Sichtweise auf die Ereignisse und ein Ende, das noch eine saftige Note Hollywood-Kitsch draufpackt – nee, das war nix, Netflix.

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Kommen da wirklich echte Touristen?

Bild- und Tonqualität

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Kabede und Ari werden so etwas wie Freunde

The Red Sea Diving Resort liegt bei Netflix leider nur in Full HD ohne dynamische Kontrastanpassung vor. Zwar hat man sich Mühe gegeben, das Bild verhältnismäßig rauscharm zu mastern, aber schon in halbdunklen Szenen wirken Gesichter flach und es treten Banding-Probleme auf. In Bewegungen setzt es außerdem Nachwischer und wenn man sich den Himmel sowie die Wiesen- und Waldhintergründe oben rechts bei 5’42 anschaut, setzt es gar stehende Blockartefakte – nein, das ist nicht das, was man von einem aktuellen und hochwertig produzierten Film erwartet. Und hier werden dem Streaming dann doch deutliche Qualitätsgrenzen aufgezeigt. Kein Wunder, wenn die Datenrate mit 4.02 Mbps nicht mal durchschnittliches DVD!-Niveau erreicht. Auch wenn das über Apples 4K TV noch etwas besser aussieht als über die Apps am LG TV oder bei Panasonic-Playern – schön ist wahrlich anders. Farben immerhin geraten kräftig und Schwarzwerte wirken (zumindest zu Beginn) recht knackig. Ab dem Moment der Tournee der Agenten-Sammlung fährt der Schwarzwert allerdings zurück und das Bild wird ziemlich milchig – 70er-Jahre-Flair eben. In Close-ups ist immerhin die Schärfe ganz in Ordnung, was in den dunklen Szenen wieder durch heftiges Rauschen konterkariert wird.
Der Ton von The Red Sea Diving Resort liegt für beide Formate in Dolby Digital Plus 5.1 vor, eine Atmos-Fassung gibt’s nicht.
Dafür werden die insgesamt sechs Kanäle mit lebhaften Naturgeräuschen (zirpende Zikaden, Rauschen im trockenen Sträucherwerk etc.) belegt und der perkussive Soundtrack lässt die Surrounds ebenfalls aufleben. Wird geschossen, kommen die abgefeuerten Projektile schön furztrocken zum Gehör und der Dynamikumfang ist für eine DD+-Spur ziemlich gelungen. Das hat man auch schon anders gehört – beispielsweise in Triple Frontier. Schön, dass auch der Sub bisweilen gut zu tun bekommt, wenn nach etwas über 50 Minuten der Lastwagen durch eine Wüstenstraßensperre heizt. Tatsächlich ist der Sound noch das Beste an diesem Film.

Fazit

The Red Sea Diving Resort hätte ein spannendes Flüchtlingsdrama werden können. Gideon Raff hat daraus ein weißes Heldengemälde mit unglaublich klischeehaften Figuren, stereotyper Sichtweise auf Bevölkerungsgruppen und unnötigem Kitsch gemacht, dessen Helden sich auch noch narzisstisch selbst auf die Schulter klopfen. Schade um so viele talentierte Darsteller.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Film: 30%

Anbieter: Netflix
Land/Jahr: USA 2018
Regie: Gideon Raff
Darsteller: Chris Evans, Haley Bennett, Sir Ben Kingsley, Greg Kinnear, Michiel Huisman, Alona Tal
Tonformate: Dolby Digital Plus: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 130
Datenrate: 4.02 Mbps
Auflösung: 1080p
FSK: 12

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Netflix / Marcos Cruz)

Trailer zu Red Sea Diving Resort

The Red Sea Diving Resort | Official Trailer | Netflix

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