Blu-ray Review
OT: The Secrets We Keep
Die Vergangenheit ruht nicht
Noomie Rapace trifft auf einen Mann aus ihrem früheren Leben …
Inhalt
Die USA in den späten 50ern. Eine attraktive Frau. Ein aufgeweckter Junge. Und ein liebevoller sowie beruflich erfolgreicher Ehemann. Das Leben der aus Rumänien stammenden Maja könnte man als perfekt beschreiben. Ihr Mann hatte sie während des Zweiten Weltkriegs in einem Hospital in Griechenland kennen gelernt und gemeinsam war man in die USA (zurück) gereist. Einige Jahre lebte es sich nun ganz hervorragend. Doch dann geschieht etwas merkwürdiges: Maja glaubt während eines Picknicks mit ihrem Sohn einen Mann zu erkennen. Sie folgt ihm. Leider kann sie sein Gesicht nicht erkennen, bevor er ins Auto steigt und wegfährt. Einige Tage später läuft er ihr erneut über den Weg. Dieses Mal folgt sie ihm bis zu dessen Haus. Und als sie durch ein Fenster lugt, ist sie sich sicher: Er muss es sein. Kein Zweifel. Nun ist guter Rat teuer. Was soll sie machen? Wie kommt sie an ihn ran? Was wäre ein probates Mittel? In ihrer Not überlegt sie sich, eine Autopanne vorzutäuschen und den Mann nach der Schicht bei der Arbeit in der Raffinerie abzufangen. Als der seine Hilfe anbietet, nutzt Maja einen unbeobachteten Moment und schlägt ihm mit dem Hammer vor den Kopf …
Manchmal ist es mit Filmen so, dass man besser nicht viel von ihnen preisgibt. Manchmal ist es besser, die Überraschung zu wahren. Doch wenn man das bei The Secrets We Keep ausgehend von der abrupt endenden obigen Inhaltsangabe tut, lässt sich leider nicht viel über Yuval Adlers (Die Agentin) sagen. Es sei also eindringlich gewarnt, dass, wer ab hier weiter liest, das zentrale Element des Films verraten bekommt.
Und das zentrale Element ist das Motiv der Schuld. The Secrets We Keep spielt intensiv mit diesem Thema. Und bleibt dabei lange auch bei der Frage, ob sich Maja nicht eventuell irrt und einfach nur irgendeinen x-beliebigen Typen ausgesucht hat, um ihre Vergangenheit zu bewältigen. Ebenso deutlich ist aber auch die Auseinandersetzung mit dem Thema der Eigenschuld. Ab wann läuft das, was Maja tut, wirklich unentschuldbar aus dem Ruder? Ab wann wird das Opfer selbst zur Täterin? Und von welchem Zeitpunkt an ist sie keinen Deut besser als derjenige, der sie einst quälte?
Noomie Rapace, die ganz offensichtlich nach wie vor gerne für kontrovers-geschundene Persönlichkeiten besetzt wird, durfte schon in der Millennium-Trilogie zeigen, dass sie immer dann herausragend agiert, wenn Grenzen überschritten werden. Das tat sie als Hackerin, die sich an ihrem Vergewaltiger rächt und das tat sie zuletzt auch als Mutter, die zur Stalkerin wird, nachdem sie ihre verstorbene Tochter wiederzuerkennen glaubte (Angel of Mine). Inhaltlich erinnert Secrets We Keep natürlich an den auf einem Theaterstück basierenden Der Tod und das Mädchen, in dem Sigourney Weaver als einst gequälte Frau ihren Peiniger (Ben Kingsley) kidnappt und ihn zu einem Geständnis bringen will.
Ohne Joel Kinnaman zu nahe treten zu wollen, die Klasse von Ben Kingsley erreicht er nicht. Zumal – und das ist wirklich schade – man über seine Figur praktisch nichts erfährt. Seine finale Offenbarung bietet ihm für zwei Minuten die Bühne, etwas aus seinem Seelenleben preiszugeben, was in der Kürze und Abruptheit nicht genug ist und zudem unglaubwürdig wirkt. Was hätte diese Figur für ein Potenzial gehabt, wenn man nicht viel zu lange mit der Frage der Identität gespielt hätte. Was hätte man daraus für ein Psychospiel machen können, wenn Maja und Thomas früher mit der Wahrheit konfrontiert worden wären und auf dieser Basis neben der Täter-Opfer-Dynamik gleichzeitig eine Konfrontation mit historischen Gräueltaten geschehen wäre.
So bleibt The Secret We Keep einfach zu einseitig. Das bietet Noomie Rapace zwar erneut die Möglichkeit für eine bravouröse und emotional fordernde Leistung, doch sie hat keinen echten Gegenpart. Fast mehr Reibung wird erzeugt, wenn sie auf ihren von Chris Messina gespielten Ehemann Lewis trifft. Den zieht Maja frühzeitig (oder zu spät, wie er persönlich findet) in ihre Vorhaben ein und er muss mit einer Situation umgehen, von der er nicht weiß, wie sie handzuhaben ist und wie sie ausgehen wird. Zwischen Maja und Lewis entwickelt sich eine Dynamik, die sich mit der Frage des Vertrauens und des unbedingten Zusammenhalts in einer Ehe beschäftigt. Immer wieder kommt es hier zu Diskussionen zwischen den beiden, was leider oft mehr Dramatik birgt als die Konfrontation mit Thomas. Was bleibt, ist ein gut gespieltes Thriller-Drama, das mit authentischer Ausstattung punkten kann, dessen kontroverses Thema aber zu oberflächlich abgehandelt wird.
Bild- und Tonqualität
Das Bild der Blu-ray von The Secrets We Keep nutzt eine leichte Sepia-Colorierung, um die Zeit ein wenig in die 50er zurück zu drehen. Außerdem hat man dem digital gedrehten Film nachträglich etwas Körnung verpasst, um ihn ebenfalls mehr auf analoges Zeitalter zu trimmen. Während der besser ausgeleuchteten Szenen bleibt das allerdings dezent. Erst wenn es im Keller entsprechend düster zugeht, nimmt das Korn etwas zu, was dem Ganzen einen schmuddeligen Look verpasst. Im Keller sind die Schwarzwerte relativ satt, wenngleich hier und da mal etwas an Details in der Düsternis abhanden kommt. In Close-ups ist die Schärfe meist gut, es sei denn, die Körnigkeit dominiert die Aufnahme, was etwas an der subjektiven Detailtiefe knabbert. Während der etwas schwächer beleuchteten Tageslichtszenen ist der Kontrastumfang in Innenräumen etwas mau und könnte mehr Dynamik erzeugen.
Akustisch setzt The Secrets We Keep auf zwei DTS-HD-Master-Spuren, die ihre Konzentration weitgehend auf die sehr gute Verständlichkeit der Dialoge legen. Die durchgängig von bekannten Profi-Synchronern eingesprochenen Stimmen sind greifbar und sehr präsent. Die Räumlichkeit ist allerdings auch gelungen, wenn man während einer lauschigen Nacht die Zikaden rundherum zirpen hört. Dynamik kommt immer dann auf, wenn die Rückblicke inszeniert werden. Schüsse innerhalb des Kellers bleiben zwar ein bisschen flach, doch Geräuscheffekte während der Flashbacks bekommen trotz der leichten Bedämpfung durchaus etwas mehr Wucht. Fallen dann zum Finale hin noch einmal Schüsse, sind auch diese sehr realistisch eingefangen worden. Kein Tiefbasseinsatz während des Abfeuerns sorgt für actionartige und damit übertriebene Dynamik. Eher knallt es etwas dünner, dafür aber umso sehr mit räumlichem Widerhall belegt und in dem Moment überraschend dynamisch aus dem ruhigen Gesamtkontext heraus.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von The Secrets We Keep – Schatten der Vergangenheit finden sich leider nur die Trailer zum Film sowie ein paar Programmtipps.
Fazit
The Secrets We Keep nutzt eine spannende Prämisse, um einen grundsätzlich emotionsgeladenen Thriller mit historischen Bezügen auf den Weg zu bringen. Leider gesteht der Film seinem Antagonisten zu wenig Charaktertiefe zu. So muss Noomie Rapace den Film fast alleine schultern und versuchen, den Zuschauer mit leidenschaftlichem Spiel bei Laune zu halten. Das gelingt ihr meist gut, auch wenn man am Ende das Gefühl hat, dass hier mehr drin gewesen wäre.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 65%
Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: USA 2020
Regie: Yuval Adler
Darsteller: Noomie Rapace, Joel Kinnaman, Chris Messina, Jackson Dean Vincent
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Leonine Distribution)
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Trailer zu Secrets We Keep – Schatten der Vergangenheit
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
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- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
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