Blu-ray Review
OT: I Onde Dager
Ruhe auf dem Land
Noomi Rapace und Aksel Hennie liefern sich einen blutigen Schlagabtausch.
Inhalt
„So ein Krieg hätte euch gut getan!“ – nein, das ist nicht unbedingt das, was man als Sohn von seinem Vater hören möchte. Von einem Vater, dem die nachfolgende Generation offensichtlich zu weichgekocht und wenig männlich ist. Lars allerdings beginnt langsam zu glauben, dass was dran ist. Dass er ein Softie ist. Denn schon wieder richtet er sein Tun danach aus, was seine liebste Lisa vorhat. Lisa will in den Wald. In die Hütte, die Lars‘ Vater einst bauen ließ. Dort will sie entspannen und ihr neues Drehbuch lesen. Dass sie von Lars‘ Arbeit als Daily-Soap-Regisseur nur bedingt begeistert ist, lässt sie ihn immer wieder spüren. Ohnehin ist das Verhältnis angespannt. Und das nicht nur beim abendlichen Kochen oder beim Auslegen der Scrabble-Regeln. Lars vermutet, dass Lisa ihm fremdgeht. Lisa hält Lars hingegen für einen Schlappschwanz. Allerbeste Voraussetzungen also für einen entspannten Wochenendtrip. Dass sowohl Lars als auch Lisa ganz besondere Dinge vorhaben, wenn sie einmal in der Hütte angekommen sind, das ahnt der jeweils andere noch nicht. Doch Lars hat nicht umsonst einen Großeinkauf im lokalen Baumarkt getätigt …
Die Skandinavier haben schon immer den etwas anderen Humor. Ihre Filme sind schon immer irgendwie außergewöhnlich. Das gilt für die Dogma-Szene wie auch für den Genrefilm. Und als Tommy Wirkola 2009 mit Dead Snow für ein echtes Horror-Comedy-Highlight sorgte, wurde Hollywood ziemlich zügig auf ihn aufmerksam. 2013 durfte er dann den Fantasy-Märchen-Horror-Actionfilm Hänsel und Gretel: Hexenjäger betreuen und mit Jeremy Renner und Gemma Arterton zwei große Stars im Cast begrüßen. Nachdem er dann noch mal kurzzeitig zu seinen Dead-Snow-Wurzeln zurückkehrte und ein Sequel zum Nazi-Zombie-Horrorfilm inszenierte, kehrte er 2017 wieder ins internationale Geschäft zurück und inszenierte Noomi Rapace in What Happened to Monday?
Offenbar hat ihn die siebenfache Ausgabe der schwedischen Darstellerin nicht überfordert, sondern ziemlich zugesagt. Denn auch in seinem jüngsten Film ist Rapace wieder mit von der Partie. Dieses Mal hauptsächlich mit nordeuropäischen Darstellern und in Norwegisch gedreht, lässt Wirkola es einfach mal laufen.
Denn was als Ehedrama zu beginnen scheint, lässt schon bald eine unterschwellige Aggression erfahrbar werden, die sich irgendwann zu entladen droht. Insbesondere der vordergründig so ruhige Lars lässt bald durchblicken, dass er so ruhig nicht bleiben wird. Wirkola folgt den Figuren zunächst aber erstaunlich unbeteiligt und bleibt beobachtend, fast nüchtern. Bis es nach 21 Minuten deutlich wird. Doch selbst dann bleibt The Trip inszenatorisch zunächst noch wenig dynamisch. Wirkola konzentriert sich auf seine beiden Hauptdarsteller, wie sie sich gegenseitig vorführen und erniedrigen. Tempo kommt aber spätestens dann ins Geschehen, wenn die dritte Person eingreift und es zum ersten, ziemlich überraschenden Event kommt. Folgt dann das Trio aus Roy, Petter und Dave, wird’s erst so richtig unterhaltsam und der so zaghaft beginnenden Film eskaliert mehr und mehr. Von nun an funktioniert The Trip auch ein wenig nach dem Prinzip des „Wer ist jetzt hier eigentlich der Bösewicht“? Inszenatorisch nutzt Wirkola gagreich das Stilmittel der zwischendurch eingeschobenen Rückblenden, um gewisse Ereignisse im Nachgang zu erklären – auch wenn dadurch das Tempo etwas verschleppt wird.
Sobald die entflohenen Sträflinge den Film bevölkern, wird’s für eine ganze Weile mal ziemlich böse und sadistisch. Der Humor tritt für einen Moment an die Seite und trotz der etwas trotteligen Darstellung des Trios bekommt man eindrücklich vermittelt, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist. Und aus dieser Atmosphäre heraus entfesselt Wirkola dann die gewalttätige Seite seines Films – erneut gespickt mit einigen Überraschungen. Wer aber bei Lars‘ Einkauf im Supermarkt aufgepasst hat, der ahnt, was hier noch alles zum Einsatz kommen wird. Drei Billardkugeln im Socken sind da noch die harmloseste Variante.
Was The Trip am Ende etwas im Weg steht, ist seine anfänglich behäbige Inszenierung und das Auswalzen der Thematik auf immerhin fast zwei Stunden. Das ist eindeutig zu lang für den Storyverlauf und hätte locker um 20 Minuten gekürzt werden können, um dann ein viel höheres Tempo anzuschlagen. Das ist aber spätestens dann etwas nebensächlich, wenn eine ganz bestimmte Figur ins Geschehen eingreift und sich köstlich über moderne elektrifizierte Fortbewegungsmittel aufregt.
Bild- und Tonqualität
Bisher wurde das Bildformat von 2,00:1 oft für Netflix-Produktionen genutzt. Zuletzt gab’s aber nicht selten auch Produktionen abseits des Streaming-Portals, die im etwas weiteren Breitbild-Format abgelegt wurden. So wie jetzt The Trip. Innerhalb seines Bildseitenverhältnisses ist er rauscharm, ruhig und ziemlich glatt. Trotz der relativen Dunkelheit in der Hütte ist die Durchzeichnung gut. Helle Oberflächen überstrahlen allerdings ein bisschen. Die Farben gelingen während der gut ausgeleuchteten Außenaufnahmen recht kontrastreich, was vor allem die Szenen mit den drei Blaumann-Trägern nach gut 40 Minuten betrifft. Die dunkleren Szenen in der Hütte lassen Hauttöne stärker ins Rot driften, was nicht mehr ganz so natürlich aussieht, aber möglicherweise dem etwas geringeren verfügbaren Licht geschuldet war.
Akustisch gibt’s für beide Sprachen verlustfreies DTS HD-Master. Und das fällt erst einmal mit zu leisen Dialogen für die deutsche Synchro auf. Erhöht man die Lautstärke, werden die Geräuscheffekte und die Filmmusik etwas zu heftig. Das norwegische Original klingt hier ausgewogener. Grundsätzlich gefällt aber die Synchro, weil sie professionelle Sprecher – und natürlich die angestammte Reibeisenstimme von Noomi Rapace (Sandra Schwittau) – bietet. Wenn’s mal etwas hoch her geht, so wie nach etwas über 30 Minuten auf dem Rummel, darf auch mal der Subwoofer aktiv und kräftig mit ins Geschehen eingreifen. Schade, dass während der eigentlich dynamischen Szenen (bspw. bei 38’30) eine gewisse Komprimierung einsetzt und echte akustische Dynamik deshalb ausbleibt. Wirklich hübsch ist hingegen der Surroundeffekt bei 40’40, wenn die Decke in der Hütte einbricht und sich Bohlen und Gangstertrio über dem Zuschauer ergießen. Hier hätte eine Atmos-Version mit 3D-Sounds ihre Freude dran gehabt.
Bonusmaterial
Neben dem deutschen Trailer zum Film und ein paar weiteren Filmtipps des Anbieters gelangte auch noch ein Behind the Scenes ins Bonusmaterial der Disk. Untertitelte elf Minuten bekommt man einige Hintergründe zur Produktion. Dass Wirkola von einem „präzisen“ Drehbuch spricht, bei dem bis auf (angeblich) eine Szene alles im fertigen Film gelandet ist, während seine früheren Werke allesamt Federn lassen mussten, verwundert etwas. Denn die Länge von The Trip ist sein größtes Manko.
Fazit
Politisch hochgradig unkorrekt, lustvoll gespielt und im zweiten Teil blutig bis zum Anschlag – The Trip überspielt seine zwischenzeitlichen Längen mit teils schmerzhaft unangenehmen und bis ins comichafte übersteigerte Gewaltszenen. Wer’s gerne derb und deftig hat, der sitzt hier richtig. Das Bild geht in Ordnung, die deutsche Synchro ist leider nicht ganz harmonisch.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%
Anbieter: Leonine Distribution
Land/Jahr: Norwegen 2021
Regie: Tommy Wirkola
Darsteller: Noomi Rapace, Aksel Hennie, André Eriksen, Christian Rubeck, Atle Antonsen, Nils Ole Oftebro
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, nw
Bildformat: 2,00:1
Laufzeit: 113
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Leonine Distribution)
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Trailer zu The Trip
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Also zäh fand ich den Film keine einzige Minute.
Permanentes Wechseln zwischen Lachen und Aua.
Skandinavien dreht relativ weinige Filme, aber die sind dafür richtig klasse!
Hut ab! Geiler Film – und schöne Ecke des Filmdrehs. Da will man doch sofort hinziehen.
hab mir den 4k stream angeschaut. anfangs sehr zäh, aber das durchhalten wurde belohnt. hat ne menge spass gemacht. 😉