The Voices – Stimmen zu hören kann mörderisch sein

Blu-ray Review

The Voices - Stimmen zu hören, kann mörderisch sein Blu-ray Review Cover
Ascot Elite, seit 06.10.2015

OT: The Voices

 


Erlösungen

Nach Buried darf Ryan Reynolds erneut in einem kleinen aber feinen Film zeigen, was er drauf hat.

Inhalt

„Hören Sie manchmal Stimmen?“ – Die Frage von Jerrys Psychiaterin ist eindeutig, doch die Antwort des harmlos wirkenden Badewannenfabrik-Lagerarbeiters ist ausweichend. Ob er seine Tabletten nimmt, beantwortet er ihr deshalb auch nicht. Immerhin hat Jerry zur Zufriedenheit seiner Therapeuten bei der Arbeit Anschluss gefunden, sogar ein bisschen verknallt ist er – und zwar in die Schreibkraft Fiona. Auf Anraten seiner Ärztin darf er sich ruhig ein wenig mehr darum kümmern, diese Beziehung zu entwickeln. Hervorragend dazu geeignet ist das geplante Firmenpicknick, in dessen Organisationskomitee Jerry soeben von seinem Chef berufen wurde. Doch als der schüchterne Typ einen Schritt weitergeht und Fiona zum Abendessen einlädt, versetzt ihn die überhebliche Kollegin. Wie es der Zufall will, kreuzen sich die Wege der beiden dennoch an diesem Abend und ein weiterer Zufall will, dass Jerrys Messer gleich mehrfach in Fionas Bauch landet. Seine Katze Mr. Whiskers hatte es schon immer gewusst: In Herrchen steckt ein Killer. Und um den weiter anzustacheln, tut der sprechende Kater alles. Einzig Jerrys Hund Bosco gibt der mordswütigen Katze Kontra – fragt sich also, auf welche Stimme Jerry hören wird …

Was hat Ryan Reynolds nicht schon alles erleben und erdulden müssen: Eingezwängt in einen grünen Spandex-Anzug, begraben bei lebendigem Leib und zur Heirat mit der Chefin gezwungen – doch das alles ist gar nichts gegen den rosaroten Arbeitsoverall, den er hier als Mitarbeiter in der Badewannenfabrik tragen muss. Dass es nur wenige Schauspieler gibt, die genau das mit Würde und der nötigen Selbstironie tun, liegt auf der Hand – Ryan Reynolds gehört dazu. In The Voices – Stimmen zu hören, kann mörderisch sein läuft der smarte Darsteller dann auch zu absoluter Höchstform auf und gibt den introvertiert-verhaltensgestörten Killer mit einer Mischung aus naiver Trotteligkeit und bitterbösem Wahnsinn. Da ist man in einem Moment noch voll auf der Seite seiner Figur Jerry, die im China-Restaurant ein mitleidiges Selbstgespräch führt, um im nächsten Moment den Irrsinn in seinen Augen zu sehen, als er dem Hirsch die Kehle durchschneidet. Mit bitterbösem schwarzen Humor inszeniert Comiczeichnerin Marjane Satrapi (Persepolis) die Geschichte aus der Feder von Michael Perry (Paranormal Activity 2) und hängt dabei den von der Stimmung her ähnlichen Mrs. Meadows um Längen ab. Ein Hauch von American Psycho weht ebenso durch The Voices, wenn nach und nach die harte Vergangenheit Jerrys offenbart wird und man immer mehr Einblicke in die gespaltene Persönlichkeit der Hauptfigur bekommt. Mit zunehmender Laufzeit wird’s dann auch zunehmend spannender, erhält Thrillerelemente und wird dann nur noch durch die bissigen Kommentare der Stimmen aufgelockert, die Jerry aus allen Richtungen (selbst aus dem Kühlschrank) auflauern. Neben Reynolds, der offenber immer dann richtig gut ist, wenn er in kleinen unabhängigen Filmen mitspielt, sind Gemma Arterton als unnahbare und zickige Fiona sowie Anna Kendrick als gutgläubige Lisa idealbesetzt – egal, ob mit oder ohne Körper. Nicht nur im surreal angehauchten Abspann wendet sich The Voices auch an Liebhaber der Filme eines John Waters oder Terry Gilliams – für skurrile Momente ist jedenfalls ebenso gesorgt. Hier und da hätten die Bilder noch ein wenig böser sein dürfen. Eben genau so wie in dem Moment, in welchem Jerry sein erstes Opfer zerkleinert und sich die Frischhaltedosen mit Einzelteilen vor ihm türmen. Und dann sind da ja noch die Tierstimmen – also die Dialoge der Tiere: Was gibt es nicht alles für peinliche Realfilm-Beispiele, in denen Vierbeiner reden können. Manche sind so schlimm, dass man sich gar nicht traut, ihre Namen auszusprechen. Und es gibt nur wenige, die auch nur annähernd funktionieren. The Voices hingegen spielt in einer anderen Liga. Zum einen sind die Textzeilen von Bosco und Mr. Whiskers trotz deftiger Note fernab von peinlichen Plattitüden (noch besser im Original, in dem sie samt und sonders von Reynolds eingesprochen wurden) und zum anderen liefert der Film gleich noch eine Hund-Katze-Verhaltensabrechnung als Gratiszugabe obendrauf. Wenn Jerry zu spät nach Hause kommt und von Bosco schwanzwedelnd mit dem Spruch „Lass mich in deinem Schritt riechen“ begrüßt wird, während Mr. Whiskers nur ein vorwurfvolles „Wo ist mein Fressen!“ rauswürgt, dann ist das die Essenz dessen, was Hunde- und Katzenbesitzer voneinander trennt.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von The Voices bleibt beständig flach. Gerade Nahaufnahmen von Reynolds Gesicht wirken extrem zweidimensional. Die Farben gelingen hingegen kräftig, unterstützt von einem verhältnismäßig guten Kontrastumfang. Allerdings versumpfen schon mal Details in Schattenbereichen der Gesichter. Die Schärfe gelingt in der Regel ganz gut, ein leichtes Korn ist sichtbar, stört aber nicht weiter.
Während Jerrys Flashbacks mutiert die Tonspur von The Voices plötzlich zum effektgeladenen Dynamikwunder. Davon ab regieren die Dialoge und ein wenig Filmmusik. Da bleibt dann wenig Raum für akustische Wunder. Wie schon erwähnt, sollte die englische Tonspur bevorzugt werden, da Reynolds Stimmvielfalt bei den Tieren authentischer und witziger wirkt. Bei Boscos dunklem Organ wird auch schon mal der Subwoofer ein wenig gekitzelt.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von The Voices enthält neben Trailern und Teasern sowie einer B-Roll noch acht Interviews mit Darstellern und Filmemachern. Dazu gesellen sich vier Featurettes, die sich mit Jerrys Welt, Jerrys Frauen und Jerrys Haustieren befassen. Das Letzte klärt dann über die visuellen Effekte auf, welche die Tiere sprechen ließen. Allerdings läuft jedes einzelne Featurette gerade mal anderthalb, jenes über die CGI-Effekte, die die Tiere zum sprechen brachten immerhin knapp drei Minuten.

Fazit

The Voices – Stimmen zu hören kann mörderisch sein ist eine von Reynolds brillant vorgetragene und bitterböse Satire, die hier und da noch ein wenig mehr Tempo vertragen hätte. Dennoch: Für Freunde des Kinos abseits des Mainstream, für Fans von Humor abseits der Norm gilt hier: Zugreifen und sich von Hund, Katz und Ryan unterhalten lassen!
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Marjane Satrapi
Darsteller: Ryan Reynolds, Gemma Arterton, Anna Kendrick, Jacki Weaver, Ella Smith
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 105
Codec: AVC
FSK: 16