The Walking Dead – Season 7

Blu-ray Review

The Walking Dead komplette siebte Staffel Blu-ray Review Cover
20th Century Fox, 09.11.2017

OT: The Walking Dead

 


Gehorche. Diene. Produziere.

Wer genau wird sterben, zu Beginn der siebten Staffel von The Walking Dead?

Inhalt

Negan hat Lucille kreisen lassen und am Ende des Kinderspruchs liegt nicht nur ein Schädel zu Brei geschlagen am Boden. Diese Geschehnisse traumatisieren Rick und sorgen ebenso für Wut und Trauer wie auch für Zwietracht in der Gruppe. Die muss derweil für Negan arbeiten und stets die Hälfte von allem abgeben, was erwirtschaftet oder gejagt wird. Safe Heaven fügt sich in dieses Schicksal und ergibt sich … zunächst.
Währenddessen landen Morgan und Carol bei einer ganz anderen Gruppe, die nicht nur „Königreich“ heißt, sondern mit deren Führer auch einen „echten“ König präsentiert. Auch Ezekiel und sein Gefolge schaffen für Negan an und haben Grund genug, Hass auf ihn zu haben. Und das werden nicht die einzigen bleiben, mit denen man sich eventuell verbünden kann. Wenn Rick sich denn wieder aufraffen kann und aus seiner Lethargie erwacht …

Ja, es gab schon gemeine Cliffhanger bei The Walking Dead. Ja, man wusste nie so genau, ob es nicht doch einen der beliebten Charaktere treffen würde. Und ja, man ging auch schon mal mit einem gemischten Gefühl des „Will ich’s wirklich wissen“ in eine neue Season. Aber war das jemals so krass wie am Ende von Staffel sechs? War es bisher nicht immer so, dass man noch hoffen konnte, es kommt einer um die Ecke, der zuvor (aus welchem Grund auch immer) nicht von den fiesen Gestalten gefangen genommen wurde? Der dann die Situation entspannen oder zum Gegenschlag rüsten kann?
Wer das Finale von Season Six gesehen hat, der weiß: Das wird dieses Mal nicht passieren. Negan und sein Baseballschläger Lucille kreisen wie ein Todesengel um Ricks Gruppe und werden zuschlagen. Es ist schwierig, eine Rezension über The Walking Dead – Season 7 zu schreiben, ohne nicht einen Funken zu verraten (neudeutsch: spoilern) – selbst wenn viele über soziale Netzwerke und entsprechende Bildchen bereits ahnen, wen es treffen könnte. Natürlich wird das an dieser Stelle nicht passieren.
Aber: Klar ist, dass Lucille nicht untätig bleibt und dass Ricks Mannen nach Negans nächtlicher Vergeltungsaktion gebrochen heimkehren werden. Möglicherweise stellt sich für viele Fans sogar kurzfristig die Frage, ob man noch weiterschauen möchte, denn – so viel SEI verraten: Es trifft keine der ungeliebten Figuren. Viele Carl-Hater müssen den (immerhin langsam besser in die Serie integrierten) Sohnemann auch nach der ersten Episode noch weiter ertragen. Dennoch: Der Auftakt zur siebten Staffel von The Walking Dead ist ebenso dramatisch wie das Ende der vorangegangenen Season. Kaum eine Serie schafft(e) es, den Zuschauer mit derartigen Fausthieben in den Magen praktisch benommen auf den Bildschirm schauen zu lassen, wo sich Ereignisse abspielen, die eine unvergleichliche Wirkung entfalten. Es ist manchmal wie bei Szenen realer Bedrohung und Gefahr: Man will wegschauen, kann es aber nicht. Und der Auftakt ist ebenso brutal, bitter, drastisch und erschütternd wie traurig. Die Gewaltdarstellung erreicht ungeahnte Höhen und dürfte selbst für abgehärtete Mägen äußerst schwer verdaulich sein. Konsequenterweise bescherte der Staffelbeginnn der Serie neue Traumquoten in den USA.

Dann jedoch geschah etwas, womit keiner so richtig rechnen konnte: Nach dem fulminanten Auftakt mit 17 Mio. Zuschauern in Amerika trat die aktuelle Season mehr und mehr auf der Stelle. Die Zuschauer blieben verstärkt weg und man sprach erstmals von einer echten Krise bei Kirkmans Show. Episode sechs wollten gar nur noch 10,4 Mio. Fans sehen. Das sind im Vergleich zu anderen Shows immer noch Traumwerte, aber eben auch die schlechtesten Quoten seit der dritten Staffel. Der Grund dafür ist sicher zum einen darin zu suchen, dass die Serie es Rick gleich tut und in eine Art katatonische Schockstarre verfällt. Völlig resigniert fügt sich der bisher so tatkräftige Leader in die Rolle des Sklaven von Negan, was der The Walking Dead für einige Folgen lang jede Dynamik nimmt. Die Auswirkungen der Verluste müssten viel stärker ausgeprägt sein. Die zurückgebliebenen Figuren werden aber zum Teil sträflich vernachlässigt – nicht das erste Mal, dass man denkt, hier fehle schlicht mehr Charaktertiefe. Schlimmer noch: Durch den hoch emotionalen Tod eines Stammcharaters hätte dies viel stärker zu Rachegefühlen und entsprechenden -plänen führen MÜSSEN. Als Zuschauer sitzt man da, ist immer noch schockiert über dessen brutales Ableben und denkt sich: „Jetzt kriegt doch endlich eure Ärsche hoch und reißt Negan die Eier aus dem Schritt!“. Anstelle dessen konzentriert man sich aber vornehmlich erneut auf Rick, der in dieser Season die schwächste aller Figuren abgibt. Dazu kommt die schon in Staffel sechs um 180° gedrehte Charakterisierung von Carol. Was zum Henker hat die Macher dazu bewogen, aus der seinerzeit ebenso schlagartig taffen und erbarmungslosen Frau wieder eine weinerliche und devote Figur zu machen, die gerade so tut, als lebe ihr sadistischer Mann noch? Beinahe bekommt man das Gefühl, die Showrunner respektieren ihre Charaktere nicht mehr. Ganz zu schweigen von Baby Judith, die den Machern offenbar ein lästiges Anhängsel ist, das zu keiner Zeit für dramatische Verwicklungen sorgen kann. Was könnte man aus einem BABY in diesen schweren Zeiten nicht alles an Story-Intensität rausholen. Carl, das wird viele freuen, die schon traurig waren, dass er den Season-Start überlebt hat, taucht zunächst kaum noch auf. Nur um dann die dümmste Entscheidung seines ohnehin nicht gerade intelligenten bisherigen Lebensverhaltens zu treffen. Allerdings, das muss man ihm lassen, ist die siebte Folge der siebten Staffel sicherlich sein bisheriges darstellerisches Highlight.

Allerdings gibt’s noch einen weiteren Kritikpunkt. Und zwar jenen der viel zu zahlreichen Gemeinschaften. Insgesamt sechs Gruppen leben und überleben (größtenteils) auf einem Gebiet mit dem Radius einer deutschen Kleinstadt. Manchmal könnte man meinen, dass die anfängliche Apokalypse gar nicht stattgefunden hat und irgendwie doch alle überlebt haben. The Walking Dead begann als Geschichte über EINE Gruppe von Davongekommenen, die zusehen musste, wie sie sich durchschlägt. Mittlerweile scheint Überleben nichts Besonderes mehr zu sein. Und weil es seine Zeit braucht, um all diese Gruppen entsprechend darzustellen, zerfasert sich die Staffel zunächst sehr stark. Es dauert sechs Folgen, bevor in der siebten dann endlich mal Storyansätze fortgeführt werden. Bis dahin kümmern sich einzelne Episoden stets nur um einzelne Teile der Gruppe, ohne zu schildern, was parallel in den anderen Gebieten passiert. Das kann funktionieren (wie bei Taras Geschichte in Folge 6), kann aber auch anstrengend werden (Episode 5).
Ein weiterer Faktor, der sich schon seit zwei Jahren abgezeichnet hat: Der Schrecken, der von den Zombies ausgeht, ist schon lange keiner mehr. Sicher, die Konzentration auf menschliches Verhalten in diesen Zeiten beherbergt mehr Spannung und Dynamik. Aber so muss sich die Serie tatsächlich mehr und mehr den Vorwurf einer Soap-Opera mit Untoten-Beiwerk gefallen lassen. Die wiederum, das muss man den Jungs und Mädels rund um Greg Nicotero lassen, sind mal wieder vorzüglich maskiert worden. Und weil das so ist, ist es umso ärgerlicher, dass man seit zwei, drei Staffeln mehr und mehr Massenszenen  digital anfertigt, was leider extrem artifiziell wirkt – ganz abgesehen von dem (ohnehin bescheuerten) Tiger, der zu keiner Zeit überzeugend visualisiert wurde. Ihm fehlen Schatten und die korrekten Proportionen – dann doch lieber weglassen. Begutachten kann man diese in der zweiten Episode, die (typisch für die Serie) das Tempo brutal rausnimmt, nachdem der Auftakt noch so unglaublich packend geriet.

Sicher bietet die Gemeinschaft von Ezekiel viel Potenzial und noch einmal eine ganz neue Art des Umgangs in der entvölkerten Welt. Und sicher braucht es die Verbindung zu den Saviors auch hier, damit sich irgendwann die Gemeinschaften zusammen finden, um ihre Kräfte gegen Negan zu vereinen. Aber gerade Folge zwei ist ganz furchtbar schwach und einschläfernd geraten. Besser sieht es mit der folgenden Episode aus, in der Dwight versucht, Daryl zu brechen – sicher eine der spannenderen 45 Minuten. In Folge vier wird dann offenbar, dass es Negan „scheißernst“ meint – womit wir bei einem weiteren Problem von The Walking Dead – Season 7 wären, seinem Antagonisten. Klar ist: Negan ist übler als der Governor und die Kannibalen aus Terminus zusammen. Klar ist aber auch: Er nervt! Und zwar kolossal und allerspätestens ab dieser vierten Folge. Sein affektiertes, narzisstisches und überdramatisiertes Verhalten ist so dermaßen drüber und teils unnötig hysterisch, dass es kracht. Jeffrey Dean Morgan mag ein guter Schauspieler sein, aber was das Drehbuch ihm hier auferlegt, geht schlicht zu weit. Zumal die Figur kein Fundament hat. Er ist ein Psychopath, ein Irrer, einer der seine Herrschaft unter den Saviors nur durch Terror und die Verbreitung von Angst erreicht hat. Es bräuchte nur einen gezielten Schlag gegen ihn (und die Möglichkeit ist aufgrund seiner Überheblichkeit oft genug gegeben) und seine Gefolgschaft würde umherirren wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Aber dann wäre die Season 7 natürlich nicht erst nach 16 Folgen vorbei und böte auch nicht die Möglichkeit, diesen Krieg (so wie es aussieht) erst in der achten Staffel auszufechten. Erstmalig spannend(er) wird’s dann übrigens in Folge sieben, die als Hinführung zum Staffel-Halbfinale dient und andeutet, dass endlich einmal stringent auf verschiedenen Ebenen die Geschichte weiter erzählt wird. Das führt dann zur achten und vor allem der neunten Episode, die für die vorangegangene Langeweile etwas entschädigt. Man möchte sagen: Endlich tut sich mal was. Endlich schaut man mal wieder eine Stunde lang konsequent hin und reduziert seine Aufmerksamkeit nicht nur aufs Zuhören (was in einigen Folgen leider ausreicht). Action, Dramatik und Spannung sind schlagartig wieder da und erinnern daran, was die Serie mal ausgemacht hat. Und so ist die zweite Hälfte von Season 7 um Längen besser als die halbe Staffel zu Beginn. Fast hat es den Anschein, als hätten die Macher es gemerkt und wollten Versäumtes wieder gutmachen. Doch bis dahin kann man der siebten Staffel einzig wohlwollend zugute halten, dass sie klarstellt wie verwundbar die bisherigen Helden sein können. Allerdings hätten dafür auch drei Folgen ausgereicht, in denen man das Schicksal der einzelnen Figuren zusammengefasst hätte.

Bild- und Tonqualität

The Walking Dead bleibt auch in Season 7 ein typisches The Walking Dead. Das Bild ist nach wie vor bewusst körnig, was in den nebligen Szenen der ersten Folge schon mal für ein Fest von Wuselei und Unruhe sorgt. Dazu sind Kontraste nach wie vor eher schwach ausgeprägt und Farben in ihrer Sättigung reduziert – ausgenommen das Hackfleisch, das Negan in Episode I aus Ricks Freunden macht. Unter dem Korn und den Unruhen ist die Schärfe durchweg gut und zeigt gerade auf Gesichtern stets viele Details und Feinheiten. Unschöne Dinge wie Randunschärfen gibt’s nicht zu vermelden. Und, Hand aufs Herz: Wir möchten diesen körnigen Look doch, oder …?
Beim Ton, das ist nicht ungewöhnlich, wo die Serie nun von eOne/wvg zu Fox gewechselt ist, muss der deutsche Zuschauer leichte Abstriche machen. Gab es bisher dts-HD-MA-Spuren für beide Sprachen, wartet nun (Fox-typisch) nur noch eine reguläre dts-Version fürs Deutsche. Da The Walking Dead aber nie ein Muster an dynamischen Eskapaden gewesen ist, reicht dieses dts durchaus aus. Viel wichtiger: Wurde das akustische Problem der Vorgänger-Staffel behoben? Diese hatte die Soundeffekte derart offensichtlich in den Hintergrund gemischt, dass man viele Signale gar nicht erst mehr wahrnahm. Klare Antwort in Staffel sieben: Das Problem ist behoben!
Sieht man davon ab, dass während der ersten Hälfte der Staffel nur sehr wenig Anlass für dynamische oder viele direktionale Effekte gegeben ist, funktionieren die Sounds in der Tat ziemlich gut. Schüsse verhallen realistisch und dürfen auch schon mal aus dem Stillen heraus für „Hallo-Wach-Effekte“ sorgen. Stereoeffekte wie das Öffnen des Tores von Alexandria (Episode vier 5’20) kann man mit den Ohren wunderbar nachvollziehen und der niederknüppelnde Baseballschläger in Folge eins kracht splatzend auf den Schädel seiner Opfer herunter – das klingt genauso fies, wie’s aussieht. Richtig toll geraten auch die Fernschüsse von Michonne in Episode vier (13’10), die wirklich lange nachhallen. Ab der zweiten Hälfte der Staffel wird’s dann zunehmend dynamischer. Eine Explosion füllt den Raum in Episode neun adäquat und der Zombie-Metzel-Effekt kurz zuvor liefert direktionale Effekte. Dialoge sind stets präsent, wobei sich immer noch nicht geändert hat, dass einige Synchronstimmen unpassend und wenig professionell arbeiten (bspw. bei Enid).

Bonusmaterial

Nach wie vor gehört The Walking Dead zu einer der Serien, die wirklich umfangreich mit Bonusmaterial ausgestattet wird. Insgesamt warten sieben Audiokommentare auf den Käufer, womit die gleiche Anzahl wie bei Season 6 erreicht wird. Dazu gesellt sich ein „Inside Walking Dead“, das mal wieder das Kernfeature ist und knapp 60 Minuten lang läuft. Anhand jeder einzelnen Folge rekapituliert man Story und Effekte. Ein ebenfalls fast 60-minütiges Making-of lässt dann die Schauspieler zu jeder Episode zu Wort kommen und zeigt, wie hinter der Kamera gearbeitet wurde. Weitere sieben Featurettes kommen neben obligatorischen entfernten Szenen (insgesamt 19 Minuten) noch hinzu. Bei den sieben Featurettes kümmert sich das erste um die zum Teil nun größer angelegten Schauplätze und gibt Einblicke in die einzelnen Sets. In „Ein neues Kapitel der Angst“ erklären Darsteller und Macher die neue Ausrichtung der Staffel mit dem verbundenen Terror, der auf Ricks Gruppe einwirkt. „Die besten Streuner“ lässt mal wieder die Maskenbildner zu Wort kommen, die ausgiebig schildern und zeigen dürfen, was man sich dieses Mal für die Untoten hat einfallen lassen. Weitere Featurettes kümmern sich um die Autoren, die erklären, warum sie die Arbeit an der Serie so lieben. In „Kriegerinnen“ geht es um die weiblichen Hauptfiguren der Serie und wie sie sich über die Staffeln entwickelt haben. „In Memoriam“ nimmt sich acht Minuten Zeit, um alle bisher verstorbenen Figuren noch einmal zu zeigen und ihre Darsteller zu Wort kommen zu lassen.

Fazit

Von der wieder erstarkten Season 6 geht’s nach nur einer Folge von Staffel sieben ganz tief bergab mit The Walking Dead. Die Schöpfer wollten ein schockierendes Ereignis an den Anfang stellen – was zweifelsohne gelang. Doch dann fahren sie das Tempo und die Inszenierung derart runter, dass man bisweilen tatsächlich vor dem Fernseher einschläft – kein Kompliment für eine Zombieserie. Die Zuschauer quittierten das mit den schlechtesten Quoten seit Bestehen der Show. Es wird sich also etwas ändern müssen, in Staffel 8. Wenn allerdings das Tempo der zweiten Hälfte beibehalten wird (die verhindert, dass die siebte Season zum Totalausfall wird) dann darf man guter Dinge sein. Denn, so ehrlich muss man sein: Die Kritik geschieht natürlich auf relativ hohem Niveau und man verzeiht seinen Lieblings-Charakteren auch mal ein paar Episoden der zurückhaltenderen Art.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 80%
Serie: 75%

Anbieter: Entertainment One/WVG Medien
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Greg Nicotero, Jennifer Lynch u.a.
Darsteller: Andrew Lincoln, David Morissey, Lauren Cohen, Norman Reedus, Steven Yeun, Emmilie Kinney, Melissa McBride, Danai Gurira, Michael Cudlitz, Tovah Feldshuh, Jeffrey Dean Morgan
Tonformate: dts HD-Master 7.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 1,78:1
Laufzeit: ~800
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

Trailer zu The Walking Dead Season 7

THE WALKING DEAD Season 7 TRAILER (2016) amc Series

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen!