Blu-ray Review
OT: Manyeo 2: Lo go
Der perfekte Wirt
Fortsetzung eines südkoreanischen Actionhits.
Inhalt
Blutverschmiert und verwirrt wacht das junge Mädchen inmitten eines Massakers auf, das um sie herum verübt wurde. Innerhalb des Labortrakts, in dem sie sich befindet, liegen zahlreiche Leichen verstreut. Blut ist an die Wände und über alle Gegenstände der Einrichtung gespritzt. Die Labore sind vollkommen verwüstet. Als das Mädchen aus dem Komplex in die bitterkalte Schneelandschaft heraustritt, scheint ihr der eisige Schnee an den Füßen nichts auszumachen. Eine Art Flashback sucht sie heim, bevor sie von einigen Schergen des Gangster Yong-Doo gekidnappt wird. Im Inneren des Fahrzeugs trifft das Mädchen auf Kyung-Hee, die von den bösen Buben wenig zimperlich behandelt wird. Als dem fremden Mädchen das zu bunt wird, verursacht es einen Unfall und tötet dabei einige der Gangster. Offenbar scheint sie über besondere Kräfte zu verfügen und kann diese spontan freisetzen. Kyung-Hee nimmt die Verletzte mit zu sich nach Hause und lässt deren Wunden von ihrem Onkel versorgen. Der macht derweil erst einmal große Augen, weil sich die von Splittern und anderen Resten befreiten Wunden praktisch von selbst heilen. Doch Selbstheilungskräfte sind nicht das einzige Phänomen, welches das junge Mädchen aufzuweisen hat. Denn als Yong-Doos Gang mit verstärkter Mannschaft bei Kyung-Hee auftaucht, erledigt die Kleine sämtliche Schergen im Handumdrehen. Kein Wunder, dass noch ganz andere, wesentlich mächtigere Menschen an dem Mädchen interessiert sind …
2018 kam der fünfte Film von Regisseur Park Hoon-jung ins Kino: The Witch: The Subversion. Weil der das Fünffache seines Budgets von knapp fünf Mio. Dollar einspielen konnte, war schnell beschlossen, dass das bereits im Vorfeld angekündigte Sequel auch wirklich realisiert werden würde. In The Subversion hatte der Filmemacher von einem Mädchen erzählt, das aus einer Forschungseinrichtung ausbricht und bei einer Familie unterkommt. Zehn Jahre später erinnert sie sich an nichts mehr und lebt ein scheinbar normales Leben. Allerdings nur so lange, bis die Leiterin der Forschung ihr auf die Schliche kommt und weitere Unbekannte bei ihr aufkreuzen. Völlig überraschend kann sie sämtliche Angreifer und die Forschungsleiterin ausschalten. Park Hoon-jung erzählt eine Art Coming-of-Age-Geschichte, in der ein kleines Mädchen als Teenager ein vermeintlich normales Leben führen kann, bevor sie von ihren übermenschlichen Fähigkeiten erfährt und damit zurechtkommen muss, dass sie eben kein „normaler“ Mensch ist. Da The Subversion mit einem Cliffhanger endete, wurde die Fortsetzung praktisch angelegt. Und dennoch überrascht Park Hoon-jung mit dem Nachfolger The Witch: The Second One. Denn wer dachte, die Geschichte aus dem Vorgänger wird einfach weiter erzählt, sieht sich getäuscht. Vielmehr etabliert der Regisseur eine Parallelgeschichte, die nicht nur ähnlich startet, sondern auch vergleichbar verläuft. Allerdings nutzt er in The Second One einen Kunstgriff, um sich vom ersten Teil zu differenzieren. Denn die Flüchtige in der Fortsetzung weiß um ihre Fähigkeiten und auch darum, sie einzusetzen. In der Folge versucht sie die Normalität zu finden, die das Mädchen im Vorgängerfilm jahrelang leben konnte.
Es steht der Wunsch Park Hoon-jungs im Raum, dass er auch noch einen verbindenden Teil inszenieren kann, der The Subversion und The Second One verknüpfen soll. Bis dahin darf man am aktuellen Teil der Reihe vor allem eins kritisieren: Er ist zu lang geraten. Mit zwei Stunden und 20 Minuten lässt man zu viel Zeit ungenutzt liegen und treibt in dieser auch die Charakterentwicklung nicht wirklich konsequent voran. Zudem dauert es viel zu lange, bis es endlich mal zu einem zünftigen Fight kommt. Man mag Auswirkungen von Gewalt auch vorher schon sehen und weiß, dass hier offenbar rohe Kräfte walten, doch wenn man sich knapp eine Stunde Zeit nimmt (55 Minuten, um genau zu sein), bevor es das erste Mal auch eine charakterdefinierende Kampfeinlage gibt, muss man schon ein gutes Drehbuch für das haben, was bis dato passiert. Und hier liegt die Crux. So wirklich fesselnd ist es bis zu diesem Punkt nicht. Es wird viel Zeit für die Integration der unterschiedlichen Charaktere aufgewendet – und es gibt viele Figuren, über die man hier die Übersicht behalten muss. Gleichzeitig wird aber nur wenig dafür getan, diesen auch Leben einzuhauchen. Mitunter ist es sogar ziemlich platt, was die Autoren hier für Mittel verwendet haben. Beispielsweise nach 78 Minuten während der Dialoge im Auto. Hier fragt man sich mitunter schon, warum die Figuren so platt-unsympathisch und konstruiert gezeichnet werden. Auch die ständige Sauferei einiger Protagonisten und vor allem von Jo-hyeon nervt kolossal. Wenn man damit Charaktertiefe vorgaukeln wollte, ist es ein kläglicher und ziemlich überflüssig wirkender Versuch. Auch das betont maskuline Arschlochverhalten ihrerseits wirkt aufgesetzt und unglaubwürdig. Mehr Frotzeleien zwischen ihr und ihrem westlichen Kollegen (die durchaus für witzige Momente sorgen), dafür weniger Plattitüden und ein guter Teil der ersten Stunde wäre unterhaltsamer geworden.
Ebenso unterhaltsam wie es die Fights in The Witch – The Other One dann sind. Denn schon der angesprochene Kampf nach 55 Minuten macht richtig Spaß und Lust auf mehr. Und man bekommt mehr. Wenn das Mädchen die Gangster vom Grundstück Kyung-Hees vertreibt, wird’s erneut spaßig und beim Showdown an der Farm bekommt man einiges fürs Auge geboten. Dass die Bewegungen des Quartetts, das plötzlich noch auf der Bildfläche erscheint, an den zweiten X-Men oder einen Flash erinnern – geschenkt. Die Tatsache, dass es hier nicht gerade zimperlich zugeht, ist dem Vorgänger verpflichtet und der Tatsache geschuldet, dass hier übermenschliche Kräfte auf Körper aus Fleisch und Blut treffen. Da werden dann auch mal Gliedmaßen per Telekinese abgerissen und der Lebenssaft fließt mitunter in Strömen. Man sollte wissen, dass die Action hier mitunter durch regelrechte Splatter-Momente ergänzt wird und das Gezeigte Grenzen des Genres durchaus einreißt. Das kann man als unpassend erachten oder eben doch als verhältnismäßig realistisch – immerhin kann man sich vorstellen, das derart starke psychokinetische Fähigkeiten ausrichten könnten. Die Tatsache, dass hier vermehrt solche genetischen Wunderlinge aufeinandertreffen, erhöht den Comic- und Witzfaktor gegenüber dem ersten Film. Das wird schon im Fight zwischen Jo-hyeons Kollegen und den zwei Schergen nach 55 Minuten deutlich, in dem diverse schwere Utensilien zum Einsatz kommen und für interessante Körperverrenkungen sorgen.
Schade, dass die wenig überzeugenden CGIs durchweg auffällig sind. Das gilt für Bluteffekte genauso wie für nachwachsende Gliedmaßen oder den Autocrash nach rund 28 Minuten. Allerdings ist das nach 110 Minuten weitgehend vergessen, wenn es in den krassesten Showdown geht, den man seit Langem bestaunen durfte.
Bild- und Tonqualität
The Witch – The Other One wurde digital gedreht. Welche Kameras hier zum Einsatz kamen, ließ sich leider nicht herausfinden. Zunächst einmal beginnt es dunkel und dennoch sehr gut durchzeichnet. Im Schwarz versumpfen die Details nicht, während es gleichzeitig aber knackig bleibt. Der digital gedrehte Film wirkt in den hellen Tageslichtszenen sehr glatt und könnte hier durchaus etwas rauschgemindert sein. Hierfür spricht auch die arg detailarme Totale über die Bäume und Felder bei 4’51, die nur wenig bis kaum Zeichnung offenbart. Spätestens im Labor nach 7’55 wirken Gesichter regelrecht wachsig, was hier nicht nur am Make-up liegt. Kommt etwas mehr Bewegung ins Spiel, bspw. bei bewegten Objekten, zeigt sich das dezente digitale Rauschen dann durchaus, was ebenfalls für eine Filterung spricht, die bei bewegten Objekten nicht so greift. Das Encoding lässt in jenen Momenten, die Digitalrauschen offenbaren, leichte Mängel erkennen, wenn sich Rauschmuster zu Clustern formen und bspw. in nebligen Szenen nicht mehr homogen erscheinen (6’15). Während in dunklen Szenen genug Zeichnung vorhanden ist, leiden hellere Bildanteile unter einem zu hellen Mastering. Das Dach des Busses überstrahle fast komplett und lässt keine Details zu (5’00). Von der Farbstimmung her wählte man einen etwas gelbbetonten Look, der den Himmel oder neutrale Flächen etwas gewittrig erscheinen lässt. Andere Szenen, die in der schneebedeckten Landschaft spielen, bekamen einen kühleren, blaubetonten Look spendiert, der sehr gut zum Geschehen passt. Abgesehen von der Filterung und dem nicht ganz perfekten Encoding sind keine weiteren Artefakte sichtbar. So werden Nebelschwaden oder Sonnenstrahlen ohne Farbabstufungsprobleme/Banding dargestellt.
The Witch – The Other One liefert verlustfrei komprimierte DTS-HD-Master-Tonspuren fürs Deutsche, Koreanische und Polnische. Der im Kino noch vorhandene koreanische Atmos-Sound hat’s nicht auf die Disk geschafft. Die DTS-HD-MA-Spuren beginnen sehr räumlich, wenn je nach Kameraposition die Kühe und Hunde von vorne oder hinten bellen und blöken. Der Zuschauer wird schön in die Mitte genommen und von den Geräuscheffekten umhüllt. Ein wenig Bass gibt’s dann erstmalig, wenn im Bus nach drei Minuten der koreanische Humpa-Sound ertönt und die Subs ein wenig kitzelt. Richtig klasse und voluminös ist dann der Titeltrack während des Vorspanns nach gut neun Minuten. Hier zeigen die Tonspuren, was sie an Dynamik draufhaben – auch wenn sie insgesamt etwas zu leise abgemischt wurden und bei der Wiedergabe der Pegel etwas erhöht werden darf. Effektvoll geht’s weiter, wenn nach den einleitenden Filmschriften der Wind um die Nase der Protagonistin und gleichsam des Zuschauers weht. Man beginnt im Angesicht der schneebedeckten Gegend leicht zu frösteln, was der Ton begünstigt. Die dynamischen und effektgeladenen Flashbacks, die ARK-1 nach 16 Minuten hat, kommen betont druckvoll aus den Speakern und setzen eine deutliche Duftmarke. Schüsse, wie jene nach 37 Minuten zerreißen die vorherige Stille dynamisch, satt und akzentuiert. Richtig fett ist dann der Autounfall nach 55 Minuten, der nicht nur bei der Drehzahlorgie der Fahrzeuge auflebt, sondern auch in der Karambolage selbst. Wenn danach die erste Kampfszene des Films mit wuchtigen Schlägen und metallischen Geräuschen aufwartet, wird man Zeuge einer der dynamischsten Actionszenen der letzten Wochen.
Bonusmaterial
Das unter „Featurette“ abgelegte Bonus-Stücken läuft knapp vier Minuten und bezieht sich auf die enorm viel größere Welt, in welcher der Film nun spielt. Außerdem schaut man sich Hauptdarstellerin Shin Si-ah ein wenig an und geht auf Dr. Baek ein, welche die „Witch(es)“ ursprünglich erschaffen hat. Abgeschlossen werden die paar Minuten mit der freundlichen Bitte der Beteiligten an die Zuschauer, doch alle ins Kino zu kommen und den Film zu schauen. Die exklusive 4-Disk-Edition mit 44-seitigem Booklet (gibt’s nur im Mediabook-Shop) enthält neben dem zweiten auch den ersten Teil sowie beide Filme zusätzlich auch auf DVD. Ebenfalls bekommt man ein exklusives selbst erstelltes Aufkleber-Set in edler Soft-Feel-Haptik sowie eine Give-Away-Postkarte. Die vier liebevoll gezeichneten Cover sind jeweils auf 250 Stück limitiert und serialisiert. Ein wirklich tolles Paket, mit dem ihr ein kleines Indie-Label unterstützt und gleichzeitig den ersten Teil inkludiert bekommt.
Fazit
The Witch – The Other One beginnt spannend und versandet dann zunehmend im schwachen Drehbuch, das sich lange Zeit nimmt und dennoch kaum Charaktertiefe erzeugt. Während einem die Figuren dabei mehr oder weniger egal bleiben oder sie zum Teil sogar anstrengend werden, überzeugen die Actionszenen. Und wenn es in den fulminanten, in seiner blutigen Konsequenz überraschenden und gut 15-minütige Showdown geht, entschädigt das für viele Längen, durch die man zuvor gehen musste.
Das 4-Disk-Set im Mediabook, das auch den ersten Teil beinhaltet und welches in vier von Alpha Films eigens erstellten Cover-Varianten erschien, gibt’s exklusiv nur im Mediabook-Shop – und zwar hier: Klick
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 90%
Tonqualität (Originalversion): 90%
Bonusmaterial: 30%
Film: 65%
Anbieter: Alpha Film / Splendid
Land/Jahr: Südkorea 2022
Regie: Park Hoon-jung
Darsteller: Shin Si-ah, Park Eun-bin, Seo Eun-soo, Jin Goo, Sung Yoo-bin, Jo Min-su, Justin John Harvey
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, kor
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 138
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Alpha Film / Splendid)
*Affiliate-Links sind mit * gekennzeichnet. Für Einkäufe über diese Affiliate-Links erhalten wir eine Provision. Für den Käufer entstehen keine Mehrkosten. Infos zum Datenschutz findet ihr hier.
Trailer zu The Witch Part 2: The Other One
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
Die technische Expertise ist aber lediglich eine Seite der Medaille. Um stets auf der Basis von aktuellem technischen Wiedergabegerät zu bleiben, wird das Testequipment regelmäßig auf dem aktuellen Stand gehalten – sowohl in puncto Hardware (also der Neuanschaffung von TV-Displays, Playern oder ähnlichem, wenn es der technische Fortschritt verlangt) als auch in puncto Firmware-Updates. Dazu werden die Tests stets im komplett verdunkelbaren, dedizierten Heimkino angefertigt. Den Aufbau des Heimkinos könnt ihr hier nachlesen —> Klick.
Dort findet ihr auch das aktuelle Referenz-Gerät für die Bewertung der Tonqualität, das aus folgenden Geräten besteht:
- Mainspeaker: 2 x Canton Reference 5.2 DC
- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
- Subwoofer: 2 x Canton Sub 12 R
- Heights: 4 x Canton Plus X.3
- AV-Receiver: Denon AVR-X4500H
- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Der erste Teil war ja überraschender Weise über zwei Drittel eher eine Art Drama – ein gutes – und hat im Finale dann richtig toll aufgedreht mit seiner Mind-/Telekinese-Action. Ich hoffe, dass der zweite Teil darauf aufbauen kann. Dienstag kommt die Bluray – schade, dass es keine 4K gibt.
Hi Timo, ich habe Deinen Hang zu Neugier – trotz so mancher vorhersehbaren Film-Katastrophe – ja immer bewundert. Vielleicht liegt es aber auch an Deiner Berufs(Berufung)wahl, aber ich mache mir schon etwas Sorge, dass Du es nicht mehr lange ohne entsprechend Medikation durchhältst. Puhh… Filme mit gerade einmal 60-70% sehen, beurteilen und dann auch noch eine Review darüber zu schreiben (oder hast Du einen Bot dafür?), Kompliment. Ich bin da raus – auch beim ansehen :o)
Mach weiter so und gib den Filmperlen eine Chance.
Liebe Grüße, Stefan
In Ansätzen und bei einigen Teilbereichen fand ich diesen Film ja wirklich sehr gut anschaubar. Da haben mir die letzten Willis-Filme deutlich mehr Schmerzen verursacht 😉