Blu-ray Review
OT: Offspring/The Woman/Darlin‘
Kannibalen-Trio
Die drei Jack-Ketchum-Filme als Blu-ray- und UHD-Blu-ray-Collection.
Inhalt
Offspring/Beutegier: Ein kleines Kaff irgendwo in Maine: Schon in der Vergangenheit kamen dort immer wieder Menschen auf mysteriöse Weise um oder wurden verschleppt. Nachdem eine Babysitterin und die Mutter des betreuten Kindes zerstückelt aufgefunden werden, konsultiert man Ex-Sheriff George Chandler, der bei den älteren Fällen die Ermittlungen leitete. Chandler vermutet die Täter als Nachfahren eines Leuchtturmwärters, der im 19. Jahrhundert gelebt hat. Nun hat sich dieser umherwandernde Clan zu einem kannibalistischen Völkchen entwickelt, das seine Opfer in der Umgebung sucht. Und die nächsten könnte die Familie von Amy sein. Die hat gerade Besuch von ihrer Freundin, die mit ihrem Sohn vor ihrem gewalttätigen Mann geflüchtet ist, als David, Amys Ehemann, des Nachts eine nackte Frau auf dem Grundstück beobachtet. Die entblößte Dame gehört zum Clan der Kannibalen und wirft schon mal ein Auge auf ihre potenziell nächste Mahlzeit …
The Woman: Die einzige Überlebende der Geschehnisse aus Beutegier hat sich im Wald in einer ehemaligen Wolfshöhle gemütlich gemacht. Dort spürt sie eines frühen Morgens aber der Anwalt und Hobbyjäger Chris Cleek auf. Durch das Zielfernrohr seiner Waffe beobachtet er die wilde Frau und beschließt, sie zu fangen. Beschlossen, getan. Von nun an hält er sie gefesselt im Schuppen fest und präsentiert sie seiner Familie als „Projekt“. Er will sie domestizieren und gefügig machen. Doch die Kontrolle, die er üblicherweise über seine Familie und den Job hat, droht er gegenüber der Gefangenen schnell zu verlieren. Trotzdem sie gefesselt ist, scheint sie den Ton anzugeben, was Chris zunehmend in Rage versetzt …
Darlin‘: Als der Pfleger Tony das verwahrloste Mädchen vor dem Krankenhaus aufsammelt, hat er keine Ahnung, mit wem er es zu tun hat. Er ahnt nichts davon, dass die Namenlose und des Sprechens nicht fähige junge Frau in der Wildnis bei einer Kannibalin groß wurde. Dennoch versucht er, freundschaftlichen Kontakt zu ihr aufzunehmen. Selbst dann noch, als sie ihm mehrfach aggressiv begegnet. Tony kann indes nicht verhindern, dass man das Mädchen in ein katholisches Heim steckt, das von einem zwielichtigen Bischof geführt wird. Dieser ist weniger interessiert daran, dem Mädchen zu helfen, als vielmehr aus ihr eine große Story zu machen. Ihre „Heilung“ soll als Aushängeschild für das Heim und einen Gewinn an Reputation und Achtung dienen. Währenddessen freundet sich das Mädchen mit einer weiteren Heiminsassin an, da Tony aufgrund seiner Homosexualität der Zugang zum Heim verwehrt bleibt. Was weder der Bischof noch Tony wissen: Die Mutter der Kleinen ist noch am Leben und möchte ihre Tochter zurück – koste es, was es wolle …
Jack Ketchum gilt unter Fans der Horror-Literatur als einer der fleißigsten und kultigsten Vertreter. Als Heranwachsender zog er die Einsamkeit vor, in der er sich vor allem mit seinen Hobbys (Musik, Comics, Elvis Presley) beschäftigt hat und eigene Geschichten zu erfinden begann. Viel Inspiration bekam er später als Quasi-Schüler von Robert Bloch, dem Autor von Psycho. Dennoch war er bereits Mitte 30, als er mit Beutezeit (Orig.: Off Season) seinen ersten Roman veröffentlichte. In Beutezeit, der seinerzeit mehr als kontrovers aufgenommen (und vom veröffentlichenden Verlag sogar wieder aus dem Programm genommen wurde) führt Ketchum die Kannibalengruppe ein, der er noch zwei Fortsetzungen folgen sollten. In drei Teilen aufgeteilt, schildert das Buch, wie die kannibalistische Gruppe ihr Unwesen treibt und sich final eine Gruppe junger Leute in einem Ferienhaus am Strand vornimmt. Die ultragewalttätige Beschreibung der Tötungen und Verspeisungen durch die Menschenfresser wurde zunächst nur gekürzt und erst später in einer Neuauflage rekonstruiert veröffentlicht. Verfilmt wurde das erste Buch jedoch nie.
Stattdessen nahm man sich 2009 den zweiten Roman, Beutegier (Orig.: Offspring) und adaptierte ihn für eine Verfilmung. Der bis dahin relativ unbekannte Andrew van den Houten (Headspace) übernahm die Regie, verlegte sein Schaffen im Anschluss aber dann komplett auf das Produzieren von Filmen. Eine Rolle, die er schon zwei Jahre zuvor bei der Verfilmung eines anderen Romans von Ketchum innehatte: Evil – The Girl Next Door. Das Drehbuch zu Beutegier entstammte 2009 allerdings komplett von Jack Ketchum, bevor sich der Autor später immer öfter mit einem gewissen Lucky McKee zusammen tat, der dann wiederum die Regie zur Fortsetzung, The Woman übernahm.
Vom ersten Film geht eine durchweg unangenehme Stimmung aus. Das weitgehende Fehlen eines Scores, das in gewissen Schlüsselszenen nur von sphärischen bis sägenden Klängen unterbrochen wird, verfehlt seine Wirkung nicht. Die Inszenierung an sich folgt klassischen Mustern. Man erfährt etwas über die Familie der kommenden Opfer und wird ein wenig in die Motivation (Kinderlosigkeit) des Kannibalen-Clans eingeführt. Um eine Duftmarke in Sachen Gore zu setzen, reichen schon die übel zugerichteten Leichen in der Küche des ersten Opfers. Was die praktischen Masken angeht, so fährt Offspring ordentlich auf und geizt (in der Uncut-Fassung dieses Sets) nicht mit herausquillenden Augäpfeln oder Gedärmschlangen. Kein Wunder, dass die ersten Fassungen des Films in Deutschland selbst die SPIO nur mit Schnittauflagen passierten. Nun jedoch liegt der Streifen uncut vor und ist dann auch der Grund dafür, dass das Set mit den drei Filmen eine SPIO-JK-ksJ-Einstufung bekam.
Schwerer im Magen als die grafischen Splatter- und Goreszenen wiegt allerdings die Gewalt, die gegen Frauen verübt wird sowie die Tatsache, dass kleine Kinder nicht nur Zeugen werden, sondern selbst zu Tätern werden. Während der Film grundsätzlich eher dem B-Movie verpflichtet ist, ragt Pollyanna McIntosh (Jadis aus The Walking Dead) darstellerisch aus dem Ensemble raus. Innerhalb des Clans gibt „The Woman“ den Ton an und dirigiert ihre Kinder und Zeugungsgehilfen. Es sind die Frauen, die sich in Offspring gegenüber stehen, während die Herren der Schöpfung zu frühen (und überraschenden) Opfern werden oder aber als opportunistische Arschlöcher auftreten. Damit ist der Grundtenor ein ganz anderer als noch bei Beutezeit, in dem ein Mann dem Kannibalenclan vorstand.
Regisseur Andrew van den Houten gelingt es trotz der teils hölzernen Dialoge und dem miesen Timing für Actionszenen (man beachte die abgefeuerten Schüsse des Sheriffs und der Polizisten), eine unnachahmliche Atmosphäre zu erwirken, die bis zum finalen Bild anhält und durchaus noch nachwirkt. Und das ist schon mehr, als man von zahlreichen Horrorfilmchen der letzten 20 Jahre sagen kann.
Wie oben erwähnt, verlagerte sich der Regisseur von Beutegier, Andrew van den Houten, seinen Schwerpunkt auf die Produktion von Filmen und fungierte deshalb bei der Fortsetzung ausschließlich als Produzent. The Woman basiert zwar wieder auf einer Geschichte von Jack Ketchum und ist deshalb das zweite Sequel zu Off Season/Beutezeit, doch der Autor schrieb es praktisch erst, nachdem Lucky McKee ihn dazu anregte. Entsprechend entstand die Vorlage bereits mit dem Gedanken des Drehbuchs im Hinterkopf – und das fast 20 Jahre nach Beutegier.
Film und Geschichte schließen nahtlos an den Vorgänger an. Wir sehen, wie die einzige Überlebende des Clans, „The Woman“, noch verletzt durch den Wald streunt und sich mit Tierfleisch am Leben erhält. Dann wechselt die Szenerie zur Familie der Cleeks, bei denen alles irgendwie ein bisschen zu geordnet, zu sauber und zu akkurat vonstatten zu gehen scheint. Wir spüren, dass mit den Cleeks, deren Familienoberhaupt Chris schon zu Beginn einen schwerwiegenden Mangel an Selbstbewusstsein mit dominantem Kontrollverhalten auszubügeln versucht, irgendetwas nicht stimmt.
Tatsächlich zielt The Woman ein weiteres Mal auf die Demontage der menschlichen Gesellschaft und ihrer so vermeintlich angepassten Vertreter, die hinter ihrer Fassade aus Domestizierung archaischer und mindestens genauso brutal ausfallen wie ein außerhalb der Gesellschaft lebender Kannibalenstamm. Die Zivilisationskritik in der Fortsetzung von Beutegier fällt noch viel herber und sarkastischer aus als im Vorgänger.
Der Spiegel, den Ketchum und McKee dem Zuschauer und der Gesellschaft hier vorhalten, ist ebenso entlarvend wie bitter. Der Film legt den Finger ganz tief in die Wunde einer Gesellschaft, aus der heraus immer wieder psychopathische Serienkiller. Vergewaltiger oder Kinderschänder hervorgehen. Und er legt den Finger ganz tief in die Wunde derer, die von solchem Verhalten wissen (oder es ahnen) und dennoch nichts sagen oder Meldung machen.
Unbequem ist es, wenn der erfolgreiche Anwalt tagsüber im Anzug seiner Arbeit nachgeht, des Abends aber „Woman“ quält und seine Frau schlägt, weil sie es wagt, Widerworte zu geben oder sein Verhalten infrage zu stellen. Was The Woman an grafischer Gewalt (zunächst) auslässt (gerade im Vergleich zum früh sehr blutigen Vorgänger), sucht er also zum Ausgleich innerhalb der sozialkritischen Story. Natürlich ist es aber immer noch eine Ketchum-Vorlage. Und entsprechend deftig geht’s dann im Finale doch noch mal zu.
Inhaltlich weicht die bis dato als Darstellerin der „Woman“ aktive Pollyanna McIntosh, die für Darlin‘ auch die Regie und (in Koproduktion mit Lucky McKee auch das Drehbuch) übernahm, deutlich vom bisherigen Stil der Vorlagen ab, reflektiert aber auch hier gesellschaftliche Aspekte kritisch. Waren die Vorgänger beispielsweise Metaphern auf die Gewalt, die sich hinter der bürgerlichen Fassade verbirgt, ist dies hier zwar auch ein Motiv. Gleichzeitig knöpft sie sich aber noch die Scheinheiligkeit der Kirche vor und erzählt parallel eine Coming-of-Age-Story.
Indem die Geschichte – ausgehend von The Woman – einige Jahre vorwärts springt, bietet sich die Möglichkeit zu ergründen, was aus Baby „Darlin'“ geworden ist, nachdem sie von der namenlosen Kannibalin mitgenommen wurde. Aufgewachsen in der Wildnis hat sie die rudimentären Sprachbrocken ihrer Kindheit schnell verlernt und findet sich nun in einer Zivilisation wieder, die sie nicht kennt und in der sie nicht zurecht zu kommen scheint. Dass sie überdies ausgerechnet in die Obhut eines katholisch geführten Kinderheims gegeben wird, macht ihre Lage nicht besser. Zumal die gehorsamen Nonnen unter der Fuchtel des Bischofs stehen, der das verwahrloste Mädchen gerne für seine Zwecke missbrauchen würde. Leider bleibt die Charakterisierung des Geistlichen nicht klischeefrei und bedient sich allzu gerne den gängigen Stereotypen (sexueller Missbrauch inklusive). Natürlich ist das immer noch ein verwerfliches Thema, das es zu verachten und kritisieren gilt. Allerdings wirkt es in einer filmischen Aufbereitung mittlerweile ein bisschen simpel.
Um den Rundumschlag komplett zu machen, gibt’s auch noch eine Breitseite gegen Homophobie, was in der Summe gelungener erscheint als das Thema des sexuellen Missbrauchs. Das wiederum liegt auch an Cooper Andrews in der Rolle des Tony. Der ebenfalls aus Walking Dead bekannte Darsteller (dort als Jerry, die rechte Hand von König Ezekiel, am Start) zeigt nach Shazam! erneut, dass er auch abseits von Zombie-Epidemien eine gute Figur abgibt. Pollyanna McIntosh selbst darf gleichzeitig für den schwarzen Humor und den Horroranteil sorgen. Während sie in einem Moment im Inneren eines Autos durchdreht und für einen Lacher sorgt, erledigt sie im nächsten gleich mehrere Widersacher auf blutige Art und Weise. Das ist in Sachen Gewaltschraube etwas zurück gedreht, wenn man von den düster-blutigen Vorgängern ausgeht, scheint aber ganz bewusst mit einem lockeren Ton unterlegt worden zu sein. Darlin‘ überrascht immer wieder, weil sich Horror, Drama, Gesellschaftskritik und Humor scheinbar nicht vereinen wollen. Allerdings wirkt das bewusst so gestaltet, um den Zuschauer immer wieder ein bisschen in seiner Erwartungshaltung zu unterlaufen. Dass die eigentlich trashige Story nicht der Lächerlichkeit anheim fällt, liegt neben McIntosh und Andrews aber vor allem an der jungen Lauryn Canny. Sie spielt Darlin‘ mit einer großen Dynamik aus Wut, Neugier, Verzweiflung und sensibler Verletzlichkeit. Und wenn sie mit ihrer Freundin aus dem Heim im Wald einen Joint raucht und zu Rockmusik tanzt, hat Darlin‘ seine besten und wahrsten Momente. Spätestens nach gut 70 Minuten wird dann auch klar, warum das Mädchen von ihrer Ziehmutter überhaupt erst in Krankenhaus-Nähe gebracht wurde, was zunächst eins der größeren Fragezeichen darstellt, später aber für die dramatischsten Entwicklungen sorgt.
Bild- und Tonqualität BDs
Offspring
Der erste Teil der Trilogie wurde auf das Format Super-16 gebannt, was zweifelsohne keine allzu große Auflösung für eine digitale Veröffentlichung liefert. Zudem sind einige Szenen auch objektivbedingt nicht sonderlich scharf. Close-ups gelingen dennoch bisweilen ganz ansprechend, während der Kontrastumfang durchweg eher mittelmäßig ist. Die analoge Filmkörnung kommt in der Regel sehr organisch rüber, was von einer wenig dramatischen Filterung zeugt. Immer wieder zeigen sich kleinere Schmutzpartikel oder Härchen auf dem Negativ. Farben bleiben authentisch und eher warm, in Totalen könnten Bäume und das Meer aber etwas kräftiger sein. Während der Szenen in der Höhle des Clans wird das Bild in Sepiafarben getaucht, was für eine passend-erdige Atmosphäre sorgt. Die Durchzeichnung geht bei verfügbarem Licht des Lagerfeuers aber deutlich in die Knie.
Der 5.1-Sound wirkt durch seine Ruhe und Gelassenheit. Die Dialoge kommen klar aus dem Center, während Hauptlautsprecher und Surrounds für den schaurig-intensiven, aber meist sehr dezenten Score genutzt werden. Das ist äußerst effektiv, wenngleich es etwas nach Low-Fi klingt.
The Woman
Der zweite Teil wurde nicht mehr analog, sondern digital gefilmt. Das führt zu wesentlich weniger körnigen Bildern (dunkle Szenen ausgenommen) und bietet auch etwas sattere Kontraste, doch wirklich scharf ist das Ganze nicht – bzw. nur selten. Das eine oder andere Close-up ist ganz gut aufgelöst, was im Gegensatz zum Vorgänger schon mal ein kleiner Vorsprung ist. Schwarzwerte in hellen Szenen kommen ganz knackig rüber, in dunklen Bereichen versumpfen Details allerdings immer wieder. Die Farbgebung an sich ist gut, gerade Hauttöne wirken recht natürlich.
Der Ton liegt in dts-HD-Master mit 7.1 Spuren vor, der allerdings ein deutliches Manko hat: Die Dialoge sind viel zu leise eingepegelt. Viel zu leise. Während man die generelle Lautstärke der Umgebungsgeräusche, Filmmusik etc. auf üblichem Niveau hat, muss man während der Sprechsequenzen die Ohren zu sehr spitzen, um etwas zu verstehen. Hinzu kommt, dass die Surround- und Stereoeffekte sehr weit gespreizt wirken. Das hat schon mal den etwas unangenehmen Effekt einer Phasenverschiebung. Außerdem verliert der LFE-Kanal gegenüber dem O-Ton an Substanz, was man gut hören kann, wenn Chris neben „der Frau“ den Revolver abfeuert. Der Originalton wabert hier noch länger spürbar nach, während die Synchro ihm weniger Bedeutung zukommen lässt. Die Räumlichkeit selbst ist allerdings trotz des bisweilen irritierenden Phasenverschiebungs-Effekt erstaunlich effektvoll geraten. Im Abspann gibt’s dann noch einen echten Tonbug, wenn während des Songs plötzlich mehr Stereoeffekt auftritt und schwankend wieder wechselt, was beim O-Ton nicht der Fall ist (ab 97’40).
Darlin‘
Der dritte Teil präsentiert sich im ungewöhnlichen Format von 2.00:1 und liefert gleichzeitig sehr ruhige und rauscharme Einstellungen. In den dunkleren Bildern kann man zwar ein geringes Korn ausmachen, doch das nimmt nie Überhand oder wirkt gar störend. Die helleren Einstellungen sind tatsächlich sehr hell und lassen es an Kontrastdynamik vermissen. Im Sinne des Films wirkt das jedoch schlüssig, weil es die scheinbar so heilige Umgebung des katholischen Heims auch visuell unterstreicht. Farben könnten etwas kräftiger, der Schwarzwert satter sein. Wird’s wieder dunkler geht Letzterer noch in Ordnung, wirklich knackig ist er aber zu keiner Zeit. Close-ups sind ansprechend scharf, ohne bis ins allerletzte Detail zu gehen – hin und wieder gibt’s aber schon mal ein paar unscharfe Randbereiche aufgrund der verwendeten Optiken. Außerdem sind Totale nicht immer gut fokussiert (17’57) und manchmal gibt es bewusst eingesetzte weiche Bilder. Artefakte bleiben trotz einer bisweilen niedrigen Datenrate glücklicherweise meist aus. Beim Ton liefert die Blu-ray von Darlin‘ eine unkomprimierte dts-HD-Master-Spur, die auf die sauber akzentuierten Dialoge setzt und den melancholischen Filmscore dezent auf die Surroundspeaker. Dynamisch wird’s vor allem, wenn „The Woman“ ihren blutigen Feldzug startet und ihren Gegnern mit gruseligem Gegrunze an die Gurgel springt. Im Krankenhaus stimmt zudem die Atmosphäre, wenn Türen quietschend öffnen oder im Hintergrund zugeschlagen werden. Der Autounfall und vor allem die Taufe Darlins sorgen dann tatsächlich für eine hör- und spürbare Dynamik (42’24, 73’00). Auch der Schuss im Finale kommt trocken und präzise (90’39). Der gelungenste Sound offenbart sich allerdings im Abspann während des Titelsongs.
Bild- und Tonqualität UHD
Wie oben bereits erwähnt, hat man Beutegier im Super-16-Format analog aufgenommen. Für die UHD-BD wurde allerdings kein neuer 4K-Scan angefertigt, sondern das bestehende DI genutzt, das man schon für die alte Blu-ray verwendete. Gut erkennbar am identischen Bildausschnitt und einer praktisch identischen Auflösung ohne erkennbare Vorteile bei der UHD-Blu-ray.
Vorteile hat sie aber dennoch – und zwar durch HDR10/HDR10+ und den erweiterten Farbraum. Letzterer geht beim Rot etwas satter zu Werke, während die HDR10-Kontrastdynamik (HDR10+ ist ebenfalls vorhanden) den arg faden Kontrast der Blu-ray deutlich aufwertet. Ob das der Überblick über das Meer nach knapp einer Viertelstunde ist oder die hellen Außenaufnahmen. Hier und da ist die UHD-BD zwar etwas dunkel, aber dafür zeichnet sie in den ganz dunklen Szenen am Meer und in den Höhlen eine Spur besser durch. Sehen tut man deshalb dort immer noch nicht sonderlich viel, aber das scheint ja filmisch durchaus so intendiert gewesen zu sein. Sehr wohl sehen tut man die bewusste Stilisierung, die man bei der UHD-BD vornahm, wenn David aufgefressen wird. Seine gedanklichen Rückblicke sind nun nicht mehr 1:1 aus dem zuvor gesehenen Material entnommen, sondern mit Störfiltern und roter Farbe übertüncht. Das sorgt für einen etwas eindringlicheren Moment, in dem man stärker nachvollziehen kann, dass es mit ihm zu Ende geht. Trotz der nicht wirklich besseren Detailauflösung ist die UHD-BD rein kontrast- und farbtechnisch die bessere Wahl.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … holt die UHD-Blu-ray dann doch einiges an Kontrastdynamik und Farbkraft raus.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD wirkt neutraler und die Wiese ist weniger gelblich.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD gibt die Haut neutraler wieder.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD-BD neutralisiert hier sichtbar. Die Höhlen werden mit satten Brauntönen ohne Rot- oder Orangetendenz wiedergegeben.
Wie oben beschrieben, basiert The Woman auf digital gefilmten Bildern. Zum Einsatz kam eine Sony CineAlta SRW-9000, die ihrerseits eine der Nachfolgerinnen der HDW-F900 ist, mit der George Lucas seinen Angriff der Klonkrieger aufnahm. Je nach Helligkeit variieren die Bilder zwischen sehr glattem und teils digital rauschenden Szenen (53’00), die durch das Hochfahren der ISO in dunkler Umgebung verursacht wurden.
Wie bei Beutegier auch, so masterte man hier mit HDR10 und HDR10+ und gab einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum mit auf den Weg. Letzterer übertreibt’s hier und da mit arg knallig roten Blumen auf den Wiesen während der Schwimmbad-Szene in Kapitel 2. Auch Hautfarben sind in dunkleren Bildbereichen etwas überbräunt. Während der heller ausgeleuchteten Tageslichtaufnahmen macht die stärkere Farbkontrastierung aber durchaus Spaß und auch das rote Blut wirkt satter. Ein Auflösungsvorsprung ist hier maximal durch das Hochskalieren sichtbar, denn auch The Woman dürfte mit ziemlicher Sicherheit auf dem 2K DI basieren, das man für die Blu-ray anfertigte. Ein Maschendrahtzaun in der Tiefe wirkt schon mal etwas klarer abgebildet, was aber ein gutes Upscale in der Form auch hinbekommt. Sichtbar mehr Auflösung und Bilddetails liefert die UHD-BD nicht. Allerdings gefällt auch hier die Kontrastierund und grundsätzliche Bilddynamik besser. Sie kann zwar ebensowenig verhindern, dass die Szenen im dunklen Schuppen schon mal im Schwarz versumpfen, aber in gut ausgeleuchteten Momenten bekommt man einen satteren Bildeindruck. Und auch prägnantere Spitzlichter bei abendlichen Laternen oder ähnlichen Lichtquellen. In Summe ist auch hier die UHD-BD die bessere Wahl. Schon alleine, weil HDR hier durchweg mehr Helligkeits-Dynamik liefert.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Gerade, wenn viel bunte Elemente vorhanden sind, knallt die UHD-BD deutlich mehr.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Gegenüber der kräftigeren UHD-BD, die das Rot viel satter darstellt.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): … bekommt über die UHD-BD etwas mehr Schattierung, was trotz der qualvollen Säuberung noch mehr Restschmutz offenbart.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier packt die UHD-BD kräftiger zu und wirkt noch grafischer.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier zeigt sich die UHD-BD lediglich etwas dunkler mit einem Hauch mehr Kontrast, wenn man sich das im laufenden Bild anschaut.
Darlin‘ ist ein kleiner Independent-/Genrefilm. Das macht sich auch in den verfügbaren Informationen bemerkbar. Abseits dessen, was die Disk selbst hergibt, waren keine weiteren Informationen zu den verwendeten Kameras oder gar zum genutzten Digital Intermediate heraus zu bekommen.
Aus diesem Grund beschränken sich die Infos zur Disk auf die entsprechend auslesbaren. Die geben an, dass die Scheibe mit einem im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum sowie mit der statischen HDR-Funktion HDR10 abgemischt wurde.
In der Praxis sind die Bildunterschiede zur BD oft so gering, dass man den Eindruck hat, hier wäre lediglich eine HDR-Automatik drüber gehuscht. (Zu) Hell sind beide Disks in den meisten Szenen immer noch. Klar, das ist Stilmittel des Films, aber die UHD kann hier nur marginal mehr Dynamik erzeugen. Tut sie es, dann durch eine Anhebung der hellen Bereiche, um mehr Leuchtkraft zu entwickeln. Das ist in der Tat im direkten Vergleich am auffälligsten und sorgt für das plastischere Bild. Eine ganz dezent wärmere, bzw. leicht gelbliche Farbgebung geht damit einher, was aber den arg blassen Gesichtern der BD subjektiv überlegen ist.
Kommen Farben hinzu wie die rote Robe des Kardinals, werden diese knackiger und kräftiger dargestellt. Die Schwarzwerte bleiben allerdings mau und wirklich satte Kontraste erzielt auch die UHD nicht. Insgesamt läuft sie dafür noch etwas ruhiger und bei genauem Hinsehen auf Schriften und Detailhintergründen ist sie auch schärfer.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD bietet hier mehr Helligkeit, fällt dadurch aber in einen ganz dezent gelblichen Ton.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Die UHD zeigt aber auch hier einen wärmeren Teint und ist etwas dynamischer im Licht.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Hier ist die UHD dann tatsächlich sichtbar dynamischer und zeigt des Kardinals Robe satter und strahlender.
UHD HDR10 (Slider ganz nach links): Zoomt man etwas ins Bild, werden Schriften von der UHD aber klarer und besser lesbar dargestellt.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial der Filme liegt komplett auf BDs und UHD-BDs vor, nicht (wie sonst üblich) nur auf den Blu-rays. In Beutegier gibt es neben dem Audiokommentar mit Jack Ketchum und Regisseur van den Houten, den die Zwei anlässlich ihres Besuchs auf dem Oldenburger Filmfestival, wo der Film seine Deutschlandpremiere feierte, aufgenommen haben, noch einen weiteren mit Regisseur, Kameramann und Autor Ketchum selbst. Ein Interview mit van den Houten und Pollyanna McIntosh ergänzt das Material, das ganz offensichtlich nach Darlin‘ und nach Ketchums Tod entstanden ist. Ketchums Interview selbst ist deutlich älter. Das „Progeny“ betitelte Making of liefert intensive Einblicke aus der Hinter-der-Kamera-Perspektive und im kurzen „Kaution für den Erstgeraubten“ gibt’s eine nette Anekdote vom Dreh. Obendrauf kommen noch die Webisoden und ein Vergleich zwischen Original und 4K-Transfer.
The Woman enthält gleich vier Audiokommentare von diversen Beteiligten. Mal kommentieren sie im Rudel, mal ist es Pollyanna McIntosh oder Lucky McKee alleine. Dazu gibt’s ein Making-of, ein Hinter den Kulissen sowie ein „Meet the Maker“-Featurette, das qualitativ eine eher mittelprächtige Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte ist. Im Making-of ist es spannend zu sehen, wie man die zwei hauptsächlichen Sets innerhalb einer Turnhalle aufbaute und glaubhaft inszenierte. Das Hinter-den-Kulissen-Featurette läuft gut 90 Minuten und ist eine Art Produktionstagebuch. Obendrauf bekommen wir noch zwei Kurzfilme und entfallene Szenen.
Darlin‘ enthält lediglich zwei entfallene Szenen und einen kurzen Musikclip. Leider sind die Audiokommentare nicht untertitelt, während die Extras selbst dankenswerterweise sehr wohl übersetzt wurden. Als letztes Goodie wartet im 24-seitigen Booklet noch ein ausführliches Interview mit Regisseur/Produzent van den Houten.
Fazit
Die mit Beutegier begonnene Filmtrilogie basiert ursprünglich zwar nur auf einem (und zwar dem zweiten) Roman von Jack Ketchum, doch gerade der zweite Teil, dessen Vorlage in Zusammenarbeit mit Regisseur Lucky McKee entstand, liefert Zivilisationskritik satt. In puncto Gewalt ist der erste Film allerdings immer noch der rohste und in sich unangenehmste Film der Drei. Pollyanna McKintoshs Regie-Debüt im dritten Teil knöpft sich dann die Kirche vor und übt auch hier deutliche Kritik. Allerdings ist er in Summe doch der zähste der drei Filme und im Vergleich deutlich reduziert in seiner Gewaltdarstellung. Nicht, dass es unbedingt Gewalt bräuchte, um im Horrorfilm Atmosphäre zu erzeugen, entfernt er sich damit dann doch deutlich von seinen beiden Vorgängern.
Die UHD-Blu-rays werten alle drei Filme auf. Gerade der erste Teil profitiert deutlich vom HDR-Grading. Auch The Woman wirkt insgesamt etwas beeindruckender. Im Falle von Darlin‘ sind die Differenzen moderater, lassen den Film aber dennoch etwas homogener wirken.
Timo Wolters
Bewertung Offspring
Bildqualität BD: 50%
Bildqualität UHD: 60%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 90%
Film: 70%
Bewertung The Woman
Bildqualität BD: 60%
Bildqualität UHD: 70%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 60%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 100%
Film: 75%
Bewertung Darlin‘
Bildqualität BD: 75%
Bildqualität UHD: 70%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 20%
Film: 60%
Anbieter: Capelight Pictures
Land/Jahr: USA 2009/’11/2019
Regie: Andrew van den Houten/Lucky McKee/Pollyanna McIntosh
Darsteller: Ahna Tessler, Amy Hargreaves, Art Hindle, Erick Kastel, Pollyanna McIntosh, Andrew Elvis Miller, Preston Mulligan, Tommy Nelson, Bryan Batt, Lauren, Angela Bettis, Zach Rand, Ashley Carter, Sean Bridgers, Lauryn Canny, Nora-Jane Noone, Cooper Andrews
Tonformate BD/UHD: dts-HD-Master 5.1: de, en // dts-HD-Master 7.1: de (Woman)
Bildformat: 1,78:1/ 2,00:1 (Darlin‘)
Laufzeit: 79/103/101
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Disk-Kapazität: 3 x BD-66
Real 4K: Nein (Beutegier und The Woman) // möglicherweise (Darlin‘)
High Dynamic Range: HDR10, HDR10+ (nur Beutegier und The Woman)
Maximale Lichtstärke: 1000/1000/889
FSK: SPIO ksJ
(Copyright der Cover, Szenenbilder und vergleichenden Screenshots liegt bei Anbieter: Capelight Pictures)
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