Blu-ray Review
OT: –
Mr. Nice Guy
Vier Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Inhalt
Leni hat gerade ihren Zukünftigen per Skype mit seiner Gespielin erwischt und ist total am Ende. Ihre Schwester Hannah würde gerne mit dem Rechtanswaltskollegen eine langfristige und vor allem echte Bindung eingehen, scheitert aber an ihrem Selbstmitleid und der eigenen Unzufriedenheit. Da macht es Sinn, dass sich die Zwei zusammentun, denn Leni muss ohnehin aus ihrer Wohnung raus. Sie zieht also zu Hannah und deren Mitbewohnerin Vivi, die zu der Sorte gehört, die so gar nicht an Liebe oder dergleichen glaubt. Die drei mehr oder weniger frustrierten Mädels werden noch um Hannahs und Lenis Mutter ergänzt, die gerade ihren Mann an eine jüngere Frau verloren hat – eine, die das mit dem „Blasen“ so richtig drauf hat. Doch natürlich kommt es anders und vor allem als sie gedacht haben. Gleich mehrere Typen interessieren sich plötzlich für Leni, Vivi verliebt sich gegen ihre Konventionen und Hannah geigt endlich mal ihrem affektieren Arbeitgeber die Meinung …
Anika Decker, ihres Zeichens Drehbuchautorin von Keinohrhasen und Zweiohrküken gibt mit Traumfrauen, zu dem sie selbstredend ebenfalls das Drehbuch geschrieben hat, ihr Regiedebüt. Natürlich wird auch ihr erster eigener Film von lockeren und möglichst realitätsnahen Figuren getragen, die, und das ist ihr größtes Plus, von der Speerspitze der angesagten deutschen Kinostars gespielt werden. Hannah Herzsprung als Leni wandelt zielsicher auf dem Pfad zwischen leichter Albernheit und zuckersüßer Naivität, während Karoline Herfurth als Hannah lustvoll über sämtliche Stränge extrovertierter Darstellung schlagen darf. Wenn sie ihrem zukünftigen Ex-Chef (und der versammelten Anwaltschaft im Generellen) die Meinung geigt, gehört das zu den witzigsten Momenten des laufenden Kinojahres. Ihr zweifacher Filmpartner aus Fack ju Göhte, Elyas M’Barek, darf als Objekt der Begierde gut aussehen und überraschend zahm agieren, während Frederick Lau als Peter Müller sicher am deutlichsten gegen den Strich gebürstet schauspielert und dabei richtig gut ist. Neben den zahlreichen (Haupt)darstellern gehört die prominenteste Nebenrolle der Hauptstadt. Einige der bekanntesten und angesagtesten Clubs und Gegenden Berlins bieten nicht nur für Einwohner der Stadt ein nettes Déjà-vu. Dass die grundlegende(n) Geschichte(n) von Traumfrauen eher milde oder auch gar nicht überraschend geraten sind, schadet gar nicht so arg, weil im Vorhersehbaren ja auch ein wenig komfortable Sicherheit liegt. Man könnte auch sagen: Lieber charmant vorhersehbar als bemüht innovativ – und charmant ist Deckers Langfilmdebüt bis auf wenige etwas peinliche Ausnahmen (Kotzanfall in der Disko) durchweg. Besonders locker-flockig sind die Szenen zwischen Mutter und ihren Töchtern. Wenn Leni ihre Frau Mama bspw. sorgenvoll daran erinnert, doch bitte Kondome zu benutzen, falls sie erneut spontan mit einem aus dem Senioren-Computerkurs den Abend verbringt, kann man den Generationswechsel kaum sympathischer karikieren. Etwas uninspiriert und schablonenhaft wird der poplastige Soundtrack bemüht, der immer genau dann einsezt, wenn man es erwartet – hier kann die Regisseurin sich noch ein kleinwenig bei Kollege Schweiger abschauen, mit dem sie bisher an einigen Filmen gearbeitet hat und dessen Händchen für die Auswahl und den Einsatz der Songs ein wenig sicher ist.
Bild- und Tonqualität
So oder so ähnlich sehen deutsche Filme immer wieder aus: Das Bild von Traumfrauen ist grundsätzlich farbkräftig und kontrastreich, lässt es aber in Halbtotalen etwas an Auflösung mangeln und verliert auch Durchzeichnung in Schattenbereichen von Gesichtern. Leichte Unschärfen am unteren Bildrand kommen ebenfalls hinzu. Bildruhe und Stabilität liegen auf gutem Niveau, hin und wieder ist ein ganz leichtes Korn zu erkennen. Beim Ton fällt zunächst der übel wummernde Subwoofer während des Eröffnungssongs negativ auf. Seltsamerweise legt sich dieses Problem und im weiteren Verlauf tönt’s ausgewogener aus allen Lautsprechern. Die Filmsongs bleiben dennoch die einzige echte räumliche und dynamische Möglichkeit für Traumfrauen, ein paar Akzente zu setzen. Besonders gut ist der Sound während Guys Diskoauftritt gelungen – hier klingt die Abmischung besonders luftig und mit einem weitläufigen Raumgefühl.
Bonusmaterial
Neben fünf entfernten Szenen gibt’s noch ein entspanntes und charmantes, knapp 20-minütiges Making-of im Bonusmaterial von Traumfrauen, indem sich nicht nur der Begriff der „Traumfrau“ einigen Definitionsversuchen unterworfen sieht, sondern vor allem die Schauspieler und die Regisseurin zu Wort kommen.
Fazit
Traumfrauen bietet kaum überraschend romantic-comedy mit zwar vorhersehbaren Figuren, die allerdings von hervorragend aufgelegten Schauspielerinnen dargestellt werden. Für den geneigten Fan deutscher Romanzen ist das (fast) perfekte Unterhaltung und mal eine Abwechslung vom mittlerweile arg klischeehaften Output der Herren Schweiger/Schweighöfer.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%
Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: Deutschland 2015
Regie: Anika Decker
Darsteller: Hannah Herzsprung (Leni), Karoline Herfurth (Hannah), Palina Rojinski (Vivienne), Iris Berben (Margaux), Elyas M’Barek (Joseph), Frederick Lau (Peter Müller), Doron Amit (Guy C
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 110
Codec: AVC
FSK: 12