Blu-ray Review
OT: Trolls World Tour
Böse, böse Rockmusik
Das Sequel zu Trolls ist noch viel bunter und fantasievoller als der Vorgänger.
Inhalt
Als Poppy, Königin der Pop-Trolls, eine Einladung von Barb, der Königin der Hardrock-Trolls zu einem Festival erhält, kann sie noch nicht so richtig deuten, was das bedeuten mag. Ihr Vater Peppy klärt Poppy darüber auf, dass jeder der sechs Troll-Stämme eine bestimmte Musikrichtung repräsentiert: Von Pop über Techno bis zu Klassik und eben Rock. Jeder Stamm verfügt über eine magische Saite, die die Musik der Trolle bestimmt und antreibt. Was Poppy und Peppy nicht wissen: Barb möchte alle sechs Saiten erbeuten, um sämtliche andere Musik zu zerstören. Rock bliebe als einzige Variante übrig und Barb wäre die Königin aller Trolle. Poppy glaubt allerdings stets an das Gute im Troll und macht sich auf den Weg, um Barb davon zu überzeugen, dass nicht Auslöschung, sondern Gemeinsamkeit der „heiße Shit“ sind …
Ein Film wie ein Poesiealbum – voller bunter Farben, Kitsch und gaaaaaanz viel Glitzer. Als 2016 die Trolls im Kino sangen, tanzten und Glückseligkeit verbreiteten, war das tatsächlich mal etwas anderes. Gegenüber den Standard-Animationsfilmen hatte das bunte Spektakel von den Regisseuren Mike Mitchell (Für immer Shrek) und dem jungen Co-Regisseur Walt Dohrn das Genre der animierten Filme ein wenig aufgemischt. 350 Mio. Dollar waren der Lohn der Arbeit und zahlreiche begeisterte Kritiken sowie glückliche Zuschauer. Klar, was auch sonst. Denn um Glück ging’s in Trolls ja vornehmlich.
Kein Wunder, dass man die Story fortsetzte. Doch dann kam Corona …
Trolls World Tour wurde zwar in einigen wenigen Territorien ausgewertet, in den USA jedoch lediglich in Autokinos. Letztere erlebten ja auch hierzulande einen kleinen Boom, nachdem geschlossene Räume für Menschenansammlungen tabu waren. Ganze 10 Mio. Dollar kamen weltweit an Kinoeinspiel zusammen. Ein Desaster.
Wenn … ja wenn da nicht die VoD-Veröffentlichung gewesen wäre. Denn wie bei einigen anderen Titeln ebenfalls (Der Unsichtbare, Harley Quinn) nutzte man die Gelegenheit, das unbefriedigende Kinoeinspiel mit einer frühzeitigen Veröffentlichung auf Video-on-Demand-Plattformen abzufedern. Und keinen Film gelang das so gut wie Trolls World Tour. Die im April in den USA gestartete VoD-Auswertung des Films soll nach knapp zwei Wochen bereits mehr als 100 Mio. Dollar an Mieteinnahmen allein in den USA eingenommen haben (Quelle). Ganz offenbar traf der Titel genau den Nerv der Zeit: Viele Menschen mussten zwangsläufig zu Hause bleiben. Auch ihre Kinder. Und wenn man sich plötzlich 24h am Tag um die Kids kümmern muss, ist so ein Animationsfilm natürlich einen willkommene Auszeit für die Eltern.
Und er ist ja auch wirklich gelungen – zumindest, wenn man ein Pop- und kein Rockfan ist. Denn die Pille, dass der Rock dunkel, schwarz, böse und gemein ist, muss man als Prämisse des Films erst einmal schlucken.
Aber das ist ja auch eigentlich nur der Aufhänger für eine Geschichte über gegenseitige Toleranz, aufgehängt an Musikrichtungen. Während Papa Peppy vor allem, was „anders“ ist am liebsten weglaufen möchte, glaubt Poppy daran, die Unterschiede zu überwinden und die Stämme zu vereinen. Dass die Wahrheit dann irgendwo dazwischen liegt, kratzt der Film aber leider nur an und ergründet es nicht tiefer. Im Gegenteil wird’s zunächst eher verwirrend, wenn die einen von Einheit singen und sprechen und die anderen die Fahne der Individualität hochhalten. Zumal, und das ist ein echter Knackpunkt, die echte Welt ja schon viel weiter ist. Grabenkämpfe zwischen den Musikgenres sind nicht erst seit Metallicas S&M zu einem sich gegenseitig befruchtenden Ganzen ad acta gelegt worden. Trolls World Tour mag im Finale (ein bisschen hopplahop) doch noch die Kurve kriegen (obwohl man die Klassik offenbar schlicht vergessen hat), doch warum dann ausgerechnet wieder Zucker-Pop die Regie übernimmt …?
Dialoge und Figuren richten sich durchweg vornehmlich an die jüngeren Kids. Für Erwachsene fehlt’s ein bisschen an augenzwinkerndem Witz. Ein paar Querverweise auf Filme und Popkultur reichen nicht unbedingt aus, um das bisweilen etwas ermüdende Abklappern der unterschiedlichen Welten und Songs mit Abwechslung zu füllen.
Immerhin konterte man das mit wirklich fantasievoll gestalteten Bildern der unterschiedlichen Stämme. Von der hellen himmelsartigen Welt der Klassik-Trolle über die in Schwarzlicht getauchten Techno-Trolls bis hin zur naturverbundenen Gegend der Country-Trolls. Trotz knietiefer Klischees sieht das immerhin sehr hübsch aus.
Denjenigen, die als Erwachsene (ohne ihre Kids) den Film schauen, sei empfohlen, den Film im Original zu hören. Denn die deutsche Übersetzung der Welthits ist … sagen wir mal … ähm … gewöhnungsbedürftig.
Bild- und Tonqualität
So neonbunt wie in Trolls World Tour (oder dem Vorgänger) geht’s selbst in Animationsfilmen nur sehr selten zu. Und Farben kann die Blu-ray, so viel ist sicher.
Weniger schön sind die leichten Unruhen in Peppys strohigen Haaren und seinem Bart. Hier kollidieren die feinen, aber sehr wuselig abstehenden Haare etwas mit der „geringen“ Auflösung der Blu-ray, die zudem leichte Kompressionsprobleme aufweist. Das allerdings sind praktisch die einzigen Mankos, die man der Scheibe unterstellen kann. Denn Kontrastumfang, Bildruhe und Schärfe sind meist auf allerbestem Niveau. Wer seinen Besuch also mal mit einem möglichst bunten Film beweisen möchte, was sein TV oder der Beamer so alles können, der schnappt sich den zweiten Trolls und sorgt damit für herunterklappende Kinnladen.
Trolls World Tour liegt für 2D- und 3D-BD in Dolby Atmos vor, was absolut lobenswert ist. Gerade 3D-BDs kommen nur selten in den Genuss, eine Atmos-Fassung spendiert zu bekommen. Während die reguläre Ebene mit wuchtigem Bass begeistert (bspw. im Song bei 33’20) und während der Songs auch mal die Surrounds einbezieht, bleiben Letztere allerdings während des gesamten Films seltsam unbeschäftigt. Der gesamte Mix ist deutlich frontlastig und bezieht den Zuschauer nur selten komplett mit ein. Man muss schon etwas länger warten, bevor bei 71’44 eine Art Soundwelle durchs Kino fegt, die dann mal deutlicher Gebrauch von den Rears macht. Auch der Song im Finale wird mal etwas räumlicher 76’40). Schade, dass man in Summe so frontbezogen arbeitete. Immerhin sind die Stimmen aber durchweg sehr sauber und hervorragend verständlich. In Sachen Atmos-3D nutzen die Heights von Beginn an die Möglichkeit, dezent ins Geschehen einzugreifen. Schon der Glitzer, der sich übers Dreamworks-Logo legt, ist von oben zu hören. In der Techno-Welt kommt die Musik ebenso mit aus der Höhe wie einige dedizierte Sounds. Sounds wie beispielsweise der Chor nach 7’12 oder das Baby-Kreischen nach 12’45, das junge Eltern augenblicklich auf das Video-Babyfon schauen lässt, ob der Nachwuchs gerade aufgewacht ist.
Richtig Mad-Max ist nicht nur die Optik nach 19 Minuten, sondern auch der 3D-Sound, der nicht nur Motorengeräusche, sondern auch voluminöses Orchester liefert. Als Heights-Sound nicht sonderlich logisch ist allerdings das Motorrad-Geräusch vom Patron der Hardrocker, wenn er in seinem Rollstuhl auf Kamerahöhe aus dem Klo angerollt kommt. Bei Minute 54 hört man dann noch mal das Raumschiff der Funky-Welt. Aber wie so viele andere Sounds und auch die Belegung der Surroundspeaker bleibt das einfach zu leise und zu wenig greifbar. Im Verbund mit der regulären Ebene hört man die 3D-Sounds oft erst gar nicht raus. Selbst die Live-Atmo des Publikums nach 64 Minuten bleibt eher verhalten. So bleibt am Ende eine Atmos-Spur, die sowohl auf der regulären als auch auf der Höhen-Ebene nur wenig Räumlichkeit zu bieten hat.
3D-Effekt
Trolls World Tour hat es als volldigitaler Film natürlich einfach, einen guten 3D-Effekt zu erzeugen. Da sämtliche Szenen nicht stereoskopisch gefilmt, sondern in 3D gerendert sind, hat man hier die Möglichkeit, aus dem Vollen zu schöpfen. Beginnen tut’s mit wabernden Massen fluoreszierender Trolle in der Disko, die an der Kamera vorbei Richtung Zuschauer wallen. Wenn im zweiten Kapitel die Dusche ihre Seifenblasen zum Bildschirm sprüht, geht man unwillkürlich einen halben Schritt zurück, weil der Effekt so greifbar ist. Figuren bleiben durchweg gut gestaffelt und bewegen sich in den Actionszenen schon mal komplett losgelöst vom Raum. Stehen zwei der Protagonisten hintereinander vor einem flachen Hintergrund, ist die Bildtiefe immens und sehr plastisch. Beim Blick durch die Blätter zu Beginn von Kapitel vier nötigt es dem Zuseher aber schon mal ein bisschen Schielen ab. Sehr gut gelingt die Schärfentiefe bei sehr deutlich im Vordergrund platzierten Objekten. Während diese dort sehr detailliert und plastisch sind, wird’s zum Hintergrund hin unscharf – ganz so wie es sein sollte. Große Randverletzungen fallen nicht auf, weshalb „Trolls“ vor allem für Kids ein beeindruckendes 3D-Erlebnis bietet.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Trolls World Tour beginnt mit dem wählbaren Party-Modus. Dieser spielt den Film mit den Songs als Singalong-Versionen ab und integriert außerdem mögliche Tanzschritte.
Dazu gesellen sich vier Featurettes mit unterschiedlicher Laufzeit, die sich um die Entwicklung der Story, der Charaktere und der Musik kümmern; die jene Künstler vorstellen, die hinter den Songs stecken und die einige Tanzstile zum Mitmachen liefern – ganz so wie es unterschiedliche Musikgenres im Film selbst gibt. Dazu gesellt sich der Audiokommentar mit den beiden Regisseuren und Produzenten Gina Shay sowie insgesamt sieben entfernte Szenen, die mit Erklärungen des Regie-/Produzententeams aufwarten. Sämtliches Bonusmaterial ist untertitelt.
Fazit
Trolls World Tour ist bunt, visuell vielfältig und voller unterschiedlicher Charaktere. Denen fehlt zwar die Tiefe, doch die etwas simple Botschaft kommt bei den Kids sicher ebenso gut an wie die schmissig vorgetragenen Songs. Für Erwachsene ist die Story ein wenig zu konservativ geraten und es fehlt leider etwas der mutige Witz. Gegenüber dem etwas frontlastigen (aber durch die Heights ganz nett unterstützten) Sound ist das Bild bis auf kleinste Mankos wirklich sehr gut geworden.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 90%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (dt. Fassung): 75%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (dt. Fassung): 30%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität BD/UHD 2D-Soundebene (Originalversion): 75%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Quantität (Originalversion): 30%
Tonqualität BD/UHD 3D-Soundebene Qualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 60%
Film: 60%
3D-Effekt: 80%
Anbieter: Universal Pictures Germany
Land/Jahr: USA 2019
Regie:Walt Dohrn, David P. Smith
Sprecher: Lena Meyer-Landrut, Mark Forster, Lo Rivera, Robert Stadlober, Robert Louis Grisbach, Marius Clarén
Tonformate: Dolby Atmos (True HD): de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 91
Codec: AVC
FSK: 0
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Universal Studios)
Hallo,
machst du auch noch ein Vergleich zur 4K Version ? LG
Derzeit nicht geplant, nein. Ich kann dir aber sagen, wie sie aussieht: Buntere und kräftigere Farben, etwas mehr Kontrast. Kein echter Schärfegewinn.
In 2K gerenderte Animationsfilme sind als UHD oft nur bedingt anders oder gar herausragend besser als die Blu-rays. Eben weil die Blu-rays schon so gut aussehen.
Der Sound war auch im Kino mau. Die Surrounds hörte man erst wenn man direkt daneben stand.