True Story – Spiel um Macht

Blu-ray Review

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Studiocanal, 17.11.2016

OT: True Story

 


Die Story seines Lebens

Intensives Schauspielerkino beruhend auf wahren Begebenheiten.

Inhalt

Mike Finkel ist erfolgreicher Journalist bei der New York Times und hat schon diverse wirklich bahnbrechende Stories geschrieben. Dann jedoch entlässt man ihn, weil seine letzte Enthüllungsstory nicht sauber recherchiert war, er praktisch gelogen hat. Zur gleichen Zeit wird in Mexiko ein Mann verhaftet, der sich ebenfalls als Mike Finkel ausgibt, jedoch Christian Longo heißt. Er wird beschuldigt, seine Familie ermordet zu haben. Während Finkel kein Bein mehr auf den Boden bekommt, weil ihn keine andere Zeitung, kein anderes Magazin mehr anpacken will, bekommt er einen Anruf von einem Kollegen, der ihm die Geschichte von Longo und dessen Identitätsraub erzählt. Aus reiner Neugierde geht Finkel der Sache nach, immerhin möchte er wissen, warum da jemand seinen Namen nutzt. Er nimmt Kontakt zum Häftling auf und besucht ihn im Gefängnis. Während der gemeinsamen Gespräche stellen sie fest, dass sie viele Gemeinsamkeiten haben. Longo möchte, dass Mike seine Geschichte niederschreibt, damit jedoch bis zum Ende des Prozesses wartet. Außerdem möchte er im Gegenzug von Finkel das Schreiben erlernen. Sowohl Longo als auch Finkel scheinen ein tieferliegendes Motiv für ihre Treffen zu haben. Was Finkel allerdings zunächst nicht merkt: Longo scheint ihn zu benutzen …

Dass Jonah Hill und James Franco mehr können als in dusseligen Komödien möglichst weit unter der Gürtellinie zu agieren (Das ist das Ende), haben sie schon des Öfteren bewiesen. In True Story treffen sie in einem Psycho-Duell aufeinander, das zeigt, WIE gut sie wirklich sind. Basierend auf der wahren Geschichte der Gespräche zwischen den beiden, die Finkel später zu einem Buch verfasste, entfaltet Regieneuling Rupert Goold ein faszinierendes Kammerspiel, bei dem beide Männer sich gegenseitig zu manipulieren beginnen und sich eine ungewöhnliche Beziehung entwickelt. Man warf True Story vor, nur bedingt Spannung zu erzeugen. Das mag im klassischen Sinne von Dramaturgie und Suspense stimmen, jedoch nicht im Bezug auf die kraftvollen Bilder, die der Film verwendet sowie auf das wirklich herausragende Spiel der beiden Darsteller. Franco und Hill agieren authentisch und echt, wirken ehrlich in dem, was sie präsentieren (selbst wenn’s Lügen sind). Wenn Longo scheinbar plötzlich seine Plädoyers ändert und Finkel deshalb stinksauer ist, weil er (wieder) um seinen Ruf und seine Arbeit bangt, merkt man, wie sehr es den beiden vor allem um sich selbst geht und nicht um die Wahrheit hinter der Geschichte. True Story entfaltet dabei eine Sogwirkung, der man sich nicht entziehen kann, wenn man sich darauf einlässt. Ruhige und lange Aufnahmen, keine hektischen Schnitte – Goolds Film ist inszenatorisch altmodisch, aber das im besten Sinne. Das merkt man während der Dialoge im Gefängnis, aber auch im Gespräch zwischen Finkel und Greg Ganley (56’00), das in einem langen Take vor untergehender Sonne an einem See gedreht wurde. Wenn im letzten Drittel klar wird, wie manipulativ und narzisstisch Longo vorging, läuft dem Zuschauer ein kalter Schauer über den Rücken, der noch mal intensiviert wird, als Finkels Partnerin Jill (intensiv: Felicity Jones) dem Inhaftierten gehörig die Meinung geigt – und das mit einem vortrefflichen Bild.

Bild- und Tonqualität

In schwülwarmen und körnigen Bildern erzählt True Story seine Geschichte. Warme Farben unterstützen die Szenerie in Mexiko, während New York eher kühl bleibt. Die Szenen in der Anstalt wirken etwas flau im Kontrast, die orangenen Haftklamotten von Longo dürften mehr Strahlkraft haben. Die Schärfe ist immer dann sehr gut, wenn Regisseur und Kameramann es so wollen. Denn die zwischenzeitlich eingesetzten Unschärfen sind durchaus bewusst gewählt. Während der Close-ups ist die Auflösung sehr gut, Halbtotale verlieren etwas an Kraft.
Akustisch liefert True Story eine dts-HD-Master-Spur für beide Sprachen und bleibt damit fast ausschließlich auf der Front. Die Musik von Marco Beltrami hält sich ganz dezent und leise im Hintergrund, während die Stimmen der beiden Protagonisten warm und sehr gut verständlich aus dem Center kommen. In dieser stillen Umgebung der Interviews im County Jail ist schon ein Klopfen des Aufsehers oder das Surren der Türentriegelung ein räumlicher Effekt, der den Zuschauer aufzuschrecken weiß.

Bonusmaterial

Neben zusätzliche Szenen und dem Audiokommentar des Regisseurs hält das Bonusmaterial von True Story noch ein Making-of bereit, in dem auch der echte Finkel kurz zu Wort kommt. Die drei ebenfalls enthaltenen Featurettes kümmern sich um die beiden Hauptfiguren sowie um die „Wahrheit hinter True Story“. Letzteres ist allerdings eher eine Nacherzählung des Films, keine dokumentarische Aufarbeitung.

Fazit

Selbst wenn True Story sich einem konventionellen Spannungsbogen verweigert, ist das Psychoduell zweier Männer, die sich so verschieden gar nicht sind, vorzüglich gespielt und entlarvend dargestellt. Wer auf „Krachpeng“ verzichten und sich auf eine langsame Erzählweise einlassen kann, kommt hier voll auf seine Kosten.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Rubert Goold
Darsteller: James Franco, Jonah Hill, Felicity Jones, Robert John Burke, Gretchen Mol, Ethan Suplee, Betty Gilpin
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 100
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu True Story – Spiel um Macht

True Story - Spiel um Macht | Trailer 1 | Deutsch HD (Jonah Hill & James Franco)

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