Blu-ray Review
OT: Todos los nombres de Dios
Laufende Zeitbombe
Spaniens Superstar Luis Tosar in einem Thriller rund um einen islamistischen Anschlag.
Inhalt
Soeben hat Taxifahrer Santiago Gómez Lasarte noch mit seiner Frau telefoniert, nachdem er eine Dame am Flughafen Madrid abgesetzt hatte, als in unmittelbarer Nähe ein Sprengsatz explodiert. Während sein Fahrzeug unbeschädigt bleibt, kämpft er sich durch die chaotischen Szenen von Verletzten und schreienden Menschen, bis er einem jungen und deutlich verletzten Mann unter die Arme greifen und ihn in sein Taxi setzen kann. Immerhin ist Hilfe in dieser Situation oberstes Gebot. Doch kaum bewegt Santiago sein Gefährt, um den Unbekannten ins Krankenhaus zu bringen, hat er eine Waffe am Hinterkopf. Offenbar hat sich der friedliebende Taxifahrer einen der Attentäter ins Auto geladen und sieht sich nun als Geisel. Der junge Mann mit der Knarre ist Hamza. Und wie sich herausstellt, gar nicht mehr so überzeugt von seinem Vorhaben, sich im Namen seines Gottes in die Luft zu sprengen. Entsprechend will er die explosive Weste, die er noch trägt, gerne loswerden, damit ihn weder die Polizei noch seine Auftraggeber zur Verantwortung ziehen können. Um das zu erledigen, braucht er zunächst Santiagos Hilfe. Der wiederum wäre jetzt gerne lieber bei seiner Familie oder würde ihr zumindest mal ein Zeichen seines (Über)Lebens senden. Während ihrer unfreiwilligen Zweckgemeinschaft entwickeln Hamza und Santiago allerdings langsam gewisses gegenseitiges Verständnis. Die Frage ist dennoch, ob der Familienvater lebend aus der Situation herauskommen wird …
Todos los nombres de Dios, wie der auf Deutsch so schnarchig-langweilig Ultimatum betitelte Streifen im Original heißt, legt eine Verbindung zu den 99 Namen, die Allah im Islam hat und die auch über die traditionelle Gebetskette Misbaha rezitiert werden. Regisseur Calparsoro hat seinen spanischen Thriller mit dem nationalen Superstar Luis Tosar besetzt und nutzt ein Terrorismus-Szenario als Hintergrund für seinen Thriller. Dabei beginnt sein Film so klassisch wie spannend. Der Fokus liegt auf dem im Job und Leben dezent desillusionierten Santiago, der den Anruf mit seiner Frau lieber vermeidet und ihren Vorschlag zu einem gemeinsamen Abendessen außer Haus auch eher brüsk abschmettert, denn wohlwollend aufnimmt. Ein Funke Menschlichkeit bewegt ihn dazu, in der Schocksituation Hilfe zu leisten, nicht ahnend, dass er sich unbewusst in eine ungeahnte Gefahr begibt. Die Spannung, die Ultimatum von da an aufbaut, basiert zum allergrößten Teil darauf, dass sich zwischen Attentäter und Taxifahrer eine spezielle Bindung entwickelt. Sie spiegelt wider, dass sich der Film durchaus um Schattierungen zu kümmern versucht und nicht bloße Schwarzweiß-Malerei mit Standard-Klischees betreiben will – zumindest was ebendiese Zweipersonen-Dynamik angeht. Umso stereotyper verhalten sich die Behörden, die das gleiche Betonkopfverhalten nach außen tragen, wie es die „Kollegen“ in ähnlichen US-Produktionen oft tun. Hier darf man also nichts sonderlich Originelles erwarten. Es sind Tosar und der junge Nourdin Batan, die den Film sehenswert machen, auch wenn hier ein guter Hauch „White Saviorism“ durch die Story weht. Allerdings darf man auch hinter die Fassade schauen, denn aus der Verbindung von Santiago und Hamza ergibt sich durchaus eine Geschichte gegenseitiger Rettung.
Abseits von tumben Offiziellen und dem Hauptdarstellerduo tut sich derweil noch ein Subplot auf, welcher der Geschichte von Hamzas Schwester und Mutter folgt, die sich mit aufgebrachten Muslimen der Nachbarschaft und einem aufdringlichen Mob der Presse konfrontiert sehen. Auch dort gibt’s nuanciertes Schauspiel und Zeit für mutige Zwischentöne – zu wenig allerdings, denn diese Fäden werden am Ende überhaupt nicht mehr aufgenommen. Schade außerdem, dass sich Ultimatum von der Ursprungsgeschichte nach rund einer Stunde löst und eine Storywendung integriert, die das Ganze zum schnöden Thriller degradiert, dem Schattierungen zunehmend egal werden. Zugunsten oberflächlicher Spannung gibt’s plötzlich Kompetenzgerangel unter der Einsatzleitung und Standard-Gefasel aus dem Anti-Terrorismus-Lehrbuch von Militär und Regierung. Dass die letzte halbe Stunde dennoch mitunter packend gerät, ist der Kameraarbeit, den genutzten Locations und der gespenstischen Atmosphäre zu verdanken, wenn Tosars Santiago mit der Weste am Körper von Dutzenden Einsatzfahrzeugen durch die menschenleer gefegte Stadt eskortiert wird. Hier scheute man keine Mühen und filmte auf der Gran Via, der Hauptverkehrsader mitten in Madrid. Auch die Szenen am Flughafen zu Beginn, die am stillgelegten Verkehrsflughafen von Ciudad Real stattfanden, sorgen für Authentizität. Umso ärgerlicher, dass ein kilometergroßes Logikloch, das eigentlich die Nutzung eines technischen Gimmicks der Polizei ermöglichen soll, ad absurdum führt, warum man überhaupt Angst vor der Weste haben muss. Da hilft dann auch nicht mehr wirklich, dass man zum Ende hin gefühlt-künstlich an der Spannungsschraube dreht, um noch mehr Bedrohung zu erwirken. Nimmt man die erste knappe Stunde, hätte aus Ultimatum ein wirklich herausragender Genrebeitrag werden können, der sich um eine differenzierte Darstellung sämtlicher Figuren hätte kümmern können. Schade, dass man das zugunsten eines arg plakativen und vorhersehbaren Verlaufs nicht getan hat. Fans von Luis Tosar kommen aber allemal auf ihre Kosten.
- Der neue Hochspannungsthriller von Erfolgsregisseur Daniel Calparsoro (JEDER GEGEN JEDEN, DIE STILLE DES TODES)
- Mit den spanischen Schaulspiel-Stars Luis Tosar (FATE GAME, SLEEP TIGHT) und Inma Cuesta (JULIETA, OFFENES GEHEIMNIS)
- Tiefgründiges und packendes Action-Entertainment von den Machern des Netflix-Erfolg SKY HIGH
Bild- und Tonqualität
Ultimatum ist digital gefilmt, da gibt’s keinen Zweifel. Auch wenn man praktisch keinerlei Informationen darüber findet, welche Kameras verwendet oder welches DI vom Ausgangsmaterial gezogen wurde. Abgesehen davon, dass die Herkunft digital ist, ist Bildeindruck allerdings stark wechselhaft. Manche Innenraumszene (wie jene nach fünf Minuten) kommt extrem soft rüber und wirkt rauschgemindert. Selbst Digitalkameras weisen digitales Rauschen auf – vor allem in eher mittelhell ausgeleuchteten Innenräumen. Je höher die Empfindlichkeit eingestellt werden muss, desto stärker das Rauschen. Das erklärt die authentischen Rauschmuster während der anfänglichen Taxifahrt-Szenen, die in der Nacht aufgenommen wurden. Hier kommt das Geschehen recht authentisch filmisch rüber. Die Sequenzen zu Beginn des zweiten Kapitels sind allerdings nicht nur auffallend soft, sondern in der Unschärfe des Hintergrunds auch mit Banding-Artefakten in den Helligkeits-/Farbverläufen belastet (ab 5’50). Ähnliches sieht man immer wieder – bspw. das Wabern über dem Zigarettenautomaten bei 3’21, oder die Szenen mit Rauch im Hintergrund (8’06), oder die Wände bei 8’50. Interessanterweise liegt die Datenrate in diesen Szenen konstant bei 30 Mbps oder darüber, was den Rückschluss zulassen könnte, dass diese Bandingeffekte bereits im Ausgangsmaterial vorhanden waren. Wo wir bei „Effekten“ sind, kommen wir zu wirklich gewollten Effekten: Kameramann Tommie Ferreras spielt gerne auch mit Lens-Flares, die man bei Scheinwerfer-, Reflexions- oder anderen Lichtquellen erkennen kann. Wer solche Spielereien mag, wird hier sicherlich atmosphärisches Flair verspüren. Was den Kontrastumfang angeht, so bleibt Ultimatum eher mittelmäßig dynamisch. Außenaufnahmen sind oft etwas trüb, ohne große Hell-Dunkel-Kontraste. Und auch während der Innenraumaufnahmen könnte Schwarz satter sein. Vielleicht spielen hier die Farbfilter aber auch eine Rolle, denn der Film ist durchweg von gelben Tönen bestimmt. Hautfarben sind nie natürlich, sondern stets gelbbetont. Auch neutrale Oberflächen weisen eine deutlich Einfärbung auf. Während der gut ausgeleuchteten Momente in Außenszenen gesellt sich auch ein grünlicher Look hinzu. Die Schärfe ist durch die Bank mittelmäßig und selbst in Close-ups nie wirklich herausragend knackig. Dazu kommen objektivbedingte Randunschärfen, die im unteren Bereich schon mal drastisch ausfallen.
Der Ton von Ultimatum kommt mit zwei DTS-HD-Master-Tonspuren für die beiden Sprachausgaben Deutsch und Englisch. Um die Räumlichkeit des Geschehens muss man sich schon mal keine Sorgen machen, denn der Beginn des Films mit den fliegenden Akustikgitarren und den sanften Sythie-Sounds wird sehr weit im Raum verteilt und nimmt den Zuschauer wunderbar in die Mitte. Die sich daran anschließenden Dialoge klingen etwas gedämpfter, sind allerdings durchweg hervorragend verständlich, harmonisch eingebettet und im Falle von Tosars Synchronstimme sehr voluminös. Die Explosion, die nach sieben Minuten dermaßen überraschend ins Heimkino und in den Film eindringt, zeigt, dass auch kleinere europäische Produktionen dynamisches Sounddesign können. Denn hier geht’s mal richtig kraftvoll an sämtliche Lautsprecher. Die Druckwelle wird gleich mehrfach zum Zuschauer transportiert, während sich langsam Staub und Dreck
Auch ein paar Minuten später gibt’s immer mal wieder Tiefbass im Kanon der Filmmusik, was für ein anständiges Rumoren im Heimkino sorgt – hier und da wirkt es fast ein wenig zu bassig, was aber auch daran liegen könnte, dass man es kaum noch gewohnt ist, dass ein Filmscore mal so weit in den Keller hinabreicht. Bei 20’22 wird’s dann erneut extrem räumlich und dabei auch sehr dynamisch, was die Dramatik der Situation unterstreicht.
- Der neue Hochspannungsthriller von Erfolgsregisseur Daniel Calparsoro (JEDER GEGEN JEDEN, DIE STILLE DES TODES)
- Mit den spanischen Schaulspiel-Stars Luis Tosar (FATE GAME, SLEEP TIGHT) und Inma Cuesta (JULIETA, OFFENES GEHEIMNIS)
- Tiefgründiges und packendes Action-Entertainment von den Machern des Netflix-Erfolg SKY HIGH
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Ultimatum – Die Bombe tickt finden sich leider keine Making-ofs oder Featurettes zu den Hintergründen der Produktion. Schade eigentlich, weil man gerade bei europäischen Produktionen doch gerne mal einen Blick hinter die Kulissen geworfen hätte. Außerdem ist Hauptdarsteller Tosar ein wirklich guter Interviewpartner. Abgelegt wurden indes lediglich die Originaltrailer in Deutsch und Spanisch sowie vier Programmtipps von Anbieter Plaion.
Fazit
Ultimatum – Die Bombe tickt ist ein guter Thriller. Wenn er nicht nach knapp einer Stunde eine sehr konventionelle Richtung einschlagen würde, wär’s möglicherweise sogar ein richtig guter Thriller geworden. Schade, dass sich nach im letzten Drittel zunehmend Klischees und ärgerliche Logikfehler einschleichen und man nicht den Mut hatte, den Film im Stile der ersten 55 Minuten zu Ende zu bringen. So hätte man viel mehr Differenzierung in die stereotype Thematik vom islamistischen Terror vs. betonhölzernem europäischen Polizisten bringen können. Ankerpunkt für den Zuschauer ist aber Luis Tosar, der über einige Schwachstellen des Drehbuchs souverän hinwegspielt. Die Blu-ray leidet leider immer wieder unter deutlichem Banding, liefert dafür aber überraschend dynamischen und effektvollen Sound.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 10%
Film: 60%
Anbieter: Plaion Pictures
Land/Jahr: Spanien 2023
Regie: Daniel Calparsoro
Darsteller: Luis Tosar, Inma Cuesta, Nourdin Batan, Roberto Enríquez, Fernando Cayo, Lucas Nabor
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp
Untertitel: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 116
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Plaion Pictures)
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- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
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