Unlocked

Blu-ray Review

Unlocked Blu-ray Review Cover
Universum Film, 20.10.2017

OT: Unlocked

 


London – Marburg und zurück

Nicht immer ganz logischer, aber durchaus spannender Agenten-Thriller.

Inhalt

Alice Racine war bis vor Kurzem CIA-Agentin an vorderster Terror-Verhinderungs-Front. Da sie aber vor einigen Jahren einen Anschlag in Paris nicht verhindern konnte, hat sie sich erst einmal zurückgezogen und erledigt nun Undercover-Bürojob der Abteilung in London. Dann jedoch verdichten sich die Hinweise auf einen geplanten Anschlag auf die britische Hauptstadt und ihrem Mentor Eric gelingt es, sie zu überreden, wieder im aktiven Dienst mitzuspielen. Tatsächlich soll die Verhörspezialistin einem Boten für einen islamistischen Prediger entsprechende Informationen zu einem bevorstehenden Anschlag mit einer biologischen Waffe entlocken. Doch das Verhör läuft anders als geplant. Die angeblichen Agenten entpuppen sich als Killer mit eigenen Interessen. Alice muss flüchten und steht bald selbst auf der roten Liste ihrer CIA-Kollegen. Sie kann nur noch einer einzigen Agentin beim MI5 vertrauen. Praktisch auf sich alleine gestellt muss Alice alles geben, um ihr Leben zu retten, die wahren Drahtzieher zu finden und damit gleichzeitig den Anschlag zu verhindern …

Unlocked erreicht die Heimkinos überraschend spät. Schon 2008 geisterte das Drehbuch als besonders begehrt durch Hollywood. Dennoch ging die Planung erst 2010 los und die Dreharbeiten begannen gar erst 2014. Inszenieren sollte den Thriller zunächst Mikael Håfström. Am Ende war es dann aber der 76-jährige Michael Apted, der zuletzt schon die verbleibenden Drehtage von Curtis Hanson in Mavericks – Lebe deinen Traum übernommen hatte, nachdem Hanson sich von einer Herzoperation erholen musste. Apted, der als einer der profiliertesten britischen TV- und Filmregisseure gilt, war einem großen Publikum mit dem 007-Hit „Der Morgen stirbt nie“ bekannt geworden. War allerdings auch dieser Pierce-Brosnan-Geheimagent-Film eher einer der langsameren und bedächtigeren, so gilt Ähnliches auch für diesen Agententhriller. Größtenteils klassisch (böse Zungen behaupten: altmodisch) gefilmt, ist das Herausragendste an Unlocked tatsächlich seine hochkarätige Besetzung. Noomi Rapace ist und bleibt eine der außergewöhnlichsten weiblichen Schauspielerinnen der Gegenwart und kann mit ihrer spröden Coolness durchaus Akzente setzen. An ihrer Seite spielt kein geringeres Ensemble als Orlando Bloom, Michael Douglas, John Malkovich und Toni Colette – andere Filmstudios und Produzenten müssten hier aber ganz tief in die Tasche greifen, um sich fünf Stars dieses Kalibers zu sichern. Der Grund für deren Interesse an dem Stoff liegt an einigen Details des Drehbuchs von Peter O’Brien. Der Autor hatte unter anderem mit Beratern vom FBI und CIA zusammen gearbeitet, um für seine Geschichte zu recherchieren. Die Schilderungen der Verhöre geraten deshalb extrem authentisch und auch spannend. Leider hält die Geschichte an sich dieses Niveau aber nicht aufrecht. Zum einen wirken die implementierten Wendungen zum Teil an den Haaren herbei gezogen, zum anderen fehlt’s an charakterlicher Tiefe.

Gerade Alice, die immerhin ein Trauma zu bewältigen hat, wirkt unglaublich eindimensional. Da kann nicht mal Noomi Rapace etwas dran ändern, weil von ihr einfach nicht mehr verlangt wird. Die Figur, die Orlando Bloom spielt, bzw. sein Verhalten erscheint gar komplett überflüssig. Er taucht völlig konstruiert auf, darf ein bisschen witzig sein, unter die Arme greifen und ist dann Teil einer weiteren Überraschung – Sinnhaftigkeit? Fehlanzeige! Logik? Nicht vorhanden! Richtig ärgerlich wird das, wenn nach gut 70 Minuten das Beobachter-Team ausgeschaltet wird und die Einsatzleitung nicht mal einen Funken Misstrauen bekommt, obwohl sie doch weiß, dass man gerade so ziemlich gar keinem mehr trauen kann. John Malkovich reißt es in seinen Szenen zumindest darstellerisch raus. Mit beißendem Zynismus und bewusst arroganter Überheblichkeit seinen Kollegen gegenüber sorgt er für trockenen Humor und ein paar große Momente. Leider ist seine Rolle in Unlocked ziemlich klein geraten. Sieht man von den manchmal unnötig komplizierten Verwicklungen und der konstruierten Geschichte ab (die am Ende den ganzen Mummenschanz gar nicht gebraucht hätte), kann man Michael Apted wenigstens keinen Vorwurf machen. Er macht das Beste aus der Story, auch wenn er ohne große Kniffe inszeniert. Dennoch: Sequenzen, die spannend sein sollen, sind es auch und die Kampfszenen zeigen nicht nur, dass Hauptdarstellerin Noomi Rapace fit ist wie ein Turnschuh, sondern auch, dass der bald 80-jährige Regisseur es durchaus noch drauf hat. Leider kann das die Vorhersehbarkeit des Verlaufs nicht abfangen und tröstet auch nur bedingt darüber hinweg, dass die zahlreichen Ablenkungsmanöver der wahren Drahtzieher am Ende obsolet sind.

Bild- und Tonqualität

Etwas untypisch für einen britischen Film nutzt Unlocked vor allem während der Szenen in Innenräumen sehr warme Farben und eine deutliche Braunfilterung. Das schmeichelt den Hauttönen, wirkt aber bisweilen etwas zu kräftig (Beginn von Kapitel 2). Eine Körnung wurde bewusst eingesetzt und lässt den Thriller noch filmischer wirken. Dennoch wurde es damit nicht übertrieben – auch dunklen Szenen in Räumen oder unter freiem Himmel werden nicht sichtbar unruhiger. Die Schärfe profitiert vom authentischen Filmlook und ist (fast) homogen über die gesamte Fläche verteilt. Ab und an gibt’s Randunschärfen im unteren Bereich (4’00). Dafür setzt es satte Schwarzwerte in jeder Situation. Die Außenaufnahmen zeigen London wie es manchmal ist: Verregnet und grau. Das ist natürlich kein Problem der Blu-ray, sondern des Wetters. Hier lässt der Kontrast schon mal etwas nach. Dafür sind Nachtaufnahmen ziemlich knackig und liefern lebhafte Lichter.
Sehr gut verständliche Dialoge, die äußerst harmonisch eingebettet wurden, bestimmen den Ton von Unlocked. Der klassische Filmscore brilliert durch seine breite Aufstellung und dynamisches Anschwillen, sobald der Film es thematisch nötig macht. Sobald geschossen wird, laufen dann alle Speaker zur Hochform auf. Schon die gedämpften Pistolen im Hotelzimmer klingen klasse und erst Recht der Überfall der Killer auf Laschs Haus, wenn die Querschläger nur so über die Surround-Lautsprecher fetzen (32’00). Sensationell auch das Großkaliber nach etwas über 70 Minuten, das mal so richtig im Heimkino einschlägt (73’50).

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Unlocked bleibt bis auf Trailer und Programmtipps leer.

Fazit

Unlocked ist altmodisches Agentenkino, die ein modernes Bedrohungsszenario aufbaut, dahinter aber eine wenig innovative Geschichte verbirgt. Gut besetzt und gespielt, bisweilen spannend inszeniert, aber eben ohne echte Ideen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Tonqualität (Originalversion): 80%
Bonusmaterial: 10%
Film: 60%

Anbieter: Universum Film
Land/Jahr: GB 2017
Regie: Michael Apted
Darsteller: Noomi Rapace, Orlando Bloom, Toni Collette, John Malkovich, Michael Douglas, Akshay Kumar, Adelayo Adedayo
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Unlocked

Unlocked - Trailer (deutsch/german)

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