Blu-ray Review
OT: Valley of Love
Sieben Tage im Valley
In Valley of Love lädt ein toter Sohn seine Eltern postmortem zu einer Reise ein
Inhalt
Gérard und Isabelle haben sich schon vor langer Zeit scheiden lassen und sind mittlerweile auch in neuen Beziehungen. Vor einem halben Jahr hat sich dann der gemeinsame Sohn Michael das Leben genommen. Und als ob das nicht schlimm genug wäre, hat er verfügt, dass seine Eltern jetzt, sechs Monate danach, sich für eine Woche in der üblen Hitze des Death Valleys nahe Las Vegas treffen und Zeit miteinander verbringen sollen. Sie sollen dort auf ihn warten, da er sich noch einmal zeigen wolle. Während Isabelle Michael sieben Jahre lang nicht mehr gesehen hatte und sich schwere Schuldvorwürfe macht, ist sich Gérard seiner Verantwortung durchaus bewusst und hofft darauf, durch diesen Trip mit der „Sache“ abschließen zu können. Doch sieben Tage sind eine lange Zeit und Michael lässt sich (auf welche Weise auch immer) nicht blicken. Zeit für Gérard und Isabelle, alte Konlfikte aber auch Zuneigungen wieder zu entdecken …
Wer für französische Filme, die damit beginnen, dass die Kamera für gut zweieinhalb Minuten der Hauptdarstellerin folgt, während diese ihren Trolley zu bedeutungsschwangerer Filmmusik vom Auto zum Motelzimmer zieht, nur bedingt Verständnis aufbringen kann, der wird mit Valley of Love so ziemlich gar nichts anfangen können. Allerdings ist das schade, denn damit verpasst jeder mit dem entsprechenden Vorurteil einen spannenden und ehrlichen Film. Zwei Eltern, die aus unterschiedlichen Gründen eine Art „Wallfahrt“ unternehmen, um dem letzten Wunsch des toten Sohnes zu entsprechen und dabei ihren eigenen Gefühlen (den unmittelbaren und den verdrängten) auf die Spur kommen – das ist, besetzt mit zwei absoluten Größen des französischen Kinos, großes Drama. Vor allem deshalb, weil Valley of Love zwar eine fiktive Geschichte erzählt, allerdings ganz bewusst fließende Grenzen zur Realität besitzt. Depardieu und Huppert heißen auch im Film Gérard und Isabelle und arbeiten in der Story ebenfalls als Schauspieler. Wenn den beiden ein US-Paar begegnet, deren weiblicher Part die beiden aus Filmen kennt, kommt es mehrfach zu unbequemen Situationen, die wohl jeder halbwegs bekannter Profi-Akteur in der Öffentlichkeit schon mal erlebt hat. Aber auch bezogen auf den verstorbenen (Film)sohn hat man immer mal wieder den Eindruck, dass die zwei französischen Darsteller autobiografisch-authentische Gefühle einfließen lassen. Während Huppert zwischendurch nur wenige Filmdurchhänger hatte und auf bekannt hohem Niveau agiert, erholt sich Depardieu, der während der letzten Jahre so einige Flops (künstlerisch wie kommerziell) hatte, von darstellerischen Faux-pas‘ und überzeugt mit ebenso zurückhaltendem wie schmerzhaftem Spiel. Inszenatorisch nimmt sich Valley of Love viel Zeit, um seine Sieben-Tage-Reise zu schildern und seinen beiden Hauptfiguren auf dem Weg ins tiefe Selbst zu begleiten. Dabei wird Nicloux‘ Film von Aufnahmen unterstützt, die nicht nur dann die extreme Hitze der Gegend physisch spürbar machen, wenn Gérard und Isabelle unter gleißender Mittagssonne im „Tal des Todes“ unterwegs sind, sondern auch in jenen Momenten, in denen der Herr Papa Nachts für ein bisschen Abkühlung oberkörperfrei vor dem Hotel herumläuft. Die Dialoge sind zwar für Freunde des französischen Kinos nicht unbekannt, strapazieren aber auch nicht mit überangestrengter Symbolik. Selbst wenn die zwei Protagonisten am Ende manifeste Male davontragen, wirkt das nicht überfrachtet oder mahnend, sondern steht nur sinnbildlich dafür, dass sie ihren Frieden gefunden haben – selbst wenn Michael eine ziemlich simple Botschaft überbringt.
Bild- und Tonqualität
Valley of Love ist während der hellen Szenen im Tal/Canyon durchaus scharf und sehr gut aufgelöst – allerdings nicht bis in die Randbereiche hinein. Die (zahlreichen) dunklen Szenen sind oft arg düster gehalten und selbst auf einem Direktstrahler (sprich: TV) hat man bei etwas Raumlichteinfall schon Schwierigkeiten, Einzelheiten zu erkennen. Naheinstellungen gelangen hingegen stets gut und die Bildruhe ist hoch. Farben kommen zudem extrem natürlich rüber.
Der Ton von Valley of Love bleibt selbst während der windigeren Szenen im Death Valley (77’30) vollkommen effektfrei und undynamisch. Der Sound bleibt fast vollständig frontlastig und konzentriert sich praktisch ausschließlich auf die Wiedergabe der Dialoge. Die geraten dann aber in der Tat sehr gut verständlich und kommen außerdem mit den gewohnten Synchronstimmen im Original. Wenn Gérard dann kurz vor seiner finalen Entdeckung steht, rieselt tatsächlich ein wenig Steingeröll mit Stereoeffekt vom linken Speaker das war’s in Sachen direktionaler Effekte. Die Filmmusik bleibt derweil meist dezent im Hintergrund. Einzig zu Beginn und am Ende brandet sie etwas stärker auf.
Bonusmaterial
Im Bonusmaterial von Valley of Love findet sich neben Programmtipps und den Filmtrailern noch ein knapp viertelstündiges Gespräch mit Regisseur Guillaume Nicloux. In dem spricht er über die extremen Temperaturen und darüber, wie man sich nach und nach dran gewöhnen konnte. Aber natürlich geht’s auch um die beiden Hauptdarsteller und über die Wichtigkeit, diese möglichst natürlich wirken zu lassen.
Fazit
Valley of Love ist französisches Drama von hoher Qualität mit hervorragenden Darstellern. Die inszenatorische Langsamkeit wird durch die der Geschichte zugrundeliegende Spannung wettgemacht. Frankophile Filmfans greifen ohne Bedenken zu.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 30%
Film: 70%
Anbieter: Conocrde Home
Land/Jahr: Frankreich/Belgien 2015
Regie: Guillaume Nicloux
Darsteller: Gérard Depardieu, Isabelle Huppert, Dan Warner, Aurélia Thiérrée
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr // dts HD-Master 2.0: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 92
Codec: AVC
FSK: 6