Blu-ray Review
OT: I Am Vengeance: Retaliation
„Scheiße rollt bergab“
Action für Fans von stiernackigen Ex-Wrestlern.
Inhalt
John Gold war mal ein verdienter Kämpfer im Dienste seines Landes. Dann jedoch fiel er in Ungnade, was sein Land ihm etwas übel genommen hat. Seitdem ist er ein bisschen auf der Flucht und erledigt irgendwelche Kopfgeldjägerjobs. Meist ist er aber in eigener Sache unterwegs und bringt einfach die Kerle um, die er für richtig scheiße hält. Nachdem er einen Stripclub aufgemischt hat, steht plötzlich ein alter Kontakt zur Regierung vor ihm und schlägt ihm einen Deal vor. Man habe herausgefunden, dass ein alter Widersacher von John, Sean Teague, doch nicht ganz so tot ist wie gedacht. Der Waffenhändler ist vor kurzem wieder aufgetaucht und John soll ihn nun finden und lebend an seine Regierung ausliefern. Schaffe er das, wäre alles, was man ihm vorwirft, vergeben und vergessen und John müsste nicht mehr davonlaufen. Kein schlechter Deal denkt sich John und schlägt ein. Es dauert nicht lange und John spürt den bösen Knilch in einem verlassenen Lagerkomplex auf. Doch Teague wäre kein harter Kerl, wenn er sich nicht zu wehren wüsste …
Es braucht kaum 10 Sekunden Laufzeit in diesen Film, bevor man weiß, in welche Richtung der Hase läuft und was den geneigten Zuschauer hier erwartet. Mit einer Filmmusik, die irgendwo zwischen Miami Vice und Stirb Langsam in den 80ern hängen geblieben ist, eröffnet dieser Actioner, dessen Besetzung – naja, sagen wir mal – nicht sonderlich viel erwarten lässt. Stu Bennett war mal Wrestler und hat lange Zeit in der WWE Körper und Kampfgeist zur Schau gestellt. Ein bisschen scheint man dem mittlerweile als Actionfilmdarsteller bekannten Herren seinen Werdegang anzusehen, wenn man in sein geschundenes Gesicht hinein schaut. Viel Schauspiel darf man von ihm jedenfalls nicht erwarten, und das hat er bisher auch noch nicht wirklich unter Beweis gestellt. 2018 gab er bereits einmal den John Gold in Vengeance Man – Rache kennt kein Limit und sorgte schon damals für ein paar platte Gesichter bei seinen Filmfeinden. Jetzt, so suggeriert der Untertitel, darf er noch mal richtig abrechnen, was für eine knackige Erwartungshaltung beim geneigten Actionfilm-Fan sorgt. Eine Erwartungshaltung, die der Film nicht erfüllen kann – da kann das Intro mit den hochwertigen Nacht- und Vogelperspektiven von London noch so toll aussehen und der CGI-Shot der Erde aus dem All noch so ansehnlich sein.
Allerdings ist schon die erste Szene mit unserem Hauptdarsteller sowas von anachronistisch 80er, dass es kracht. Da steigt unser guter John Gold aus seinem Muscle-Car aus, während die Kamera ihn von unten filmt und man den Regisseur förmlich sagen hört: „Hey, Stu. Wenn du aus dem Auto aussteigst, dann atme doch mal richtig tief ein. Lass deine Brust anschwellen, damit wir wissen hier geht’s richtig kernig zu.“ Und was tut Stu? Genau das!
Und wo geht unser Held nach dem brustschwellenden Einatmen hin? Na klar, in einen Stripclub. Und kaum ist er drin und hat noch nicht mal ein paar Worte gesprochen, verteilt er bereits derbe Fausthiebe in die erwartungsfrohen Gesichter seiner Gegner. Kein Wunder, dass sich der Herr hinter der Bar mit seiner Pumpgun dann auch noch völlig idiotisch verhält und John damit genau so nah vor die Brust tritt, dass dieser ihn mühelos entwaffnen kann. Was folgt, sind die dümmsten Dialoge, die man in den letzten 20 Jahren zu hören bekommen hat, vorgetragen von möglichst heiseren Synchronstimmen, damit auch hier ganz eindeutig wird: Das sind so ziemlich die härtesten Kerle, die man sich vorstellen kann. So hart, dass man den Film schon nach 15 Minuten am Ende wähnt, weil das Einsatzziel bereits erreicht ist. Weil man aber noch 60 Minuten weiterballern, rumkloppen und hanebüchene Dialoge präsentieren möchte, muss man sich halt noch etwas gedulden. Und ertragen, dass das Drehbuch mangels guter Ideen immer mehr Schergen in den Ring wirft. Es ist noch keine halbe Stunde vorbei und man droht ein wenig den Überblick über die ganzen zähneknirschenden Kerle und taffen Mädels im Spiel um Teague zu verlieren. Gut, dass sie sich nach und nach dezimieren, was spätestens nach 40 Minuten allerdings ziemlich ermüdend wird. Ständig die gleichen Keilereien und andauernd das gleiche idiotische Verhalten aller Beteiligten.
Das Krasse an Vengeance Man: Sämtliche Co-„Stars“ neben Stu Bennett untertreffen ihn noch in ihren Schauspielleistungen. Eine wie der andere gibt sich Mühe, dermaßen hölzern zu agieren, dass man den Glauben an Schauspielschulen verliert. Wenn dem Drehbuch dann auch noch einfällt, einen der Bösewichte wie ein kleines Kind auf der Stelle treten zu lassen, um zu visualisieren, dass er dringend mal austreten muss, fragt man sich ernsthaft welcher 13-jährige diese Skript verfasst hat. Auf der anderen Seite ist es natürlich ganz charmant zu wissen, das Johns Gegner schlicht und ergreifend Schießbudenfiguren bleiben werden – in schlecht programmierten Computerspielen würde man von einer dämlichen KI sprechen.
Obendrauf gibt’s die billigsten Kulissen, die aussehen, als hätte man sich irgendwo auf einem Schrottplatz eingemietet. Abwechslung? Fehlanzeige
Ach ja, und dann ist da noch Vinnie Jones. Der zeigt einmal mehr, dass seine grandios guten Darstellungen von „Big Chris“ und „Bullet-Tooth Tony“ in Guy Ritchies Bube, Dame, König, grAS und Snatch ziemliche Eintagsfliegen waren. Seitdem agiert der ehemalige Fußballprofi ungefähr auf dem Niveau eines Steven Seagal.
Immerhin nimmt sich Stu Bennett mitsamt seiner Figur nicht allzu ernst und lässt schon mal einen sarkastischen Kommentar fallen. Das tut er ähnlich dem Vorgänger, wo er auch mal einen knackigen Einzeiler präsentieren durfte. Auf die Frage seiner beeindruckten Teamkollegen, wie viel er wohl diese Woche schon umgebracht habe, antwortet er beispielsweise: „Fünf … bis jetzt.“
Ja, das ist nicht wirklich originell, aber in der Situation ringt es einem durchaus mal ein kleines Grinsen ab. Vielleicht ist das aber auch schon Galgenhumor beim Zuschauer. Originell sind übrigens auch die Kampfszenen nicht. Selbst wenn sie halbwegs gut choreografiert sind, muss man sich immer wieder wundern, in welchen Situationen sie entstehen und dass es immer wieder nach dem Schema läuft, sich lieber minutenlang die Fresse zu polieren als einmal die (vorhandene) Knarre zu zücken und kurzen Prozess zu machen – was natürlich auch daran liegen könnte, dass gleich vier Schergen mit halbautomatischen Waffen in einem Kugelhagel nicht in der Lage sind, zwei Gegner aus nächster Nähe zu treffen. Wie gesagt: Nach einer Weile wird das ziemlich eintönig und langweilig. Der Schauplatz bleibt durchweg praktisch der Gleiche und selbst Gegenschnitte zur Einsatzleitung sind nur von kurzer Dauer. Production Value ist jedenfalls nichts, was Vengeance Man – Die Abrechnung bietet. Innerhalb der 70 Minuten Laufzeit und ab dem Moment, da Teague aufgespürt wurde, beschränkt sich das Geschehen auf drei Orte – und die ähneln sich auch noch weitgehend. Die ganze Produktion sieht aus, als hätte man sie innerhalb von zwei Tagen im Kasten gehabt und hätte in den vorhandenen Lagerhallen einfach alles so fotografiert, wie man es vorgefunden hat. Es gibt nicht mal große Außenszenen. Das Meiste findet indoor statt. Ob Outdoor oder Indoor – den völlig nervigen Score, der pausenlos im Hintergrund vor sich hin wummert und hektische Action suggeriert, möchte man am liebsten in jene elektronische Retorte zurückschicken, aus der er gekommen ist. Wenn es ein gutes Argument für Ross Boyasks Film gibt, dann seine kurze Laufzeit von effektiv 78 Minuten.
Bild- und Tonqualität
Vengeance Man – Die Abrechnung ist sichtbar digital gefilmt und beginnt mit den Aufnahmen aus der Vogelperspektive, die London zwar recht kontraststark, aber ziemlich gefiltert und dennoch nicht frei von Unruhen darstellen. Da wuselt es in der Bewegung durchaus sichtbar und nicht gerade sehr schön. Auch der Satellit kurz darauf sieht nicht einwandfrei aus, sondern zeigt deutliches Rauschen und zahlreiche überstrahlte Oberflächen. Das ist ein Thema, das Blu-rays leider immer wieder passiert. Die hautnah gefilmten Szenen sehen besser aus und sind in der Durchzeichnung gut und in der Schärfe sogar wirklich annehmbar. In der Strip-Bar sind die Kontraste ebenfalls okay. Schwarzwerte kommen meist satt rüber und die Farben werden trotz schwieriger Übergänge ohne große Artefakte abgebildet. Banding oder ähnliches sieht man hier eher selten. Die Schärfe könnte allerdings gerade in Halbtotalen durchweg besser sein – zumal einige Einstellungen sichtbar abgesoftet wurden. Dafür ist die Bildruhe in aller Regel sehr gut.
Der Ton von Vengeance Man – Die Abrechnung liegt in DTS HD-Master vor und ist erstaunlich räumlich. Allerdings blubbert der Tiefton ziemlich undifferenziert vor sich hin, was immer mal wieder zu einem breiartigen Soundmatsch führt. Besitzer hochwertiger Anlagen werden das nicht goutieren. Dennoch gefällt die Räumlichkeit der Schießereien oder aber in Momenten, in denen aus dem Hintergrund Waffengerassel zu hören ist (22’55). Leider gehen die deutschen Dialoge ziemlich unter. Sie klingen dünn und sehr begrenzt auf dem Center. Wer hier die englische Fassung wählt, kommt mit authentischeren Stimmen über die Runden. Gegenüber dem wummernden Bass in der Bar fällt die Synchro massiv ab. Wechselt man hier auf den O-Ton, so ist der immer noch nicht optimal aber wesentlich offener und von der Lautstärke her auf ähnlicherem Niveau eingepegelt wie Soundeffekte und Musik.
Bonusmaterial
Außer ein paar Programmtipps und den Trailern zum Film gibt’s ansonsten nichts im Bonusbereich zu entdecken. Immer wieder ärgerlich, wenn man doch einfach mal ein paar Interviews oder ein kurzes Making-of hätte integrieren können.
Fazit
Vengeance Man – Die Abrechnung wäre in den 80ern irgendwo zwischen den Videotheken-B-Movies gelandet, deren Cover aussahen, wie jene von Metalbands aus der gleichen Zeit. Heutzutage kann man das einfach nicht mehr ernst nehmen. Wirklich nicht. Das bisschen integrierter Humor reicht dann auch nicht aus, um mit einem Hauch von Selbstironie gegen die unfassbar schlechten Darsteller sowie die auf Dauer ermüdenden Actionszenen anzukommen. Wirklich nur für absolute Action-Allesseher geeignet.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 10%
Film: 30%
Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: USA 2019
Regie: Ross Boyask
Darsteller: Stu Bennett, Vinnie Jones, Jacob Anderton, Lainy Boyle, Tony Cook, Katrina Durden
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 85
Codec: AVC
FSK: 16
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Tiberius Film)
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Trailer zu Vengeance Man – Die Abrechnung
So testet Blu-ray-rezensionen.net
Die Grundlage für die Bild- und Tonbewertung von Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays bildet sich aus der jahrelangen Expertise im Bereich von Rezensionen zu DVDs, Blu-rays und Ultra-HD-Blu-rays sowie Tests im Bereich der Hardware von Unterhaltungselektronik-Komponenten. Gut zehn Jahre lang beschäftigte ich mich professionell mit den technischen Aspekten von Heimkino-Projektoren, Blu-ray-Playern und TVs als Redakteur für die Magazine HEIMKINO, HIFI TEST TV VIDEO, PLAYER oder BLU-RAY-WELT. Während dieser Zeit partizipierte ich an Lehrgängen zum Thema professioneller Bildkalibrierung mit Color Facts und erlangte ein Zertifikat in ISF-Kalibrierung. Wer mehr über meinen Werdegang lesen möchte, kann dies hier tun —> Klick.
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- Center: Canton Vento 858.2
- Surroundspeaker: 2 x Canton Vento 890.2 DC
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- Heights: 4 x Canton Plus X.3
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- AV-Receiver: Pioneer SC-LX59
- Mini-DSP 2x4HD Boxed
Das Referenz-Equipment fürs Bild findet ihr wiederum hier aufgelistet. Dort steht auch, wie die Bildgeräte auf Norm kalibriert wurden. Denn selbstverständlich finden die Bildbewertungen ausschließlich mit möglichst perfekt kalibriertem Gerät statt, um den Eindruck nicht durch falsche Farbtemperaturen, -intensitäten oder irrigerweise aktivierten Bild“verbesserern“ zu verfälschen.
Man merkt das der Markt gerade Tot ist…nur Gurken hier 😉
Vinnie Jones finde ich eigentlich cool, leider waren die beiden besten Snatch und Bube, Dame.
Schöne Grüße
Ja, man merkt es leider so langsam 🙁
Ein geiles Review zum Film. Bild und Ton hat mich hier nicht interessiert. Aber der Film hat sich für mich, ohne ihn gesehen zu haben, was ich auch nicht nachholen werde, bereits jetzt schon gelohnt… Durch das Lesen deiner Ausführungen zu diesem Machwerk. Sehr schön. Bitte weiter so.
🙂
Ich rechne mich tatsächlich zu den Action-Allessehern – habe nur um die allerneuesten Seagal-Streifen einen Bogen gemacht, weil einem bei denen sehr schmerzlich vor Augen geführt wird, dass Lebenszeit dann doch endlich ist.
Von daher bin ich immer noch hin- und hergerissen, ob ich den Film kacke oder aufgrund seiner beabsichtigten Verbeugung vor dem 80er-Jahre-B-Action-Genre ganz sehr großartig finden würde …
Jedenfalls ist das so ein Kandidat für den 2-Euro-ReBuy-Kauf …
Wenn wenigstens Jennifer Lawrence und Morena Baccarin im Film wären…
LOL 😀 😀
Hi!
Ich bin immer wieder erstaunt was du dir für Filme anschaust. Und darüber auch noch seriöse Reviews schreibst.
Bei dem Exemplar hier, hätte ich von vorne rein nix anderes erwartet als das was du geschrieben hast.
Du gibst echt jeder Gurke ne faire Chance. 🙂
Manchmal schmecken Gurken ja auch ganz gut. Und manchmal macht es einfach Spaß, auch mal was flapsiger zu schreiben. 😉