Verborgene Schönheit – Alles gehört zusammen

Blu-ray Review

Verborgene Schönheit - Alles gehört zusammen Blu-ray Review Cover
Warner Home, 15.06.2017

OT: Collateral Beauty

 

 


Zurück ins Leben

Von Liebe, Zeit und Tod erzählt David Frankel in seinem jüngsten Film.

Inhalt

Howard ist vermutlich der kreativste und innovativste Kopf, den die Werbebranche je gesehen hat. Seit Kurzem allerdings ist aus dem „ist“ ein „war“ geworden, denn seine Tochter verstarb sechsjährig an Krebs. Seitdem bekommt er im Büro nur mehr kunstvolle Domino-Stein-Konstruktionen hin, die er verbittert wieder zum Einstürzen bringt. Privat versucht er Trost zu finden, indem er zynische Briefe an Tod, Liebe und Zeit schreibt. Wirken tut aber auch das nicht. Da Howards Firma aufgrund seiner Inaktivität langsam den Bach runterzugehen droht, was seine Partner kaum gut finden, beschließen diese, ihn für unzurechnungsfähig zu erklären. Sie lieben ihn, dringen aber einfach nicht mehr zu ihm durch. Als sie von den Briefen erfahren, engagieren sie Schauspieler, die Tod, Liebe und Zeit porträtieren und ihn konfrontieren – mit überraschendem Ausgang …

Will Smith hat es daheim in den USA nicht leicht. Immer wenn er versucht, in ernsten Filmen sein (zweifelsohne vorhandenes) Talent zu zeigen, hauen die dortigen Kritiker ihn ohne Unterlass in die Pfanne. So geschah es zuletzt bei Focus und ebenso nun bei David Frankels (Der Teufel trägt PradaVerborgene Schönheit. Manche Rezensenten dort wollten die Worte, die sie von den Charakteren gehört hatten direkt wieder „ausspucken“, andere meinten, das größte Wunder an dem Film sei, „dass er überhaupt gedreht wurde“. Die Verantwortlichen hinter „Der goldenen Himbeere“, dem Anti-Oscar, nominierten gleich die gesamte Besetzung „einst respektierter Akteure“ als schlimmste „screen combo“. Dass der Film in den Staaten dennoch gut 30 Mio. Dollar einspielen konnte (immerhin gegen die Konkurrenz von Rogue One), liegt sicherlich zum einen am herausragenden Cast, zum anderen aber daran, dass er viel besser ist als man ihm nachsagt. Eben kein billiger Tränenzieher, sondern ein ebenso melancholischer wie mutmachender und zugleich witziger Blick auf das Leben und den Tod. Neben Will Smith, der in seinen besten Szenen an seine Leistung aus Sieben Leben anknüpft, ist es vor allem Edward Norton, der so entspannt und amüsant agiert wie seit Glauben ist alles nicht mehr. Wenn er auf die Frage, ob er reich sei, mit „ich bin geschieden“ antwortet, mag das eigentlich platt klingen, funktioniert genau in diesem Moment aber wirklich prächtig. Neben Norton ist es Helen Mirren, die für charmanten Witz sorgt. Wenn sie sich als versierte Theaterschauspielerin darüber beschwert, dass heute niemand mehr etwas anschaut, was länger ist als acht Minuten, ist das gleichzeitig ein bissiger Kommentar und aus ihrem Mund einfach wunderbar sarkastisch. Ebenso karikiert sie das Blasierte am Schauspiel, wenn sie sich für den besten Akteur hält und am liebsten alle drei Rollen gleichzeitig spielen möchte. Wo wir gerade bei den Schauspielern sind: Eine absolute Entdeckung ist Jacob Latimore als Raffi. Schon in Sleight gab er eine hervorragende Vorstellung ab und als Zeit ist er frech, keck und gewitzt.

Natürlich ist Verborgene Schönheit aber keine Komödie, sondern eher eine moderne Fabel – fast sogar eine Weihnachtsfabel, wenngleich der ganze Glitzerschmuck eher beiläufig präsentiert wird. Während die erste halbe Stunde sich um einen leichten Ton bemüht, beginnt die melancholische Seite des Films, wenn Howard endlich zu sprechen beginnt und der Zuschauer damit beginnen kann, in seine Seele zu schauen. Will Smith, der mit grauen Anteilen in seinem Bart und den kurzen Haaren umso erwachsener und glaubwürdiger erscheint, den Vater zu spielen, der seine Tochter verloren hat. Der Schmerz steht ihm auch zwei Jahre später noch ins Gesicht geschrieben und er macht das richtig gut. Erstaunlich ist, dass sich komische und traurige Anteile nicht nur die Waage halten, sondern vorzüglich miteinander harmonieren. Keine der beiden Seiten wertet die andere herab. Außerdem ist es natürlich nicht nur Howard, der hier in gewisser Weise ins Leben zurückgeholt wird. Auch seine drei Partner haben ihr eigenes Kreuz zu tragen und die Kommunikation mit Zeit, Liebe und Tod bringt auch in ihnen Dinge hervor, die verborgen waren und raus mussten. Wenn man Verborgene Schönheit etwas Böses will, dann vielleicht, dass er (zum Beispiel im Gegensatz zu Manchester by the Sea) altmodisch ist. Altmodisch inszeniert und altmodisch konstruiert. Wenn man dem Film hingegen Gutes will, dann darf man darauf selbstbewusst antworten: „Na und!?“ Warum denn nicht mal ein altmodisches Märchen mit kitschigen Momenten? Warum nicht mal Streicher-Instrumente im Soundtrack, wenn Lebensweisheiten präsentiert werden? Es muss nicht immer möglichst authentisch sein wie in Manchester … oder möglichst rasant. Es darf auch mal nach traditionellem Muster erzählt werden (Regisseur Frankel gibt an, den Weihnachtsklassiker Ist das leben nicht schön? als Inspiration genommen zu haben) und man darf auch während des (halbwegs überraschenden) Endes durchaus mal eine Träne verdrücken. Ganz nebenbei gibt’s auch noch halbwegs tiefgründige Kommentare über Zeit, Liebe und Tod. Gerade Latimore gibt davon in seiner ersten Begegnung mit Howard eine Kostprobe. Gut, nicht alle Fäden werden ausfüllend zu Ende gesponnen (gerade die Nebenschauplätze der Partner werden arg schnell abgehandelt) und die Figur, die von Kate Winslet verkörpert wird, ist gar obsolet. Doch deshalb eine Durchschnittsbewertung von 3,5/10 (Rotten Tomatoes) oder 23 von 100 (Metacritic) zu verteilen, grenzt schon an böse Mutwilligkeit.

Bild- und Tonqualität

Warme Farben empfangen den Betrachter von Verborgene Schönheit und dazu gesellt sich eine Schärfe in Close-ups, die nahezu jede Hautpore offenbart. Die Dominosteine, die zu Beginn in sich zusammenfallen erstrahlen mit kräftigen Farben und in Sachen Bildruhe gibt sich die Blu-ray im Prinzip keine Blöße. Selbst die weniger gut ausgeleuchteten Szenen des auf Arri-Alexa-XT-Plus-Kameras vollkommen digital gedrehten Films neigen nicht zur Körnung. Allerdings wirken Gesichtsfarben in den dunkleren Szenen nicht mehr ganz so natürlich, neigen zu ganz leichten Farbflecken. Objekte sind hingegen gut umrissen und die Detailtiefe bei Totalen kann sich sehen lassen (13’40). Ab und an lassen sich leichte Randunschärfen im unteren Bildbereich beobachten, die man aber auch schon schlimmer gesehen hat – insgesamt ein sehr ausgewogenes und homogenes Bild.
Bei der Raumakustik hat Anbieter Warner mal wieder gegeizt. So kommt die deutsche Fassung lediglich mit einer veralteten Dolby-Digital-Spur und die dts-HD-Master-Fassung bleibt dem Originalton vorbehalten. Letzterer klingt schon während der Filmsongs wuchtiger und lässt die Dominosteine auch feiner und differenzierter fallen. Wobei die Räumlichkeit auch bei der deutschen DD-Version gut rüberkommt (ab 3’15). Insgesamt gibt Verborgene Schönheit allerdings nur selten Anlass für Dynamikausbrüche oder direktionale Effekte, sodass man die verlustfreie Tonspur nur selten wirklich vermisst und auch mit der Dolby-Digital-Variante klarkommen kann.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Verborgene Schönheit findet sich einzig das Featurette „Verborgene Schönheit entdecken“. Das läuft 15 Minuten und lässt die Darsteller und den Regisseur darüber erzählen, wie sie zum Projekt kamen. Von Smith über Kneightley zu Mirren waren alle vom Drehbuch derart bewegt, dass sie nur zusagen konnten.

Fazit

Verborgene Schönheit hat sicher seine Schönheits-fehler, dürfte aber zu den unterbewertetsten Filmen des letzten Jahres gehören. Für Freunde von melodramatischen Geschichten ebenso eine Empfehlung wie für Fans der jeweiligen (oder aller) Darsteller.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 90%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 40%
Film: 70%

Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: USA 2016
Regie: David Frankel
Darsteller: Will Smith, Kate Winslet, Helen Mirren, Edward Norton, Keira Knightley, Michael Peña, Naomie Harris, Jacob Latimore
Tonformate: dts HD-Master 5.1: en  // DD 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 6

Trailer zu Verborgene Schönheit

VERBORGENE SCHÖNHEIT - Trailer #4 Deutsch HD German (2017)

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