Blu-ray Review
OT: Verónica
Helden der Stille
Die Spanier zeigen dem US-Kino mal wieder, wie man Genrekino richtig macht.
Inhalt
Madrid, 1991: Seit dem Tod des Vaters kümmert sich Verónica, selbst noch Schülerin, darum, dass ihre drei kleinen Geschwister pünktlich zum Unterricht kommen. Weil ihr der Vater so sehr fehlt, nutzt sie mit zwei Schulfreundinnen während einer totalen Sonnenfinsternis ein Ouija-Brett. Ihr Wunsch, mit ihm in Kontakt zu treten, fördert allerdings böse Mächte herauf, die Veró gleich mal in eine Bewusstlosigkeit schicken. Zuhause mehren sich dann die merkwürdigen Geschehnisse und es scheint sich ein Poltergeist eingeschlichen zu haben. Dem Rat der blinden „Todesschwester“ folgend will Verónica nun nichts anderes, als ihre Geschwister vor den finsteren Mächten zu beschützen. Doch bald schon stellt sich die Frage, wie sie das anstellen soll …
Gäääähn … noch so ein Film mit einem Geisterbrett. So langsam sollten die Filmemacher und -produzenten doch wissen, dass man sich vor rumrückenden Gläsern auf Holzunterlagen nicht wirklich zu fürchten braucht – so jedenfalls könnte man denken. Wäre im Falle von Verónica – Spiel mit dem Teufel nicht Paco Plaza, für seine drei Filme [Rec], [Rec]² und [Rec]³: Génesis gefeierter Regisseur, der Mann auf dem Stuhl des Dirigenten. Der nahm sich ein reales Ereignis als Inspiration und schrieb obendrauf eine Geschichte von Geister-Heimsuchung. Dass er es anders angeht als die zahlreichen US-Gruselfilmchen mit gleichem Thema, merkt man schon während der Ouija-Brett-Szene. Parallel zu einer Sonnenfinsternis lässt er Verónica das Glas verrücken und wechselt dabei von den stimmungsvollen Szenen während der dunkel werdenden Planenten-Konstellation hin zu den Mädchen im Schulkeller. Dabei nutzt er ungewöhnliche Kameraeinstellungen und schaurige Musik. Schon diese Sequenz hat mehr Atmosphäre als ein kompletter US-Vertreter des Subgenres. Und wenn er nach 35 Minuten eine gruselige Gestalt durch die Wohnung wandeln lässt, die sich unscharf im Röhrenfernseher der Familie spiegelt, sollten Zuschauer, die für solche Schauer-Effekte empfänglich sind, schon mal das Kissen in Griffweite haben, um sich im Notfall die Sicht zu verdecken.
Verónica beschränkt sich aber nicht nur auf die Geister-Spuk-Geschichte, sondern integriert auch Themen des Heranwachsens und der Ängste eines Mädchens, das langsam zur Frau wird. Diese Furcht manifestiert sich in Träumen, die mit durchaus schockierenden Bildern aufwarten (ein bisschen Zombie integriert Plaza auch hier). Dazu mischt der Film einen kongenialen Mix aus 80er-Jahre-Synthie-Musik und spanischen Rocksongs (Verónica ist Fan der Héroes del Silencio), die in den besten Momenten den Thrill des Films begleiten und zu Höhepunkten treiben. Hervorragend funktioniert auch die Detailverliebtheit des Films. Der Zeitgeist der 80er/90er wird nicht nur über die entsprechende Kleidung und Musik transportiert, sondern auch über Ausstattungsdetails wie den Walkman (mitsamt orange-gelben Schaumstoffpolstern am Kopfhörer), das Senso-Spiel oder fluoreszierende Sterne an der Decke (wer hatte die nicht?). Da sich Paco Plaza auch nicht mit den üblichen Final-Showdowns abgibt, die von den Hollywood-Kollegen klischeehaft bemüht werden, ist Verónica bis zum Schluss erfrischend anders und erfrischend besser.
Bild- und Tonqualität
Das Bild von Verónica – Spiel mit dem Teufel ist während der Außenaufnahmen ein wenig kontrastschwach und trüb. In Innnenraumszenen sind Farben kräftiger, Schwarzwerte besser. Die Schärfe bleibt mittelmäßig – egal, ob man es mit Close-ups oder Halbtotalen zu tun hat. Sehr gut gelingt zunächst die Bildruhe, die auch in dunklen Szenen kaum zu Körnung oder Rauschen neigt. Allerdings gibt’s schon früh Banding-Effekte während der Sonnenfinsternis, die später im Finale noch drastischer werden und fast auf allen Schwarzflächen auftreten..
Akustisch beginnt Verónica aufregend und effektvoll. Die Polizei-Sirenen gelangen raumfüllend ins Heimkino, der Regen fällt aus allen Lautsprechern und die gurgelnden Geräusche des Unwesens wirken gespenstisch. Das bleibt bei jeder einzelnen Gruselattacke so gänsehauterregend. Ob das Stimmen sind, die aus allen Speakern kommen oder Dynamikattacken mit herumfliegenden Gegenständen. Einziges Manko: Die im Verhältnis etwas zu leise abgemischten Dialoge.
Bonusmaterial
Neben dem Trailer und einigen Programmtipps gibt’s nur noch eine Bildergalerie im Bonusmaterial von Verónica.
Fazit
Veónica hätte seinen deutschen Untertitel „Spiel mit dem Teufel“ gar nicht nötig gehabt. Denn damit legt man ihn unberechtigt nahe an den 2015er Ouija, dessen deutscher Bei-Name auf den Namen „Spiel NICHT mit dem Teufel“ lautet. Unberechtigt ist das deshalb, weil Paco Plazas Film viel besser ist als der US-Grusler, der nicht mal als Vorbild gedient haben dürfte. Absoluter Tipp, der schon auf dem FFF mit großem Lob bedacht wurde.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion):75 %
Bonusmaterial: 15%
Film: 75%
Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Spanien 2017
Regie: Paco Plaza
Darsteller: Sandra Escacena, Bruna González, Claudia Placer, Iván Chavero, Ana Torrent, Consuelo Trujillo
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, sp
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 105
Codec: AVC
FSK: 16