Warte, bis es dunkel wird

Blu-ray Review

Warte, bis es dunkel wird Blu-ray Review Steelbook Cover
Tiberius Film, seit 03.09.2015

OT: The Town that Dreaded Sundown

 


Für Marie

Mit Warte, bis es dunkel wird wartet ein echter Slasher im 70er-Jahre-Stil auf den Genrefan.

Inhalt

Texarkana liegt an der Grenze zwischen Texas und Arkansas und hat eine unrühmliche Serienmördergeschichte: Der Phantomkiller genannte Täter schlug drei Monate lang an Treffpunkten von Liebespaaren zu. Mitte der 70er nahm man diese Geschichte zum Anlass, einen Film über den Killer zu drehen. Ein Film, der noch heute zu Halloween gezeigt wird. Während einer solcher Vorführung in einem Autokino gruselt sich Jamie, die junge Freundin von Corey so sehr, dass er ihr vorschlägt, den Schauplatz zu verlassen. Im Muscle-Car geht’s raus zu einem heimeligen Plätzchen nahe des dunklen Waldrands. Ein wenig Smalltallk, ein bisschen fummeln und schwupps steht erneut ein maskierter Killer neben dem Auto. Der fackelt dann auch nicht lange, tötet den Corey mit zig Messerstichen und lässt Jamie mit einer bestimmten Botschaft laufen. Während die fortan auf eigene Verantwortung Nachforschungen anzustellen beginnt, fallen dem neuen Phantom immer mehr Kids zum Opfer. Während sich die radikalen Christen auf Seiten von Arkansas und Texas bestätigt fühlen, dass sie seit Jahren schon prophezeien, die Filmvorführungen würden praktisch eine Einladung für den Killer bedeuten, zurückzukommen, besinnt sich Jamie auf die Fakten. Dann, während einer Trauerfeier für die Opfer wird der vermeintliche Killer niedergeschossen. Es dauert jedoch nicht lange und die nächsten Opfer sind zu beklagen, offensichtlich hat man den Falschen erwischt …

Es ist 1976: Ein Film, der auf den Namen The Town thad Dreaded Sundown hört, stellt so etwas wie den Startschuss zu einem Subgenre dar, das während der letzten 20 Jahre einen Beitrag nach dem anderen hervorbrachte. Als True-Crime-Thriller vereint er dokumentarische Elemente mit fiktiver Erzählung, bleibt dabei aber näher an den tatsächlichen Erlebnissen als die zahlreichen Mockumentarys der letzten Jahre. Warte, bis es dunkel wird basiert auf eben jenem Film (der in Deutschland als Der Umleger vermarktet wurde und als Bonus auf der limitierten Steelbookvariante enthalten ist) und führt die Geschichte ins Jahr 2013 über. Regisseur Alfonso Gomez-Rejon, der schon für die Serie American Horror Story aktiv war, nutzt geschickt den 70er-Jahre-Style, um seine Quasi-Fortsetzung möglichst eng mit dem Original zu verknüpfen. Nicht nur ist der Film aus den 70ern praktisch die Initialzündung für die neuen Ereignisse, tragen die Mädels doch auch hier gerne bunte Klamotten und Schlaghosen, während die Kerle in Muscle-Cars aus den Siebzigern unterwegs sind. Optisch unterstützt Gomez-Rejon das Ganze mit weichgezeichneten Nahaufnahmen, krassen Lens-Flare-Effekten sowie extremen Zooms durch vordergründige „Hindernisse“ und damit verbundene zart-unscharfe Bilder. Häufig fällt die Nachmittagssonne schräg in Räume und sorgt für diffuses Licht oder das Mondlicht franst auf typische Weise rund um die Umrisse der Figuren aus. Filmfans werden sich zudem über das nostalgische Gefühl freuen, welches das alte ORION-Logo, das vor dem Film zu sehen ist, vermittelt. Man fühlt sich schlagartig erinnert an die Low-Budget-Genre-Produktionen der 80er. Warte, bis es dunkel wird ist damit eine unbedingte Verbeugung vor den Filmen dieser Zeit, verknüpft das Ganze aber auch noch mit heftiger Kritik an religiöser und provinzieller Kleinbürgerlichkeit.

Am Rande kann man sogar noch so etwas wie eine Coming-of-Age-Story erkennen, welche die Hauptfigur der Jamie betrifft. Spannungserzeugung hat der Regisseur übrigens auch auf dem Kasten, wenn er den Killer beispielsweise hinter einem der weiblichen Opfer herschickt, die sich auf Knien durch ein Kornfeld bewegt. Nicht nur hier gelingen sehr stimmungsvolle Kameraeinstellungen, die eine suggestive Anspannung erzeugen. Die finale Überraschung wirkt zwar etwas aus dem Hut gezaubert, was aber nicht so dramatisch ist, da der Film sich nicht durch einen möglichst unerwarteten Schlussgag definiert. Käufer des Steelbooks, die im Anschluss den als Bonus enthaltenden „Umleger“ im Vergleich schauen, werden ebenso wie jene, die das Original kennen, feststellen, dass Gomez-Rejon viel deutlicher als man meinen könnte, Szenen aus diesem zitiert. Wer erstaunt ist, dass Warte, bis es dunkel wird mit einem FSK-16-Logo daherkommt, darf sich gerne weiterwundern. Denn bei der gezeigten Gewalt, die oft eruptiv auf der Bildfläche erscheint, und die uncut vorliegt, hat die Freiwillige Selbstkontrolle auch schon mal das 18er-Siegel gezückt. Zwar sind die Attacken des Killers gleichmäßig über die Laufzeit verteilt, doch wenn er zuschlägt oder vielmehr -sticht, tut er das nicht nur einmal, sondern gnadenlos und über den Tod des Opfers hinaus. Auch für Gorefans gibt’s was zu schauen. Und das nicht nur in dem Moment, in dem sich eins der Opfer bei einem Sprung aus dem ersten Stock den Unterschenkel derart bricht, dass der Knochen dekorativ aus der Haut ragt. Effektvoll ist auch das Ableben von B-Movie-Veteran Gary Cole in der Rolle von Sheriff Tillman.

Bild- und Tonqualität

Unter dem Aspekt, dass Warte, bis es dunkel wird vollkommen durchstilisiert ist, kann man der Blu-ray attestieren, dass sie den gewünschten Look perfekt wiedergibt. Die Laufruhe ist extrem hoch, Rauschen oder Körnung ist nur während der eingefügten „Archivaufnahmen“ zu sehen und der Kontrastumfang ist durchaus hoch. Die Schärfe ist bewusst dem Softlook der 70er angepasst und deshalb maximal mittelprächtig.
Der Ton von Warte, bis es dunkel wird nutzt geschickt die stillen Momente von Jamies Ermittlungen, die er extrem unspektakulär und sehr dezent umsetzt, um während der krassen Tötungsdelikte sowohl in Sachen Effekte als auch bei der Dynamik förmlich aufzuleben. Vor allem die eingesetzten Sound- und Musikeffekte wissen zu gefallen, gelangen präzise, druckvoll und mit „Hallo-wach-Effekt“ ans Ohr.

Bonusmaterial

Dem limitierten Steelbook von Warte, bis es dunkel wird liegt, wie erwähnt, die Blu-ray des 76er Originals „Der Umleger“ bei, der wiederum mit einem Audiokommentar von Justin Beahm und Historiker Jim Presley ausgestattet ist. Dazu kommen noch (aktuelle) Interviews mit zwei der Darsteller und dem Kameramann sowie zwei Galerien und das Textfeaturette „Das Phantom von Texarkana“, das einige nette Anekdoten bereithält. Damit ist das Bonusmaterial des Originals reichhaltiger als das der Fortsetzung. Diese muss mit acht Interviews und einer B’Roll auskommen.

Fazit

Warte, bis es dunkel wird verbeugt sich vor dem Genrekino der 70er, integriert spürbare Gesellschaftskritik und macht sich äußerst effektiv sehr atmosphärische Kameraeinstellungen zunutze. Das tröstet größtenteils über die Längen hinweg, die entstehen, wenn Jamie ein wenig unleidenschaftlich ihren eigenen Nachforschungen nachgeht.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 50%
Film: 70%

Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: USA 2014 (1976)
Regie: Alfonso Gomez-Rejon
Darsteller: Addison Timlin, Veronica Cartwright, Travis Tope, Gary Cole, Joshua Leonard, Anthony Anderson
Tonformate (Warte, bis es dunkel wird): dts HD-Master 5.1: de, en
Tonformate (Der Umleger): dts HD-Master 2.0: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit (Warte, bis es dunkel wird): 86
Laufzeit (Der Umleger): 90
Codec: AVC
FSK: 16

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