Blu-ray Review
OT: Wer
Tödliche Krankheit
Wer – Das Biest in dir variiert das bekannte Werwolfthema und kann dabei durchaus überzeugen.
Inhalt
Talan Gwynek ist ein Hühne und noch dazu extrem behaart – ein perfekter Täter für den Mord an einem US-Amerikaner und seinem Sohn, zumindest für die französischen Behörden. Die überlebende Mutter beschrieb immerhin ein tierähnliches Wesen, das da aus dem Wald sprang und ihre Familie zerfetzte. Selbst schwer verletzt, fällt sie alsbald ins Koma. Jedenfalls kann Gwyneks Verteidigerin Kate Moore sie zunächst nicht befragen. Der Fall ist nicht nur rätselhaft, sondern auch politisch aufgeladen, denn Moore ist US-Amerikanerin und der vermeintliche Täter Franzose. Ein Besuch bei Talans Mutter offenbart, dass ihr Sohn unter einer Erbkrankheit leidet, die dafür sorgt, dass die Extremitäten stark verlängert und verknöchert sind. Eine Bewegung wird zunehmend schmerzhafter. Kate denkt, dass allein dies dafür reicht, die Unschuld des Außenseiters zu beweisen, da er die Tat wohl kaum hätte begehen können. Als auch noch ein Bär gefasst wird, der als „Täter“ in Frage kommt, soll eine letzte Untersuchung Talans Unschuld be- und seine Krankheit nachweisen. Es kommt, wie’s kommen muss: Der Test mit Stroboskoplicht endet in einer Katastrophe, einem wahren Blutbad. Jetzt ist die Frage nicht mehr, ob es Talan war, sondern wie man ihn stoppen kann …
Mockumentarys haben nach wie vor Hochkonjunktur und so nutzt Regisseur William Brent Bell auch für seine moderne Werwolf-Variante diese Stilform. Man darf und kann trefflich drüber diskutieren, ob das hier einen Sinn macht, allerdings ist Wer auch ohne die wackelige Handkamera ein handwerklich sehr gut gelungener und inhaltlich endlich mal interessanter Beitrag zum ausgelutschten Mensch-wird-zum-Wolf-Genre. Ich gebe zu, dass mich solcherart Filme nur selten vom Hocker reißen und ich (ähnlich wie es bei Vampirfilmen der Fall ist) kaum Spannung oder gar Grusel empfinde. Wer – Das Biest in dir hat aber nicht nur das übliche Klischee zu bieten, sondern nimmt auch abseits Stellung, bezieht sozialkritische Komponenten mit ein und baut so kontinuierlich Spannung auf. Spannung, die kurz vor dem letzten Drittel noch einmal intensiviert wird – dieses Mal unter Mitwirkung des Dokustils. Denn die auf die Waffen geschraubten Kameras bewirken nicht nur einen Shooter-Look, sondern funktionieren beim Anblick des kauernden Talans als intensive Gruselverstärkung. Auch die sich daran anschließenden Action-Sequenzen gefallen – vielleicht gerade durch den etwas kruden Mix aus innovativem Zeitraffer und etwas hakeligem Wire-Work.
Negativ fällt allerdings auf, dass man die französischen Behörden ziemlich dumm darstellt. So dumm, dass eine ach so aufgeklärte Amerikanerin kommen muss, um den Europäern zu sagen, was moralisch gerecht und verhältnismäßig ist. Inhaltlich ist das ärgerlich, wenngleich Hauptdarstellerin A.J. Cook ihre Sache gut macht und in vielen Momenten innerhalb ihrer Rolle ein wenig an Carrie Mathison bzw. Claire Danes aus Homeland erinnert.
Über diese dezente US-Arroganz helfen jedoch wohl dosierte Schockmomente, intensive Gewalteruptionen, ein packendes Finale und ein überzeugend agierender Simon Quaterman hinweg. Letzterer macht eine ziemlich drastische Verwandlung vor dem Spiegel durch.
Bild- und Tonqualität
Die Bildqualität von Wer ist abhängig von den verwendeten Kameras. Der Fake-Doku-Stil nutzt recht intensiv ein gröberes Korn und scheut auch vor Unschärfen nicht zurück. Die Kontrastdarstellung könnte ein wenig gelungener sein, denn Farben wirken etwas ausgeblichen und helle Bereiche sind einfach zu hell. Auf diese Weise kann Schwarz seine Kraft nicht entfalten und kommt zu gräulich rüber – ein insgesamt etwas nebliger Bildeindruck.
Akustisch werden die Kamerastörungen effektvoll auf die Rears übertragen, auch die Attacken des Killers gelangen räumlich ins Heimkino. Die Filmmusik von Wer – Das Biest in dir gelingt recht dynamisch und fungiert immer wieder sehr gut als Unterstützung des visuellen Horrors, was auch an einem tieffrequenten Dauerbrummeln liegt, das der Szenerie häufig unterlegt wurde. Im Finale darfs dann auch mal ordentlich rumpeln und krachen, wenn sich ein Hubschrauber in einer explosiven Wolke zum Ex-Helikopter entwickelt. Leider fehlt es den Dialogen der deutschen Spur etwas an Volumen. Sie klingen im Gegensatz zur englischen Fassung ziemlich dünn.
Bonusmaterial
Das Bonusmaterial von Wer – Das Biest in dir enthält ein elfminütiges Making-of, das den Film zwar nur grob zusammenfasst, aber auch ein paar Einblicke in die visuellen Effekte gibt. Das Feature „Stunt to Finish“ beschäftigt sich mit ein paar der Stuntsequenzen und drei Interviews mit dem Regisseur, der Hauptdarstellerin und dem Produzententeam runden das Paket ab.
Fazit
Wer – Das Biest in dir ist ein bis auf kleinere Details sehr gelungener und endlich mal etwas intelligenterer und tatsächlich gruseliger Beitrag zum ansonsten eher lächerlichen oder fantasylastigen Werwolf-Genre.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 75%
Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: USA 2013
Regie: William Brent Bell
Darsteller: A.J. Cook, Oaklee Pendergast, Sebastian Roché, Vik Sahay, Stephanie Lemelin, Angelina Armani
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 93
Codec: AVC
FSK: 18 (uncut)
(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Ascot Elite)