Wildauge – The Midwife

Blu-ray Review

Wildauge - The Midwife Blu-ray Review Cover
Lighthouse Entertainment, seit 22.01.2016

OT: Kätilö

 


Liebe zwischen den Fronten

Wenn eine finnische Hebamme sich im zweiten Weltkrieg in einen SS-Soldaten verliebt, ist das alles andere als einfach.

Inhalt

September 1944: Um den Waffenstillstand mit der Sowjetunion zu erfüllen und zu verhindern, dass man das Land an die vermutlich siegreichen Russen verliert, müssen die Finnen sämtliche deutschen Truppen bald aus dem Land vertrieben haben – nicht ganz einfach, wo man doch eigentlich verbündet ist. Mittendrin ist Hebamme Helena, die bei einer ihrer Geburtshelfen dem deutschen SS-Offizier Johannes begegnet. Für Helena ist klar, dass sie für diesen Mann alles tun würde. Also lässt sie sich in ein Kriegsgefangenenlager als Krankenschwester einschleusen, um bei dem dorthin versetzten Johann zu sein. Als sie das Lager irgendwann gemeinsam verlassen und sich im Nirgendwo zwischen Finnland und Russland befinden, kommen sie sich näher. Allerdings merkt Helena auch, dass die Dämonen der Kriegsbilder in Johanns Kopf nicht weichen wollen. Und dann nahen ja auch noch die Russen, was eine Verbindung zwischen einer Finnin und einem Deutschen umso schwieriger werden lässt …

Nach der Bestseller-Novelle von Katja Kettu inszeniert Antti Jokinen ein intensives Kriegsdrama, das berührt und erschüttert zugleich. Wildauge konzentriert sich auf die innige Beziehung zwischen Johannes und Helena, nutzt teilweise ganz direkt die sexuelle Spannung zwischen den beiden und bleibt dabei ebenso existenzialistisch wie die Buchvorlage. Es geht um nichts anderes als das nackte Überleben und eine scheinbar unmögliche Liebe in dieser Zeit. Anfängliche religiöse Momente werden bald in den Hintergrund gedrängt und weichen einer Leidenschaft, die zu exzessiver körperlicher Begegnung führt. Man merkt den Protagonisten an, wie sehr sie nach der langen Zeit der Enthaltsamkeit den anderen aufnehmen, spüren und erleben wollen. Vorgetragen wird das von zwei Darstellern, die ebenso natürlich wie kraftvoll mit ihren Rollen umgehen und keinerlei Scheu vor der direkten Art zeigen. Krista Kosonen und Lauri Tilkanen, zwei in Finnland gut beschäftigte Darsteller in TV-Filmen und -Serien bringen die nötige Ernsthaftigkeit genauso mit wie den tiefmelancholischen Blick, der ihr schwieriges Zusammensein zum Ausdruck bringt. Wildauge ist aber nicht nur ein Schauspielstück vor historischem Hintergrund, sondern auch eine Abrechnung mit einem Teil der finnischen Geschichte, die manche lieber verschweigen. Die Kollaboration zwischen Nazi-Deutschland und Finnland war nur an der Oberfläche „sauber“. Im Hintergrund kämpften die einheimischen Truppen an der deutschen Seite, um den Osten Kareliens zurückzuerobern. Auch die finnische Geheimpolizei arbeitete der Gestapo zu, was man in dem nordischen Land lange für unmöglich gehalten hatte. Zwar ist Lezteres nicht Thema von Wildauge, doch die krassen Zustände in den Gefangenenlagern sehr wohl. Man sieht, wie vor Ort Juden und kommunistische Kriegsgefangene exekutiert werden, während finnische Lagermitarbeiter für Übersetzung und Dokumentatoin sorgten. Leider nimmt die Liebesgeschichte zwischen Helena und Johannes im zweiten Teil des Filme kaum noch Raum ein und es geht vornehmlich um die Flucht Johannas aus dem Lager. Das bedeutet allerdings auch, dass die Spannung noch einmal steigt, bevor das Finale dann wieder

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Wildauge ist zwar lediglich mpeg-2-kodiert und weist mit knapp 20Mbps nicht mal eine sonderlich hohe Datenrate auf, doch es punktet mit kräftigen Kontrasten und sehr natürlichen (themenbedingt warmen und bräunlichen) Farben. Auch die fantastischen Aufnahmen der weitläufigen Landschaft kommen prächtig rüber und entbehren nicht einer hervorragenden Detailtiefe. Die Schärfe ist grundsätzlich okay, variiert auch nicht – einzig dezente Bewegungen auf Gesichtern verursachen schon mal ein leichtes Nachwischen.
Beim Sound ist zunächst ungewöhnlich, dass keine Originalspur vorliegt, sondern lediglich die synchronisierte Fassung, zu der man bei Bedarf englische Untertitel schalten kann. Akustisch ist Wildauge allerdings durchaus hervorragend gelungen. Das liegt zum einen an den eingestreuten Kriegsgeschehnissen, die äußerst voluminös und effektvoll aus allen Lautsprechern feuern (Fliegerangriff 25’40), zum anderen aber vor allem an den ruhigeren Momenten, die sich auf die Naturkulisse konzentrieren oder das Kriegsgetöse dumpf im Hintergrund belassen.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Wildauge hält lediglich einige Programmtipps bereit.

Fazit

Wildauge ist nicht nur die Verfilmung einer herausragenden Novelle, sondern ein glänzend gespieltes Kriegs- und Liebesdrama mit eindrucksvollen Bildern und eindringlichen Szenen – sowohl auf Seiten der Romanze als auch auf der der Kriegsgeschehnisse.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 80%
Bonusmaterial: 5%
Film: 75%

Anbieter: Lighthouse Entertainment
Land/Jahr: Finnland/Litauen 2015
Regie: Antti Jokinen
Darsteller: Krista Kosonen, Tommi Korpela, Andrius Ziurauskas, Lauri Tilkanen, Pirkka-Pekka Petelius, Johannes Brotherus
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 119
Codec: MPEG-2
FSK: 16

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