Wilde Hunde – Rabid Dogs

Blu-ray Review

Wilde Hunde - Rabid Dogs Blu-ray Review Cover
Tiberius Film, seit 04.05.2016

OT: Enragés


Nichts ist, wie es scheint

Hier kommt ein durchweg spannendes französisches Remake eines italienischen Thrillers

Inhalt

Der sorgsam geplante Überfall gerät zum katastrophalen Massaker, an dessen Ende gleich mehrere Polizisten tot sind. Auf ihrer Flucht schnappen sie sich eine Frau als Geisel, verlieren aber auch einen der Ihren. Beim Kapern eines alten Volvo haben sie zudem auch noch einen Familienvater mit kranker Tochter an der Backe, die eigentlich sofort für eine Nierentransplantation ins Krankenhaus müsste. Doch das scheint angesichts einer Hundertschaft an Polizisten, die Jagd auf die Gangster macht, in weite Ferne zu rücken …

1974 inszenierte Mario Bava seinen letzten Film: Wild Dogs wurde aufgrund des Konkurses der Produktionsfirma allerdings erst 1997, weit nach dessen Tod veröffentlicht. Wilde Hunde – Rabid Dogs nimmt sich der Geschichte nun erneut an und ändert dabei nur wenige Parameter. So wird aus dem Raub eines Geldtransports eines Pharmaunternehmens ein Überfall auf eine stationäre Filiale und man nimmt auch nur eine Frau als Geisel. Das erspart den Gangstern auch, die zweite der Geiseln zu erstechen, wie es in Bavas Abschlusswerk noch der Fall war. Auch die berühmten „32 Zentimeter“ fehlen (was niemand wirklich vermissen wird). Gegenüber dem stilistisch in den 70ern verwurzelten Original ist Hannezos Wilde Hunde natürlich zeitgemäß modern und stylisch. Schon die Vorstellung des Fluchtwagens, die per fest montierter Kamera auf dessen Stoßstange zelebriert wird, gerät cool und hip. Was beiden Filmen gemein ist, ist die sich entwickelnde Spannung aus der intimen und engen Situation. Wenn drei Gangster, eine Zivilistin, ein Vater und ein schlafendes Mädchen in einem Volvo vor den Staatsbediensteten flüchten, entwickeln sich intensive Dynamiken, die von sämtlichen Darstellern souverän vorgetragen werden. Vor allem Lambert Wilson (der Merowinger aus der Matrix-Trilogie) als Vater des Mädchens und Guillaume Gouix (The Returned) als Chef der Krimininellen überzeugen. Wilson, dem man von Anfang an mehr zutraut, als nur der besorgte Vater zu sein, geht mit der Situation abgeklärt um und Gouix ist für eine fragile Rolle wie der des überforderten Gangsters praktisch idealbesetzt. In Sachen Inszenierung mag man kaum glauben, dass es sich bei Wilde Hunde um Hannezos Regiedebüt handelt, denn er meistert sowohl die rasante Eröffnung als auch das kammerspielartige Thriller-Szenario im Anschluss, ohne Längen zu erzeugen oder allzu tief ins Klischee zu fallen. Herausragend auch die Kameraarbeit von Kamal Derkaoui, die aus dem klaustrophobischen Inneren des schwedischen Kombinationskraftwagens ein Maximum an Bilderdynamik herausholt.
Auch die elektronische Filmmusik, die bisweilen an John Carpenters Minimalsounds erinnert, funktioniert im Kontext der Bilder und der Geschichte vorzüglich. Und wenn Wilde Hunde dann am Ende eine durchaus überraschende Wendung nimmt, hat man einem durchweg unterhaltsamen Thriller beigewohnt.

Bild- und Tonqualität

Während der Nahaufnahmen stellt sich Wilde Hunde als äußerst krisp und scharf heraus. Erstaunlich gut und vor allem sehr ruhig und rauscharm präsentieren sich die Szenen in der Dunkelheit, die den zweiten Teil des Films über dominiert. Ganz leichte Unregelmäßigkeiten kann man wahrnehmen, wenn sich Objekte während der düsteren Einstellungen etwas schneller bewegen. Der gute Kontrastumfang sorgt dafür, dass Details auch im Dunkeln nicht absaufen und selbst Farben dann noch gut herausgearbeitet werden.
In Sachen Raumakustik wird vornehmlich der Soundtrack für eine dezente Effektwiedergabe benutzt. Auch die Außenaufnahmen erhalten schon mal etwas Gelegenheit, ein paar Sounds auf den Rearspeakern zu platzieren. Die Synchronisation von Wilde Hunde ist übeerraschend gut gelungen – sowohl die Stimmen der Gangster wirken authentisch als auch das Organ von Lambert Wilson. Wenn nach etwas über 62 Minuten die Jäger ihr Fest des Bären feiern und Gewehrsalven in die Luft feuern, wirds sogar ein bisschen dynamisch.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Wilde Hunde stehen lediglich Programmtipps und die Originaltrailer zum Film zur Verfügung.

Fazit

Wilde Hunde führt das finale Werk von Mario Bava ins neue Jahrtausend und sollte jedem Thrillerfan mit Affinität zum europäischen Kino gefallen. Gute Darsteller, eine wendungsreiche Story und die düstere Atmosphäre lassen den Film aus dem Einerlei herausragen.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 10%
Film: 75%

Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: Frankreich 2015
Regie: Éric Hannezo
Darsteller: François Arnaud, Lambert Wilson, Franck Gastambide, Gabrielle Lazure, Guillaume Gouix, Virginie Ledoyen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 94
Codec: AVC
FSK: 16

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