Winchester – Das Haus der Verdammten

Blu-ray Review

Winchester - Haus der Verdammten Blu-ray Review Cover
Splendid Film, 31.08.2018

OT: Winchester

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13 Nägel

Die Spierig-Brüder kümmern sich um eins der bekanntesten Spukhäuser der Welt.

Inhalt

San Jose zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sarah Winchester, die Witwe von William Winchester, hat 51% des Waffen-Imperiums ihres Mannes geerbt. Doch wirklich glücklich macht sie das nicht. Ihre gigantisch angelegte Villa lässt sie deshalb in pausenloser Weiterentwicklung zu einem unübersichtlichen Anwesen mit über 100 Zimmern ausbauen. Viele davon liegen auf halben Etage, Treppen führen ins Nirgendwo und nicht hinter jeder Tür ist auch ein Raum. Sarah fürchtet, die Geister der von den Waffen der eigenen Firma getöteten Menschen suchen sie heim und wollen sich rächen. Also baut sie ihnen dieses „Gefängnis“ und übernachtet stets in einem anderen Zimmer, um von den Gespenstern nicht gefunden zu werden. Da man innerhalb der Firmenführung fürchtet, die Witwe hätte den Verstand verloren, engagiert man Dr. Eric Price. Der Psychologe soll den geistigen Zustand Sarahs überprüfen. Doch bald schon scheint Price selbst Geister zu sehen und Stimmen über das Rohr-Kommunikationssystem zu hören. Fragt sich also, ob die Witwe Winchester nicht Recht hat …

Das titelgebende Winchester-Haus steht in der Tat in San Jose/Kalifornien und ist der Öffentlichkeit zugänglich. Die verwinkelten Gänge, absurd angebrachten Zimmer und geheimen Gänge dienten nun auch als Set für Winchester – Haus der Verdammten. Die australischen Spierig-Brüder, die zuletzt mit Jigsaw ins grobe Horrorfach eingriffen, wenden sich nun dem atmosphärischen Gruselfilm zu. Den haben sie bei überschaubaren Kosten von etwas über 3 Mio. Dollar erstaunlich prominent besetzt und vor allem toll ausgestattet. Zwar sind die Außenaufnahmen des Winchester-Hauses meist computergeneriert, da es seinerzeit ja noch nicht „fertig“ war, doch die Kostüme und Gestaltung der Räume vermittelt eindrücklich die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts. Auch die (wenigen) Szenen auf den Straßen lassen das ausgehende viktorianische Zeitalter aufleben. Dazu passen die sorgsam gewählten Dialoge, die vor allem aus Helen Mirrens Mund stets mit einem etwas dominant-sarkastischen Ton kommen. Die preisgekrönte Darstellerin, die zuvor nie in einem Gruselfilm mitwirkte, ist praktisch die perfekte Besetzung für die stets in schwarze Kleider und Schleier gehüllte Dame. Ein kluger Schachzug von Winchester, sie nicht als ängstliche und gebrechliche Frau zu zeigen, sondern als eine, die einen sehr gesunden Abstand zum Schaffen ihrer eigenen Firma hat und gleichzeitig konsequent an ihrer architektonischen Weiterentwicklung des Hauses arbeitet.

Atmosphäre ist das, was den Film der Spierigs ausmacht, während das Ziel von Winchester oft im Unklaren bleibt. Denn so richtig weiß man nicht, worum es hier am Ende geht. Will Price seiner Arbeit nachgehen oder seine eigene Vergangenheit bewältigen? Geht es wirklich um die vermeintlichen Geister, die von den Winchester-Waffen getötet wurden? Was hat es mit den drogengeschwängerten Zuständen des Psychologen auf sich? Während man also als Zuschauer bisweilen etwas rätselnd vor den Geschehnissen sitzt, begeht Winchester auch noch einen anderen Fehler: Er vernachlässigt die architektonische Besonderheit des Hauses. Zugunsten einer herkömmlichen Haunted-House-Inszenierung wird das absurd-bizarre des Gebäudes überhaupt nicht mehr genutzt, um für Spannung zu sorgen. Gerade die Konfrontationen mit den Geistern hätten so auch in jedem anderen Haus, jedem anderen Raum stattfinden können. Das ist vor allem deshalb schade, weil das Potenzial groß gewesen wäre. Schade, dass die Spierigs hier zum Finale hin viel zu viele Fäden lose hängen lassen und auf CGI-Mummenschanz setzen. Ganz zu schweigen von einer Auflösung, welche die zuvor geäußerte Kritik an den Waffen ad absurdum führt. Was bleibt, ist eine packende erste halbe Stunde, ein paar wirklich schöne Licht- und Schattenspiele, tolle Kostüme und zwei Hauptdarsteller. Denn Jason Clarke und Helen Mirren reißen es am Ende halbwegs wieder raus. Während Clarke zwar nach starkem Beginn mit zunehmender Film-Laufzeit in ein Rollen-Klischee verfällt, ist es Mirren, die in jeder Szene besser ist als der Film selbst. Vor allem während ihrer waffenkritischen Dialoge nimmt man ihr die Verbittertheit und den beißenden Zynismus ohne Zweifel ab. Ihr ist es zu verdanken, dass Winchester aus dem Haunted-House-Einerlei dann doch noch herausragt.

Bild- und Tonqualität

Absolut rauschfrei und laufstabil präsentiert sich das Bild von Winchester – Haus der Verdammten. Auch der Kontrastumfang in den Räumen ist prächtig. Ohne Zeichnung in dunklen Bereichen zu verlieren, präsentiert sich der Schwarzwert äußerst satt und die warm gefilterten Farben vermitteln eine angenehme Atmosphäre. Um das Gesicht von Mirren liegt stets ein leichter Schleier – bewusst, nicht technisch bedingt. Die Schärfe ist dennoch gut – gerade das Antlitz von Jason Clarke liefert stets eine Fülle an Details.
Was wäre ein Gruselfilm ohne die entsprechend effektvollen Sounds? Winchester macht ausgiebig Gebrauch von räumlichen und direktionalen Effekten. Schon das Klopfen und Arbeiten am Haus, das Tag und Nacht weitergebaut wird, gelangt gut ortbar ins Heimkino. Wenn Price dann über das Rohrsystem Stimmen hört, sind diese authentisch verhallt und erzeugen unwillkürlich Gänsehaut. Die zahlreichen Jumpscares werden dann mit entsprechenden Dynamiksprüngen zum Zuschauer gebracht. Auch der Score zeigt sich beeindruckend, wenngleich der letzte Druck vom Subwoofer fehlt. Macht aber nichts. Denn sobald die Winchester-Repetiergewehre in Anschlag gebracht und abgefeuert werden, zerfetzt praktisch sogar das heimische Holz im Kino.

Bonusmaterial

Das Bonusmaterial von Winchester setzt sich zusammen aus drei Interviews (je eins mit Helen Mirren, Jason Clarke und den Spierig-Brüdern) sowie einem Making-of und einem deutschen Featurette. Letzteres ist ein aus dem Off deutsch kommentierter Langtrailer, der Lust auf den Film machen soll. Das Making-of läuft gut 22 Minuten und istt weitaus ergiebiger als das kurze deutsche Featurette. Man wohnt den Probelesungen bei, erfährt mehr über die Kostüme und Sets sowie über die beteiligten Darsteller.

Fazit

Winchester beginnt vielversprechend und hat zwei tolle Darsteller zu bieten. Außerdem punktet er 30 Minuten lang mit toller Atmosphäre, bevor sie ihn verließen …
Bild und Ton reißen einiges raus und erzeugen Gänsehaut, wo der Film es inhaltlich nur bedingt schafft. Technisch eine der besseren Disks der letzten Monate.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 85%
Tonqualität (dt. Fassung): 85%
Tonqualität (Originalversion): 85%
Bonusmaterial: 40%
Film: 60%

Anbieter: Splendid Film
Land/Jahr: USA 2017
Regie: Michael Spierig, Peter Spierig
Darsteller: Helen Mirren, Sarah Snook, Jason Clark, Finn Scicluna-O’Prey, Emm Wiseman
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 99
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Splendid Film)

Trailer zu Winchester – Haus der Verdammten

Winchester - Das Haus der Verdammten - Kinotrailer Deutsch HD - Helen Mirren

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