Winterkartoffelknödel

Blu-ray Review

Winterkartoffelknödel Blu-ray Review Cover
EuroVideo/Constantin, seit 28.04.2015

OT: –

 


50 Shades of Niederkaltenkirchen

In der Fortsetzung von Dampfnudelblues gibt’s richtig KraWall…

Inhalt

Zuerst der Papa Neuhofer, dann der Sohn und dann die Mutter – es kann doch kein Zufall sein, dass innerhalb kürzester Zeit gleich drei aus der Familie zu Tode kommen. Jedenfalls denkt das Dorf-Gendarm Franz Eberhofer, der einen echten Mordfall wittert – einen Triple-Mordfall gar. Also macht er sich, sehr zum Leidwesen seiner Vorgesetzten, auf Spuren- und Tätersuche. Sein erster Verdacht fällt auf den noch übriggebliebenen Sohn Neuhofer, der als Alleinerbe plötzlich mit dickem Auto protzt. Doch da ist ja auch noch die neu zugereiste mondäne Mercedes, die Flötzinger für einen Ferrari hält und die sich ebenso überheblich wie geheimnisvoll gibt. Eberhofer muss mit der Hilfe seines mittlerweile zum Privatdetektiv mutierten Kumpel Rudi Birkenberger all seine kriminalistische Erfahrung der Zeit bei der Polizeiinspektion 43, Moosacher Straße, München Nord aufbringen, um diese knifflige Sache zu lösen …

Was die frühen Bucks für Norddeutschland oder die Thorwarths für das Ruhrgebiet sind, das könnten die Filme rund um Rita Falks Romanheld, dem Dorfpolizist Franz Eberhofer, für Bayern werden – mit Recht. Ähnlich schräg sind die Figuren und bisweilen wunderbar lakonisch die Dialoge in Winterkartoffelknödel. Wenn Flötzinger beim Stammtisch fragt, wie man das erste, vom Baucontainer zermatschte Opfer denn nun in einen Sarg bekäme, dann ist das nur ein Beispiel dafür. Ohnehin hat der bebrillte Freund von Franz die besten Sprüche im Repertoire und darf auch zwischendurch ein bisschen Slapstick betreiben. Dazu gibt es einfach urkomische Szenen, die in ihrer Skurrilität kaum zu übertreffen sind. Etwa wenn Vater (im Che Guevara-Shirt) und Oma Eberhofer mit dem Handkarren zur Demonstration gegen den Petrol-Terror anrücken und Farbbeutel werfen, während ihr Herr Sohn die beiden Vertreter der zukünftigen Tankstelle verhört. Oder wenn sich Papa Eberhofer im Cannabis-Rausch beim Holzhacken zwei Zehen amputiert. Ebenso wie das Dreier-Verhör des Kranfahrers („Albanisch ist komplizierte Sprache, viele Wörter“) haben diese Szenen allesamt etwas vom berühmten skandinavischen Humor: furztrocken und praktisch beiläufig, aber dafür saukomisch. Dazu passt natürlich auch der volkmusikalische Polka-Humpta-Soundtrack, der erstaunlich gut sogar in Actionszenen funktioniert. Dass Winterkartoffelknödel im Gegensatz zu Dampfnudelblues direkt fürs Kino produziert wurde, sieht man aufgrund der opulenteren Ausstattung durchgängig. Allerdings wäre der kurze Ausflug nach Teneriffa gar nicht nötig gewesen, zumal sich die Stimmung dort etwas verändert und nicht mehr so richtig zum Film selbst passt. Sehr gut passt das Verhältnis von Eberhofer und Birkenberger, die sich herrlich anzicken und von Franz‘ beständiger Grantelei leben. Wenn man genau hinschaut, dann kann man Eberhofer-Darsteller Sebastian Bezzel genau ein-, nein doch eher kein Mal lächeln sehen.

Bild- und Tonqualität

Mit kräftigen Farben, die einer recht warmen Filterung unterliegen und einer hohen Laufruhe gefällt das Bild von Winterkartoffelknödel vor allem in den hellen Szenen. In dunkleren Bereichen verliert der Kontrast an Durchzeichnung und Schattierungen nehmen eine etwas ungesunde Färbung an. Die Schärfe ist eher mittelprächtig – selbst in Nahaufnahmen bleibt sie auf durchschnittlichem Niveau. Besser schlägt sich der Ton: Winterkartoffelknödel ist während der Musikstücke und Soundtracksequenzen erstaunlich dynamisch, die Dialoge sind gut verständlich – also im Sinne der Akustik, denn die bayerische Mundart wird nicht jeder vollständig um- oder übersetzen können. Wer damit Schwierigkeiten hat, dem seien die Untertitel empfohlen. Eine luftige Atmosphäre während der vielen Außenszenen gesellt sich dazu und lässt den Film aus tonaler Sicht zu einer runden Sache werden.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Winterkartoffelknödel liest Autorin Rita Falk ein paar Szenen simultan zu den entsprechenden Filmszenen. Außerdem gibt’s zwei Interviews, zwei Musikvideos und ein Making-of. Letzteres läuft immerhin 33 Minuten und ist weit mehr als ein simples „Wir haben uns alle lieb“ vom Set. Ganz im Gegenteil: Man sieht, wie viel Spaß die Dreharbeiten gemacht haben und mit wie viel Herzblut alle bei der Sache waren.

Fazit

Wenn Heimatfilm, dann so! Ed Herzog hat mit seiner zweiten Umsetzung aus dem Eberhofer-Zyklus von Autorin Rita Falk den bajuwarischen Mundartfilm gründlich entstaubt. Winterkartoffelknödel ist witzig, ein bisschen anarchisch, unterhaltsam und famos besetzt. Da darf sogar Stephan Remmler eine Humpta-Version von Keine Sterne in Athen zum Besten geben, ohne Schiffbruch zu erleiden – kann… nein muaß ma moch’n!
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Bonusmaterial: 50%
Film: 80%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: Deutschland 2014
Regie: Ed Herzog
Darsteller: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Sigi Zimmerschied, Jeanette Hain, Sascha Alexander Gersak, Moritz Katmair
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de // Hörfilmfassung: de
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 12

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