Wish I Was Here

Blu-ray Review

Wish i was here Blu-ray Review Cover
EuroVideo, seit 26.03.2015

OT: Wish I Was Here

 


Lektionen des Lebens

Wenn ein Film mal nahezu alles richtig macht …

Inhalt

Weil Schauspieler Aidans letztes Engagement in einem Werbespot für Schuppen schon längere Zeit her ist und seine Frau Sarah die Familie ernährt, kommt es gar nicht passend, dass sein Vater Gabe just das Geld für die jüdische Privatschule von Aidans und Sahras Kindern Grace und Tucker gestrichen hat. Der Grund dafür ist allerdings auch nicht besser, denn bei Gabe ist der Krebs zurück. Schlimmer als zuvor hat die Krankheit seinen Körper bereits im Griff und so klammert er sich an eine Stammzellentherapie, die natürlich teuer ist. Von dem Moment an steht Aidan vor drei Problemen: Er muss seinen Kindern erklären, dass er sie von nun an zu Hause selbst unterrichten wird, er muss sich darum kümmern, dass für den bevorstehenden Tod seines Vaters Vorkehrungen getroffen werden und er muss sich zu allem Überfluss noch um dessen ungeliebten Hund kümmern. Vielleicht ist das Ganze aber auch eine Chance. Vielleicht lernen die Kids zu Hause mehr übers Leben als in der Schule und vielleicht lernt Aidan dabei auch, endlich mal Verantwortung zu übernehmen …

Zach Braff braucht nur zwei Filme, um als Regisseur zu beweisen, dass kein anderer amerikanischer Filmemacher liebenswürdiger Verlierertypen und -geschichten inszenieren kann als der [srubs]-Star. Zehn Jahre sind seit Garden State vergangen, Braffs Regie-Erstling und nun meldet sich der Schauspieler mit Wish I Was Here zurück. Dabei zeichnet seine neue Arbeit erneut ein unglaubliches Gespür für hintergründigen Witz und entwaffnende Ehrlichkeit aus. Wie Braff in seinem neuen Werk lustvoll gesellschaftspolitische Klischees bricht, sich zeitgleich über jüdische und arabische Stereotype amüsiert, ohne dabei auch nur eine Spur vorwurfsvoll rüberzukommen, das können nicht viele. Nur Braff schafft es, diese Elemente zu integrieren, ohne dass ihm jemand auch nur ansatzweise etwas übel nehmen kann. Und das sind nur die Nebenschauplätze von Wish I Was Here. Hauptsächlich geht’s um die unterschiedlichen Aspekte des Erwachsenwerdens – unabhänig vom Alter. Verantwortung übernehmen und trotzdem dabei das Kind in sich zu bewahren; Träume zu pflegen und dennoch dem Nachwuchs ein paar wichtige Dinge fürs Leben mitzugeben – Motive, die Braff sich praktisch selbst auf den Leib geschrieben hat, denn der ewige [scrubs]-Kindskopf ist die Idealbesetzung für einen Typen, der plötzlich merkt, dass er nicht mehr ganz so ungeplant in den Tag hineinleben kann. An seiner Seite ist Kate Hudson eine ebenso charmante, wie verständnisvoll agierende Ehefrau, die es trotz aller (auch eigener) Schwierigkeiten irgendwie schafft, den ruhenden Pol darzustellen.

Geradezu sensationell sind die beiden ansonsten oft schwierig zu besetzenden Rollen gecastet worden: Aidans und Sarahs Kids Grace und Tucker agieren dermaßen souverän, dass man kaum glaubt, es mit einem Neun- und einer Fünfzehnjärigen zu tun hat. Wie selbstverständlich agieren sie in ihren vollkommen unterschiedlichen Rollen – auf der einen Seite die strebsame Grace, die ihrem Vater erklärt, was sublementäre Winkel sind und auf der anderen Seite Tucker, dessen Schimpfworte rüberkommen als würde er seit dreißig Jahren am Stammtisch mit Kumpel um die Wette fluchen. Natürlich versammelt Braff auch ein paar seiner TV-Kollegen um sich, lässt Donald Faison als seriösen Aston-Martin-Verkäufer auftreten und konkurriert mit Jim „Big Bang Theory“ Parsons um eine Rolle als afroamerikanischer Angeklagter oder zukünftige Science-Fiction-Serien-Leiche. Für die nötige Portion Sarkasmus sorgt Homeland-Star Mandy Patinkin, der als Großvater Gabe dem Tod ins Auge blickt und sich darüber mockiert, welche Pilze Aidan in der Pfütze züchtet, die er seinen Pool nennt.
Vielleicht ist Wish I Was Here mitunter ein wenig zu überladen mit unterschiedlichen Themen, doch das ist spätestens vergessen, wenn Aidan und Tucker den Gartenzaun abreißen und neu bauen, während Grace ein Gedicht über eine Mauer vorträgt. Das ist nicht nur perfekte Arbeitsteilung beim Heimunterricht, sondern höchst poetisch inszeniert. Braff zeigt nicht nur in solchen Szenen, dass er so etwas wie der einzige Independent-Arthaus-Nachwuchsregisseur ist, den die USA zu bieten haben und der trotzdem die Unterhaltung nicht aus den Augen verliert.
Wish I Was Here wurde von 46.520 Spendern zur Hälfte über Crowdfunding finanziert und bestätigt, dass diese Art der monetären Sicherung Filme realisiert, die es verdient haben, gesehen zu werden. Nicht auszudenken, wenn Wish I Was Here studiofinanziert und entsprechend glattgebürstet worden wäre. Und wenn es doch noch irgendeinen Zweifler an Braffs jüngstem Werk gibt, dann sollte der spätestens dann schweigen, wenn Aidans Bruder im selbstgebastelten Comic-Kostüm mit Gleichgesinnten zu Paul Simons „Obvious Child“ auf der Comic-Con aufläuft – großartig! Überhaupt: Die Musik. Braff ist nicht nur ein guter Filmemacher und Schauspieler, sondern hat auch einen hervorragenden Musikgeschmack. Schon der Sountrack von Garden State war ein Hit und die Songs in Wish I Was Here stehen dem kaum nach. Von Paul Simon über Radical Face bis hin zu Gary Jules begleitet die Musik den Film kongenial.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Wish I Was Here punktet mit seinem ruhigen Bild und der Rauschfreiheit. Die Kontraste gerieten ausgewogen und die Farben recht natürlich. Halbtotale leiden etwas unter Randunschärfen, in der Mitte ist’s meist gut fokussiert.
Akustisch hält sich Wish I Was Here etwas zurück, lässt jedoch die Musik und Naturumgebungsgeräusche recht offen über die rückwärtigen Lautsprecher erklingen. Ein wenig Gewöhnung erfordern die deutschen Dialoge, denen es etwas an Höhen mangelt und die dadurch muffig klingen.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Wish I Was Here gibt’s neben entfernten Szenen und Outtakes noch das Feature „Directing While Acting“. In dem geht es natürlich um Braff, der gleichzeitig Regie führte und als Hauptdarsteller auftrat. In „The Music“ erklärt Kate Hudson (leider etwas kurz), wie wichtig die Filmmusik für Braff ist. Ein Questions & Answers Featurette lässt die beiden Hauptdarsteller auf Fragen von imdb-Usern antworten und stellt klar, dass Kate Hudson gerne mal eine Kampfszene mit Jennifer Lawrence hätte. „Featherly Advice“ gibt Mandy Patinkin die Möglichkeit, zu sagen, dass man als guter Vater weder die Geburt seines Kindes verpassen, noch sich über vollgemachte Windeln ärgern sollte.

Fazit

Wish I Was Here zeigt erneut, dass man den Glauben an ein unabhängiges US-Kino nicht zu verlieren braucht – man muss nur mitunter zehn Jahre drauf warten.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 40%
Film: 90%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Zach Braff
Darsteller: Zach Braff, Kate Hudson, Mandy Patinkin, Josh Gad, Joey King, Pierce Gagnon, Donald Faison
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 6

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