Blu-ray Review
OT: X-Men 2
Der beste zweite Teil aller Zeiten?
Auch die Fortsetzung der X-Men erscheint als UHD – ein Gewinn?
Inhalt
Während Magneto in seinem sicheren Knast aus Kunststoff sitzt, wird auf den US-Präsidenten (beinahe) ein Anschlag verübt. Kurt Wagner aka Nightcrawler dringt mit seinen Teleporter-Fähigkeiten bis ins Oval Office vor und hält dem Präsidenten ein Messer an die Kehle. Mit der Botschaft, allen Mutanten Freiheit zu gewähren, verlässt er aber dann wieder das Weiße Haus. Die daraus entstehende Aufruhr und die neue Stimmung gegen die Mutanten kommt dem Ex-Armee-Kommandeur und jetzigem Militär-Wissenschaftler Stryker gerade Recht. Der hegt eine scheinbar abgrundtiefe Abneigung gegen Mutanten und hätte sie am liebsten allesamt vom Erdboden getilgt. Aufgrund des Attentats erfährt er nun Rückendeckung und greift mit einer kleinen Armee die Schule von Charles Xavier an. Dabei scheint es ihm nicht nur um die Mutanten zu gehen, sondern vor allem um Cerebro, mit dem er einen finsteren Plan verfolgt. Da Strykers Vorhaben sämtlichen Mutanten das Leben kosten könnte und um Xavier aus der Gewalt des Wissenschaftlers zu befreien, schließt sich Logan mit dem (in der Zwischenzeit) geflohenem Magneto zusammen. Doch der führt etwas ganz Eigenes im Schilde …
Okay. Ich gebe zu, ich bin parteiisch. Zumindest wenn es um X-Men 2 geht. Denn keine andere Comic-Adaption, kein anderer Marvel-Titel (auch in der späteren Folge) konnte mich derart packen wie das zweite Abenteuer der Mutanten rund um Charles Xavier. War das Original noch ein Experiment von Singer und dem produzierenden Studio, folgte zwei Jahre später der erste Spider-Man von Sam Raimi, der einen gigantischen Erfolg hatte. Grund genug, auch eine Fortsetzung der X-Männer anzugehen – immerhin bot die Story genug Anlass für eine Weiterverfolgung.
Und damit sind wir auch schon bei dem Aspekt, der mich bis heute am meisten an diesem zweiten Teil fesselt: Die Geschichte und ihre unterliegenden Meta-Ebenen.
Neben einer sensationell inszenierten (und getricksten) Eröffnungs-Sequenz, in der Nightcrawler sich bis zum Präsidenten durchteleportiert (eine Szene, die mir heute noch eine Gänsehaut verpasst) nahm mich die Story von der ersten Sekunde an gefangen. X-Men 2 zeigt noch intensiver als der Vorgänger, dass sich Popcorn-Unterhaltung mit grandioser Tricktechnik und tiefgründigem Inhalt eben doch nicht zwangsläufig ausschließen müssen. Der Film von Bryan Singer (der erneut die Regie übernahm) macht von Beginn an deutlich, dass ein simples Schwarz/Weiß-Denken mit ihm nur schwer zu machen ist.
Nightcrawler, eine der tragischsten Figuren aus dem Mutanten-Universum, ist eben kein böser Attentäter. Und – noch perfider für das eigene Schubladen-Denken: Auch Stryker hat sein Päckchen zu tragen. Selbst wenn DER zunächst wirklich der Dämon in Militär-Uniform ist, der am liebsten sämtliche Mutanten vernichten würde. Der Kniff, auch aus Stryker einen Menschen mit Emotionen zu machen, der verbittert und aus Rachlust heraus agiert, macht es weniger leicht, sich zu positionieren.
Und weil man es gleich auf allen Ebenen mit vielen Zwischenschichten zu tun hat, machen Xaviers X-Men auch noch gemeinsame Sache mit Magneto – frei nach dem Motto: „Der Feind deines Feindes ist dein Freund“. Doch Magneto wäre eben nicht Magneto, wenn er nicht auch noch eine eigene (fiese) Idee hätte.
Diese zahlreichen Haupt- und Nebenstränge, Motivationen und Emotionen verknüpft Singer meisterlich mit den humorvollen und rasanten Einlagen des Films zu einem absolut herausragenden Ganzen. Bevor der erste Film des MCU überhaupt das Licht der Leinwand erblickte, hatte X-Men 2 schon die perfekte Comic-Adaption abgeliefert.
Was aber auch für den zweiten Teil steht, ist schon das, was viele Kritiker beim Vorgänger noch mit hochgezogenen Augenbrauen bewerteten: Was haben Patrick Stewart und Ian McKellen, zwei verdiente Shakespear-Bühnendarsteller, in diesem Nonsens zu suchen? So oder so ähnlich hieß es gerade in den Feuilletons dieser Welt. Doch schon Teil I strafte sie Lügen. Und Stewart, der zu den sympathischsten aller Schauspieler von der Insel gehört, hatte sich eben nicht schlecht, sondern ganz hervorragend beraten lassen, in diesem Franchise mitzuwirken. Sein Charles Xavier ist beinahe so ikonisch wie der kultige Cpt. Jean Luc Picard aus TNG.
Und Ian McKellen ist sogar mit Abschirm-Helm auf dem Kopf noch ein überzeugender Darsteller in der Rolle des Magneto. Gerade er schafft es vorzüglich, immer wieder die unbequemen „düsteren“ Fragen an den unverbesserlich gut- und sanftmütigen Positivisten Charles Xavier zu stellen. Beiden nimmt man ihre vermeintlich albernen Superhelden-Rollen, ohne auch nur eine Sekunde drüber nachzudenken, vollkommen ab. Und entgegen der Erwartungen der intellektuellen Kritik haben die Rollen ihrem Ansehen auch nicht geschadet.
An ihrer Seite wird das Ensemble rund um Halle Berry, Famke Janssen, Hugh Jackman, James Marsden und Anna Paquin noch um ein paar ambitionierte Jungdarsteller in Mutanten-Rollen sowie um Charaktergesicht Brian Cox als Stryker erweitert. Alle füllen ihre Rollen hervorragend aus, wobei Cyclops einfach die undankbarste Figur ist. Nicht nur sieht es albern aus, wenn er seine Superfähigkeit anwendet, wirkt Marsden stets zu glatt für die Rolle.
Schade ist auch hier, dass man auf den schon im ersten Teil aus Budgetgründen gestrichenen Charakter des Hank McCoy aka Biest verzichten muss. Wie viel Potenzial der treue Xavier-Gefolgsmann und Politiker schon in Teil I und II hätte entwickeln können, sieht man, wenn er in X-Men: Der letzte Widerstand endlich erstmals auftaucht.
Aber viel mehr Kritik lässt sich am rundum gelungenen X-Men 2 einfach nicht finden. Und selbst dieser Hauch von Mangel wird weggefegt, wenn die im zweiten Teil intensivierten Actionszenen auch noch für einen immensen Fun-Faktor sorgen.
Ja, ich bin parteiisch. Aber ich denke zu Recht.
Bild- und Tonqualität BD
Das Bild der Blu-ray von X-Men 2 ähnelt in den vorhandenen Mängeln dem ersten Teil wie ein Ei dem anderen. Soll heißen: Die Farben sind oft unnatürlich und übersättigt. Neutrale Flächen weisen (je nach genutzter Stimmung) unterschiedliche Farbstiche auf und in dunkleren, stärker beleuchteten Szenen matscht die Kolorierung sämtliche Details zu. Auch im zweiten Teil ist die Schärfe maximal mittelmäßig und eine Farbdifferenzierung bei satten Sequenzen ist kaum möglich. Das ist, wie schon beim Vorgänger, ein gerade mal mittelprächtiges Bild – verglichen mit heutigen Produktionen.
Verglichen mit heutigen Produktionen muss sich der Ton von X-Men 2 allerdings keineswegs verstecken. Schon alleine deshalb nicht, weil Anbieter 20th Century Fox auch heute noch auf reguläres dts setzt und bspw. ein Deadpool 2 nicht relevant viel besser klingt. Im Gegenteil: Was die Fortsetzung schon in der Titelsequenz an direktionalen Wusch- und Zischgeräuschen mit tieffrequentem Druck paart, ist absolut auf der Höhe der Zeit. Auch die Teleportations-Sounds von Nightcrawler sitzen und werden dermaßen präsent auf den jeweiligen Speakern abgelegt, dass man schon mal erstaunt zurückschreckt – was für eine (auch akustisch) fulminante Eröffnung.
Auf gleich hohem Niveau sind praktisch alle Actionszenen – bis hin zum Showdown in Strykers Basis.
Es sind aber nicht nur die dynamischen Momente, die hier Spaß machen, sondern vor allem auch die feinen Surround-Effekte. Wenn Logan sich von Xavier die Arbeit mit dem Cerebro erläutern lässt, hört man leise wispernde Stimmen rundherum. Hier säuselt es und dort flüstert es – fantastische Räumlichkeit inbegriffen. Vielleicht sind die deutschen Dialoge ein wenig zu abgehoben/losgelöst vom Rest, aber das ist Kritik auf hohem Niveau. Die englische dts-HD-Master-Fassung kann das nur geringfügig toppen und ist vielleicht eine Spur lauter, aber nicht sonderlich dynamischer.
Bild- und Tonqualität UHD
Wie X-Men drei Jahre zuvor, so wurde natürlich auch X-Men 2 auf 35mm Analogfilm aufgenommen. Neben den Panaflex-Panavision-Kameras kam hier auch eine seltenere Aaton 35-III zum Einsatz. Ausgehend vom 35mm-Film wurde auch hier ein richtiger 4K-Scan vorgenommen und per 4K-Digital-Intermediate aufs Medium UHD gebracht. Natürlich gibt’s auch hier die größere Bilddynamik (HDR10) sowie einen im Rahmen von Rec.2020 erweiterten Farbraum. Ähnlich wie beim Vorgänger präsentiert sich das Bild der UHD gegenüber der eher mittelprächtigen Blu-ray stark verbessert. So sieht man auch hier, dass die höhere Auflösung für eine wesentlich bessere Detailwiedergabe und -tiefe sorgt. Beispielhaft lässt sich dies an Stewarts Gesicht ablesen, dessen Struktur schon ohne jede Ausschnittsvergrößerung um Längen besser zu erkennen ist. Im Prinzip gelten also die gleichen positiven Eigenschaften wie bei der UHD von X-Men.
Neben der deutlich verbesserten Schärfe sind es vor allem die Farben, die jetzt wesentlich neutraler und natürlicher erscheinen. Sämtliche Farbstichigkeiten der BD sind Geschichte und Hauttöne sind nun natürlich-warm und nicht mehr so gelblastig.
Zwar ist das Korn in dunkleren Szenen über die UHD auch sichtbar, allerdings fällt es nicht stärker aus als über die Blu-ray. Und wenn man sich die unteren Screenshot-Vergleiche anschaut, so stellt sich die Frage, ob sich die UHD lohnt, eigentlich nicht mehr.
Bonusmaterial
Da 20th Century Fox hier nur die Einzel-Blu-ray mit dem Film integriert hat, fehlen die bekannten Extras von der Doppel-Blu-ray. Enthalten sind demnach nur die zwei Audiokommentar mit Bryan Singer und Kameramann Tom Sigel sowie den Produzenten (beide sind auch auf der UHD) und das In-Movie-Featurette, das bspw. Kommentare von Cast & Crew einblendet, enthalten.
Fazit
X-Men 2 bleibt auch 15 Jahre nach seiner Entstehung noch eine herausragende Comic-Verfilmung – inhaltlich, schauspielerisch, inszenatorisch und auch technisch. Über die UHD sieht er zudem besser aus als je zuvor – ein MUSS für den Fan des Franchise.
Timo Wolters
Bewertung
Bildqualität BD: 65%
Bildqualität UHD: 80%
Tonqualität BD/UHD (dt. Fassung): 90%
Tonqualität BD/UHD (Originalversion): 95%
Bonusmaterial: 40%
Film: 100%
Anbieter: 20th Century Fox
Land/Jahr: USA 2003
Regie: Bryan Singer
Darsteller: Sir Patrick Stewart, Hugh Jackman, Sir Ian McKellen, Halle Berry, Famke Janssen, James Marsden, Rebecca Romijn, Brian Cox, Alan Cumming, Bruce Davison, Anna Paquin
Tonformate BD: dts-HD-Master 5.1: en // dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 134
Codec BD: AVC
Codec UHD: HEVC
Real 4K: Ja (4K DI)
High Dynamic Range: HDR10
FSK: 12
(Copyright der Cover, Szenenbilder und Screenshots von BD und UHD liegt bei Anbieter: 20th Century Fox)