XX

Blu-ray Review

OT: XX

XX Blu-ray Review Cover
Koch Media, 26.05.2017

 


Quartett des Horrors

Vier Kurzgeschichten, vier Regisseurinnen, vier Hauptdarstellerinnen.c

Inhalt

Nachdem der kleine Danny in einer U-Bahn in die geheimnisvolle Box eines fremden Mannes schauen durfte, verweigert er zuhause jede Art von Nahrungsaufnahme. All seine Leibspeisen lässt er stehen und bringt seine Familie damit an den Rand der Verzweiflung. Komischerweise scheint es dem Kleinen trotz Gewichtsverlust dennoch gut zu gehen. Dann jedoch stellen auch Dannys Schwester und der Vater die Nahrungsaufnahme ein. Nur Mutter Susan isst weiter – sie wird es bereuen …
Die gut betuchte Mary (eine erwachsene Frau geworden: Melanie Lynskey aus Peter Jacksons Heavenly Creatures) bereitet die Geburtstagsparty für ihren Tochter Lucy vor. Doch bevor auch nur der erste Gast kommt, gilt es schon, eine Tragödie zu bewältigen …
Vier Freunde unternehmen einen Trip in die hügelige Natur und stolpern über ein paar geheimnisvolle Schriftzeichen an einem Höhleneingang. In der Nacht hat Gretchen, eine von ihnen, eine gruselige Erscheinung und mutiert kurze Zeit später zu einem blutrünstigen Monster …
Eine Mutter setzt alles daran, ihrem aktuell schwierig werdenden Sohn vor dessen 18. Geburtstag zu verheimlichen, wer sein wahrer Vater ist. Der Grund dafür könnte erklären, warum er zuletzt deutliche gewalttätige Tendenzen entwickelte und einer Mitschülerin einfach die Fingernägel abgezogen hat …

Bevor in Kürze auch „Triple X“ auf Blu-ray erscheint, gibt’s zunächst mal ein „Double X“ – und zwar in einem vollkommen anderen Genre. In XX taten sich vier ganz unterschiedliche Kolleginnen zusammen, um eine Vier-Story-Horror-Anthologie auf den Weg zu bringen. Das einzigartige daran: Alle vier Filme wurden von Frauen geschrieben, inszeniert und mit weiblichen Hauptfiguren besetzt.
Kurzfilm #1, Die Box basiert auf einer Geschichte von Jack Ketchum und wurde von Jovanka Vuckovic inszeniert. Die Filmemacherin hat für ihre Kurzgeschichten schon ein paar Preise eingeheimst und nutzt die Vorlage, um über einen klassischen MacGuffin ein stimmungsvolles Horrordrama zu inszenieren, das irgendwo zwischen Stephen Kings Thinner und We Are What We Are liegt. Ebenso wie Susan will der Zuschauer wissen, was in dieser kleinen Box war. Die Spannung bleibt deshalb bis zum Schluss aufrechterhalten.
#2, The Birthday Party wurde von Annie Clark inszeniert, die man unter ihrem Künstlernamen „St. Vincent“ als Multiinstrumentalistin und Performerin kennt. Ihr Regiedebüt für XX ist eine kleine, stylische und humorvolle Abhandlung über eine Kindergeburtstags-Party mit Hindernissen. Hier dominiert ganz klar der ironische Unterton, wenn Mutter Mary ihren toten Ehemann als Panda verkleidet in die Geburtstagsfeier integrieren muss. Der Horrorgedanke tritt hier in den Hintergrund.

„Don’t Fall“, der dritte Film, nutzt die bekannte Prämisse von vier jungen Freunden, die sich wandernd in eine abgelegene Gegend wagen und dort von einem Fluch heimgesucht werden, der schon bald seine blutigen Konsequenzen offenbart. Regisseurin Roxanne Benjamin (Southbound) nutzt die Story für den kürzesten, aber effektivsten Film mit bestem altmodischem Creature-Horror-Flair. Außerdem geht’s hier auch entsprechend blutig zu.
Die längste Geschichte erzählt Karyn Kusama, die erfahrenste und bekannteste der vier Kolleginnen (AEon Flux, Jennifer’s Body). In „Ihr einziger lebender Sohn“ taucht sie in knapp 25 Minuten stärker in die Tiefe der Figuren ein und entwickelt mehr Atmosphäre als ihre drei Vorgängerinnen. Mit deutlichen Elementen von We Need to Talk About Kevin ist es hier die Mutter, auf deren Seite man sich schlägt, wenn sie bald weder ihren Sohn, noch dessen Lehrer versteht, die sich hinter die brutalen Taten des Schülers stellen. Da finale Einstellung dieses Shorts ist dann auch das stärkste Bild des Vierteilers.
Zusammengehalten werden die Geschichten in XX im Übrigen von einigen ziemlich morbiden Stop-Motion-Segmenten, in denen Porzellanpuppen eine tragende Rolle spielen. Auch hier sollte die Regisseurin erwähnt werden. Sofia Carrillo bekommt zwar im Abspann den ersten Credit, taucht aber in Filmdatenbanken und innerhalb anderer Reviews nicht oder nur ganz am Rande auf. Von der Stimmung her, hätten diese tatsächlich genug hergegeben, um einen eigenen Kurzfilm mit ihren Figuren zu integrieren.

Bild- und Tonqualität

Die Bildqualität von XX liegt für einen Genrefilm, der relativ günstig produziert wurde, im oberen Bereich. Die Kontraste sind erstaunlich gut gelungen und liefern kräftige Farben vor recht ruhigem Hintergrund. Gerade die erstaunlich hohe Rauschfreiheit gefällt und die Auflösung lässt sogar die feine Rippenstruktur des schwarzen Kleids von Carlas Kleid sehr gut erkennen (25’06). Auch die dunklen Szenen sind gelungen und bleiben ruhig (43’00) – und weil das bei allen vier Geschichten konsistent bleibt, gibt’s hier eine respektable Wertung.
Akustisch bleibt’s bei xx verhältnismäßig vordergründig. Selbst die wenigen Actionszenen (48’00) liefern nur selten Effekte an die Rearspeaker – wie zum Beispiel bei den Glassplittern (48’30). Dafür werden sie aber von halbwegs wuchtigen Sub-Attacken begleitet (50’26) und die Stereo-Räumlichkeit ist sehr gut. Dialoge sind zudem gut verständlich.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von XX findet sich neben Trailern auch ein zweiteiliges Interview. Das erste, mit Jovanka Vuckovic und Karyn Kusama, verdeutlicht noch mal den Sinn der Anthologie und erzählt und von ihren Horror-Einflüssen. Vuckovic nennt hier vor allem Carpenter’s The Thing – sie selbst amüsiert sich etwas darüber, dass dort nicht mal EINE Frau eine Rolle spielt. Roxanne Benjamin und Annie Clark geben zu Wort, was sie zu ihren beiden Geschichten inspiriert hat. Ein kurzes Featurette fasst noch einmal zusammen, worum es geht – mehr ein verlängerter Trailer mit Interview-Schnipseln der Regisseurinnen.

Fazit

Das Niveau der Story steigert sich von der ersten bis zur letzten Geschichte in XX. Bei manchen hätte man sich etwas mehr Laufzeit und mehr Charaktertiefe gewünscht. Als Fingerübung für die vier Dirigentinnen ist diese Horror-Anthologie aber allemal gelungen und hat auch ein paar nette Bluteffekte zu bieten.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 75%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 40%
Film: 60%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: Kanada/USA 2017
Regie: Roxanne Benjamin, Karyn Kusama, Annie „St. Vincent“ Clark, Jovanka Vuckovic
Darsteller: Breeda Wool, Christina Kirk, Lindsay Burdge, Natalie Brown, Angela Trimbur, Brenda Wehle, Peyton Kennedy, Melanie Lynskey
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 81
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu XX

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