Year of the Shark

Blu-ray Review

EuroVideo, 20.04.2023

OT: L’année du requin

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Ruhestand mit Hindernissen

In diesem französischen Mix aus Komödie und Thriller fährt einer kurz vor der Rente stehenden Polizistin ein Hai in die Parade.

Inhalt

Bald ein Bein kürzer

Der Strand von La Pointe am Cap Ferret im Südwesten Frankreichs: Seit ihrem 22. Lebensjahr ist Maja als Gendarmeriebeamtin unterwegs und füllt ihren Beruf mit Leidenschaft aus. Nicht immer zu Gunsten ihres Mannes Thierry, der sich unglaublich danach sehnt, dass Maja endlich in den Ruhestand gehen kann. In fünf Tagen ist das soweit, denn die pflichtbewusste Beamtin steht vor ihrer letzten Dienstwoche. Eine ihrer letzten Amtshandlungen ist die Hilfe für ein Boot mit zwei Touristen, die behaupten, sie seien von etwas Großem gerammt worden. Maja tut’s ab und schiebt es auf die Unkenntnis der Touristen, was die Gewässer angeht. Doch als sie sich am nächsten Tag das trockengelegte Boot anschaut, sieht sie eine Bissmarke eines ziemlich großen Tieres. Und weil im Meer nicht allzu viele große Tiere rumschwimmen, geht sie von einem Hai aus. Als sie auch noch ein abgerissenes Bein eines zuvor vermissten Mannes im Wasser findet, steht fest, dass hier ein gefräßiges Viech am Werk ist. Während sie mit Mühe und Not die Betreiber des Strandspielplatzes und die Urlauber davon überzeugen kann, dass der Zugang zum Wasser für den Moment gesperrt wird, begibt sie sich mit  ihren Kollegen Blaise und Eugenie auf die Jagd. Ein Glücksschuss mit einem Betäubungspfeil macht das Tier fürs Erste kampfunfähig, sodass man ihn in ein Gehege einsperren kann. Maja möchte ihn wieder in die Freiheit entlassen, doch das erledigt der Hai kurz darauf selbst und tötet erneut. Nun entlädt sich der Hass der Einwohner auf Maja, die sie dafür verantwortlich machen …

Ja, es ist ein Hai

Steven Spielberg hat ihn salonfähig gemacht und Epigonen wie Renny Harlins Deep Blue Sea provoziert: Die Rede ist vom Hai-Thriller. Beileibe nicht jeder Beitrag des Haifilm-Subgenres darf jedoch als geglückt bezeichnet werden. Selbst die Fortsetzungen von Spielbergs Klassiker zeigten kaum Zähne und es dauerte einige Zeit, bis man mit kleinen, aber unglaublich spannenden Beiträgen neues Blut in den Knorpelfisch-Film pumpen konnte. Open Water war so ein Beispiel oder auch The Shallows in dem Blake Lively vom Hai verletzt auf einem Felsen und einer Boje ausharren musste. Derweil gesellten sich in den 2010er Jahren einige Haifilm-Verballhornungen hinzu, die das Genre genüsslich auf die Schippe nahmen – Sharknado und dessen Fortsetzungen dürften hier für die meisten ein Begriff sein. Die bewusst trashige Atmosphäre der Beiträge aus den Asylum-Studios war zwar nicht jedermanns Sache, nahm sich aber zu keiner Zeit ernst und fügte dem Hai-Film eine neue Note hinzu. Mit Year of the Shark wagt sich nun Frankreich mit einem neuen Beitrag in bekannte Gewässer. Die Regie übernahmen die jungen Brüder Ludovic und Zoran Boukherma. Denen war zuvor mit Teddy  ein launiger Werwolf-Film gelungen und nun nahmen sie sich ein weiteres Subgenre des Horrorfilms vor, um es mit humorvollen Aspekten anzureichern. Jetzt ist für deutsche Genussgewohnheiten durchaus mal Vorsicht geboten, wenn man es mit französischen Komödien zu tun hat. Nicht jede Art des französischen Humors funktioniert hierzulande (was im Falle gewisser deutscher Komödien vermutlich auf Gegenseitigkeit beruht). Es gibt gewiss auch unter den deutschsprachigen Filmfans eine kultische Verehrung des hyperaktiven Witzes eines Louis de Funès – Nein, doch … ooh.
Aber es gibt eben auch die mitunter sehr schwierigen Versuche, die Asterix & Obelix Geschichten ins Realfilm-Korsett zu stecken, und auch ein Die Besucher hat in Deutschland eher eine gering ausgeprägte Anhängerschaft. Da reibt man sich hierzulande durchaus verwundert die Nase, warum das alberne und grenzdebile Mittelalter-Spektakel in seinem Heimatland von fast 14 Mio. Zuschauern gesehen und zum fünfterfolgreichsten einheimischen Film aller Zeiten wurde. Nur mal zum Vergleich: Das sind zwei Mio. Zuschauer mehr als Tickets im (deutlich) bevölkerungsgrößeren Deutschland für den ersten Avatar gelöst wurden.

Anschauungsunterricht

Aber wir kommen vom Thema ab. Die beiden Boukhermas wählen nicht den Asylum-Weg und machen sich über den Hai-Thriller lustig. Im Gegenteil. Die humoristisch gewürzten Szenen beschränken sich vornehmlich auf den ersten Teil des Films und weichen fast vollständig, wenn die Spannung in der letzten halben Stunde steigt. Das wiederum führt zu einer Unstimmigkeit, die nur die hiesige Fassung betrifft. Denn was französischen Komödien in Deutschland zusätzlich nicht hilft, ist die mitunter überhöht auf Albernheit getrimmte Synchro – was auch hier leider wieder der Fall ist. Ja, Jean-Pascal Zadi hat einen sichtbaren Überbiss. Deshalb lispelt und zischelt er im Original aber lange nicht so wie in der deutschen Synchronfassung. Das lässt den zwar (zunächst) nicht als über die Maßen intelligent beschriebenen Charakter noch weit dümmer erscheinen als er im französischen Original ist. Und es verfälscht den Film auf eine gewisse Art und Weise. Da darf man von Glück reden, dass der sich mit den arg albernen Situationen überraschend zurückhält und Humor wie erwähnt eher dezent integriert. Man hätte schon aufgrund des Covers tatsächlich sogar deutlich schenkelklopfendere Szenen erwartet und darf hier angenehm überrascht sein. Man kann das als Zuschauer unentschlossen finden und läge damit so falsch nicht. Dennoch kann man dem Film nicht absprechen, dass er sich zum Schluss um Spannung bemüht und bekannten Genrebeiträgen nacheifert.

Gerade noch mal gut gegangen

Wo wir bei großen Vorbildern sind: Die Regiebrüder Ludovic & Zoran Boukherma geben im Making-of an, dass sie ihren Film ungerne mit Der weiße Hai in Verbindung gebracht sehen wollen, da sie sich nur wenig an ihm orientiert hätten. Wer aber die Aufstände der versammelten Menschen bei der Verkündung sieht, dass der Strand geschlossen werden soll, die erste (Angel)Jagd auf den Hai oder auch die gefilmten Situationen am Strand, der fragt sich dann durchaus, wie man auf die Idee kommen kann, Year of the Shark hätte nur ganz vereinzelt bei Spielbergs Klassiker abgeschaut. Da darf man dann als junges Filmemacherpaar ruhig aufrichtiger sein und zugeben, dass Der weiße Hai durchaus Inspiration geliefert hat. Um sich etwas vom Genre-Einerlei abzugrenzen, füttern die beiden Regisseure und Drehbuchautoren das Skript mit ein paar bissigen (haha) Kommentaren auf Tierschützer, den Klimaschutz und die Corona-Pandemie. Das allerdings wirkt nicht immer treffsicher, sondern etwas hölzern und arg plakativ. Im Falle der Kritik an der zunehmenden Verrohung durch soziale Medien (personifiziert durch die rothaarigen Zwillinge mit den ausgeprägten Nasen) wirkt’s sogar deplatziert. Dafür wechselt Year of the Shark dann im letzten Drittel zunehmend in Horrorfilm-Gefilde, scheut sich nicht vor brutalen Momenten und bietet sogar ein bisschen was für Fans von praktischen Masken.

Preis: 3,52 €
(Stand von: 2024/10/06 9:38 pm - Details
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18 neu von 3,52 €7 gebraucht von 2,69 €
Studio:
Format: Blu-ray
Spieldauer:
Erscheinungstermin: Thu, 20 Apr 2023
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Bild- und Tonqualität

Blutige Angelegenheit

Year of the Shark wurde komplett digital gefilmt. Zum Einsatz kamen Kameras von ARRI – wie bei einem Großteil der digitalen Produktionen. Ob ein 4K-DI erstellt wurde oder das Ganze auf einem 2K-DI basiert, ließ sich nicht herausfinden. Unabhängig davon beginnt das Bild maximal hell. Möglicherweise durchaus als bewusstes Stilmittel gewählt, überstrahlen die Wolken am blauen Himmel ein wenig und das Blau ist auch eher sehr hell geraten. Dazu sind Vogelperspektiven nie sonderlich scharf und werden eher von einer Art Weichzeichner begleitet. Ob’s eine Filterung ist, die hier für ockergelbe Säume an den weißen Rändern der Rutschen und aufblasbaren Wasserinseln (3’24) sorgt? In Innenräumen ist die Kontrastierung besser gelungen. Farben sind sehr kräftig und geben die gebräunten Gesichter so wieder, dass man sich augenblicklich im Urlaub wähnt. Auch Schwarzwerte sind dann satt und bleiben dennoch gut durchzeichnet. Die größte Herausforderung des Films wartet allerdings unter der Wasseroberfläche. Denn für jede Blu-ray und jedes Encoding bedeuten die feinen Helligkeitsübergänge unter dem Wasser Stress pur. Die Gefahr von Banding lauert überall und nur ein sehr hochwertiges Encoding mit gutem Datendurchsatz ist in der Lage, diese Farb-/Helligkeitsabstufungen sauber zu reproduzieren. Während das bei den heller durchleuchteten Unterwasser-Momenten noch der Fall ist, wird’s schwieriger, sobald es dunkler wird. Hier werden Abstufungen deutlich sichtbar und das gefürchtete Banding tritt in Erscheinung (5’22). Von da an sieht man es leider immer wieder – und immer dann, wenn’s etwas dunkler ist. Year of the Shark kommt mit zwei DTS-HD-Master-Spuren fürs Deutsche und Französische. Zwei Tonspuren, die durchaus überraschen. Doch dazu später. Zunächst einmal soll es kurz um die Dialoge gehen. Denn das größte Problem der deutschen Fassung ist die Verständlichkeit der Erzählstimme zu Beginn. Diese wird vom Center zu leise und euch etwas brummelig wiedergegeben. Der französische Ton macht’s besser und integriert das Organ des Sprechers homogener. Beide Tonfassungen haben aber einen Pluspunkt, der kaum wegzudiskutieren ist: Die Subwooferunterstützung. Was hier während der Hai-Attacken und einiger Musiksequenzen geboten wird, ist aller Ehren wert. Sogar die Surroundspeaker werden ausgiebig genutzt, wenn der Hai sein Werk verrichtet oder Maja auf die Jagd nach ihm geht.

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Bonusmaterial

Hielt (fast) immer zu seiner Frau

Na das ist doch mal etwas: 45 Minuten Making-of und nicht einfach nur der Trailer zum Film. Das Bonusmaterial von Year of the Shark kann sich durchaus sehen lassen. Aber nicht nur, weil es mit einer Dreiviertelstunde recht üppig ausgefallen ist, sondern weil man in der Tat eine Menge Einblick in die Arbeit des Regie-Bruderpaares bekommt. Wir erfahren nicht nur, dass sie große Stephen-King-Fans sind und sich für ihre Strandszenen von dessen fiktiver Stadt Castle Rock inspirieren ließen, sondern dass sie jede Szenen zweimal gedreht haben – einmal neutral und einmal witzig. Es wurde also erst im Schneideraum entschieden, ob man diese oder jene Szene nun in ihrer lustigen oder in ihrer ernsthaften Variante integriert. Von Spielbergs Der weiße Hai wollen sich beide Filmemacher aber distanziert wissen. Der Vergleich „nerve sie“ und man habe eine „ganz eigene“ Idee gehabt – aha.

Fazit

Year of the Shark hätte auf den dezent integrierten Humor besser ganz verzichten sollen. Denn wirklich witzig wird’s kaum und die spannenden Szenen gegen Ende sind insgesamt gelungener. Leider fährt dem Film die Besetzung dann auch noch in die Parade. Denn die Figuren sind mitunter bewusst ungeschickt charakterisiert und mit Schauspielern aus Komödien besetzt. Da wirkt die durchaus ernste letzte halbe Stunde zu den Darstellern unpassend. Recht gut schlägt sich das Bild, das nur unter teils sichtbarem Banding in den Unterwasserszenen leidet. Auch der Ton macht’s ordentlich und liefert erstaunlich viel Bass.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 60%
Film: 55%

Anbieter: EuroVideo
Land/Jahr: Frankreich 2022
Regie: Ludovic & Zoran Boukherma
Darsteller: Kad Merad, Jean-Pascal Zadi, Marina Foïs, Anwar El Kadi, Christine Gautier, Jean Boronat
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, fr
Untertitel: de
Bildformat: 2,39:1
Laufzeit: 89
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter EuroVideo)
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2 Kommentare
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Michael Speier

„Die Besucher“ wurde – wie so viele Filme – durch die deutsche Synchronisation zu einer albernen Lachnummer voller Kalauer. Im Original ist das eine Komödie voller Ironie, Sarkasmus und Wortwitz. Man sollte sich eher darüber wundern, warum die Deutschen über „Schenkelklopfer“ ala Rainer Brandt lachen, als wären sie auf dem Niveau von Teenagern hängengeblieben. .