Booka Shade – Galvany Street [Pure Audio Disk]

Blu-ray Review

Budde Music, 03.11.2017
Budde Music, 03.11.2017

OT: –

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Elektro-Pioniere

Futter für Freunde von 3D-Sound bei Musik.

Inhalt

Arno Kammermeier und Walter Merziger kennen sich schon lange und machen fast genauso lange gemeinsam Musik. Zunächst mit einer Formation, deren Name „Planet Claire“ dem gleichnamigen Song der B-52s entliehen wurde, gründeten die beiden aus Frankfurt stammenden Musiker ein paar Jahre später die Band neu und nannten sie Booka Shade. Seitdem haben sie diverse Alben veröffentlicht und gelten als Pioniere des House, Techno und Trance. Und sie haben einen Ruf als Liveact – was im Elektronikbereich stets eine besondere Auszeichnung ist. Für ihr achtes Studioalbum kehrten sie aber sowohl dem reinen Agieren als Duo als auch dem Elektrosound etwas den Rücken. Man holte sich mehrere Gastsänger ins Boot und integrierte mehr Indiepop in die Strombeats. Herausgekommen ist ein recht gefälliges Album, dessen erster Track, Digging a Hole, zum Radiohit wurde. Und weil man auch in Sachen Soundproduktion Vorreiter ist, hat man sich im Zuge des Erfolgs des Albums entschlossen, das Ganze noch mal neu aufzulegen – und zwar als Pure Audio Blu-ray mit (untere anderem) einer Dolby-Atmos-Abmischung. Bevor’s aber an die technische Auseinandersetzung mit der Abmischung geht, noch ein paar persönliche Worte zu Band und Musik.

Booka Shade … ähm, Booka wer?
Okay, ich geb’s zu: Mein Horizont von elektronischer Musik fängt bei Moby an und hört bei … ähm … Moby wieder auf.
Zwar war ich in den 80ern und frühen 90ern ein durchaus großer Fan von Yello und Propaganda, doch der Synthie-Pop glitt mir dann langsam durch die Finger und die zahlreichen elektronisch geprägten Nachfolger des neuen Jahrtausends füllten die Diskotheken und Tanzflore ohne meine Anwesenheit.
Dass ich mit drei großen Fragezeichen (nein, nicht Justus, Peter und Bob) an diese Pure Audio Blu-ray ging, ist dabei definitiv keine Übertreibung. Der Name sagte mir tatsächlich genau Nichts.
… bis zu den ersten Sounds von Track 1. „Ah, okay. DIE sind’s“, raunte es in mir. Denn entsprechender Radiomusik kann man ja selbst unter Anstrengung nicht immer entfliehen. Und der mit Craig Walker (Ex-Archive-Sänger) gemeinsam aufgenommene Song „Digging a Hole“ ist nun mal ein ziemlich großer Hit gewesen und hatte massiv Airplay.
Im Zuge der Rezension führt man sich dann auch mal ein paar ältere Songs zu Gemüte. Hört bspw. Body Language, wohl einen ihrer ersten Hits, der seinerzeit mit Patrick Bodmer und Philipp Jung aka M.A.N.D.Y. produziert wurde – im Übrigen zwei weitere Künstler, die mir absolut nichts sagen. Dass das gemeinsame Plattenlabel „Get Physical Music“ aber ein sehr erfolgreiches und weltweit anerkanntes ist, das lässt sich dann schnell recherchieren. Der Song, um das kurz abzuschließen, ist in meinen Ohren allerdings etwas nichtssagend.
Wenn man etwas tiefer gräbt, erfährt man dann, dass Booka Shade auf auf Jazz-Festivals gern gesehene Gäste sind und schon Remixe für Band wie Depeche Mode, Kings of Leon oder – ach nee – Moby angefertigt haben. Womit sich der Kreis dann irgendwie schließt, meine Wenigkeit um eine musikalische Erfahrung reicher ist und wir uns dem Sound zuwenden können.

Tonqualität Stereo und Atmos

Bisher gehört vor allem eine Atmos-Blu-ray immer noch zur absoluten Referenz, wenn es darum geht, saubere und äußerst räumliche Abmischungen zu präsentieren: Kraftwerks 12345678 – 3D Der Katalog.
Bevor wir aber die Atmos-Variante aktivieren, geben wir kurz mal dem Stereo-Sound die Chance …
Okay, langt.
Spaß beiseite: So schlecht klingen Booka Shade auch über zwei Speaker nicht. Die Bühne baut sich in Digging a Hole schön auf und während der äußerst griffigen Electrosounds meint man fast, dass ein paar mehr Lautsprecher ihr Werk verrichten. Untenrum fehlt’s aber einfach ein bisschen an Punch. Selbst über potente Speaker könnte der Bass etwas kräftiger zupacken – für elektronische Musik ja durchaus nicht ungewöhnlich, habe ich mir sagen lassen.
Wechseln wir also auf die Atmos-Fassung … und … wow.
… akute Sprachlosigkeit …

Es dauert ein wenig, bis man den Mund wieder hochgeklappt bekommt, weil man für einen Moment in totales Erstaunen und maximale akustische Verzückung geriet.
Als öffne sich ein Vorhang, der zuvor gefühlt 25 Lautsprecher verhüllt hatte, wirkt Digging a Hole nun, als säße man inmitten der einzelnen Elektroniksounds. Die einzelnen Töne der Grundmelodie wandern derart greifbar über alle vorhandenen neun Lautsprecher, dass man ihnen nachgehen könnte. Mal schwillt die Soundwand auf dem rechten Surroundspeaker an und wird dann zum linken rüber gereicht. Die zischelnden Sounds nach 3’20 werden derart fein aufgelöst, dass man aus dem Staunen kaum heraus kommt und Craig Walkers Stimme klingt um Welten klarer und präsenter als noch über die Stereo-Spur.
Schön kräftig ist auch der Tiefbass im vierten Track, Broken Skin. Nach ungefähr zwei Minuten des Songs setzt er ein und bewirkt ein nette Hosenflattern, wenn man entsprechend potente Subwoofer betreibt. Gleiches gilt auch für den Bassteppich zu Beginn von Eyes Open, der das Heimkino in Vibration versetzt.
Selbst wenn nach den ersten beiden großartigen 3D-Sound-Stücken die Ideen für die Nutzung der Heights etwas nachlassen, macht das Album (ganz ohne Witz) mehr Spaß in der Atmos-Mischung als rein Stereo gehört.

Fazit

Booka Shades Galvany Street ist ganz offensichtlich wie geschaffen für eine Dolby-Atmos-Abmischung. Selten hat man elektronische Musik so räumlich, griffig und fein aufgelöst hören können. Derjenige, der hier an den Reglern saß, um das Album noch mal Ton für Ton auseinander zu nehmen und neu aufzusetzen, weiß ziemlich genau, was er tut. Und mit einem guten Setup kommt die Atmos-Fassung in Reichweite der Kraftwerk-Referenz. Ganz großes akustisches Kino, das nur darunter etwas leidet, dass das Album nicht zwingend elf Highlights in Sachen Songwriting bietet.
Aktuell gibt’s noch zwei Shops, die die (ansonsten nicht mehr erhältliche) Pure Audio Blu-ray anbieten. Zum einen bekommt man sie über Grobi.TV (dort dann die Scheibe als Single-Disk) oder als limitierte Box-Version, die neben der Pure Audio BD noch die reguläre 2-CD-Deluxe-Edition und die LP des Albums enthält sowie drei 12“-Scheiben. Letztere gibt’s bei Anbieter JPC.
Timo Wolters


Bewertung Album

2.0 PCM Stereo (Tonqualität): 75%
Dolby Atmos (Tonqualität): 95%
Dolby Atmos (Kreativität/Umsetzung): 90%

Anbieter: Budde Music Germany
Land/Jahr: Deutschland 2017
Tonformate: LPCM Stereo 2.0 48kHz // Dolby Atmos (True HD Kern) // Headphone Surround 3D
Laufzeit: 47#17
Codec: AVC
FSK: 0

(Copyright der Cover und Bilder liegt bei Anbieter Budde Music Germany)

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2 Kommentare
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Andi

Hallo. Find ich toll das du dir die Scheibe mal zu Gemüte geführt hast. Bin begeistert von der Abmischung und auch die Musik im Allgemeinen weiß zu gefallen wie ich finde. Es gibt mittlerweile auch ne neue. Nämlich das Album Dear Future Self hat auch ne neu Abtastung erfahren. Die ist nochmal um einiges beeindruckender von der Abmischung her. Die Tracks sind da Club/Dance tauglicher und weniger poppig. Kann ich nur jeden empfehlen. Nebenbei danke für deine tollen Reviews, bist mittlerweile meine Anlaufstelle Nr 1.