Schändung – Die Fasanentöter

Blu-ray Review

Schändung - Die Fasanentöter Blu-ray Review Cover
Warner Home, seit 27.08.2015

OT: Fasandraeberne

 


Der Araber und der Säufer

Nach Erbarmen folgt mit Schändung – Die Fasanentöter die erhoffte zweite Verfilmung der Romanreihe von Jussi Adler-Olsen.

Inhalt

Obschon ihr erster Auftrag erfolgreich zu Ende gebracht wurde, ist das Sonderdezernat Q bei den Kollegen nur bedingt beliebt. „Kellerasseln“ ist noch das freundlichste Wort, das man für die zwei Ermittler übrig hat, die sich mit alten, bisher ungelösten Fällen beschäftigen. Als Carl Mørck nach einer Party von einem scheinbar betrunkenen alten Mann bezüglich einer Akte angesprochen wird, die er wohl noch nicht gelesen habe, misst der Ermittler dem keine Bedeutung bei. Bis anderntats die Leiche eben jenes Herren gefunden wird. Der Mann entpuppt sich als Ex-Komissar, dessen Zwillingskinder 20 Jahre zuvor brutal ermordet wurden. Trotzdem die Tat damals angeblich aufgeklärt wurde, recherchierte er weiter, weil er nicht glaubte, dass der dafür bezichtigte Täter auch wirklich der Mörder war. Mørcks Interesse ist geweckt und bald schon entdeckt er Widersprüche in den damaligen Ermittlungen. Gemeinsam mit Assad ermittelt er schnell eine Gemeinsamkeit bei dieser und vielen anderen Taten: Sie wurden allesamt an einem Sonntag begangen – eben jenem Tag, den die Schüler eines hiesigen Internats zu ihrer freien Verfügung hatten. Die weiteren Nachforschungen bringen das Team auf die Spur einer der damaligen Schülerinnen: Kirsten-Marie, genannt Kimmie, könnte die Täter kennen. Leider ist die Frau in der Zwischenzeit arg abgestürzt und nicht immer bei Sinnen …

Schändung – Die Fasanentöter ist nach Erbarmen der zweite Roman des skandinavischen Krimiautoren Jussi Adler-Olsen und erneut inszeniert Mikkel Nørgaard dessen Verfilmung. Dabei bedient er sich grundsätzlich der gleichen Elemente wie im Vorgänger, nutzt beispielsweise sehr geschickt zwei Erzählebenen und entfaltet auf diese Weise nach und nach vor dem Zuschauer, was sich abgespielt hat. Selbstredend sind auch hier wieder Nikolaj Lie Kaas und der großartige Fares Fares als ungleiches Ermittlerpaar Mørck/Assad mit von der Partie. Was aber vor allem ein weiteres Mal für hervorragende Stimmung und Spannung sorgt, ist die nordisch-kühle und schroffe Atmosphäre. Sowohl in der Figur des dauermiesgelaunten Mørck als auch in der karg ausgeleuchteten Szenerie manifestiert sich eine unbehagliche Stimmung, die von der Ernsthaftigkeit und Authentizität der Geschehnisse zeugt. Nørgaard ebenso wie Adler-Olsen scheuen nicht davor zurück, die hässliche Seite Dänemarks zu zeigen – und zwar sowohl was die sozialen Randgebiete am Bahnhof angeht, als auch das übersättigte Leben der finanziellen Oberschicht. Es gibt nur wenig Schönheit in den Romanen des Dänen und da ist es nur logisch, dass die Filme einen deprimierenden Grundton anschlagen. in Schändung kommt dies noch stärker zum Tragen als in Erbarmen. Momente, in denen Kimmies Freundin Tine mit Heroin vollgepumpt auf einer schäbigen Matratze liegt, beschönigen nichts und ähneln Sequenzen aus Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Der vermeindliche Geldadel wird als durch und durch korrupte Gesellschaft charakterisiert, die aus Langeweile Brutalitäten begeht. Brutalitäten im Übrigen, vor deren Zurschaustellung sich die Kamera nicht scheut. Ob das die Vergewaltigungstaten der Internatsschüler sind oder deren blutige Übergriffe – zimperlich ist Schändung zu keiner Zeit und gipfelt in einem besonders perfiden Angriff auf Kimmie.

Doch so greifbar wie die Atmosphäre ist, so herausragend die Darsteller, so leidet diese Adler-Olsen-Verfilmung unter einem bestimmten Manko: Es fehlt der Suspense-Effekt, der Erbarmen noch so fiebrig-intensiv hat werden lassen. Die Szenen im Bunker, die Tatsache, dass das Opfer ganze fünf! Jahre in dieser kleinen Zelle gesessen hat und noch nichts davon weiß, dass doch noch die Rettung nahen könnte, das war schon nervenzerrend spannend. In Schändung nun geht es von der Mikroebene ein wenig stärker auf die Mesoebene. Institutionen spielen verstärkt eine Rolle, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Verknüpfungen. Trotz der Schicksale, die weiterhin auf Individuen und ihren Taten basieren, wird es erst im Finale so richtig packend und unwiderstehlich. Das liegt einerseits an der Geschichte selbst, andererseits aber auch an den Figuren. So werden die Charaktere auf der Vergangenheitsebene viel greifbarer geschildert als dies in der Gegenwart der Fall ist. Die aalglatten Verdächtigen der Jetztzeit lassen kalt, berühren kaum, wohingegen die Entwicklungen und Taten in der Jugendzeit höchst emotional und packend geschildert werden. Dies im Übrigen auch deshalb, weil Sarah-Sofie Boussnina als junge Kirsten-Marie dermaßen präsent ist, dass man ihr jede Aktion und jedes „Spielchen“ abnimmt. Schändung – Die Fasanentöter mag nicht ganz das Niveau seines Vorgängers erreichen, ist aber immer noch ein typisch skandinavischer Thriller auf hohem Niveau. Und glücklicherweise erfolgreich genug gewesen, um auch die Verfilmung des dritten Teils, Erlösung, auf den Weg zu bringen, der aktuell im Dreh ist – interessanterweise aber mit einem neuen Regisseur auf dem Stuhl des Dirigenten.

Bild- und Tonqualität

Schon in Erbarmen war das Bild der Blu-ray eher kontrastschwach und wenig prägnant. Auch in Schändung wird dieser Look gepflegt, was gerade während der Innenraumszenen im Dezernat für flaue Bilder sorgt. Immer wieder fühlt man sich genötigt zu blinzeln, um noch etwas zu erkennen. Die bräunliche Farbpalette bleibt auch hier vorherrschend, die Schärfe geht in Ordnung.
Akustisch bleibt Schändung gegenüber Erbarmen extrem unspektakulär. Während im Vorgänger noch dynamische Akzente gesetzt wurden, sobald die Szenerie in den Bunker wechselte, bleiben die Rearspeaker hier fast komplett still. Ab und an breitet sich etwas Filmmusik aus, das war’s dann aber auch schon. Die Stimmen kommen gut wahrnehmbar aus dem Center, der Synchronsprecher von Fares Fares ist nicht immer perfekt zu verstehen. Das liegt allerdings nicht an dessen leichtem Dialekt, sondern an einem etwas belegtem Sound.

Bonusmaterial

Das gut 25-minütige Making-of von Schändung schaut nicht nur den Darstellern bei den Dreharbeiten zu, sondern konzentriert sich vor allem darauf, wie das Universum der Bücher auf Film transportiert wurde. Dazu gesellen sich noch Interviews mit den beiden Hauptdarstellern Lie Kaas und Fares Fares sowie diverse Trailer und Teaser.

Fazit

Schändung – die Fasanentöter ist nicht der ganz große Wurf skandinavischen Thrillerkinos, aber dennoch ein würdiger Nachfolger von Erbarmen. Die Atmosphäre ist erneut herausragend und das Team aus Nikolaj Lie Kaas und Fares Fares überzeugt. Spannung ist garantiert, wenngleich nicht so unbedingt nervenzerrend wie beim Erstling.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Warner Home
Land/Jahr: DK/D/S 2014
Regie: Mikkel Nørgaard
Darsteller: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Pilou Asbæk, David Dencik, Danica Curcic, Johanne Louise Schmidt, Beate Bille, Peter Christoffersen
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, dk // PCM 2.0 Hörfilmfassung: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 120
Codec: AVC
FSK: 16

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