Hooligan Factory – Helden ohne Hirn und Tadel

Blu-ray Review

Ascot Elite, 12.08.2014

OT: The Hooligan Factory

 


Für die Firma

Wenn schon eine Hooligan-Persiflage, dann bitte aus britischer Produktion!

Inhalt

Danny hat in seinem Leben noch nichts auf die Reihe bekommen und ist selbst vor Auseinandersetzungen mit gleichaltrigen Mitschülern schon davongelaufen. War er in Schwierigkeiten, weil sein loses Mundwerk mal wieder für Aufruhr gesorgt hat, hat ihn sein Vater, eine lebende Legende, wieder rausgeboxt – und zwar wortwörtlich. Doch jetzt, knapp 15 Jahre später, will er das endlich ändern, er will endlich „Dazugehören“ – wozu ist im Prinzip egal. Da trifft es sich gut, dass die frisch aus dem Knast entlassene Hooligan-Legende Dex ihm begegnet, als er das erste Mal gegenüber ein paar Gangstern Arsch in der Hose beweist. Dex imponiert das und so nimmt er ihn mit in seine angestammte Bar zu seinen angestammten Kumpels, die ihren Chef herzlich Willkommen heißen. Danny darf sogar mit in den Geheimraum und die wirklich wichtigen Leute kennenlernen. Kaum aufgenommen in der „Hooligan Factory“ gibt es aber auch schon die ersten Probleme: Wie sich herausstellt, hat sich der Hooliganismus während der letzten 15 Jahre stark verändert. Die Hools von heute tragen Anzüge, treffen sich gesittet und halten Debatten während Dex in seinem Trainingsanzug wirkt wie eine Antiquität. Dementsprechend scheitert auch sein Versuch, als Anführer der gesamten Hooliganszene gegen einen größeren Feind, die deutschen Hools bei der kommenden Europameisterschaft, vorzugehen. Kann Danny vielleicht bewirken, dass Dex wieder aufsteigt? Und was ist mit der alten Rechnung, die Dex noch mit Baron, dem Anführer einer anderen Hooligan-Gang offen hat?

Hooligans – eben jene verschworene Gemeinschaft, die entweder stramm lokalpatriotisch (und meist friedlich) ihren Fußballverein unterstützt oder widersinnig den Rahmen der Sportart nur nutzt, um sich möglichst zügig mit den gegnerischen Vertretern zum Fresse polieren trifft. Über Letztere haben gerade englische Filmemacher immer wieder Drehbücher geschrieben und Filme gemacht – also war es nur logisch, dass es irgendwann auch mal eine Persiflage geben würde. Hooligan Factory – Helden ohne Hirn und Tadel zeigt vor nichts und niemandem Respekt, nimmt das stupide Gehabe gewaltbereiter Fanatiker ebenso aufs Korn, wie jedes andere Fußball- oder Kneipenklischee und hat seine besten Momente, wenn die harten Kerle sich als wahre Waschlappen entpuppen. In bester Trainspotting-Manier stellt Hooligan Factory in einer seiner besten Szenen eine unüberschaubare Vielzahl an Figuren vor, die allesamt durchgeknallt, speziell oder vollkommen irre sind. Das mag nie ganz das Niveau einer Pegg/Frost-Produktion erreichen, ist aber mit Leidenschaft und viel Herzblut inszeniert und gespielt. Gerade Regisseur und Hauptdarsteller Nick Nevern ist grandios in der Rolle des tumben Oldschool-Hooligan mit rotem Trainingsanzug und Magnum-Schnäuzer. Seine schiere Präsenz und sein komödiantisches Timing dominieren den Film, der zunächst ein wenig Zeit braucht um in Fahrt zu kommen. Außergewöhnlich ist die Tatsache, dass so mancher Film oftmals im Mittelteil hängt und zäh wird, während Hooligan Factory genau dort richtig Fahrt aufnimmt und ein Highlight an das nächste reiht.

Neben Nevern glänzen allerdings sämtliche Darsteller in ihren Rollen, denn jeder von ihnen ist ein Original, eine Type. Jeder hat seine eigene, meist irre, Persönlichkeit und sorgt für einen hohen Spaßfaktor. Und dann sind da grandiose Szenen wie jene als ein Vorbeigehender dem deprimierten Dex einen Brief zwischen die Zähne steckt, weil er mit seinem roten Trainingsanzug genauso aussieht, wie der Postkasten direkt neben ihm. Und wenn die harten Jungs mit Ecstacy vollgedröhnt Peace, Love und Understanding praktizieren, bleibt ebenso wenig ein Auge trocken, wie während der Schlägereien, die (Tradition verpflichtet) erstmal mit einem verbalen Schlagabtausch beginnen. Zum Gelingen trägt auch die passend ausgewählte Filmmusik von Hooligan Factory bei, die mit 80er und 90er Brit-Pop- und -Rockklassikern angereichert ist. Wer allerdings die volle Breitseite Authentizität spüren möchte, der sollte unbedingt auf den englischen Originalton wechseln, dessen derbe Sprache einfach unübersetzbar ist. Noch schlimmer als die deutsche Synchronspur ist allerdings der deutsche Untertitel, der bemüht versucht, den Film in eine alberne Ecke zu drängen, wo er gar nicht hingehört.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Hooligan Factory – Helden ohne Hirn und Tadel ist schon in den dunklen Szenen zu Beginn dermaßen überscharf, dass das Weiß in den Augen von Danny funkelt wie der Polarstern in klarer Nacht. Auch das Blut, das sich nach der Shotgun-Attacke auf seinem Gesicht verteilt, blitzt etwas zu kontrastiert. Im weiteren Verlauf legen sich die Überschärfungen ein wenig – vor allem bei den gut ausgeleuchteten Szenen gefällt das Bild mit Laufstabilität und natürlichen Farben. Akustisch gibt’s zwar keine großartigen Effekte zu vermelden, dafür liefert Hooligan Factory sehr gut verständliche Dialoge und recht dynamische Filmmusik. Während der Schlägereien wird’s schon mal etwas effektvoller.

Bonusmaterial

Muss man sonst bei kleineren Filmen mit Trailern vorlieb nehmen, bietet das Bonusmaterial von Hooligan Factory bereits ein 60-minütiges Making-of, bevor man über Outtakes und zwei erweiterte Szenen („Ecstasy“ & „Opening) zu einem Viral Short gelangt. Das Making-of ist schön anarchisch-chaotisch, hält die Stimmung vom Film aufrecht und macht richtig Spaß und der Viral Short, in dem die beiden Hauptfiguren von der Kommentator-Stimme in den Wahnsinn getrieben werden, ist großartig.

Fazit

Hooligan Factory – Helden ohne Hirn und Tadel schafft es, ähnlich wie seinerzeit Shaun of the Dead, ein Thema zu persiflieren, ohne seine Figuren und zugrunde liegenden Motive der Lächerlichkeit preiszugeben. Das ist bis zum grandiosen Ende hochgradig witzig und immer unterhaltsam.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 60%
Film: 80%

Anbieter: Ascot Elite
Land/Jahr: GB 2014
Regie: Nick Nevern
Darsteller: Jason Maza, Nick Nevern, Josef Altin, Ray Fearon
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 89
Codec: AVC
FSK: 16