Kiss the Cook – So schmeckt das Leben

Blu-ray Review

Kiss the Cook - So schmeckt das Leben Blu-ray Review Cover
Koch Media, seit 22.10.2015

OT: Chef

 


El Jefe

Wie ein Chefkoch zu sich und zur Beziehung mit seinem Sohn findet, erzählt Jon Favreau in Kiss the Cook auf herrlich entspannte Art und Weise.

Inhalt

Carl Casper ist Chefkoch im piekfeinen Restaurant Gauloises in Los Angeles. Als er hört, dass einer der bekanntesten Food-Blogger der USA auf eine Stipvisite vorbeikommt, will er diesem etwas ganz neues präsentieren, etwas frisches und unverbrauchtes. Doch Riva, der Besitzer des Etablissements blockt und verdonnert Casper dazu, die gewöhnliche Karte zu präsentieren – immerhin mögen das ja die Gäste auch. Prompt hagelt es einen Verriss, der sich gewaschen hat. Als sich die Kritik über die sozialen Medien verbreitet und Carl den Kampf via Twitter aufnimmt, eskaliert die Situation und Carl schmeißt nach einem Disput mit Riva den Kochlöffel hin. Im Anschluss steht er ohne Job da und fühlt sich noch weniger dazu in der Lage, sich auch um seinen bei der Ex-Frau lebenden Sohn zu kümmern. Als ausgerechnet dessen Mutter mit einer alten Idee von einem Food Truck, in dem Carl jeweils lokale Spezialitäten anbieten soll, wieder kulinarisches Leben in ihrem Ex-Mann entfachen kann (selbst wenn Carl sich den Imbisswagen beim Ex seiner Ex besorgen muss), geht es nicht nur beruflich wieder aufwärts. Denn der Food Truck wird auch zum gemeinsamen Projekt von Vater und Sohn …

Jon Favreau, immerhin kein geringerer als der Regisseur des ersten Iron Man inszeniert mit Kiss the Cook – So schmeckt das Leben einen so dermaßen anderen Film, dass man kaum glauben kann, dass derselbe Kopf dahintersteckt. Da er sich selbst in der Hauptrolle besetzt, kann er gleichermaßen zeigen, mit welcher kulinarischen Leidenschaft er dem Thema begegnet. Von den ersten Szenen seiner Schnibbelkünste über die Inszenierung der Kochvorgänge bis hin zur finalen Anrichtung ist sein Film ein Genuss. Schon die Art und Weise wie er seinem Sohn ein Sandwich zubereitet, sorgt nicht nür für ein deutliches Hungergefühl in der Magengegend, sondern vor allem dafür, dass man fasziniert zuschaut, wie Carl mit der Materie umgeht. Dass dies derart überzeugend rüberkommt, liegt daran, dass Favreau sich mit Roy Choi (einem der Mitbegründer der Food-Truck-Bewegung) prominente Kochhilfe am Set organisierte. So wird Kiss the Cook vielleicht zum unterhaltsamsten US-Film mit kulinarischem Hintergrund überhaupt. Dabei beschränkt sich Kiss the Cook nicht mal auf das Thema, dass sich ein Koch neu (er)finden muss und die Lust am Kochen neu entdeckt, sondern auch um eine ebenso bewegend wie leichtfüßig inszenierte Vater-Sohn-Geschichte. Die Szenen zwischen Favreaus Carl und seinem von Emjay Anthony gespielten Filius Percy sind derart witzig und schlagfertig, dass man aus dem Schmunzeln kaum rauskommt. Gerade die zwei unterschiedlichen Kommunikationswelten, die da aufeinandertreffen sorgen immer wieder für Lacher.

Und dann ist Kiss the Cook auch noch ein flammendes Plädoyer zum einen gegen selbstgefällige Restaurantkritiker, die ihre Macht in einer Weise anwenden, dass ganze Betriebe dichtmachen können und zum anderen bekommen auch die sozialen Netzwerke ihr Fett weg – grandios süffisant zusammengefasst im Telefonat zwischen Carl und der Presseagentin seiner Ex-Frau. Da es aber zu simpel wäre, einfach mit dem Holzhammer auf Twitter, Facebook & Co. zu dreschen, arbeitet der Film ebenso nachvollziehbar und stimmig heraus, dass es auch nachvollziehbare Argumente für den Umgang mit den neuen Kommunikationsmedien gibt, dass sie auch eine Bindung zwischen alter und junger Generation herstellen können. Und wem das noch nicht reicht, der bekommt noch etwas mehr als einen Hauch Roadmovie dazu, dem man anmerkt, dass Favreau einige der für ihn vielleicht bemerkenswertesten Gegenden integrieren wollte – noch dazu mit den kulinarischen Eigenheiten des jeweiligen Landstrichs. Jetzt könnte man denken, das reicht alles schon aus, um einem gelungenen  beizuwohnen und muss „leider“ ein weiteres Lob hinzufügen – und das betrifft die Besetzung. Die ist mindestens so exquisit ist wie die Gerichte, die der Film auftischt. Dass Favreau innerhalb seiner eigenen Filme großartig aufspielen kann, hat er schon als Chauffeur von Tony Stark in Iron Man bewiesen. In Kiss the Cook und macht er es auf eine herzerfrischend charmante und unwiderstehliche Art. John Leguizamo, der schon zuletzt in John Wick bewies, dass er mehr kann als den Cop oder Bösewicht mit Latinowurzeln zu spielen, glänzt als Küchenhilfe ebenso wie Bobby Canavale (Station Agent) als Sous-Chef. Und wer dachte, Sofia Vergara könne nicht mehr als nur die gutaussehende Latino-(Ex)Frau spielen, dürfte nach Kiss the Cook ein weiteres Vorurteil zu den Akten lagen – sie spielt Carls Ex-Frau Inez mit Leidenschaft, riesengroßem Herz und ohne jede Arroganz. Und weil Favreau durch seine bisherigen Regiearbeiten und Produktionsbeteiligungen halb Hollywood kennt, schauen Scarlett Johansson, Oliver Platt, Dustin Hoffman und Robert Downey jr. auf mehr oder weniger lange aber höchst amüsante Stipvisiten vorbei. Gerade der Diskurs zwischen Downeys Marvin und Favreaus Carl ist ein brillant geschriebener Dialog, der davon lebt, das zwei unterschiedliche Themen kreuz und quer verhandelt werden, bis keiner mehr weiß, worum es geht. Man merkt den beiden auch privaten Freunde an, dass sie sich praktisch blind verstehen. Wenn man Kiss the Cook etwas vorwerfen möchte, dann dass er hin und wieder etwas gedehnt wirkt und am Ende etwas zu konventionell aufs aufgesetzte Finale hinsteuert – zwei Mankos, die man aufgrund der vielen positiven Momente, die einem der Film beschert, gerne verzeiht.

Bild- und Tonqualität

Beim Bild von Kiss the Cook muss man leider ein paar Abstriche machen: Nicht nur wirkt es zumeist etwas diesig, lässt die Schärfe grundsätzlich zu Wünschen übrig. Bisweilen hat man das Gefühl, sich die Augen reiben zu wollen. Leider ist’s danach dann auch nicht besser. Farben sind aufgrund des milchigen Eindrucks etwas reduziert und der Kontrast leidet darunter ebenfalls. Der Ton von Kiss the Cook macht’s besser, präsentiert die Salsa-Musikrhythmen effektvoll und ebenso leichtfüßig wie der Film seine Themen. Die Dialoge sind dagegen zwar ein kleinwenig zu leise geraten, was sich jedoch über eine Anhebung der Lautstärke beheben lässt. Die Filmmusik ertönt dann zwar etwas lauter, was bei den gelungenen Songs aber kein Schaden ist. Dynamische Bäume werden hier sicher nicht entwurzelt, was aber auch kaum verwunderlich ist, weil’s das Filmthema einfach nicht hergibt.

Bonusmaterial

Neben einem Audiokommentar mit Favreau und seinem Kochberater Roy Choi bietet das Bonusmaterial von Kiss the Cook noch entfernte Szenen und Interviews mit den Darstellern. Letztere sind allerdings sehr kurz und ziemlich abgehakt zusammengefasst.

Fazit

Manche Filme versuchen, zwei Themen zusammenzuführen und scheitern kläglich – Kiss the Cook – So schmeckt das Leben fügt mit unbeschwerter Leichtigkeit gleich vier oder fünf kleine und große Aspekte zu einem überaus gelungenen Menü zusammen, das vom Hors-d’oeuvre bis zum Dessert prächtig schmeckt.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 55%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 30%
Film: 90%

Anbieter: Koch Media
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Jon Favreau
Darsteller: Jon Favreau, John Leguizamo, Bobby Cannavale, Emjay Anthony, Scarlett Johansson, Sofia Vergara, Oliver Platt, Dustin Hoffman, Robert Downey jr., Amy Sedaris
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 115
Codec: AVC
FSK: 6