Starry Eyes – Träume erfordern Opfer

Blu-ray Review

Starry Eyes Träume erfordern Opfer Blu-ray Review Cover
Turbine/Rough Trade, seit 03.04.2015

OT: Starry Eyes

 


Der silberne Schrei

In Starry Eyes geht eine junge Schauspielerin buchstäblich aus sich heraus …

Inhalt

Sarah Walker macht in dem lächerlichen Fast-Food-Ketten-Dress zwar eine gute Figur, wäre aber dennoch lieber eine echte Schauspielerin und meldet sich für sämtliche Vorsprechen, die ihr gerade in die Finger kommen. Bisher hagelte es leider ausschließlich Absagen. Als sie für einen Horrorfilm gecastet wird und vermeintlich wieder abgelehnt wird, geißelt sie sich, wie schon öfter zuvor, selbst für ihre scheinbar schwache Leistung. Dies bekommen die beiden schroffen Casting-Agenten mit und verlangen, dass sie diesen Gefühlsausbruch ein weiteres Mal vorführt. Auch wenn Sarah meint, dass sie erneut abblitzen wird, lädt man sie erneut zu einem sehr ungewöhnlichen Vorsprechen ein, bei dem sie sich vollkommen fallen lassen muss. Ihr schwant, dass die Filmemacher gar nicht so eiskalt sind, sondern eben nur das verborgene emotionale Talent der Darstellerin herausfiltern wollen. Es gelingt ihr tatsächlich, den Produzenten zu überzeugen und es folgt ein letzter Termin. Als dieser beinahe darin endet, dass Sarah auf des Produzenten eigener Casting-Couch landet, flieht sie Hals über Kopf. Doch der Gedanke an den Film bleibt bestehen und sie lässt sich erneut auf ein Treffen ein. Während diesem scheint der Produzent ihr das Böse in den Leib zu pflanzen, denn schon einen Tag später beginnt eine Verwandlung, die bald drastische Züge annimmt …

Starry Eyes – Träume erfordern Opfer lässt sich zwar gut eine Stunde Zeit, bevor der körperlich-seelische Verfall von Sarah beginnt, nutzt diese ersten 60 Minuten allerdings dafür, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, der man sich nur schwer entziehen kann. Angefangen von den bizarren Vorsprechen, die nicht nur dem Psychohorror dienlich sind, sondern auch als böse Kritik an die Filmindustrie verstanden werden können, bis hin zu Sarahs surrealen Träumen – das Regisseurduo Kölsch/Widmyer hat seine Hausaufgaben in Sachen Stimmungsaufbau definitiv gemacht. Herausragend an Starry Eyes ist seine Konzentration auf die Entwicklung seiner Protagonistin. Zwar wird der Film während der letzten 15 Minuten durchaus brutal und grafisch, doch das alleine würde nicht funktionieren, wenn die Hinführung nicht so gelungen und voller tragischer Momente wäre. Das ist dann auch gerade der Grund, warum Sarahs ultraviolentes Verhalten zum Schluss so beängstigend und drastisch wirkt. Wäre es einer dieser x-beliebigen Horrorstreifen, in denen ein oder mehrere Fieslinge nach und nach jeden Anwesenen (vorzugsweise in einer abgelegenen Hütte) abmurksen, dann stehen die Gewaltaktionen meist isoliert als Schockelemente da. In Starry Eyes fügen sie sich in ein Gesamtbild von Film, das um Längen besser ist als die jüngeren Werke von Genreveteranen wie Dario Argento. Nicht ganz von ungefähr werden für den Film Vergleiche mit dem Giallo-Regisseur oder auch einem frühen Cronenberg gezogen. Hoch anrechnen muss man Kölsch und Widmyer, dass sie die okkulten Elemente des Films nicht vordergründig darstellen und Starry Eyes nicht zu einem austauschbaren Ritualfilm gedeihen lassen.

Der ungewöhnliche Soundtrack, der irgendwo zwischen Captain Future, John Carpenter und A Nightmare on Elm Street liegt, trägt zum Gelingen von Starry Eyes maßgeblich bei und sorgt für eine hypnotische Wirkung, die sich fernab von Genrevertretern entfaltet – ein weiterer Grund, warum der Film aktuell ein absolut außergewöhnliches Highlight darstellt. Allerdings, so fair muss man sein: Für Gorehounds, die eher auf konventionelle Geschichten und entsprechende Handlungsverläufe stehen, ist Starry Eyes nichts. Und zwar trotz der extrem grafischen Gewaltdarstellung im Finale. Die ist im Übrigen auf der deutschen Blu-ray ungeschnitten enthalten und zeigt, dass manche Filme die FSK doch noch passieren, obwohl das Gezeigte durchaus Grenzen antastet. Grenzen, die Hauptdarstellerin Alex Essoe ein ums andere Mal überschreitet, um eine denkwürdige Tour de Force durchzumachen – Respekt an die noch relativ unbekannte Aktrice, die sich hiermit für Größeres empfiehlt.

Bild- und Tonqualität

Das Bild von Starry Eyes zeigt sich oft mit blaurötlicher-Filterung, was den Film ein wenig kühl wirken lässt. Der Look unterstützt die Stimmung entsprechend gut. Die Bildruhe ist grundsätzlich auch in dunklen Szenen gut, lediglich ein angenehm filmisches Korn ist auf uniformen Hintergründen sichtbar. In Sachen Schärfe könnte der Film noch ein klein wenig mehr Kontur zeigen, Nahaufnahmen sind allerdings ansprechend gelungen. Bisweilen ist das Bild ein wenig zu hell, was den Kontrastumfang verringert, da der Schwarzwert dann etwas schwächelt.
Der Sound von Starry Eyes – Träume erfordern Opfer bleibt solange recht vordergründig, bis die entsprechenden Metamorphosen beginnen. Dann leben sämtliche Lautsprecher massiv auf und der elektronische Soundtrack pumpt vehement über den Subwoofer. Auch die Stimme des Produzenten, die Sarah immer wieder hört, kommt erschreckend nahe aus den Rearspeakern und sorgt für unvermeidliches Zucken beim Zuschauer.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Starry Eyes verstecken sich neben einem Audiokommentar des Regieduos und des Produzenten insgesamt zehn unveröffentlichte Szenen, ein kurzes Making-of des Soundtracks, der komplett digital entstanden ist und durchaus aufwändig abgemischt wurde. Ein knapp viertelstüniges Casting-Video der Hauptdarstellerin sowie eine Fotoshow und die Originaltrailer.

Fazit

Starry Eyes – Träume erfordern Opfer überführt das Psycho-Horror-Kino der 70er und 80er Jahre ins Hier und Jetzt – und das äußerst atmosphärisch und mit drastischen Bildern.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 40%
Film: 80%

Anbieter: Turbine Medien/Rough Trade
Land/Jahr: USA 2014
Regie: Kevin Kölsch, Dennis Widmyer
Darsteller: Alex Essoe, Amanda Fuller, Noah Segan, Fabianne Therese, Shane Coffey, Natalie Castillo
Tonformate: dts HD-Master 7.1: de, en / dts 5.1: de
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 96
Codec: AVC
FSK: 18 (ungeschnitten)

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