The Death of Stalin

Blu-ray Review

Death of Stalin Blu-ray Review Cover
Concorde Home Entertainment, 16.08.2018

OT: The Death of Stalin

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Machtvakuum

Glänzende Schauspieler in einer Polit-Satire, die noch böser hätte sein dürfen.

Inhalt

Moskau 1953: Eine lange Unterredung zwischen Stalin, seinem Stellvertreter Malenkow, Außenminister Molotow, Chef der Geheimdienste Beria und Nikita Chruschtschow, Sekretär des Zentralkomitees, geht zu Ende. Stalin zieht sich zurück und hört noch den Mitschnitt eines Radiokonzerts als er plötzlich einen Herzinfarkt bekommt. Stalin atmet zwar noch, stirbt aber einige Tage später. Was folgt ist ein Ziehen und Zerren um Macht und Positionen, an dessen Ende sogar hohe Funktionäre mit ihrem Leben bezahlen …

Es dauert nur drei Minuten, bis The Death of Stalin unmissverständlich klar macht, welche Furcht man vor Stalin und seinem Innenministerium (Schrägstrich: Geheimpolizei) NKWD haben musste. Immerhin beseitigte das im Nahmen des großen Diktators unliebsame oder nicht folgsame Genossen kurzerhand. Wenn das Büro Stalins bei Andreyev von Radio Moskau anruft und in 17 Minuten um einen Rückruf bittet, weiß dieser nachher nicht mehr, ab wann GENAU diese 17 Minuten zählen. Die Todesangst steht Paddy Considine als Andreyev ins Gesicht geschrieben. Kein Wunder, dass Russland so gar keine Freude an dieser bissigen Politsatire hatte und die Aufführung im Land kurzerhand verbat. Ein Schelm, wer denkt, die russischen Verantwortlichen in Kultur und Politik hätten keinen Humor. Immerhin verurteilte man die vier Bandmitglieder der Punkband Pussy Riot ja auch nur zu 15 Tagen Haft, nachdem sie das WM-Finale als Flitzer bestürmt hatten – hätten ja auch drei oder gar vier Wochen Knast sein können.
Der Autor dieser Zeilen distanziert sich aber lieber augenblicklich von diesen Worten – nicht, dass ihm noch das Gleiche widerfährt.
Und damit zurück zum Film. Wo waren wir stehen geblieben?
Ach ja: Die Angst vor Stalin und seiner Geheimpolizei.
Death of Stalin vom schottischen Regisseur Armando Iannucci (Kabinett außer Kontrolle) behandelt das Machtvakuum, das direkt nach dem Tod des 26 Jahre als Diktator der Sowjetunion im Amt sitzenden Staatsoberhaupts auftrat. Mit einer famosen Besetzung und bisweilen äußerst bissigen Dialogen hält sich der Film dabei zunächst erstaunlich nahe an den Fakten.

So traf sich Stalin in der Nacht vor seinem Tod tatsächlich mit vier seiner höchsten Funktionäre. Lediglich Nikolai Bulganin ersetzte man hier durch Wjatscheslaw Molotow. Was aber gar nicht unsinnig ist, denn Molotow liefert als Person mehr Angriffsfläche für Gags. Michael Palin von den Monty Pythons übernahm die Rolle des Außenministers nach dem ab 1939 der berühmte Brand-Cocktail benannt wurde. Haupt-Schauspieler aber ist Steve Buscemi als Chruschtschow. Wie er wie elektrisiert und voller Inbrunst schlechte Witze erzählt, um Stalin zu gefallen; wie er Anteilnahme heuchelnd den Schlaganfall seines Vorgesetzten betrauert und danach direkt entsprechende Intrigen anzettelt, um seine eigene politische Zukunft zu sichern – das ist eine Paraderolle für den auf abseitige Charaktere spezialisierten Darsteller. Aber auch Simon Russell Beale als psychopathischer Geheimdienst-Chef mit Folter-Fetisch ist grandios. Wie er gleichzeitig bitterernst für „neue Listen“ sorgt und zum „Nachtisch“ selbst ein bisschen Folterhand anlegt – das ist ebenso böse wie unnachahmlich gespielt.
In absurd-witzigen Nebenrollen brillieren der oben angesprochene Paddy Considine als Redakteur von Radio Moskau und Rupert Friend (Homeland) als dauerbesoffener Stalin-Sohn Vasily. Wenn er wie im Wahn bei der Obduktion seines Vaters rumballernd auf Diktator-Sohn macht – unvergleichlich.
Auf der anderen Seite hätten die Dialoge durchaus noch bissiger sein dürfen. Denn während Szenen wie die mitten in der Aktion schlagartig ausgesetzten Exekutierungen schön bösartig sind, fallen die verbalen Scharmützel um die politische Zukunft nach dem Tode Stalins fast etwas zu freundlich aus.

Bild- und Tonqualität

Death of Stalin präsentiert sich mit einem warm gefilterten Bild und deutlich brauner Farbgebung. Allerdings sind bereits Einstellungen aus der Halbtotalen nur bedingt scharf und leiden auch unter teils zu starken Kontrastflanken. In helleren Szenen ist der Kontrastumfang hingegen relativ flach, was auch daran liegt, dass es außer braunen und grünen Farben kaum andere Töne zu geben scheint. Unschärfen am unteren Rand gibt’s leider noch obendrauf.
Akustisch darf hier durchaus mal die Anlage etwas lauter gemacht werden. Denn Death of Stalin liefert nicht nur einen voluminösen Score, sondern auch durchaus vorhandene Räumlichkeit. Schon das Klatschen des Publikums bei Radio Moskau ertönt aus allen Speakern. Und auch die großhubigen Fahrzeuge blubbern schön durch Subwoofer und Rearspeaker. Bei den Säuerbungsaktionen im Palast von Stalin feuern die Pistolen dann mit direktionalen Effekten durchs Heimkino, während die Dialoge gleichzeitig gut verständlich bleiben.

Bonusmaterial

Neben dem Trailer zu Death of Stalin gibt’s noch zehn Minuten an entfernten Szene sowie gut 34 Minuten an Interviews – unter anderem mit Michael Palin, Steve Buscemi oder Jason Isaacs.

Fazit

Death of Stalin beginnt stark und hat wirklich grandiose Ansätze. Dazu ist er wirklich glänzend besetzt und liefert einige extrovertierte Schauspieler-Darbietungen. Inhaltlich hätte er aber bissiger sein dürfen. Dass Russland hier die Zensurkarte zog, erscheint absurd. Denn eigentlich kommen die Figuren innerhalb einer Satire noch viel zu gut weg.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 60%
Tonqualität (dt. Fassung): 75%
Tonqualität (Originalversion): 75%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Concorde Home Entertainment
Land/Jahr: Frankreich/Großbritannien 2017
Regie: Armando Iannucci
Darsteller: Steve Buscemi, Simon Russell Beale, Paddy Considine, Rupert Friend, Jason Isaacs, Michael Palin, Andrea Riseborough, Jeffrey Tambor, Adrian McLoughlin, Olga Kurylenko
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 1,85:1
Laufzeit: 107
Codec: AVC
FSK: 12

Trailer zu The Death of Stalin

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