Verräter wie wir

Blu-ray Review

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Studiocanal, 17.11.2016

OT: Our Kind of Traitor

 


Der Lehrer und der Überläufer

Spannende Le-Carré-Verfilmung mit Starbesetzung.

Inhalt

Lyrik-Professor Perry ist eigentlich in Marrakesch, um dort seine etwas angeschlagene Ehe zu kitten. Als er eines Abends den Russen Dima kennenlernt, der sein Leben in vollen Zügen zu genießen und zu feiern scheint, ist er irgendwie angetan von dessen offener und verschwenderischer Lebensweise. Im Gegensatz zu Perry scheint der ältere Dima sich von Zwängen und Fesseln befreit zu haben. Leisten kann sich der Russe das Ganze vor allem deshalb, weil er als Geldwäscher für die Mafia arbeitet. Nun, da ein neuer Prinz die Geschicke des Clans lenkt und sich von ungeliebten älteren Mitarbeitern trennt, fürchtet Dima, dass ihm (und vor allem seine Familie) das gleiche Schicksal droht. Also bittet er Perry darum, dass dieser bei der Rückkehr nach England dem MI6 einen USB-Stick überreicht und dafür sorgt, dass der Geheimdienst davon erfährt, dass der Geldwäscher #1 der russischen Mafia bereit ist, gegen Asyl und Sicherheit die brisantesten Informationen preiszugeben. Der ermittelnde Agent Hector ist von dem, was Dima übermittelt, überzeugt, muss aber gegen seine Vorgesetzten arbeiten. Die halten es für gefährlich und unnötig, einem russischen Mafioso zu trauen. Hector sieht das allerdings anders, braucht aber die weitere Unterstützung Perrys, da Dima angeblich nur redet, wenn der Professor und seine Frau anwesend sind – ein gefährliches Spiel für den Zivilisten und seine Frau …

John Le Carré scheint bei Filmemachern aktuell wieder in Mode gekommen zu sein. Nach Dame, König, As, Spion und A Most Wanted Man kommt nun mit Verräter wie wir erneut eine Verfilmung des britischen Schriftstellers, der seine Leserschaft seit 1961 mit spannenden Romanen, die meist im Spionage-Milieu angesiedelt sind, fesselt. Die Original-Vorlage „Our Kind of Traitor“ ist einer der jüngeren Werke des Autoren und stammt aus dem Jahr 2010. Dennoch erzählt sie eine im besten Sinne altmodische Geschichte vom Überläufer und nutzt klassische Motive wie Verrat und Misstrauen. Höchst zeitgemäß ist hingegen die Besetzung, die mit Ewan McGregor als Jederman, Stellan Skarsgård als Russen Dima und vor allem Damian Lewis als Hector kaum trefflicher sein könnte. Gerade Lewis, der zuletzt als Brody in Homeland noch auf der „anderen Seite“ seiner hier gespielten Rolle stand, ist eine gute Wahl für Verräter wie wir. Regisseurin Susanna White, die mit „Eine zauberhafte Nanny“ erst einen (völlig artfremden) Langfilm auf dem Konto hat, hat ihre Agenten-Film-Hausaufgaben gemacht und verfilmt Le Carrés Buch mit höchst stimmungsvollen und erlesenen Bildern. Ihre Kameraführung suggeriert früh, dass sich Jeder beobachtet fühlen muss, filmt oft aus der Entfernung mit Zoomeinstellungen, während sie an anderer Stelle ganz nahe den Protagonisten bleibt.

Durch den geschickten Einsatz von Filmmusik und wechselnden Schauplätzen ist Verräter wie wir zwar kaum frei von gängigen Spionage-Film-Klischees, entwickelt aber nach und nach eine äußerst spannende Atmosphäre. Wenn sie sich in der Wohnung eines russischen Freundes der Mafia in den Pariser Banlieus erstmals entlädt, sitzt man gebannt vor der Leinwand und merkt auch, wie weit sich Perry mittlerweile auf das gefährliche Spiel einzulassen bereit ist. Etwas schwierig ist sicherlich die Ausgangslage, die wenig realistisch erscheint. Dass ein gewöhnlicher Mann von der Straße vom Geheimdienst so intensiv in Verhandlungen und Entscheidungen mit einbezogen wird, wirkt eher unrealistisch. Aber dafür kann der Film ja nichts, liegt es doch schon in der Romanvorlage so vor. Interessant und spannend sind die Schilderungen geraten, in denen klar wird, wie sehr wirtschaftspolitische Aspekte dafür sorgen, dass selbst der Geheimdienst mundtot gemacht wird – immerhin geht es hier um den Start einer Bank, die Milliarden nach London bringen würde. Abgesehen von der nicht immer ganz logischen Handlung und dem erstaunlich abgeklärten Verhalten eines Literaturprofessors kann man sich außerdem noch auf ein paar gute Schauspielleistungen konzentrieren. Herausstechen tun dabei Naomie Harris, die Ewan McGregor glatt an die Wand spielt und natürlich Stellan Skarsgård, der als Dima eine gewichtige Figur mit Kraft und Seele verkörpert.

Bild- und Tonqualität

Puh, beim Bild von Verräter wie wir muss man schon ein Freund stark gefilterter Filme sein. Deutliche Grün- und Braunfilter liegen über dem Geschehen, das noch dazu bisweilen sichtbar abgesoftet wurde. Lens-Flare-Effekte werden ebenso eingestreut wie ein durchaus vorhandenes Korn, das bei wenig Licht noch mal zunimmt. In dunklen Szenen ist der Kontrastumfang auch nur mäßig, Schwarz wirkt eher gräulich.
Während des Bild also stark stilisiert ist, bleibt der Ton von Verräter wie wir hauptsächlich vordergründig. Satte Surroundeffekte gibt’s nur selten und da Actionszenen äußerst selten sind, muss es die Filmmusik richten. Die darf ab und an etwas Dynamik einstreuen und den Subwoofer beschäftigen. Außerdem geht sie ab und an auch auf die Surrounds über und kann dort mit feinen Signalen für etwas Räumlichkeit sorgen. Naturgeräusche sind von dort ebenfalls zu vernehmen und Stimmen bleiben jederzeit gut eingebettet und verständlich.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Verräter wie wir warten zwei Featurettes, ein Making-of, eine B’Roll und fünf deleted Scenes. Während das elfminütige Making-of fürs deutsche TV produziert und deutsch kommentiert ist, sind die beiden Featurettes über „Die Story“ und „Die Besetzung“ mit jeweils knapp drei Minuten etwas kurz geraten. Viel Informationen lassen sich da nicht rüberbringen. Dafür gibt’s aber ein paar Kommentare der Darsteller, die erzählen, was sie an den Geschichten von Le Carré reizt und wie sie ihre Figuren einordnen. Die B’Roll letztlich gibt, wie gewohnt, einen unkommentierten Einblick in die Dreharbeiten – immer wieder interessant anzuschauen, was für ein Tross an Leuten um eine vermeintlich kleine Szene herumgruppiert ist.

Fazit

Verräter wie wir ist trotz eines manchmal nicht ganz realistischen Handlungsverlaufs durchweg spannend und vor allem gut gespielt. Die Atmosphäre ist an klassische Agentenfilme angelehnt und sorgt so für ein vertrautes Gefühl. Sicher nichts für Actionfreaks, sondern vor allem für Freunde von konzentriert erzählten Geschichten um Verrat und Konspiration.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 70%
Tonqualität (dt. Fassung): 70%
Tonqualität (Originalversion): 70%
Bonusmaterial: 40%
Film: 75%

Anbieter: Studiocanal
Land/Jahr: USA 2015
Regie: Susanna White
Darsteller: Ewan McGregor, Naomie Harris, Stellan Skarsgård, Damian Lewis, Jeremy Northam, Khalid Abdalla, Mark Gatiss, Alicia von Rittberg, Saskia Reeves, Alec Utgoff, Mark Stanley, Grigorij Dobrjgin
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 108
Codec: AVC
FSK: 16

Trailer zu Verräter wie wir

VERRÄTER WIE WIR | Trailer | Deutsch German | Ab 7. Juli 2016 im Kino!

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