Zorniges Land

Blu-ray Review

Zorniges Land Blu-ray Review Cover
Tiberius Film, seit 04.05.2016

OT: The World Made Straight

 


Verlorene Seelen

Von zwei Menschen, die eine Chance verdient hätten …

Inhalt

Der tiefe Süden der USA in den 70ern: Der heranwachsende Travis ist eigentlich ein herzensguter Typ, der dem abgebrannten Kerl im Supermarkt gerne mal den Einkauf schenkt und dafür (mal wieder) gefeuert wird. Eines Tages weicht er im Wald von der üblichen Route ab und stolpert über eine kleine Marihuanaplantage. Travis schneidet sich ein gesundes Pflänzchen ab und verkauft das Ganze mit seinem Kumpel Shank an den angeblichen Ex-Lehrer Leonard, den alle nur „The Professor“ nennen. Was Travis und Shank nicht wissen: Das Dope wurde von Carlton Toomey und seinem Sohn Hubert angebaut – Letzterer ist mithin der brutalste Typ der Umgebung. Bei seinem zweiten Raubzug tritt Travis in eine ausgelegte Bärenfalle und wird erwischt. Während Carlton dem Dieb das Versprechen abringt, seinen Mund zu halten und zu verraten, wem er das Marihuana verkauft hat, sieht Hubert das anders und akzeptiert die Entscheidung des Vaters nur zähneknirschend. Travis, dessen Wunde im Krankenhaus behandelt wurde, kann nach der Aktion nicht mehr zu seinem verbitterten Vater zurück und nistet sich zunächst bei Leonard ein. Der sieht in dem jungen Schulabbrecher Potenzial und bietet ihm an, ihn zu unterrichten – ja zu einem besseren Menschen zu machen. Doch irgendwann werden die beiden von der Realität (und der Vergangenheit) eingeholt …

Stimmungsvolle, wenig helle oder gar freundliche Bilder des tiefsten US-Süden liefert uns David Burris in Zorniges Land. Begleitet von einmaligen Country-Klängen bekommen wir ein Gefühl, wie es den Menschen North Carolinas geht. Jenen Menschen, die den amerkanischen Traum nie leben konnten und auch irgendwann vergessen haben, wie dieser eigentlich aussah. Hier, wo selbst die blonden Schönheiten ein Gebiss tragen, scheint die Sonne nicht mal für Optimisten. Ruhig und still entfaltet sich der Film zunächst, nutzt starke Bilder und aufs Wesentliche konzentrierte Dialoge zur Schilderung der Ereignisse. Dabei mag die Geschichte um einen Jungen, der nach Orientierung sucht und der auf einen Erwachsenen trifft, welcher endlich wieder eine Aufgabe fürs Leben bekommt, nicht sonderlich orginell erdacht sein – dafür wird sie aber höchst glaubwürdig und authentisch dargeboten. Aufgrund ausnahmslos herausragender Darstellerleistungen bleibt man so trotz des gemächlichen Erzählflusses permanent bei der Stange und interessiert sich für die Charaktere, möchte wissen, was mit ihnen geschieht. Entsprechend kümmert sich Zorniges Land sowohl um Travis als auch um Leonard, gibt den beiden Figuren eine Geschichte und lässt sie nachvollziehbar handeln.

Für einen Moment dürfen sie sogar einem kleinen Funken Hoffnung nachgehen, wenngleich man ahnt, dass daraus nie ein Feuer entbrennt. Eine seine besten Szenen hat der Film, wenn Leonard und Travis auf dem Jahrmarkt einer großartigen Performance von Carlton beiwohnen (ganz stark: Country-Legende Steve Earle) und merken, dass der furchteinflößende Gangster auch seine sensible Seite hat. Ohnehin sucht Zorniges Land die Grautöne zwischen dem üblichen Schwarz-Weiß, was ebenso überraschende wie bemerkenswerte Szenen wie die oben beschriebene zutage fördert. Auch die Dynamik zwischen Leonard und Travis bekommt nach 85 Minuten noch einmal zusätzlichen Drive, wenn die Mysterien der Vergangenheit ans Tageslicht drängen. Ganz nebenbei bekommt der Zuschauer im Subplot über einen getöteten Jungen während des Sezessionskriegs einen kleinen Einblick in die Historie eines Landes, das zu jener Zeit tief gespalten war. Beginnend mit der Szene, in der Leonard Travis erklärt, dass er für sein T-Shirt mit der Konföderierten-Flagge in der Gegend damals wohl erschossen worden wäre, denn selbst die eigenen Leute waren damals nicht unbedingt auf einer der beiden Seiten. Ohnehin bezieht Zorniges Land ein gutes Stück seines Reizes aus einer differenzierten Betrachtung der Südstaaten. Allzu leicht machen es einem die Figuren und deren Verhalten nicht, Stereotypen sucht man hier (bis auf wenige Ausnahmen) vergeblich. Selbst wenn dann zum Finale hin die lange im Hintergrund schwelende Gewalt ausbricht, schadet das der Balance des Films nicht, sondern demonstriert, dass es mit dem Hoffnungsschimmer eben doch nicht weit her ist.

Bild- und Tonqualität

Erdige Brauntöne, reduzierter Kontrast, ausgewaschene, teils farblich etwas unstimmige Farben erzeugen eine kühle und fröstelige Stimmung. Die Schärfe in Zorniges Land ist auf eher mittelmäßige Niveau, lässt zum Rand hin schon mal nach und auch die Detailtiefe dürfte besser sein. Der Kontrastumfang könnte besser sein, in den dunklen Szenen dürften Details etwas besser herauskommen. Auch Schwarztöne hätten noch Luft nach oben gehabt.
Zorniges Land ist vornehmlich ruhig und auf die Wiedergabe seiner Stimmen vom Center konzentriert. Die kommen gut verständlich rüber und dominieren meist das Geschehen. Wenn die meist akustische Filmmusik einsetzt, öffnet sich der Raum und auch Umgebungsgeräusche wie Wind oder Vogelgezwitscher werden rundherum abgelegt.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Zorniges Land warten lediglich die Originaltrailer und ein paar Programmtipps.

Fazit

Authentisch, sensibel und herausragend – Zorniges Land ist eine kleine Perle im Einerlei gängiger Klischeedramen. Burris Film offeriert tatsächlich noch Dinge über die Südstaaten, die man als vorurteilsbehafteter Rezipient nicht wusste. Vorgetragen von einem ausnahmslos guten Cast werden sich Cineasten noch nach dem Abspann einige Zeit mit dem Gesehenen auseinandersetzen können.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 65%
Tonqualität (dt. Fassung): 65%
Tonqualität (Originalversion): 65%
Bonusmaterial: 10%
Film: 80%

Anbieter: Tiberius Film
Land/Jahr: USA 2014
Regie: David Burris
Darsteller: Noah Wyle, Jeremy Irvine, Minka Kelly, Adelaide Clemens, Steve Earle, Haley Joel Osment, Sandra Lafferty
Tonformate: dts HD-Master 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit:
Codec: AVC
FSK: 16

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Fynn

Kann ich ebenfalls unbedingt empfehlen. Ein sehr realistisch wirkender, ruhiger aber dennoch sehr spannender und auch glaubwürdiger Film mit tollen Schauspielern !