Dark Crimes

Blu-ray Review

dark crimes blu-ray review cover
Studio Hamburg Enterprises, 14.06.2019

OT: Dark Crimes

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Der letzte aufrichtige Polizist

Ist er das wirklich? Ja, er ist es wirklich.

Inhalt

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Tadek will nicht so degradiert in den Ruhestand gehen

Tadek war mal ein ambitionierter Polizist. Doch seit geraumer Zeit ist er nun schon degradiert. Sein Arbeitsalltag besteht daraus, unter Tage im Aktenarchiv der polnischen Polizei entsprechende Ablage zu erledigen. Als ihm ein alter Fall unter die Nase gerät, wittert er die Chance auf Rehabilitation – selbst wenn er in einem Jahr ohnehin aufhören wird.
In einem elitären, mittlerweile geschlossenen Club namens The Cave gingen dereinst die reichen und prominenten Bürger des Landes ein und aus, um ungezügelten Sex zu haben. Grenzen den Frauen gegenüber gab es keine – ausgenommen deren Tötung. Doch es kam zu einem Mord an einem der Gäste. Und der ist bis heute ungeklärt. Weil Tadek durch Zufall an einen bisher unveröffentlichten Roman des Sadomaso-Schriftstellers Krystof Kozlov rankommt, macht er ungewöhnlich viele Parallelen zwischen dessen Schilderungen und dem Fall aus. War er der Täter? Je tiefer Tadek gräbt, desto mehr gerät er in eine unkontrollierbare Situation, in die auch die Prostituierte Kasia verwickelt zu sein scheint …

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Schriftsteller Kozlov gerät in Tadeks Visier

Dark Crimes beginnt bereits mit düsteren (und sehr nackten) Bildern, die etwas an Hostel erinnern. Fürs US-Publikum dürften entsprechende Szenen vermutlich geschnitten oder überpixelt worden sein. Da der Film von Alexandros Avranas (Miss Violence) allerdings praktisch eine polnisch-amerikanische Koproduktion ist, gelten hier ein paar andere Regeln. Über gut 30 Tage in Krakau gedreht, atmet Dark Crimes die Schwere des osteuropäischen Arbeitermilieus, was aber nicht nur durch graue Betonbauten und die Herbst-/Winterstimmung untermauert wird. Vor allem ist es der Hauptdarsteller, der hier für düstere Stimmung sorgt. Und bevor man sich beim Sehen noch lange mit Grübeln beschäftigt: Ja, es ist wirklich Gummiknautsch-Gesicht Jim Carrey. Mit kurz rasierten Haaren, graumeliertem Bart und stoisch-deprimiertem Blick lässt er tief in die Seele eines gedemütigten Polizisten schauen. Eines Mannes, der unbedingt rehabilitiert werden möchte, bevor er für immer aus dem Dienst scheidet. Carrey ist ein großer Schauspieler – so viel ist klar. Das war er eigentlich immer. Nur hat er sich allzu sehr darauf beschränkt, sich durch eine Vielzahl filmischer Gurken zu grimassieren. Wirklich herausragend war er aber immer dann, wenn er ernste (oder zumindest düster-gemeine) Rollen gab – beispielsweise in Truman Show oder Lemony Snicket.

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Kozlov macht sich einen Spaß mit den Beamten

In Dark Crimes ist er nun aber nicht nur optisch kaum zu erkennen, sondern auch schauspielerisch. In der Rolle eines deprimierten Polizisten hätte man sicher jeden anderen gesehen, nur nicht gerade Carrey. Sein gebeugter Gang und der tieftraurige bis bittere Blick zeigen den Darsteller von einer komplett anderen Seite.
Filmisch gesehen fehlt es Dark Crimes allerdings etwas an Substanz. Das Tempo ist schleppend und Tadeks Ermittlungen ziemlich schlampig. Da kommt er nach 76 Minuten mit einer Erkenntnis und gleichzeitiger Entschuldigung für seine Annahme, bei der man sich als Zuschauer nur die Haare raufen kann – ebenso wie über das überraschungsfreie Finale. Gegen die etwas lahme Mörderhatz sind die integrierten Szenen sexuellen Abreagierens und entsprechenden Zwangshandlungen intensiver und unangenehmer geraten. Auch die Emotionen, die Tadek seiner pflegebedürftigen Mutter gegenüber preisgibt, fesseln mehr als die Frage nach dem Täter. Scheinbar war die Jagd nach dem Killer von Sadowsky für Regisseur Avranas eher unliebsames Beiwerk, um den unvermeidlichen Niedergang seiner Hauptfigur zu schildern. Jim Carrey aber empfiehlt sich für solche Rollen. Jetzt noch ein wirklich gutes Drehbuch und der Mann gewinnt dereinst mal einen Oscar.

Bild- und Tonqualität

Dark Crimes wurde digital gefilmt, was in den gut ausgeleuchteten Szenen zu einer guten Bildruhe ohne großes Rauschen führt. Wird es dunkler, nimmt die Körnung etwas zu, was dem Film atmosphärisch ganz gut steht. Herausragend ist die Schärfe in ruhigen Close-ups, die jedes Barthärchen und jede Pore offenbart (44’25). Dass der Film an sich düster ist, dafür kann die Blu-ray natürlich nichts. Farben gibt sie authentisch wieder, wobei hier außer Grau, Blau und Braun nur wenig Abwechslung zu sehen ist. Der Schwarzwert passt, solange die Räume nicht diesig sind.
Puh, das sieht man heutzutage auch nicht mehr oft: Dolby Digital für BEIDE Tonspuren bei einem halbwegs aktuellen Film von 2016. Entsprechend erwartungsgemäß hält sich die Dynamik in engen Grenzen. Während der etwas intensiveren Szenen (wie zum Beginn oder bei der kurzen Verfolgungsjagd 51’50) bleibt echter Druck meist aus. Auch die Surround-Aktivität ist eher schwächlich ausgeprägt. Dafür sind Dialoge gut verständlich und homogen eingebettet.

Bonusmaterial

Im Bonusmaterial von Dark Crimes gibt’s lediglich einige Programmtipps des Anbieters.

Fazit

Dark Crimes beginnt erzählerisch stark, lässt dann inhaltlich aber genauso stark nach. Dennoch: Wer Jim Carrey mal wirklich ungewohnt sehen und agieren möchte, kommt an diesem Film nicht vorbei.
Timo Wolters


Bewertung

Bildqualität: 80%
Tonqualität (dt. Fassung): 60%
Tonqualität (Originalversion): 60%
Bonusmaterial: 5%
Film: 60%

Anbieter: Studio Hamburg Enterprises GmbH
Land/Jahr: USA/Polen 2016
Regie: Alexandros Avranas
Darsteller: Jim Carrey, Marton Csokas, Charlotte Gainsbourg, Vlad Ivanov, Kati Outinen
Tonformate: Dolby Digital 5.1: de, en
Bildformat: 2,35:1
Laufzeit: 90
Codec: AVC
FSK: 16

(Copyright der Cover und Szenenbilder liegt bei Anbieter Studio Hamburg Enterprises GmbH)

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5 Kommentare
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Rüdiger Petersen

Wer ein Netflix – Abo hat braucht sich den Streifen gar nicht zu kaufen. Den habe ich schon vor ein paar Wochen dort gesehen. Ich persönlich finde den Film nicht gut. Aber Jim Carrey ist wirklich ein toller Schauspieler . Weil man ihn ja ausschließlich aus Komödien kennt ist es ein wenig befremdlich ihn in so ernste Rollen zu sehen.

Alex

Danke für das informative Review, dann kann ich mir den Film ja (wie erwartet) sparen. Allerdings ist Carrey in solch einer Rolle nicht ganz so überraschend, hat er doch bereits im Film „Number 23“ gezeigt, welch schauspielerisches Potential auch in Thrillern in ihm steckt. Seit diesem Film und „Der Mondmann“ sehe ich Jim Carrey als einen der besten Schauspieler Hollywoods.
Schade, dass „Dark Crimes“ inhaltlich so schwach ist.

Rüdiger Petersen

Habe gerade zur Sicherheit noch einmal nachgeschaut……….Dark Crimes ist definitiv noch bei Netflix abrufbar.

Rüdiger Petersen

Falls du Abonnement von Netflix bist kannst du dir ihn dort ansehen. Bild und Tonwerte des Films sind wie bei Netflix üblich sehr gut.